Original: Norwegisch, 1992
Achtung: Ich bespreche hier nun den zweiten Band! Obwohl er sich separat lesen lässt, ist es wohl empfehlenswert, zunächst Jon Fosse – Melancholie I/Melancholia I kennenzulernen!
INHALT UND BEMERKUNGEN:
Melancholie I bestand aus drei örtlich und zeitlich verschieden angesiedelten, und stilistisch auch anderen, Teilen (siehe oben verlinkte Besprechung):
a) die Zeit des Malers Lars Hertervig in Düsseldorf; b) sein späterer Aufenthalt in einem “Irrenhaus” in Norwegen; c) einem Ich-erzählten Teil eines Autors, der auf eine Pfarrerin trifft (hervorragender Dialog!)
In Melancholie II finden wir nochmals eine andere Perspektive. Wir begegnen der inzwischen alten Oline in Stavanger. Nach und nach stellt sich heraus, dass es sich um die Schwester von Lars handelt. Dieser ist “gerade” vor ein paar Wochen gestorben. Wir befinden uns im Jahre 1902. Oline ist alt geworden: sie schleppt sich noch jeden Tag zum Hafen runter, wo sie Fische einkauft. Der beschwerliche Rückweg den Berg hoch wird lang. Wir werden Zeuge ihrer inneren Monologe und ihres Kampfes mt den Gebrechlichkeiten des Alters (sehr genau geschildert). Sie kommt am Haus ihres Bruder und der ungeliebten Schwägerin vorbei. Jaja, sie wird schon kommen um dem schwerkranken Bruder zu sehen, wie dieser es sich wünscht! Aber zunächst muss sie nach Hause. Vergisst sie ihr Vorhaben, vergisst sie das Naheliegende? Doch das Vergangene ist präsenter: Und so nähern wir uns ihrer Kindheit zusammen mit Lars an und erinnern einige Ereignisse, Elemente seines Lebens:
Mit der Kinderschar und den Eltern lebten sie auf der Insel Borgøy bei Tysvær. Die verarmte Familie versteht nicht Lars, der manchmal und von je her “verschwindet”. Eines Tages folgt ihm Oline und sie entdeckt sein Geheimnis: eine Grotte am Meeresufer, wo er kohlebemalte Holzstücke aufbewahrt! Das erinnert übrigens auch an sein Lebensende, wo Lars in seiner Armut auf allen möglichen Untergründen Herrliches zu malen weiss. Schon ist er der Andere, etwas seltsam, ein am Rande Stehender.
Der verzweifelte Vater beschliesst eines Tages, das kleine Haus abzubrechen und nach Stavanger zu ziehen…
Wir finden erneut eine sich teils wiederholende, kreiselnde Sprache, wenn auch nicht so intensiv wie im ersten Teil von Melancholie I. Diese Wiederholungen entsprechen dem nneren Monolog, jenem Suchen, Überlegen der alten Oline.
Es ist naheliegend, dass zur Covergestaltung eins der herrlichen Bilder des Lars Hertervig verwendet wird, in der deutschen, wie auch in der französischen Fassung! Prima!
Mir hat dieses Buch ausgesprochen gut gefallen, eventuell noch einen Deut besser als der erste Band?!
AUTOR:
Jon Olav Fosse (* 29. September 1959 in Haugesund, Norwegen) ist ein norwegischer Autor. Er ist als Dramatiker, als Prosa- und Kinderbuchautor, Lyriker, Essayist und Übersetzer tätig. Mit seinen über 50 literarischen Veröffentlichungen gilt er als eine der wichtigsten Stimmen der zeitgenössischen norwegischen Literatur. Sein literarisches Werk, dem oft etwas Düsteres, Melancholisches und Mystisches nachgesagt wird, wurde in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Größere Bekanntheit brachten ihm seit den 1990er-Jahren seine mehr als 20 weltweit aufgeführten Dramen ein. Er gilt damit als bekanntester norwegischer Dramatiker seit Henrik Ibsen. Im Jahr 2023 erhielt er den Nobelpreis für Literatur.
(Quelle und mehr, siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Jon_Fosse )
Publisher : Kindler Verlag; 1. edition (23 Mar. 2001)
Language : German
Hardcover : 448 pages
ISBN-10 : 3463403986
ISBN-13 : 978-3463403984
Original title : Melancholia II