Michael Green - Stunde Null

  • Für Mark Chatfield und seine Frau ist es ein gewöhnlicher Flug. Sie sind auf der Heimreise nach Neuseeland. Doch an Bord geschehen seltsame Dinge: Einige Mitglieder der Crew scheinen krank zu sein. Auch Marks Frau leidet an den gleichen Symptomen. Als das Flugzeug landet, umstellen Soldaten die Maschine und nehmen die Passagiere in Gewahrsam. Nur Mark bleibt auf seinem Platz. Er hält seine Frau in den Armen. Sie ist tot. Aus ihrer Nase und ihren Ohren rinnt Blut. Mark verbringt mit den anderen Passagieren die nächsten Wochen in Quarantäne und muss mitansehen, wie einer nach dem anderen an der seltsamen Krankheit stirbt. Nur Mark und seine Kinder scheinen immun zu sein. Die Krankheit verbreitet sich in einer Pandemie über den Globus und löscht die gesamte Menschheit aus. Mark ist bald alleine auf einer entvölkerten Erde. Auf der Suche nach Überlebenden entdeckt er etwas, das selbst die tödliche Krankheit in den Schatten stellt.


    Stunde Null ist ein ganz angenehmer, realistischer Endzeitroman. Im Kern der Geschichte steht Mark Chatfield und seine weit verzweigte Familie, die gegen das Super-SARS Virus, das sich rasend schnell auf der Welt verbreitet und jeden Infizierten tötet, immun. Sie versuchen die Plünderungen und die Gewalttaten durch andere, sterbende und verzweifelte Menschen zu überstehen und bald sind sie scheinbar ganz alleine auf der Welt, bis sie sich entschließen nach anderen Überlebenden aus ihrer Familie zu suchen.


    Bis ungefähr zur Mitte des Buches ist es wirklich spannend und es macht Spaß es zu lesen. Der Schreibstil ist etwas lieblos, gar emotionslos. Der Autor hat mit vielen Details gespart, was das Buch manchmal klingen lässt wie der Bericht eines Soldaten, aber dennoch ist die Geschichte sehr spannend und die Protagonisten handeln so, wie ich es auch machen würde (Man kennt das ja, wenn ein Charakter irgendwas dummes tut und man sich ständig fragt "Warum?"). Dann kommt man aber zu der Stelle, die auf dem Klappentext als etwas “das selbst die tödliche Krankheit in den Schatten stellt” bezeichnet wird. Ich werde natürlich nicht verraten worum es geht, aber das, was dort passiert ist ganz und gar nicht schlimmer als dieser Virus. Man sollte da also nicht so viel erwarten, da wird man nämlich leider nur enttäuscht.


    Im Grunde genommen ist Stunde Null aber sehr lesenswert, auch für Endzeitneulinge, da das Buch eher weniger brutal auf Grund seiner Detaillosigkeit ist. Also eher "Kuschelendzeit" :wink:

  • Ich habe es gestern ausgelesen, förmlich verschlungen. Im Gegensatz zu Sally fand ich allerdings gerade den zweiten Teil, also das “das selbst die tödliche Krankheit in den Schatten stellt” besonders gelungen. Ab diesem Teil konnte ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Ich verrate natürlich auch nicht, was es ist, aber für mich persönlich war es sogar viel schlimmer als das Virus, und es erschreckt mich immer wieder wenn ich lese

    Extrem wütend war ich auch.


    Sicher, die Sprache ist etwas einfach gehalten, ein paar Details, wie Sally schon schrieb, hätten nicht schaden können. (Und der deutsche Übersetzer sollte sich mal das Vaterunser zu Gemüte führen, bevor er da seine freie Interpretation anbietet - grauslich :-? ). Teilweise fand ich aber gerade diesen simplen Stil ohne Ausschmückungen (besonders an den spannenden Stellen) angebracht. Das ist ein Autor, der es nicht nötig hat, seinen Protagonisten eine Pistole aus der Hand fallen oder einen Schlüssel im Gully verschwinden zu lassen, um künstliche Spannung zu erzeugen. So etwas hasse ich nämlich.


    Ich vergebe volle 5 Sterne. :thumleft:

    Wenn die Macht der Liebe die Liebe zur Macht überwindet, erst dann wird es Frieden geben.
    Jimi Hendrix

  • Eigentlich beginnt die Geschichte relativ unspektakulär. Dass eine Krankheitsepidemie die Menschheit dahinrafft, liest man ja nicht unbedingt zum ersten Mal ("The Stand" :!: ). Allerdings hat es Michael Green geschafft, dem Leser alles sehr realistisch zu vermitteln. Nicht nur wegen der Nutzung des "modernen" Begriffes SARS, nein, so wie er den Krankheitsverlauf und den stetig voranschreitenden Verfall der Ordnung beschreibt, finde ich es nicht unmöglich, dass so etwas wirklich mal in einer ähnlichen Form passieren könnte.


    Dass sich die Protagonisten in so einer Situation mit plündernden Banden oder Kannibalismus herumschlagen müssen, ist auch nicht unbedingt neu. Allerdings kann der Thriller auch durchaus von "zartbeseiterten" Personen gelesen werden, denn Brutalität und Blutvergießen sind nur in geringem Maße vorhanden. Sehr positiv fand ich, dass der Autor seine Hauptpersonen in meinen Augen sehr realistisch handeln ließ. Die Familie, die anscheinend mittlerweile die einzigen Menschen auf der Welt stellt, macht sinnvolle Überlegungen über den Fortbestand der Menschheit, kümmert sich um Selbstversorgung und Bildung und verfällt nicht in Depressionen. Manchmal kamen die Personen etwas zu glatt und irgendwie auch charakterlich als "zu gut" rüber, aber im Endeffekt fand ich sie schon sympathisch und ich habe mit ihnen mitgefiebert.


    Ich weiß gar nicht wie ich den Schreibstil des Autors erklären soll, irgendwie erschien er mir etwas chaotisch. Die Komplexität des Wortschatzes und der Aufbau der Sätze kann eigentlich mit dem eines Jugendbuches gleichgesetzt werden. Michael Green hält sich nicht allzu viel mit Details auf, was ich aber sogar ziemlich dienlich für ein Buch dieser Art fand, da es hier den Lesefluss enorm gesteigert hat. Es wird mit vielen rasanten Sprüngen gearbeitet, wobei dann von den Figuren das inzwischen erlebte im Zeitraffer erzählt wird. Die Emotionen der Hauptpersonen und auch deren Charakterisierung bleiben dabei leider etwas auf der Strecke, z.B. kam es mir so vor als ob kaum jemand um seine Verstorbenen richtig getrauert hat.


    Der 2. Teil des Buches, der ja schon auf dem Klappentext angeschnitten wird, ist dann auf jeden Fall sehr...anders. Ich will nicht viel dazu sagen um keine Spannung vorwegzunehmen. Es unterscheidet sich auf jeden Fall sehr vom Grauen, dass in anderen Geschichten dieser Art vorkommt. Ich kann es zwar verstehen, wenn das jemandem nicht gefällt und zuerst hab ich mich auch erst mal am Kopf gekratzt, aber dann fand ich es richtig gut und die letzten 200 Seiten musste ich wirklich am Stück lesen, da es sehr spannend wurde.


    Ich gebe dem Buch :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: und eine Empfehlung an alle Apokalypse-Fans und frage mich ob es eine Fortsetzung geben wird. Ich hoffe es!

  • Ich kann mich im Prinzip Sally anschließen. der Schreibstil des Autors ist "pragmatisch" und erinnert in weiten Teilen an einen Bericht. Emotionen zwischen den Charakteren und ihre Gedankengänge werden im Buch nur wenig beschrieben. Zwar denkt der eine oder andere zwischendurch auc h einmal an seine Familie, aber das war es dann auch schon. Der Handlung hat es nicht geschadet, denn sie liest sich gerade deswegen sehr flüssig, weil sich der Autor kaum mit Nebensächlichkeiten aufhält. Das erste Drittel des Buches beschreibt immerhin einen Zeitraum von 1-2 Jahren.
    Ab der 2. Hälfte wird es dann richtig spannend und ich musste einmal wieder eine Nacht durchlesen bis früh um 5 Uhr, weil ich es nicht aus der Hand legen konnte.


    Der Klappentext übertreibt jedoch meiner Meinung und löst beim Leser zu hohe Erwartungen aus. Wir sprechen hier von einer Pandemie, die 99,9 % der Weltbevölkerung auslöschte und es soll danach noch grauser und schlimmer werden? :-k
    Dass die zweite Hälfte super-spannend und wunderbar geschrieben ist steht außer Frage, allerdings schafft sie es nicht die Erwartungen des Lesers an das Buch zu erfüllen. Zumindest nicht meine. Da hätte der Planet schon explodieren müssen.


    Das Ende war gut, aber ich empfand es wie einen Cliffhänger und wenig befriedigend. Bisweilen erinnerte mich der zweite Teil des Romans ein wenig an Animal Farm. Ich hätte mir in "Stunde Null" einen etwas größeren Showdown am Schluss gewünscht. So jedoch bleibt die Geschichte in Teilen offen und ich hoffe, dass wir vom Autor noch mehr Bücher lesen dürfen. Vielleicht eine Fortsetzung?


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:


    El Novelero

  • Ich kann mich den überwiegend positiven Meinungen leider nicht anschließen, mich hat der Roman ziemlich enttäuscht.


    Den Auftakt fand ich noch recht gelungen, so dass ich über den sehr einfachen Stil - ich dachte wie Kapo immer an ein Jugendbuch - noch hinwegsehen konnte. Mit fortschreitendem Verlauf hat mich aber immer mehr gestört, dass der Autor seine Figuren einfach nicht entwickelt hat oder ihnen in irgendeiner Form Tiefe verliehen hat. Die

    werden emotionslos und nüchtern geschildert, an keiner Stelle konnte ich mit einer Figur mitfühlen oder mitleiden.


    Die Dialoge sind hölzern, die Sätze kurz, der Wortschatz beschränkt. Letzteres kann man möglicherweise auch dem Übersetzer ankreiden. Die zum Teil hanebüchene Handlung jedoch nicht. Natürlich erwarte ich von einem Endzeitroman keine flächendeckende Glaubwürdigkeit, aber bei "Stunde Null" habe ich mich doch mehr als einmal geärgert, auch über das Verhalten der Figuren:


    Jetzt hab ich mich so in Rage geschrieben, dass ich überlege, doch noch einen Punkt aus meiner :bewertung1von5::bewertung1von5: Wertung abzuziehen ...

    :study: John Steinbeck - East of Eden

    :study: Frank Witzel - Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969

    :montag: Veronica Roth - Rat der Neun

    :musik: Claire North - Die vielen Leben des Harry August


    "There is freedom waiting for you, on the breezes of the sky, and you ask 'What if I fall?'
    Oh but my darling, what if you fly?"
    (Erin Hanson)