Schulz, Bruno - Die Zimtläden

  • Mit großer Wahrscheinlichkeit kann ich behaupten, dass ich einiges aus der großen Welt der Mythologie und Symbolwelt nicht herausgelesen habe, aber einer Logik bin ich direkt gefolgt: Lies es und genieße es, und versuche es erst gar nicht zu begreifen.!

    “Die Zimtläden”, eine Sammlung phantastischer Erzählungen, “eine Art autobiographischer Roman”, wie sie der Autor nannte, beschreiben die versunkene Welt eines galizischen Städtchens und seine Bewohner, allen voran den wunderlichen Vater und seine ebenso gefürchtete “Erzfeindin” Adela, das schöne Stubenmädchen. Wuchernde Gärten unter einem unendlich sich türmenden Himmel, weißglühende Sommer und stockfinstere Sturmnächte, labyrinthartige Dachböden und Zimmerfluchten mit ihren geheimnisvollen Winkeln und Nischen schaffen eine Aura, in der die Tapeten zum Leben erwachen, verwirrende Verwandlungen vor sich gehen, und Schein und Wirklichkeit verschwimmen … “ (Soweit der Klappentext, besser kann man es nicht beschreiben. Eben ein wenig surreal.)


    Eine Ergänzung meinerseits, die das Herangehen an diese Erzählungen vielleicht verdeutlichen kann. Natürlich stellt sich der Leser die Frage warum das Buch “Die Zimtläden” heißt? Weil eine der Geschichten “Die Zimtläden” heißt? Oder weil Adela ziemlich zum Schluss Zimt zermürbt? Aber ist das wichtig? Der Duft von Zimt erzeugt in meiner Nase ein wunderbares Gefühl, Kindheitserinnerungen an Weihnachten, romantisch verklärte Augenblicke, ja ich liebe Zimt und bekomme davon große Augen im Kerzenschein. Das erreicht das Wort Zimt bei mir, und warum also nicht “Die Zimtläden”? Düfte sind so ausgeprägte Sinne, und in diesem Sinn, über diese Tür, über dieses Empfinden, lässt sich das Buch begehen.


    Ich fand es wunderbar, es hat mich beeindruckt, und manchmal fand ich es richtig irre! Ich konnte träumen, verlor mich in vielen Phantastereien und illusorischen Interpretationen, ja mir hat dieses schmale Buch richtig Spaß gemacht. Mal etwas anderes, mal etwas für die Seele!


    Über den Autor
    Bruno Schulz wurde 1892 als Sohn eines jüdischen Textilhändlers in Drohobycz/Galizien geboren. Nach dem Abitur wollte er Maler werden, doch die finanziellen Verhältnisse machten ein Architekturstudium ratsam. Krankheiten, der Tod des Vaters und die wirtschaftliche Situation zwangen ihn, sich als Zeichenlehrer zu verdingen. Daneben arbeitete er als Maler und Graphiker und begann zu schreiben. 1936 wurde er mit dem “Goldenen Lorbeer” der Polnischen Akademie für Literatur ausgezeichnet. 1942 kam er ins Ghetto; wenig später wurde er von der Gestapo auf offener Straße erschossen.

  • Hallo Buchkrümel,


    Bruno Schulz war mir bis heute kein Begriff, dank deiner interessanten Besprechung ist "die Zimtläden" bei der nächsten Buchbestellung auf dem ersten Platz.


    herzlichst: Alixe

    [i][color=#000066][font='Verdana, Helvetica, sans-serif']Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand. [size=8](Erasmus von Rotterdam)

  • Ich las das besprochene Buch vor einigen Jahren auf Französisch an und stellte fest, dass mir einige Nuancen dabei wohl entgingen. Später besorgte ich mir also eine deutsche Ausgabe und sie liegt immer noch ungelesen auf meinem SUB... :uups: Klar war mir aber schnell, dass es sich um eine kleine Perle handelt und einen sehr interessanten Menschen. Das meinen wohl auch andere, und so fand ich heute einen Hinweis auf eine kleine Novelle zur Person des jüdischen Schriftstellers:


    Maxim Biller - Im Kopf von Bruno Schulz


    Eine Meisternovelle, ein literarischer Coup – Maxim Biller erzählt eine Geschichte über den großen jüdischen Schriftsteller Bruno Schulz Der 1942 ermordete jüdische Autor und Zeichner Bruno Schulz wird zur literarischen Hauptfigur in Maxim Billers neuem Buch – und zum Seismographen künftiger Katastrophen. Maxim Biller ist mit dieser Novelle etwas Erstaunliches gelungen: Inspiriert von der osteuropäischen Erzähltradition eines Michail Bulgakow oder Isaac Bashevis Singer, nimmt er seine Leser in einem magischen, burlesken Text mit auf die Reise in die polnische Stadt Drohobycz, in die Welt des Schriftstellers Bruno Schulz und in das Jahr 1938. Er führt uns in einen Keller, in dem Bruno Schulz, der seinen Lebensunterhalt als Kunstlehrer verdient und vom literarischen Durchbruch in ganz Europa träumt, einen Brief an Thomas Mann schreibt. Er hofft, dass der weltberühmte Schriftsteller ihm helfen kann, im Ausland einen Verlag zu finden – dann würde er auch endlich einen Grund haben, seine Heimat für immer verlassen. Denn die Zeichen des kommenden Unheils sind unübersehbar und nähren seinen ständigen Begleiter, die Angst. Im Kopf von Bruno Schulz entsteht eine apokalyptische Vision, die vorwegnimmt, was kurz darauf im besetzten Polen tatsächlich passieren wird. Und es entsteht ein literarisches Kunstwerk, brillant geschrieben, voll von schwarzem Humor. »Billers Sprache ist eine Melodie, die einen anweht, als lebte Albert Camus noch, als schriebe Gottfried Benn plötzlich Short Stories, als klopfte der Existentialismus aus seinem Grab zu uns herüber …Biller ist ein großer Erzähler.« (Welt am Sonntag) »Biller ist ein phantastischer Geschichtenfinder altmodischer Pracht, dem an der Welt gelegen ist, an der Wahrheit, am Leben.« (FAS) (Quelle: amazon.de)


    Siehe auch interessanten Artikel: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kritik/2313222/