Carlos Ruiz Zafón - Das Spiel des Engels/ El juego del Ángel

  • Tetralogie? Gibt es noch mehr als drei???? :lechz:

    soweit ich informiert bin soll noch ein vierter Teil folgen :loool: hoffentlich bin ich mal richtig informiert :uups:


    edit: JUHUUUU ich bin richtig informiert - auf der Homepage des Autors wird der 4. Band angekündigt :lechz:


    http://www.carlosruizzafon.de/zafon/autor

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Am Anfang war ich von dem Buch hellauf begeistert. Zafón verfügt über eine tolle, sehr bildliche Sprache. Barcelona wirkt sehr düster, nicht wie die sonnige Stadt am Mittelmeer, sondern sehr melancholisch. Wie in den Schauerromanen, die David schreibt. Zu lesen, wie David aufwächst und vor allem sein Kampf um das Schreiben, die Suche eines Schriftstellers nach den richtigen Worten ist einfach grandios. Die Charaktere fand ich teilweise etwas leblos, vor allem Christina empfand ich als recht blass. Vidal hat mir dagegen sehr gut gefallen.


    Das änderte sich aber langsam im zweiten und dritten Teil. Es gibt immer mehr phantastische Elemente und dabei nimmt das Tempo gerade am Ende hin drastisch zu. Vieles fand ich sehr verwirrend und konnte es nicht einordnen: Die plötzliche Heilung von David, der daran keinen Gedanken mehr verschwendet. Und warum überhaupt soll David für den Patron dieses bestimmte Buch schreiben? Was bezweckt der Patron damit?
    Außerdem fand ich es am Ende auch recht blutig. Warum das unbedingt so sein musste, war mir nicht klar.
    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Ein typischer Zafón - und doch ganz anders, zumindest wenn man von 'Der Schatten des Windes' ausgeht.
    Nach einer unglückseligen Jugend darf der 17jährige David Martin, dessen Leidenschaft das Schreiben ist, seine ersten Geschichten in einer Zeitung veröffentlichen. Er hat Erfolg, doch durch Neid und Mißgunst von Kollegen verliert er seine Stelle. Sein Freund und Förderer Vidal vermittelt ihn an zwei ausbeuterische Verleger, für die er eine neue Serie anspruchsloser Geschichten schreibt - diese ist bald ebenfalls sehr erfolgreich. Er mietet sich im Haus seiner Träume eine Wohnung, doch glücklich wird David dennoch nicht, denn er ist unglücklich verliebt ohne Aussicht dass dieser Zustand sich ändert. Auch das Schreiben befriedigt ihn nicht und als ein mysteriöser Verleger ihm für eine immense Summe einen Auftrag für ein Buch erteilt, nimmt er diesen an.
    Damit nimmt das Verhängnis seinen Lauf: Dieser Auftrag und der auf merkwürdige Weise verstorbene Vorbesitzer seiner Wohnung scheinen miteinander in Zusammenhang zu stehen. David beginnt nachzuforschen und wird in ein verworrenes Komplott verstrickt, aus dem es kein Entkommen zu geben scheint.
    Zafóns Sprache ist unverkennbar: bilderreiche Beschreibungen, eine Wortvielfalt die ihresgleichen sucht. Doch im Vergleich zu 'Der Schatten des Windes' fehlen die Geschehnisse und Erzählungen, die Ausführungen und Anekdoten zu allem und jedem, die zeitweise beinahe märchenhaft anmuteten. Stattdessen gibt es eine durchgängige Geschichte, die an Düsternis und Trostlosigkeit fast nicht zu überbieten ist. Kaum ist dem Protagonisten etwas Glück hold, trifft ihn bereits der nächste Schicksalsschlag. Und Zafón handelt diesmal auch , zumindest ansatzweise, eine der großen Fragen der Menschheit ab: Was ist Religion, wie entsteht der Glaube an Gott? Keine Angst, auch für Atheisten ist dies durchaus lesenswert. Zudem nimmt dieser Teil nur einen kleinen (zu kleinen?) Raum des Buches ein. Ich persönlich hätte gerne mehr darüber gelesen.
    Fazit: Wieder sehr gute Unterhaltung, diesmal sogar mit etwas Tiefgang :-), wenn auch insgesamt die düstere Stimmung fast etwas überhand nimmt.

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Vor ein paar Tagen habe ich auch "Das Spiel des Engels" beendet. Um es gleich vorweg zu nehmen, das Buch hat mich mitgerissen.


    Vor 1 1/2 Jahren, habe ich erstmals mit "Der Schatten des Windes" begonnen und nach ca. 200 Seiten abgebrochen, auch weil ich mit der Vielzahl der Figuren nicht zurecht kam. Ich legte das Buch zu Seite aber schon mit der Intension, es nochmals zu probieren. Tasächlich habe ich dann, bedingt durch einen Krankenhausaufenthalt, die Ruhe und die Zeit gefunden, mich abermals an das Buch heranzuwagen. Ich war doch schon hin und weg vom "Schatten des Windes".


    Aber mit "Das Speil des Engels" habe ich nochmals eine Steigerung erfahren. Sprachlich sind beide Bücher sehr ähnlich, tolle Beschreibungen ohne zu langweilen, ich habe die barcelonische Atmosphäre regelrecht wahrgenommen.


    Die Handlung hat schon ein bißchen Fantasy (ich hab's mit Absicht so geschrieben), ist in sich schlüssig und mit Phantasie nachvollziehbar. Der Schluß lässt mich allerdings etwas nachdenklich zurück und ich versuche gerade die Kurve zu bekommen. Er ist nicht ganz enfach aber reizvoll mit viel gedanklichem Spielraum. Ich habe in letzter Zeit selten so eine guten Schluß gelesen, Ende möchte ich es absichtlich nicht nennen.


    Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass manche Dinge etwas ausführlicher beschrieben worden wären, beispielsweise Ausschnitte aus dem "Lux Aeterna" oder auch aus Davids eigen verfassten Buch. Da wäre m. E. noch deutlich Spielraum gewesen.


    Der Spannungsbogen wird über das gesamte Werk hin aufgebaut. Im ersten Teil wird die erste Karriere des David Martin beschrieben, wie er überhaupt zu schreiben kam und wie er sich quassi selbst verkauft hat, um in Anonymität unter anderem Namen Bücher zu schreiben, die er eigentlich nicht schreiben will. Im zweiten Teil recherchiert er zum einen für ein Auftragswerk, zum anderen aber auch zu seinem mysteriösen Auftraggeber. Daraus entwickelt sich eine Kriminalgeschichte, die im dritten Teil schon eine ordentliche Dynamik erfährt. Es ist sehr schwierig dies hier zu beschreiben, ohne zu spoilern.


    Insgesamt kann ich das Buch nur empfehlen. Der dritte Band steht bereits auf meiner "Haben-will-Liste". Ich gebe dem Buch :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    „Dümmer wird man durchs Bücherlesen jedenfalls nicht“
    Christine Nöstlinger

  • Nachdem ich das Buch nun zum zweiten Mal gelesen habe und es ein paar Tage habe sacken lassen, fühle ich mich in der Lage, auch meine Meinung zu dem Buch abzugeben.

    Vom ersten Lesen konnte ich mich an nichts erinnern, außer an ein Turmzimmer in dem viel geschrieben wurde, von daher war mir der Inhalt komplett neu.

    Der Schreibstil hat mich erneut völlig gefesselt und ich konnte das Buch nur schwer aus der Hand legen. Dennoch konnte es mich nicht so mitreißen wie der Schatten des Windes, denn relativ schnell habe ich begonnen, David nicht mehr sympathisch zu finden. Natürlich lag das auch stark an seinen Handlungen, die man - solange man nicht weiß, was dahinter steckt, nämlich

    - nicht nachvollziehen kann. Bis dahin handelt und reagiert er einfach nur irrational, gefühlskalt, zynisch und selten angemessen und man versteht nicht, warum.


    Der Autor hat mich persönlich in diesem Buch mit der Vielzahl an Fäden, die aufgenommen werden, überfordert. Diese Fäden werden zwar alle irgendwann miteinander verwoben, dennoch muss man wirklich jedes Detail dieser verworrenen Geschichte im Gedächtnis behalten, um die Auflösung am Ende zu erkennen. Irgendwie hat Zafón für meinen Geschmack auch versucht, zu viele verschiedene Themen in diesem einen Buch unterzubringen.

    Bis zu buchstäblich letzten Seite hatte ich viele Fragezeichen im Kopf, in Bezug auf andere Dinge ist mir dagegen auf diesen letzten Seiten überhaupt erst ein Licht aufgegangen.


    Etwas, auf das ich mir bisher allerdings noch keinen Reim machen konnte (vielleicht habe ich aber auch irgendeine Stelle falsch gelesen bzw. verstanden), ist Folgendes:


    Kein Buch für zwischendurch und eines, das man erst lesen sollte, wenn man genug Zeit dafür hat um viel am Stück zu lesen. Sonst werden viele Details auf der Strecke bleiben. Nicht ganz einfach zu verdauen ist es ebenfalls und es lässt einen noch lange nachdenklich zurück. Wer Bücher mit viel Interpretationsspielraum mag, wird hier auf seine Kosten kommen. Meine eigene Interpretation scheint jedenfalls nicht falsch gewesen zu sein, denn mittlerweile lese ich den Gefangenen des Himmels, und dort wird vieles noch einmal klarer.

    Von mir gibt es für diesen Teil :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: - aber mit Leseempfehlung!

  • Man tut sich schwer, mit "Das Spiel des Engels" aufzuhören, wenn man sich erstmal in einen Rausch gelesen hat.


    Die Handlung spielt im Barcelona zwischen 1917 und 1930. David Martín ist Schriftsteller, der in seiner schwierigen Kindheit den Zugang zur Welt der Bücher fand und über sie einen Ausweg aus seinem schwierigen sozialen Stand sucht, den er aber nie wirklich verlassen wird. Ein rätselhafter Verleger verspricht ihm ein neues Leben als Gegenleistung für nur ein Buch, dass er für ihn schreiben soll. Martín entdeckt, dass bereits andere auf diesen Handel eingegangen sind und versucht das Geheimnis des Verlegers und die vergangenen Geschehnisse zu lüften, wird aber so sehr darin verstrickt, dass weder ihm, noch der Polizei oder den Leser*innen klar ist, ob das, was er entdeckt und was ihm zustößt, tatsächlich geschieht oder nur in seinem Kopf stattfindet.


    Carlos Ruiz Zafón schafft es durch hervorragende sprachliche Bilder und Beschreibungen, die Leser*innen in der Handlung versinken zu lassen. Man kann sich sein Barcelona verbildlichen, man schafft es sich in die tragische Kindheit des Protagonisten hineinzuversetzen und den Trost und die Chance, die er in den Büchern und stellvertretend in der Person des Buchhändlers als eine Art Vaterersatz findet. Das gelingt Zafón durch Rückblicke in die Kindheit und Jugend, die die Lerser*innen aus der zu jeder Zeit spannenden Handlung herausholen und ihnen Hintergrundwissen zum Protagonisten und seinem Umfeld geben, ohne dass dies jemals zu ausführlich wird und die Spannung des Buches beeinträchtigt wird. Die eigentliche Handlung verläuft rasend schnell und der Autor überrascht v.a. zum Ende der Kapitel gerne mit Wendungen und Ereignissen, die man zuvor nicht kommen sieht.


    Trotz der tragischen Rolle des Protagonisten, der Klassenunterschiede im Barcelona der beschriebenen Zeit und seines Kampfes dagegen, allein aus dem Umstand heraus verurteilt zu werden, dass er keiner angesehenen Familie entstammt, behält Martín etwas Herzliches, bspw. gegenüber des Buchhändlers oder seiner Assistentin. Wie die Menschen in seinem Umfeld, war ich zeitweise selbst kurz davor, die Hoffnung mit Martín zu verlieren und zu glauben, er habe einfach nur den Verstand verloren oder erzähle einen seiner Kriminalromane mit sich selbst in der Hauptrolle, aber in "Das Spiel des Engels" gibt es immer den einen Funken, einen kleinen Hinweis, der einen die Geschichte des David Martíns glauben lässt. Man tut sich schwer, mit dem Lesen aufzuhören, wenn man sich erstmal in einen Rausch gelesen hat. Großartig!