(Original « Le voyage d’une femme qui n’avait plus peur de vieillir », Französisch, 2001)
ZUM BUCH: Laura verlor ihren Mann vor einem guten Jahr (beim Einsetzen des Erzählens) und hatte spät seine konstante Untreue entdeckt. Das Leben scheint ohne Reim und wie an einem vorbeigeflossen. Ohne sie würde es genauso weitergehen: die Geschichte der großen Leere und Sinnlosigkeit. Nun hat sie sich zum Selbstmord entschieden, den sie im letzten Moment für eine Woche aufschieben „muss“, aus der dann unter gewissen Umständen eine längere Periode wird. Vor dem weiteren Termin gehen ihr die Jahre ab 1968 durch den Kopf. Anhand von einigen Stichdaten begleiten wir sie in ihrem Empfinden der so genannten Revolution, die sie so gerne, von innen her getragen, mitgemacht hatte: Doch ihr schwieriges Verhältnis zum eigenen Leib/Aussehen lenken die Dinge in andere Richtungen. Sie wird Serge kennenlernen, einen zwölf Jahre älteren attraktiven Kerl, und bald schon sind sie verheiratet und im Badewannengeschäft. Schnell ist eine Tochter, Danielle, da, die sie im Geiste der antiautoritären Erziehung erziehen will, doch die sie sie entgleiten spürt. Die Freunde von damals, (oder wie Udo Lindenberg sang „die wilden Helden von gestern, die jetzt Beamte sind“) haben größtenteils in der Gesellschaft ihre alten Ziele verloren. Wohin führen sie die „letzten Tage“?
Auf diesem Hintergrund ist dieser Roman von Osmonde sicherlich eine gewisse persönliche Bilanz und eine sentimentale Biographie einer Witwe um die 50, die die Zeit dahineilen sieht. Zur selben Zeit mag man sehr wohl auch eine Art der Rückschau auf die 68iger Generation erkennen. Insofern kann ich nicht verstehen, wenn man hier „nur“ eine Schnulze sehen wollte. Nein, da sah ich doch einiges mehr. Zwischen den Zeilen stellt der Autor einiges heraus, was die Gesellschaft, bzw. viele der jetzigen Eltern- und Großelterngeneration geprägt hat, bzw. wie sich ihre Leben so entwickelten.
Die eigentlichen Befreiungsgeschichten werden aber vielleicht nicht nur von den größeren Umwälzungen geschrieben, sondern vielleicht letztlich durch kleine Zeichen, die etwas auslösen und in Gang setzen: die wirklich befreiende Begegnung, die heilende Geste.
Der Roman wird, zumindest im Französischen (in dem ich ihn las) von einer feinen und teils poetischen, flüssigen Sprache geprägt.
ZUM AUTOR: Gabriel Osmonde wurde oft als Pseudonym hingestellt und noch in diesem Jahr gab es erneut Diskussionen über seine Identität in einer größeren französischen Literaturbeilage.
Anderswo findet man allerdings folgende biographische Angaben: Er wurde im Mai 1968 in Paris geboren und studierte Philosophie und Mathematik. Später wählte er das Schreiben von Szenarien erotischer Filme. Er lebt heute in Rom. Dies hier ist sein erster (unter diesem Namen) veröffentlichter Roman.
Verlag: Blessing (2003)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3896672274
ISBN-13: 978-3896672278