Klappentext:
Jacob Hunt hasst die Farbe Orange. Und er hasst es, wenn sein gewohnter Tagesablauf gestört wird. Routinen sind für ihn lebenswichtig, denn er leidet unter dem Asperger-Syndrom, einer autistischen Störung. Deshalb kocht Emma, seine Mutter, montags nur grüne Speisen und dienstags rote. Und längst hat sie Jacobs Besessenheit für Kriminaltechnik akzeptiert. Doch dann wird seine Erzieherin Jess erschlagen aufgefunden, und Jacob wird des Mordes an der jungen Frau verdächtigt. Die mühsam erkämpfte "Normalität" in Emmas kleiner Familie bricht zusammen. Jacob muss sich vor Gericht verantworten. Alle Beweise sprechen gegen ihn. Doch Emma nimmt den Kampf auf. Denn es geht darum , ihren Sohn vor dem Gefängnis zu bewahren - und um die Rechte von Menschen, die andes sind.
Die Autorin:
Jodi Picoult, geboren 1967 auf Long Island, lebt seit ihrem Studium in Princeton und Harvard zusammen mit ihrem Mann und drei Kindern in Hanover, New Hampshire. 1992 veröffentlichte sie ihren ersten Roman. 2003 wurde sie für ihre Werke mit dem National England Book Award ausgezeichnet. Sie gehört zu den erfolgreichsten amerikanischen Erzählerinnen weltweit. Nahezu alle ihre Romane standen in den USA auf Platz 1 der Bestsellerliste.
Roman, 685 Seiten
Meine Meinung:
Ich kannte zwar den Begriff "Asperger-Syndrom", wusste aber nie genau, was dahintersteckt. Jetzt weiß ich es. Mit diesem Buch erhält man eine ziemlich genaue Definition dieser Krankheit, verpackt in einen Gerichtskrimi. Denn obwohl mir ziemlich bald klar wurde, was letztendlich zum Tode von Jacobs Sozialtherapeutin geführt hat, war es doch richtig nervenzerrend, mitzuverfolgen, wie alle Versuche Jacobs, die Wahrheit zu sagen, ins Gegenteil uminterpretiert werden. Und gerade das macht deutlich, was diese Form des Autismus wirklich bewirkt. Denn nicht nur das völlige Fehen von Empathie macht es schwierig für ihn, mit seinen Mitmenschen zu kommunizieren. Hinzu kommt auch noch, das es ihm unmöglich ist, Metaphern zu verstehen und die menschliche Sprache ist nun einmal voll davon. Jacob nimmt einfach alles wörtlich und so kommt es auch oftmals zu unfreiwillig komischen Momenten in der Interaktion mit seiner Umwelt.
Mir hat besonders gut der Handlungsaufbau gefallen. Denn es wird aus abwechselnden Perspektiven berichtet. Dabei wendet sich der jeweilige Erzähler immer direkt an den Leser. (Deutlich durch manche Satzanfänge wie z.B. "Ich sage das nur, damit Sie nicht denken...., "Verstehen Sie mich nicht falsch....") Erzählt wird in der Gegenwartsform und der Wechsel der jeweils berichtenden Personen wird auch noch durch ein unterschiedliches Schriftbild kenntlich gemacht. Die Handlung nimmt aber durch diese Aneinanderreihungen einen chronologischen Verlauf.
Fünf Personen berichten aus ihren Sichtweisen über das Geschehen:
Zunächst einmal Emma, Mutter zweier Söhne, Jacob und sein jüngerer Bruder Theo. Sie hat einen Job als freiberufliche Journalistin und schreibt als Kummerkastentante für eine Zeitung. Ihr eigener Kummer ist die Krankheit ihres Sohnes Jacob und als dieser unter Mordanklage gerät, wird ihr dieser Job gekündigt und es gesellt sich ein weiterer Kummer in ihr Leben, welcher auf Geldknappheit berührt. Aber Hilfe naht in Form des Anwalts Oliver.
Die Erzählweise der Figur Jacobs macht diesen Roman zu etwas Besonderem, denn durch ausführliche Recherche und Gespräche mit Betroffenen (wie aus der Danksagung hervorgeht), hat die Autorin versucht, die Sichtweise eines Asperger-Patienten darzustellen. Dies ist ihr hervorragend gelungen und verdeutlicht sehr gut die Denkweise und die daraus resultierenden Schwierigkeiten einer sozialen Interaktion. Dabei wird auch die Fixierung auf ein bestimmtes Themengebiet deutlich, das bis zur Perfektion beherrscht wird, aber außer im entsprechenden Fachbereich keinerlei Nutzen im gesellschaftlichen Umgang hat.
Theo, sein jüngerer Bruder, kommt gleichfalls zu Wort und macht deutlich, wie schwer es für ihn ist, immer zurückstehen zu müssen.
ZitatS. 202: Vor allem war ich mir jedoch einer Sache bewusst: Ich war immer das fünfte Rad am Wagen. Denn sobald Jacob irgendeine Art von Krise hatte - und das passierte ständig - ließ meine Mutter alles stehen und liegen und lief zu ihm....und für gewöhnlich war ich derjenige, den sie stehen und liegen ließ.
Die letzten beiden Erzähler sind dann noch Rich, der ermittelnde Detective und Oliver, der Verteidiger. Oliver bekommt dann im Laufe des Romans noch eine besondere Rolle zugewiesen, denn er ist beim Anblick Emmas sofort hin und weg, obwohl sie um einiges älter ist als er. Schwierigkeiten hat er auch zu überwinden, da er nicht so wirkliche Erfahrung als Anwalt hat und sich jetzt beweisen muss.
Mein Fazit: Justizkrimi mit hohem Informationsgehalt hinsichtlich amerikanischer Gesetzgebung besonders im Hinblick auf die "Andersartigkeit" des Angeklagten. Toller Handlungsaufbau und gut lesbarer Erzähltstil. Bewertung: