Schlangengrube Filmset
Als die „Listo-Film“ im Schönbrunner Schlosstheater 1925 mit den Dreharbeiten zum „Rosenkavalier“ beginnt, werden Ernestine Kirsch und Anton Böck als zwei von 10.000 Komparsen engagiert. Während Ernestine Feuer und Flamme ist, ist Anton vielleicht nicht ganz so enthusiastisch. Erst als er in der Filmkantine in den Genuss von köstlichen Mehlspeisen kommt, versöhnt ihn mit der juckenden Perücke und den seidenen Kniebundhosen mit lila Schleifen, die er tragen muss, aber seine wohlgeformten Waden zur Geltung bringen.
Doch schon am zweiten Drehtag wird Louise Toupie, die Hauptdarstellerin, die ob ihre Divenhaften Attitüden nicht gar so beliebt ist, mit einem roten Seidenschal erdrosselt. Und schon stellt sich die Frage „Cui bono?“. Wem nutzt der Tod der Toupie? Ist nun der Weg frei für Carolina Pressbaum, die Konkurrentin?
Schwiegersohn Erich Felsberg ist mit den Ermittlungen betraut und so tauscht man sich in der Familie über den Mord an Schauspielerin aus. Erich ist unter Stress, denn einerseits leidet immer mehr an den antisemitischen Äußerungen seiner Kollegen und andererseits steht in zwei Wochen der Urlaub an den Attersee an, der nur dann angetreten werden kann, wenn der Täter gefasst ist.
Dann geschieht ein weiterer Mord und der Urlaub rückt in weite Ferne. Doch Erich hat nicht mit der Hartnäckigkeit von Ernestine und ihrer Spürnase gerechnet. Ihr phänomenales Gedächtnis und ihre Kombinationsgabe lässt sie in eine andere Richtung denken als in Animositäten unter Filmleuten. Dass sowohl Anton als auch Ernestine dem Täter näher kommen, als ihnen lieb ist, braucht nicht extra erwähnt werden.
Meine Meinung:
Beate Maly entführt in das Jahr 1925. Wien gehört zu den führenden Stummfilmmetropolen in Europa. Neben der „Sascha-Filmindustrie“ und den „Rosenhügelstudios“ ist die „Listo-Film“ der dritte große Player dieser Zeit. Wir dürfen gemeinsam mit Ernestine und Anton staubige Filmluft schnuppern und hinter die Kulissen der Märchenwelt Film schauen, in der es alles andere märchenhaft zugeht: Neid, Hass, voller Körpereinsatz inklusive sexuelle Gefälligkeiten, um eine der begehrten Filmrollen zu ergattern.
Auch wenn hier im 8. Fall für Ernestine und Anton der Wohlfühlfaktor noch überwiegt, ziehen die dunkelbraunen Wolken der Antisemiten weiter herauf. Zuerst ist es nur Kollege Pinter, der antisemitische Bemerkungen macht, dann liegt Hitlers „Mein Kampf“ offen im Aufenthaltsraum der Kriminalbeamten herum und weitere Polizisten schließen sich Pinter an und unterwandern die Polizei.
Die Charaktere der Reihe rund um Ernestine Kirsch und Anton Böck dürfen sich weiterentwickeln, was mir recht gut gefällt. Schauen wir einmal, was die Zukunft bringen wird, denn das nächste große historische Ereignis, der Brand des Justizpalastes ist nicht mehr fern (1927).
Ich möchte noch das besonders stilvolle Cover in gold und schwarz hervorheben.
Fazit:
Gerne gebe ich diesem Ausflug in die Glitzerwelt des Kinos 5 Sterne.