Titus Müller - Die Jesuitin von Lissabon

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    Antero Moreira de Mendonça hasst die Jesuiten. Als ein Erdbeben von biblischer Wucht Lissabon 1755 zerstört und die Jesuiten den Zorn Gottes predigen, sieht der junge Naturwissenschaftler die Gelegenheit gekommen, sich am Orden zu rächen. Doch Gabriel Malagrida, der als Prophet verehrte Jesuitenführer, ist ihm ein machtvoller Gegner. Mit Hilfe der deutschen Kaufmannstochter Leonor gelingt es Antero, dem Kerker und der Hinrichtung zu entgehen. Was Antero nicht weiß: Leonor gehört zur Gefolgschaft der Jesuiten. Für wen schlägt Leonors Herz – für Antero oder ihre grausamen Glaubensbrüder?


    Meine Meinung:


    Historischer Hintergrund dieses Romans ist das gewaltige Erdbeben von 1755, bei dem Lissabon fast komplett zerstört wurde und viele Tausende starben. Schon allein von diesem Aspekt fand ich das Buch sehr interessant, da es meiner Meinung nach ein unbehandeltes Thema ist.


    Müller entführt uns nun nach Lissabon, ins Portugal 1755. Lissabon ist die bedeutendste Handelsmetropole der Welt, eine reiche Stadt. Der Autor beschreibt sie so lebensnah, dass man sofort eintaucht in den Schmuggel, den Handel und die generellen Themen, die das allgemeine Leben der Menschen bestimmen. Diese Welt lernt man mit Antero kennen, der schmuggelt und auch sonst sehr aktiv im illegalen Gewerbe ist.
    Gegenübergestellt wird dann die Familie Oldenburg. Diese beinhaltet den Vater und die Zwillinge Leonor und Dalila. Leonor ist eine Verführerin und weiß, wie sie die Männer zu dem bringt, was sie möchte. Einer ihrer Buhler ist Antero, anscheinend der einzige Nicht- Adlige ihrer Werber. Ihn behandelt sie aber wie alle anderen Männer und hält ihn mehr an der langen Leine, anstatt sich eingehender mit ihm zu beschäftigen. Dalila steht dazu im krassen Gegensatz, sie kann Tag und Nacht nur an Antero denken, auch wenn dieser sie noch gar nicht wirklich wahrgenommen hat. Sie beneidet ihre Schwester und wünscht in einigen Momenten, so zu sein wie sie.


    Uns wird also eine Stadt vorgestellt, die funktioniert. Jeder hat seinen Platz in der Gesellschaft gefunden, jeder weiß, wie er seinen Lebensunterhalt verdient. Und dann bricht das Erdbeben herein und nichts ist mehr so wie es war. Kein Stein bleibt auf dem anderen und jede Familie hat Verluste zu verzeichen. Antero jedoch hat die Vorzeichen erkannt: die Tiere fliehen aus der Stadt, das Wasser schmeckt schweflig, der Boden vibriert einige Male. Doch seine Warnungen scheitern, er erreicht nur taube Ohren.
    Als das Erdbeben dann vorbei ist und Antero erfährt, dass Malagrida das Beben nutzen will, um sich das Volk gefügig zu machen, indem er das Beben als Strafe Gottes verbreitet, weiß Antero nur einen Ausweg: er muss beweisen, dass ein Beben willkürlich entsteht und nichts mit Gott zu tun hat. Er setzt sich immer mehr mit Entstehungstheorien auseinander und bringt damit immer mehr Leute gegen sich auf. Malagrida erklärt ihn zum persönlichen Feind und versucht mit allen Mitteln, Antero an der Veröffentlichung eines wissenschaftlichen Manuskripts zu hindern. Es folgt eine Reihe von Entführungen, Toden, Intrigen....


    Das Buch lies sich extrem gut lesen, es ist regelrecht ein Genuss, in die Geschichte einzutauchen. Was hier vorgelegt wurde ist ein sehr gut recherchierter historischer Roman, der Seinesgleichen sucht. Einzige "Makel": die oben angedeutete Liebesgeschichte kam nicht in dem Umfang vor, in dem ich das gerne gelesen hätte, und ich finde, der Titel hätte besser gewählt sein können.
    Der Geschichte folgt am Ende des Buches einiges an Zusatzmaterial wie Begriffsklärungen, der Ausgang der Geschichte ohne die beiden Hauptcharaktere und viele weitere Fakten dazu, wie die Theorie zur Erdbebenerklärung entstand.


    Ich bin restlos begeistert und vergebe volle :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: für ein überaus gelungenes Buch, das ich nur loben kann.

    Sub: 70 (aktiv 46, inaktiv 24)
    2010/2011 gelesen: 74/33
    Seiten: 25547/11556

    Einmal editiert, zuletzt von LisaM ()