Völlig fassungslos bemühte ich jetzt die Suchfunktion nach allen Regeln der Kunst und musste dennoch feststellen, dass zwar Unmengen von Büchertrefflern dieses Buch besitzen, aber noch nie jemand darüber geschrieben hat? Das hat mich wirklich gewundert, gibt es hier doch den einen oder andren eingefleischten John-Irving-Fan? Die gute Nachricht von mir: Ihr habt ein Meisterwerk vor Euch!
Worum gehts?
Win Berry und Mary Bates, beide geboren 1920, lernen Ende der 30er Jahre einander bei einem Praktikum im Hotel Arbuthnot-by-the-Sea kennen und lieben. Der Wiener Schausteller „Freud“, Gast des Hotels, erweist sich als treuer Freund und Ratgeber, überlässt den beiden seinen Tanzbären „O’State o’Maine“ ringt den beiden das Versprechen ab, nichts unversucht zu lassen, Träume zu verfolgen und einander alles zu verzeihen, ehe er in das brennende Europa zurückkehrt. Sein Leitspruch „Es ist eine harte Arbeit und eine große Kunst, dass das Leben nicht zu ernst wird“ wird die beiden und deren 5 Kinder sowie den furzenden Hund der Familie mit dem bezeichnenden Namen „Kummer“ auf ihren turbulenten Lebensweg begleiten, sie Schicksale überwinden, gegen Widrigkeiten kämpfen, Unabwendbares hinnehmen und dabei den Blick nach vorne und das Träumen nie verlieren lassen. Die Verwirklichung von Wins größtem Traum - ein eigenes Hotel – geschieht in 3 Anläufen inkl. einem Abstecher nach Wien, und ist jedes Mal von Hindernissen geprägt.
Erzählt wird die Geschichte dieser ungewöhnlichen Familie von John, dem mittleren der 5 Kinder. In bester Irving-Manier werden skurrile Charaktere mit eigentlich absurden Eigenschaften als alltäglich dargestellt, abstruse Situationen als völlig normal hingenommen, ein Feuerwerk von irrwitzigen, schrulligen, todtraurigen und doch sehr lebensnahen Situationen quer durch Gesellschaft, Politik, Zeitgeschichte, Literatur und zwischenmenschlichen Beziehungen abgelassen. Irvings Personen sind einzigartig, tiefgründig, jede mit einem Makel behangen und gerade deshalb so liebenswert. Manche Sätze hängen wie Schatten über dem Buch und werden nicht selten zu „running gags“, bei denen allerdings nicht selten das Lachen im Hals stecken bleibt.
Ein Meisterwerk, das John Irving mit diesem Buch geschaffen hat, ein Buch, das sich mühelos auf eine Stufe mit seinen (meiner Meinung nach größten) „Werken“ Owen Meany“ "Gottes Werk" oder „Garp“ einreihen lässt.