F.C.Delius – Die sieben Sprachen des Schweigens

  • Original: Deutsch, 2021


    INHALT:

    Drei autobiographische prägende Erfahrungen:


    Die Jerusalemer Krawatte

    Ein Besuch in Jerusalem 1994 anlässlich einer Begegnung zwischen israelischen und deutschen Schriftstellern und Lyrikern. Dabei wird Delius als seinen Beitrag einen Auszug lesen, indem er vom “Opfer Abrahams” sprechen wird. Er münzt es auf seine Situation in der Erfahrung mit seinem Vater. Gleichzeitig ist diese Perikope aber auch identitätsstiftend in der jüdischen (und christlichen als auch islamischen) Tradition! Sein Aufbegehren gegen das Opfer, das unmögliche, schafft eine Resonanz insbesondere bei den jüdischen Zuhörern, die wiederum in Delius einen jahrzehntelangen Konflikt löst und zur Ruhe bringt. Wie eine Versöhnung mit dem eigenen Vater...


    Die sieben Sprachen des Schweigens

    Anlässlich eines Besuches des Nobelpreisträgers Imre Kertesz im Mai 2003 in Jena und seinem Schillerhaus kommt es zu einem kaum messbar langen gemeinsamen Spaziergang von dort aus in die Innenstadt. Delius, von je her eher ein Schweiger als ein Redner, bleibt eher still und schweigsam. Es scheint Kertesz entgegenzukommen, der ansonsten überrannt wird von wohlmeinenden Fragern.


    Lebensanzeige oder Die Stimmlosigkeit der Stimmbänder

    Abgleiten im Februar 2008 in ein dreiwöchiges Koma und seiner Kommunikationslosigkeit. Schweigen. Und halluzinatorische Wahnvorstellungen prägen das innere Erleben.


    BEMERKUNGEN:

    Der ansonsten eher zurückhaltende Autor gibt sich hier wohl in einer seltenen Art und Weise preis. Es sind sehr persönliche Texte, die ihn verletzlich und mit Fragen zeigen. Das Schweigen, sein eigenes, rührt sicher auch von einer frühen Erfahrung her: er konnte sich als Stotterer nicht verständlich machen, und bevorzugte das Schreiben, was sicherlich auch seine Berufung förderte und entwickelte.


    Der Schreibstil ist besonders. In allen drei Teilen finden wir jeweils punktlose einsätzige Aussagen – teils zehn Zeilen lang oder gar länger -, die jeweils mit einem Gedankenstrich enden. So erscheinen diese Aussagen offen und auch aufs Kommende ausgerichtet?!


    Mich zog der Titel an, da ich im Schweigen ebenfalls einen grossen Wert sehe. Jedoch lässt die Zahl der “vollkommenen Sieben” einen symbolischen Wert erkennen, der durch die in den Texten angesprochenen vielfältigen Arten und Weisen des Schweigens meines Erachtens nicht ausgeschöpft wird. Ich würde dem sicherlich noch eine spirituell-mystische Sicht hinzufügen wollen, die ich so im Werk nicht fand. So bleibt der Ansatz für mich sehr interessant ohne mich aber ganz zufriedenzustellen. Insofern “nur” dreieinhalb Sterne!


    AUTOR:

    Friedrich Christian Delius, geboren 1943 in Rom (wo sein Vater Pfarrer war), gestorben 2022 in Berlin, war das älteste von vier Geschwistern und wuchs in Hessen auf und lebte seit 1963 in Berlin. Das Abitur erlangte er 1963 an der Alten Landesschule in Korbach.

    Von 1963 bis 1970 studierte er Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin sowie an der Technischen Universität Berlin, wo er bei Walter Höllerer 1971 mit der Dissertation Der Held und sein Wetter zum Doktor der Philosophie promoviert wurde. Von 1970 bis 1973 arbeitete er als Lektor im Verlag Klaus Wagenbach, von 1973 bis 1978 in derselben Funktion im Rotbuch Verlag. Ab 1978 war er freier Schriftsteller.

    Delius wurde unter anderem mit dem Fontane-Preis, dem Joseph-Breitbach-Preis und dem Georg-Büchner-Preis geehrt. Seine Werkausgabe im Rowohlt Taschenbuch Verlag umfasst derzeit einundzwanzig Bände.

    (Quelle: und mehr bei wikipedia)


    Publisher ‏ : ‎ Rowohlt Berlin; 1. edition (14 Sept. 2021)

    Language ‏ : ‎ German

    Hardcover ‏ : ‎ 192 pages

    ISBN-10 ‏ : ‎ 3737101132

    ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3737101134

    Dimensions ‏ : ‎ 13.3 x 2.03 x 20.9 cm