Seite 301-389 ab 26.04.06

  • Bitte um eine Begriffserklärung:


    Was bitte ist ein Greißler? Philipp will in Graz ein Eis essen und das kauft er beim "Greißler"...


    ist das ein Eiswagen(verkäufer)? Oder eher wie ein Tante-Emma-Laden, bzw. Kiosk?


    Danke für Antworten! :D

    She wanted to talk, but there seemed to be an embargo on every subject.
    - Jane Austen "Pride and prejudice" - +

  • Ein Greißler ist ein kleines Geschäft, in dem man von Lebensmitteln über Haushaltsartikel alles bekommt. Durch die großen Ketten sind sie natürlich alle zum Sterben verurteilt.
    Tante-Emma-Laden trifft´s wohl am ehesten.


    Ein Kiosk ist eine Trafik ... aber das hatten wir ja schon. :lol:

  • Hier also die Antwort nochmal:


    Grade war ich in Gloggnitz auf einen Eiskaffee - und auf dem Weg dorthin bin ich direkt durch Schottwien gefahren. Wo Ingrids Tante Nessi einen Garten hat. Und ganz in der Nähe von dem Ort, wo Peter Kirschen gekauft hat, wohne ich. Es ist wirklich lustig, das zu lesen!! :lol:

  • Sehr interessant finde ich die Tatsache, wie sich die Geschichte wiederholt. Wie Ingrid gegen ihren Vater aufsässig war, ist es nun Sissi bei Peter. Sissis "Spinnereien" scheinen mir aber normales Teenagerverhalten zu sein und nicht auf ein ernst zu nehmendes Problem zwischen Vater und Tochter hinzuweisen.
    Bei Philipp merkt man schon jetzt die Apathie, über die ich mich in den 2001er-Kapiteln nur wundern kann.


    Die Schilderung von Ingrids Unfall hat mich so mitgenommen, dass ich das Buch heute Nachmittag erst mal zur Seite gelegt habe.


    Jetzt aber weiter...

  • Hallo!


    Es geht dem Ende zu... (schade, eigentlich), ich bin jetzt bei Kapitel 9.Oktober 1989 angelangt.


    Zitat

    Original von Susannah
    Sehr interessant finde ich die Tatsache, wie sich die Geschichte wiederholt. Wie Ingrid gegen ihren Vater aufsässig war, ist es nun Sissi bei Peter.


    Dasselbe dachte ich auch! Und außerdem wächst Peter in meiner Gunst, denn für Kinder in diesem Alter die alleinerziehende Rolle übernehmen zu müssen, das stelle ich mir hammerhart vor!


    Zudem kamen in den gelesenen Kapiteln wieder einige, schon vergessene, Sachen vor.


    Zum Beispiel hatten wir zuhause auch einen Telefon "Viertel-Anschluss", d.h. gemeinsam mit 3 Nachbarn teilten wir uns einen Telefonanschluss. Was den Vorteil hatte, dass man auch nur 1/4 der Grundgebühren zahlen musste, allerdings auch den Nachteil, dass man- wenn man einen telefonwütigen Nachbarn hat - auch nicht telefonieren konnte. Aber damals war Telefonieren doch relativ teuer, ich kann mich eigentlich nicht an gröbere Probleme erinnnern.


    Die Reise nach Jugoslawien verläuft auf der sogenannten "Gastabeiterroute". Damals gab es die Autobahn nach Graz noch nicht, als ich im Jahr 1988 erstmals nach Graz fuhr, absolvierten wir das auf einer Bundesstraße. Diese Straße wurde v.a. von den Gastabeitern benutzt, die in ihre Heimat fuhren, und war deshalb auch sehr stark befahren und unfallträchtig. Mittlerweile ist die Autobahn fertiggestellt und ich bin in 2,5 Std. in Graz.


    Zwentendorf : das ist das einzige - und niemals in Betrieb genommene Atomkraftwerk Österreichs. In einer Volksabstimmung 1978 entschied sich die Bevölkerung gegen die INbetriebnahme. Eine weise Entscheidung, wie ich denke! (obwohl es wahrscheinlich egal ist, denn die tschechischen Atomkraftwerke sind näher als Zwentendorf es gewesen wäre).



    Doch Peter schien nach diesem Vorfall wie geläutert. Es ist wohl eine Tatsache, dass erst etwas Schreckliches passieren muss, damit man sein eigenes Verhalten analysiert und bedenkt. Peter versucht nun sein Bestes, kann natürlich aber nicht gut machen, was er die vergangenen 15 Jahre verabsäumt hat.


    Zitat

    Seite 300
    "Du sollst die Donau nicht duzen"


    Ich bin auch in einem kleinen Ort direkt an der Donau aufgewachsen, und wurde v.a. von Seiten meines Großvaters immer und immer wieder vor den Gefahren des "Wassers" gewarnt worden und angehalten, den Strom nicht zu unterschätzen.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

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  • Ich lese in meinem Lesenachtbuch "Eine Geschichte des Lesens". Alberto Manguel zitiert darin Sartre:


    Zitat

    "Platoniker meines Zeichens, ging ich den Weg vom Wissen zur Sache; ich fand an der Idee mehr Wirklichkeitsgehalt als an der Sache selbst, denn die Idee ergab sich mir zuerst, und sie ergab sich mir wie eine Sache. Ich habe die Welt in den Büchern kennengelernt: dort war sie assimiliert, klassifiziert, etikettiert, durchdacht, aber immer noch ungeheuer."


    Dreimal dürft ihr raten, welche Assoziation vor meinen Augen erschien... 8)


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  • Zitat

    Original von Rosalita
    Es geht den Ende zu... (schade, eigentlich), ich bin jetzt bei Kapitel 9.Oktober 1989 angelangt.


    Ich war heute auch sehr überrascht, als ich feststellte, dass ich beim vorletzten Kapitel angelangt bin.


    Ich finde den Monolog von Alma sehr interessant. Man erfährt sehr viele Details in sehr konzentrierter Form. Über Almas und Richards Vergangenheit, über Sissis Leben in Amerika und darüber, dass selbst die Großeltern ihren werten Enkelsohn Philipp nicht so recht ernst nehmen können.
    Ich bin noch nicht besonders weit in dem Kapitel (Seite 356), aber nun scheint Alma ein paar Erklärungen von Richard einzufordern, die sie seit Jahren beschäftigen. Wie weit das allerdings möglich sein wird, sei mal dahin gestellt...


    (Heute bin ich wieder durch Schottwien gefahren; irgendwie sehe ich dieses Dorf jetzt mit anderen Augen :D )

  • Hallo!


    Ich bin durch! Und ich finde es schade, ich hätte noch gerne viel mehr über diese Familie erfahren.


    Almas Monolog im vorletzten Kapitel war sehr aufschlussreich, man hat doch noch viele Gedankengänge und Details erfahren. Diesem ganzen Kapitel, diesem Lebensrückblick Almas ist eine ganz tiefe Traurigkeit unterlegt. Begründet einerseits mit der schweren Krankheit von Richard, andererseits auch von dem doch sehr traurigen Leben der Alma. Sie ist eine großartige Frau, die viel ertragen hat, viel durchschaut hat und dennoch loyal blieb. Der Schmerz über den Verlust der Kinder, der unverwindbar ist, und dennoch eine positive, optimistische Haltung zum Leben.



    Im letzten Kapitel erfahren wir dann doch noch einiges über Philipp.


    Ich werde die Eindrücke erst mal sacken lassen, und bin schon sehr gespannt auf eure Beiträge!

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
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  • Ich hab das Buch gestern auch noch fertig gelesen und war nach dem vorletzten Kapitel ein wenig nachdenklich und beinahe traurig.


    Ganz stark aufgefallen ist mir, dass die weiblichen Figuren viel stärkere Persönlichkeiten waren als die männlichen. Während des ganzen Buches, durch alle Generationen hindurch.


    Dass Peter im Endeffekt schon Stärke bewiesen hat, indem er die beiden Kinder alleine großgezogen hat, ist zwar deutlich spürbar, aber er hat das nur geschafft, weil er es schaffen mußte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sein Leben vom Keller in die Wohnung zu verlegen.


    Alma finde ich auch großartig!


    Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass Philipp sein Leben überdenkt und vielleicht doch etwas daran ändert.


    Im Großen und Ganzen hat mir das Buch sehr gut gefallen, und ich bin ein wenig unschlüssig, was ich als nächstes angehen soll...

  • Zitat

    Original von Susannah
    Ganz stark aufgefallen ist mir, dass die weiblichen Figuren viel stärkere Persönlichkeiten waren als die männlichen. Während des ganzen Buches, durch alle Generationen hindurch.


    Wie im "richtigen" Leben, oder? ;)
    Warum sind Frauen auserkoren, Kinder auf die Welt zu bringen? - Weil es ein Mann nicht überleben würde.... ;)


    Bei einem Satz im letzten Kapitel (S. 385) habe ich kurz gestutzt. Beim Gespräch der Nachbarin mit Philipp sagt diese: "und wie schade, dass Ingrid so jung gestorben sei, und dass die Frage, weshalb Ingrid nicht einfach aus dem Armreif geschlüpft ist, sich nie geklärt habe"


    Herzliche Grüße
    Rosalita


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  • Ich brauche nochmal drei Antworten, bevor ich hier mehr schreiben kann:


    1. Was ist das Hohe Haus? So etwas wie ein Gerichtshof? Richard spricht davon, dass er Herrn Dr. Zidelka verklagen wil...


    2. Wer ist der Krampus? Ein Hauslehrer?


    3. Was versteht man unterTürkenbund? Einen Blumenstrauß?


    Vielen Dank für Antworten!

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  • Zitat

    Original von Fezzig
    1. Was ist das Hohe Haus?

    : das ist das Parlament, sozusagen die Regierung


    Zitat

    2. Wer ist der Krampus?

    nein, kein Hauslehrer :lol:
    Das ist der Begleiter des Nikolaus, der am 6. Dezember die Kinder besucht und sollte sozusagen den "Teufel" darstellen. Bewaffnet mit einer fürchterlichen Maske, Ketten, Teufelshörnern. Wir hatten als Kinder unheimliche Angst vor dem Krampus (und früher wurde der Krampus auch als "Erziehungsmittel" benutzt).


    Zitat

    3. Was versteht man unterTürkenbund

    ? Da muss ich auch passen, habe aber
    das hier gefunden. Ein Liliengewächs

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
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  • Auf der Homepage steht:

    Zitat

    Türkenbund gehört zu den vollständig geschützten Pflanzen.


    Dann macht es auch Sinn, dass Richard diese hochmütige Frau so angeht. Ich hatte mich schon gefragt, weshalb er sie sich vorknöpft - doch sicher nicht wegen ihres damenhaften Aussehen. :lol:


    Ich hatte bei dem "Hohen Haus" auch erst an das Parlament gedacht, fand es aber seltsam, dass die Parlamentarier über Richards Anzeige/Klage entscheiden...


    Vielen Dank für die rasche Antwort!
    Noch 30 Seiten und dann melde ich mich wieder.


    Ich habe auch nochmal eine Frage zu dem "Viertel-Anschluss" (Telefon). Mein Freund ich kamen gestern durch eine TV-Serie auf das Thema und ich erzählte ihm gleich begeistert, was ihr hier sagtet ( :D ). Im Gespräch kam mir die Frage:


    Wie war es, wenn jemand anders telefonierte? Konntet ihr dann lauschen? Oder hatte jeder beim Telefonieren seine Privatsphäre?


    Hier in Deutschland gab es das wohl nicht offiziell, aber Schatz meinte, es hätten viele einfach gemacht... :-$

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  • Zwar hatten wir immer einen ganzen Anschluß, aber soweit ich weiß, war einfach besetzt, wenn grade ein Nachbar telefonierte. Lauschen konnte man sicher nicht!
    Seeeeehr lästige Angelegenheit jedenfalls.


    Den Krampus als Hauslehrer zu bezeichnen finde ich großartig!!! =D> (Weil er wohl in vielen Familien dazu benutzt wurde, die Kinder zum Lernen zu "animieren".)

  • Zitat

    Original von Fezzig
    Wie war es, wenn jemand anders telefonierte? Konntet ihr dann lauschen? Oder hatte jeder beim Telefonieren seine Privatsphäre?


    Nein, mitlauschen konnten wir keinesfalls. Entweder war die Leitung "tot", und es war ein Besetztzeichen, das weiß ich gar nicht mehr.
    Und es war - denke ich - auch legal so. Es war so, dass wir erst ca. 1978 (ich ging schon zur Schule) ein Telefon bekamen. Und da wurden wir wohl an die Leitung der Nachbarn "drangehängt" - aber ganz offiziell, wie ich glaube (... da muss ich mal nachfragen).


    Zitat

    ch hatte bei dem "Hohen Haus" auch erst an das Parlament gedacht, fand es aber seltsam, dass die Parlamentarier über Richards Anzeige/Klage entscheiden...


    das hängt vielleicht damit zusammen, dass Richard Minister war :idea:

    Herzliche Grüße
    Rosalita


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  • Zitat

    Original von Susannah
    Den Krampus als Hauslehrer zu bezeichnen finde ich großartig!!!


    Freut mich, euch erheitert zu haben! :D


    Bei uns gibt es nur den Nikolaus (der ist der gute und der Böse). Irgendwie gehört auch noch Knecht Ruprecht dazu, aber nicht wirklich. Ich finde es sowieso sehr spannend, wie unterschiedlich die Weihnachtsbräuche in den einzelnen Ländern sind. Selbst in Deutschland gibt es große Unterschiede zwischen Nord und Süd.


    Bei uns z.B. spielt das Christkind überhaupt keine Rolle - im Süden glaub ich, kommt das Christkind mit den Gaben, bei uns der Weihnachtsmann. Dabei ist die Idee vom Christkind angeblich auf Luther zurückzuführen, der den Personen"kult" um den Bishcof Nikolaus abschaffen wollte... das wurde von den Protestanten aber nicht angenommemn, dafür aber von den Katholiken... witzig, wie zynisch Geschichte sein kann! ;)


    Nochmal zum Telefon:


    Zitat

    Original von Rosalita
    Die Leitung war "wie tot".


    Wer sich in Deutschland dranhängte, hing wohl auch "drin" - und konnte so alles mitbekommen, was der eigentliche Telefonierende sagte...

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    Einmal editiert, zuletzt von Fezzig ()

  • Nun bin ich auch durch. Erstmal schildere ich meine Eindrücke der letzten 100 Seiten und lese danach nochmal eure Kommentare + kommentiere sie dann (sofern ich Anmerkungen habe).


    Kapitel: Freitag, 30. Juni 1978


    Peter als Vater zweier pubertierender Kinder. Ein letzter Familienurlaub, da Sissi im nächsten Jahr wahrscheinlich nicht mehr mitfahren wird. Sissi ist verliebt - wie Ingrid in ihrem Alter. Ob Peter bei dem Gedanken melancholisch wird?


    Er scheint in seine Vaterrolle gefunden zu haben. Allerdings brauchte er dafür eine Weile - an einer Stelle erfährt man, dass Sissi sehr viel Zeit mit Philipp verbrachte und sie ihn als wichtigen Teil ihres Familienlebens betrachtet. Insgesamt hat man beim Lesen den Eindruck, dass über allem eine gewisse Wehmut liegt - so als ob alle wissen, dass er das Ende einer "Ära" bedeutet. (Nicht zu unrecht, denn wir wissen ja, dass Sissi wenig später nach New York geht und nicht wiederkommt).


    Ist es nicht schlimm, wenn ein Vater über sein Kind folgendes denkt:


    Zitat

    Er [Philipp] besitzt keinen Ehrgeiz, weder im Sport noch bei den Mädchen, die interessieren ihn noch gar nicht. Und Mut ist ebenfalls nicht seine Sache. Wahrlich, was für ein Tropf. (S.294)


    Man würde doch vermuten, dass ein Vater, der diese Charakterschwächen bemerkt, aktiv dagegen anzugehen versucht. Aber Peters Ansatz, den Kindern so viel Freiraum wie möglich zu geben, ist für Philipp vielleicht genau das Falsche. Ich habe (gerade zu Ende des Buches hin) den Eindruck, dass er Peters liberale Art eher ablehnt und als Desinteresse auslegt als als Freiheit.


    Ingrids Tod ist so überflüssig und traurig gewesen! Die Art, in der Geiger über ihn berichtet, finde ich sehr gelungen!


    Schlimm finde ich, dass Peter, wenn er sich Ingrid zurück wünscht, gar nicht SIE wiederhaben will, sondern ihr zeigen möchte, wie gut er ohne sie klarkommt und wie sich selbst zu zeigen, wie gut sie es haben könnten. Auf Seite 302/303 ist er sehr ehrlich zu sich und ihrer unglücklichen Ehe.


    Aber:


    Zitat

    [..] denken kann man vieles, es kostet nichts. Es kostet nichts.


    Und so kann er davon träumen, wieviel glücklicher sein Leben hätte sein können.


    In den folgenden Philipp-Kapiteln gesteht er sich ein, dass sein Leben sinnlos ist. Er wünscht sich die entsorgten Briefe seiner Großmutter wieder - die aber schon weg sind. Auf immer verloren! Aber immerhin macht er den Versuch, sich eine Vergangenheit zu besorgen.
    Johannas und seine Beziehung neigt sich einem Ende zu. Solange er sich nicht ändert, wird es keine Zukunft geben. Aber - wenn er sich ändern sollte: ist die Affäre mit Johanna dann überhaupt noch erstrebenswert für ihn?
    Der Wunsch, mit Atamonov und Steinwald zur Hochzeit zu fahren, zeigt, wie allein er sich fühlt... dass ihm das Interesse Fremder so wichtig ist, ist ein Beweis für seine Einsamkeit.


    Kapitel: Montag, 9. Oktober 1989


    Ein Kapitel aus Almas Sicht. Ein Bericht über das Altsein und das Ende des Lebens - die Notwendigkeit, sein Leben zu verlangsamen, zu akzeptieren, dass man allein zurückbleibt. Die Erkenntnis, dass man sein gelebtes Leben akzeptieren muss und verpasste Chancen nicht nachholbar sind.


    Ein sehr anrührendes Kapitel über diese kleine, hartnäckige Frau, die auch zum Schluss zu ihrem Mann hält, auch wenn sie Zweifel an ihrer Einstellung zu ihm hat (ausgelöst durch seine Affäre im Jahr 1970).


    Ihren Sinn für Humor bewundere ich: Philipp das Haus zu schenken, um ihn aus seiner Traumwelt zu holen. Ihn nicht nur für mehr Wohnraum demonstrieren zu lassen, sondern ihn in die aktive Rolle zu versetzen, in dem er sich um das baufällige Haus zu kümmern hat. Sehr gelungen! :D


    Das letzte Kapitel ist ein sehr hoffnungsvolles, auch wenn es durch den ständigen Gegenwartsbezug nicht abhebt. Ich finde es sehr realistisch! Philipps Gespräch mit seinem Vater ist für mich ein Zeichen, dass Peter letztendlich doch nicht der erfolgreiche Vater war, als den er sich gern sah (bis zum Schluss auf der Verliererseite):
    beide Männer sehnen sich nach jemanden, der sich um sie kümmert oder um den sie sich kümmern können, scheitern aber an der Umsetzung. Irgendwo sagt (denkt) Philipp, dass es ihm an Unterstützung undGeborgenheit fehlte - bei dem Vater kein Wunder. Ich habe den Verdacht, dass sich Peter wieder in seinen Keller verzog, als die Kinder aus dem gröbsten heraus waren (vielleicht auch schon nach Sissis Abreise).


    Das offene Ende gefällt mir sehr gut, weil sich jeder selbst ein Bild davon machen kann, wie es weitergeht!

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    Einmal editiert, zuletzt von Fezzig ()

  • So, nun habe ich eben diesen langen Beitrag geschrieben, die Bewertung aber komplett vergessen! :uups:
    Das hole ich hiermit nach:


    ich fand "Es geht uns gut" sehr gut zu lesen. Die Familiengeschichten, die Arno Geiger zwischen die Gegenwartsgeschichten einschob, sind sehr gut ausgewählt, um dem Leser ein Gefühl für die Familiengeschichte zu geben, ihn aber nicht mit Details zu überladen. Natürlich hätte ich mir gewünscht über die jeweilige Zeit mehr zu erfahren - auch und insbesondere über die Beziehungen der einzelnen Personen zueinander. Man hätte über jedes Paar auch hervorragend einen eigenen Roman schreiben können, soviel Stoff hätte es gegeben.


    Gerade wegen der möglichen Informationsfülle fand ich den jeweiligen Fokus gut gewählt. Schön ist auch, dass jeder mind. einmal zu Wort kommt (außer Sissi, die außerhalb der Familie steht, aber sicher auch seeehr interessantes zu sagen gehabt hätte! Schade, schade - noch ein Teil der Familiengeschichte der mit der Zeit untergeht :( ).


    Es hat mir richtig gut gefallen!!! Und dass wir es im Rahmen einer Leserunde lasen, hat den Reiz noch erhöht! Es hat (mal wieder) sehr viel Spaß gemacht! :cheers:


    Zitat

    Original von Rosalita
    Und außerdem wächst Peter in meiner Gunst, denn für Kinder in diesem Alter die alleinerziehende Rolle übernehmen zu müssen, das stelle ich mir hammerhart vor!


    Meine Kritikpunkte hatte ich vorher ja schon genannt, aber wenn man Peters Charakter bedenkt, meistert er das Leben nach Ingrids Tod sehr gut! Er muss sich ja komplett verändern und Verantwortung tragen, (haus-)wirtschaftlich denken und vieles übernehmen, das früher in Ingrids Aufgabengebiet fiel.
    Wie Rosalita schon sagte, es ist tragisch, dass es häufig eines schlimmen Anlasses bedarf, um sich zu ändern. Die Beschwerden, Anregungen und Forderungen vom Partner gehen ja häufig zum einen Ohr rein und zum anderen raus...


    Zitat

    Original von Susannah
    Ganz stark aufgefallen ist mir, dass die weiblichen Figuren viel stärkere Persönlichkeiten waren als die männlichen. Während des ganzen Buches, durch alle Generationen hindurch.


    Das ist mir auch aufgefallen. Aber wie Rosalita schon sagte, ist das im echten Leben ja auch so!


    "und wie schade, dass Ingrid so jung gestorben sei, und dass die Frage, weshalb Ingrid nicht einfach aus dem Armreif geschlüpft ist, sich nie geklärt habe"



    Ich bedauere, dass ich nicht in meinem eigenen Buch gelesen habe und so nicht alles anstreichen konnte, was ich gern gewollt hätte. Leider hatte ich nicht immer Zettel und Stift bei mir, so dass ich bestimmt einige Dinge vergessen habe, hier zu erwähnen, die ich schön, bewegend, weise oder traurig fand...
    das ist der einzige Wehmutstropfen am Lesen gewesen (und die Tatsache, dass es schon vorbei ist!).


    Ich finde es schön, dass der Autor einen Preis für seine Leistung erhielt und er somit im Gespräch ist! Das hat er verdient! :thumleft:

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  • ja, das Schlussfazit.


    Bei diesem Buch ist es sehr schwierig, alle Gedanken, alle Ideen, alle Handlungen und Assoziationen kurz und prägnant zusammenzufassen.


    Zitat

    Original von Fezzig
    Schlimm finde ich, dass Peter, wenn er sich Ingrid zurück wünscht, gar nicht SIE wiederhaben will, sondern ihr zeigen möchte, wie gut er ohne sie klarkommt und wie sich selbst zu zeigen, wie gut sie es haben könnten.


    ja, das stimmt allerdings. Und angenommen (sie wäre z.B. sehr krank gewesen und wieder genesen) sie wäre wieder "zurückgekommen" wäre es wohl zu Beginn vielleicht besser, aber Peter würde sicherlich wieder in den alten Trott zurückfallen.


    Obwohl sehr viele Aspekte angesprochen werden, viele Themen einfließen und auch viele Personen vorkommen, verzettelt sich Geiger nie, es wurde nie verwirrend und ich behielt eigentlich immer den Überblick.
    Vieles bleibt offen, und trotzdem ist am Ende alles gesagt.
    Er wählt die richtigen Worte, das Buch hat doch einen traurigen Grundton und ist trotzdem nicht deprimierend.


    Vor allem der ständig wechselnde Fokus hat mir sehr gut gefallen. Ich war schon bei jedem neuen Kapitel gespannt, mit wem es weitergeht, über wen wir Neues erfahren.


    Hauptthematik war wohl der Umgang mit der Vergangenheit, die Erinnerung. Lebt die Vergangenheit in uns weiter? Können wir sie (wie in einen großen Müllcontainer) so leicht abschütteln und entsorgen? Hat Sissi den einfacheren Weg gewählt, indem sie zu neuen Ufern aufgebrochen ist und alles hinter sich gelassen hat?
    Das offene Ende hat mir auch sehr gut gefallen, und es hinterlässt bei mir doch eine positive, lebensbejahende Stimmung.


    Ganz große Literatur mit österreichischer Färbung (die mich doch ein bisschen stolz macht! :roll: ) :thumright:


    Die Leserunde war echt klasse, auch ich habe dazugelernt ;) , ich bedanke mich bei euch!!

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
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