Caroline Wahl - 22 Bahnen

Cover zum Buch 22 Bahnen

Titel: 22 Bahnen

4,2 von 5 Sternen bei 62 Bewertungen

83,1% Zufriedenheit

Verlag: DuMont Buchverlag GmbH & Co. KG

Format: Taschenbuch

Seitenzahl: 208

ISBN: 9783832167240

Termin: Neuerscheinung April 2024

Aktion

  • Kurzmeinung

    cocodrilla
    Berührende Geschichte, glaubhaft und bewegend. Der Schreibstil ist eher gewöhnungsbedürftig, hat mich nicht gestört
  • Kurzmeinung

    Emili
    Ein schlechter Schreibstil, flache Dialoge, verschenktes Potenzial
  • Cover zum Buch Windstärke 17
  • Tildas Leben pendelt zwischen ihrem Job im Supermarkt, dem Mathematikstudium und ihrem Zuhause bei ihrer kleinen Schwester und der alkoholkranken Mutter. Wann immer es geht, geht sie ins Freibad und schwimmt genau 22 Bahnen. Zumindest so lange bis plötzlich Viktor auftaucht, und Tildas Leben aus dem Rhythmus bringt. Nicht nur, dass sie von nun an 23 Bahnen schwimmt, nein, sie stellt sich endlich verdrängten Ereignissen aus der Vergangenheit.

    Aber vielleicht gibt es auch keine falschen und richtigen Worte, und wir sollten endlich darüber reden, denke ich und schweige.

    Doch eines ist die Vergangenheit, viel schwerer wiegt die Frage nach der Zukunft, als Tildas Professor vorschlägt, dass sie sich an der Uni Berlin für die Promotionsstelle bewerben sollte. Da ist nicht nur Viktor in ihr Leben getreten, sondern da ist vor allem ihre kleine Schwester, die sie nicht mit der alkoholkranken Mutter allein lassen kann. Deshalb schmiedet sie einen Plan, wie sie Ida auf ein Familienleben ohne sie vorbereiten kann.

    Denn ich kann nur gehen, wenn Ida gewappnet ist.

    Und während Tilda noch mit dem Umzugsprojekt nach Berlin kämpft, entwickelt sich Ida zu einem unabhängigen, cleveren und kämpferischen Mädchen, das es schaffen wird, mit der kranken Mutter zurecht zu kommen.

    Meine persönlichen Leseeindrücke

    Es gibt Roman, die mich während des Lesens beruhigen, fesseln und abtauchen lassen in eine Fiktion, die für wenige Stunden meinen Tag ausfüllt. In diesen glücklichen Fällen fühle ich die Erzählstimme und lasse mich von ihr leiten und verleiten. So wie hier. Die Geschichte hat mich mit sich genommen, in einem ruhigen, unaufgeregten Erzählfluss durch diesen kurzen, aber intensiven Roman geführt. Auch die Handlung an sich überzeugt voll und ganz, geht beim Lesen unter die Haut und vermag es zu berühren. Aber am meisten überzeugt haben mich die Charaktere dieses Romans: Manche Charaktere wirken geschrieben, erschaffen, andere wiederum sind wie direkt aus dem Leben gegriffen. Dieses Gefühl hatte ich auf Anhieb bei Tilda. Aber auch ihre kleine Schwester ist hervorragend getroffen, die alkoholkranke Mutter ist erschütternd realistisch gezeichnet, und mit Viktor ist der Autorin ein faszinierender Charakter gelungen.

    Ida ist krass. Irgendwie schäme ich mich dafür, dass ich dachte, sie würde es ohne mich nicht schaffen, dass ich sie so unterschätzt habe. Aber vor allem bin ich stolz und ein bisschen traurig, dass sie mich gar nicht zu brauchen scheint.

    Fazit

    Mit „22 Bahnen“ gelingt Caroline Wahl ein überzeugendes Debüt. Obwohl nur ein schmales Büchlein, das schnell gelesen ist, überzeugt es und erzählt von zwei Schwestern und einer kaputten, kranken Mutter - großes Gefühlskino in literarisch frechem & frischem Ton!

  • Klappentext/Verlagstext

    Tildas Tage sind strikt durchgetaktet: studieren, an der Supermarktkasse sitzen, sich um ihre kleine Schwester Ida kümmern – und an schlechten Tagen auch um die Mutter. Zu dritt wohnen sie im traurigsten Haus der Fröhlichstraße in einer Kleinstadt, die Tilda hasst. Ihre Freunde sind längst weg, leben in Amsterdam oder Berlin, nur Tilda ist geblieben. Denn irgendjemand muss für Ida da sein, Geld verdienen, die Verantwortung tragen. Nennenswerte Väter gibt es keine, die Mutter ist alkoholabhängig. Eines Tages aber geraten die Dinge in Bewegung: Tilda bekommt eine Promotion in Berlin in Aussicht gestellt, und es blitzt eine Zukunft auf, die Freiheit verspricht. Und Viktor taucht auf, der große Bruder von Ivan, mit dem Tilda früher befreundet war. Viktor, der – genau wie sie – immer 22 Bahnen schwimmt. Doch als Tilda schon beinahe glaubt, es könnte alles gut werden, gerät die Situation zu Hause vollends außer Kontrolle.

    ›22 Bahnen‹ ist eine raue und gleichzeitig zärtliche Geschichte über die Verheerungen des Familienlebens und darüber, wie das Glück zu finden ist zwischen Verantwortung und Freiheit.

    Die Autorin

    Caroline Wahl wurde 1995 in Mainz geboren und wuchs in der Nähe von Heidelberg auf. Nach ihrem Studium der Germanistik und Deutschen Literatur arbeitete sie in mehreren Verlagen. ›22 Bahnen‹ ist ihr Debütroman. Caroline Wahl lebt in Rostock.

    Inhalt

    Tilda hat nur den Moment vor dem Einschlafen für sich allein. Sie studiert Mathematik, hat herausfordernde Prüfungen vor sich, arbeitet an der Supermarktkasse – und hat eine alkoholkranke Mutter und ihre schüchterne jüngere Schwester zu betreuen. In ihren Tagesplan scheint selbst ihr Schwimmtraining nicht mehr zu passen, für das sie weite Wege auf sich nimmt und in der Bahn ihre Aufgaben erledigt. Eines Tages taucht im Schwimmbad Viktor Wolkow auf, die grimmigere Ausgabe seines jüngeren Bruders Ivan. In Hamburg soll Viktor Karriere in der IT-Branche gemacht haben. Mit Viktor wird die verdrängte Erinnerung wieder lebendig an einen zurückliegenden Sommer und Ivans Tod. Nachdem Tilda Viktor gesichtet hat, schwimmt sie zum ersten Mal eine Bahn mehr als sonst. Hat die Begegnung sie so aus dem Konzept gebracht oder nimmt sie gerade mit der einzigen in Mathematik ebenbürtigen Person einen sportlichen Wettkampf auf? Wenn Marlene, Tildas ehemals allerbeste Freundin, zu Besuch in die alte Heimat einfällt, wird stets deutlich, dass Tilda weder in einer anderen Stadt studieren noch in Urlaub fahren kann. Selbst ohne eine kleine Schwester geht.es.nicht. Dass Marlene Idas Mathestudium als Abkehr vom Leben wertet, verbessert die Situation nicht gerade.

    Als Marlenes Professor sie nach dem Masterabschluss für ein Promotionsstudium in Berlin empfehlen will, scheint der Plan völlig unmöglich. Selbst wenn es unkonventionelle Hilfsangebote geben würde für junge Erwachsene in der Rolle des Familienoberhaupts, wäre das ebenso wenig Tildas Stil wie Hoffen auf ein märchenhaftes Ende. Sie kann ihre unberechenbare Mutter nicht mit Ida allein lassen. Doch durch den Kontakt zu Viktor hat das labile Gleichgewicht in Tildas Familie sich in unerwartete Richtung in Bewegung gesetzt. Während sie ein Training für Ida entwickelt, das sie aus ihrer Vereinsamung herausholen soll, muss Tilda sich eingestehen, dass Ida mit inzwischen 10 Jahren eine eigene Persönlichkeit ist, keine kleinere Ausgabe ihrer selbst. Als Person, die bisher für die Welt der Zahlen gelebt hat, konnte Tilda mich mit der Einsicht überraschen, dass sie selbst loslassen muss und mit ihrem pädagogischen Händchen für Ida.

    Fazit

    In Tildas Familie gibt es nur kurze Pausen der Normalität. Die Situation kann jederzeit kippen – und Tilda mit einer zusammengebrochenen Mutter und einer verängstigten Schwester konfrontieren. Das tägliche Bangen, dass hoffentlich nichts schief gehen wird, hat mich als Leserin durch das Buch getrieben. Manchmal hätte ich mir gewünscht genauer zwischen der Gegenwart und Tildas Rückblicken differenzieren zu können. Die normalverrückte Situation einer Studentin, der ungefragt die Mutter- und Betreuerrolle aufgeladen wird, umfasst circa die Zeit zwischen Tildas 14. Und 24. Lebensjahr. Da die Lösung für die Beteiligten nicht aus einem finanzkräftigen Wohltäter besteht, der aus heiterem Himmel auftaucht, sondern aus der Entwicklung der Figuren, finde ich den mitreißenden Roman auch für Jugendliche ab 14 empfehlenswert.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    :study: -- Lents - Diversität
    :study: --
    :musik: -- Arvola - Der Aufbruch (1.)

    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Tilda verbringt ihr Leben zwischen ihrer trostlosen Wohnung, der Supermarktkasse und der Universität. Fast ihre gesamte Zeit ist verplant und die wenigen freien Stunden verbringt sie im Schwimmbad. Nur im Wasser ist sie wirklich frei von ihren Sorgen und Verpflichtungen. Tilda wirkt reifer als ihre Jahre, obwohl ich nicht erfahren habe, wie alt sie genau ist. Die Verantwortung, die sie für ihre kleine Schwester und ihre alkoholkranke Mutter tragen muss, hat sie schnell erwachsen werden lassen.

    Die Last dieser Verantwortung lässt sie Dinge und Menschen mit Abstand sehen. Bei der Arbeit im Supermarkt versucht sie, an den Waren auf dem Band das Leben ihrer Kunden zu erraten. Im Schwimmbad sieht sie nicht die anderen Schwimmer, sondern nur deren Beine unter Wasser. Lange Zeit wirkt es auf mich so, als ob für Ida nur sie, ihre Schwester und die Mutter die einzigen Menschen sind.

    Das ist verständlich, denn sie hat schon lange die Mutterrolle für ihre kleine Schwester übernommen. Die Mutter steckt in einer Spirale aus Depressionen und Alkohol und es gibt nur wenige gute Phasen. Noch ist Ida zu klein, um mit der Mutter alleine zu bleiben, deshalb bleibt Tilda bei ihr, auch wenn sie manchmal am liebsten weit weg wäre.

    Dann nimmt sie auf einmal einen anderen Schwimmer wahr, oder besser: seine Art, durchs Wasser zu gleiten. An ihm ist etwas Gefährliches, weil es etwas Bekanntes ist, das sie an die Vergangenheit erinnert. An das Ereignis damals will sie sich nicht erinnern.

    Im Lauf der Handlung lässt Tilda die Erinnerungen zu. Der Grund dafür ist Viktor, der Schwimmer, der ihr aufgefallen ist. Tilda war mit seinem jüngeren Bruder befreundet, der bei einem Autounfall ums Leben kam. Diese Freundschaft steht am Anfang zwischen ihnen, denn wie immer lässt Tilda nicht zu, dass ihr jemand zu nahekommt. Aber Viktor schafft es Stück für Stück für Stück, die Mauer einzureißen, die Tilda um sich errichtet hat.

    Caroline Weil schafft es, die Charaktere mit wenigen Worten zu beschreiben. Ihre Sprache ist klar, sie verzichtet auf Unnötiges. Trotzdem kann Tilda gut verstehen, wie sie sich im Wasser fühlt. Dort ist sie für sich alleine, denn das Waser lässt die Kommunikation mit den anderen Menschen im Becken nicht zu. Es ist ein sicherer Platz und das Schwimmen mit den gleichförmigen Bewegungen hat etwas Meditatives. Allerdings bin ich nicht dahintergekommen, warum es ausgerechnet 22 Bahnen sein müssen. 20 Bahnen wären 1000Meter, aber hinter den Grund der beiden Extrabahnen bin ich nicht gekommen.

    Rein von der Beschreibung her habe ich mir Tilda anders vorgestellt. Beim Lesen habe ich gemerkt, dass hinter ihr viel mehr steckt, als die Beschreibung vermuten lässt. Auch wenn ihre Lebensumstände nicht immer schön sind, ist ihre Geschichte nicht traurig. Es ist die Geschichte einer jungen Frau mit einer starken Persönlichkeit, in deren Zukunft ich positiv sehe.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Eine Heldinnengeschichte unserer Zeit.


    Das Cover ist entweder in einer auffällig groß pinseligen Maltechnik gestaltet oder mit kleinen farbigen Papierfetzchen geklebt, um die Wasserspiegelung fest zu halten – interessant gemacht.


    Dieses Buch ist in drei wichtige Teile aufgeteilt. Im ersten Teil steht Tilda in ihren durchstrukturierten Tagesabläufen im Mittelpunkt mit ihren Sorgen um die jüngere Schwester und deren unberechenbare Mutter während ihres Studiums, um all ihre Ängste, ihre immense psychische und auch finanzielle Belastung. Rückblicke in ihre Teenagerzeit lockern nicht unbedingt die depressive Stimmung hier auf, überlagert durch zu viel Verantwortung auf einer jungen Person. Entspannung, Entlastung bringt nur das Schwimmen von 22 Bahnen im Hallenbad.


    Im zweiten Teil bereitet Tilda bereitet ihre Masterarbeit vor, erhält das Angebot für eine die Promotionsstelle in Berlin, während Ida sich sehr verändert. Sie liest mehr, ändert ihre Maltechnik und Motive, nachdem sie einige ihrer privaten Kunstwerke entsorgt hat. Durch den bedingungslosen Zusammenhalt der zwei Schwestern erstarken beide, schöpfen beruflich und schulisch neue Hoffnungen für ihre Zukunft. Auch ein Funke von Liebe scheint überzuspringen. Doch dann gerät die häusliche Situation an einen dramatischen Tiefpunkt. Der tolle Spannungsbogen glüht hier zu 100 %.


    Im dritten Teil rückt die Mutter in ihrer depressiven Art in den Hintergrund, Ida findet am Gymnasium selbstsicher auch endlich eine Freundin und Tilda nähert sich weiter an Viktor an und trifft wichtige Entscheidungen. Das Auftauchen des Jugendamtes hätte ich hier erwartet.


    Ein dramatischer Spannungsbogen ist hier gespannt, der die Szenerie rund um Alkoholismus für junge Familienmitglieder bedrückend realistisch festhält mit aufbauenden Lichtblicken und Hoffnungen auf mehr Freiheit, Sorglosigkeit und intaktem Zusammenleben. Empfehlenswerter Roman!

  • Das traurige graue Haus am Ende der Straße

    Seit Matthias Brandts "Blackbird" habe ich nicht mehr einen gleichzeitig so kraftvollen wie subtilen Coming-of-age-Roman mehr gelesen.

    Kaum zu glauben, wie die begabte Mathestudentin Tilda Alltag, Job und Studium wuppt, um ihre kleine Schwester Ida vor den gewalttätigen Übergriffen der alkoholkranken Mutter zu schützen. In authentischer Jugendsprache stellt das Caroline Wahl glaubwürdig dar, indem sie psychologisch stimmige Szenen ineinanderflicht. Peu à peu deckt sie dabei ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit auf, das als Spannungsbogen das ganze Werk durchzieht und den männlichen Protagonisten Viktor einschließt.

    Hochbegabt sind die beiden Geschwister, die Ältere mathematisch, was ihr Freiräume verschafft, die familiären Herausforderungen zu bewältigen. Ida verarbeitet das Elend der depressiven und suchtkranken Mutter in ihren künstlerischen Zeichnungen. Die Autorin stellt Tildas Freundschaft zur von zu Hause aus wohlsituierten, mental aber über die Maßen flatterhaften Freundin Marlene sehr komplex und differenziert dar. Ihre meisterliche Sprachbeherrschung entfaltet sich in lyrischen Naturbeschreibungen.

    Dass nicht alles in lauter Wehklagen versinkt, nimmt mich sehr für das Buch ein, denn das dauernde Gejammer und die Opferhaltung, die in vielen Biografien zum Ausdruck kommt, ermüdet mich inzwischen. Gerade junge Leute, an die sich Caroline Wahl vorzugsweise schon mit der Wahl der Charaktere und des Ambientes wendet, können durch die Hoffnungsschimmer ermutigt werden, ihr Schicksal trotz widriger Umstände beherzt in die Hand zu nehmen.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Tilda und Ida

    22 Bahnen, Roman von Caroline Wahl, Ebook, Dumont Buchverlag.

    Die Selbstermächtigung zweier Schwestern. Coming of Age - Roman

    Tilda studiert Mathematik, schwimmt regelmäßig, arbeitet an der Supermarktkasse, kümmert sich daheim um den Haushalt, ihre alkoholsüchtige Mutter und erzieht nebenbei ihre Schwester Ida. Nur eines kommt immer zu kurz, Tilda steht selbst immer zurück, während Gleichaltrige und Freunde ihre Träume verwirklichen, nur Tilda ist zu Hause geblieben im traurigsten Haus in der Fröhlichstraße. Bis eines Tages ein Angebot für eine Promotion in Berlin winkt. Hin- und Hergerissen zwischen Verantwortungsgefühl und Freiheit verbringt Tilda einen Sommer, doch plötzlich kommt Viktor in ihr Leben.
    Das Buch gliedert sich in drei Teile, es ist flüssig geschrieben und aus Sicht der Protagonistin verfasst, es liest sich tatsächlich fast von selbst. Dementsprechend war ich an einem einzigen Tag fertig. Die Geschichte ist zwar nicht nervenzerreißend spannend, doch macht es Spaß es zu lesen bis der letzte Punkt gesetzt ist. Emotional und herzerwärmend. Besonders hervorzuheben ist der aparte Schreibstil, alle Zahlen die im Buch erscheinen sind beharrlich als Zahlen gedruckt, ob dieses Detail dem Mathematikstudium der Protagonistin geschuldet ist, weiß ich nicht. Schnell habe ich mich daran gewöhnt und es hat mich nicht im Lesefluss gestört. Die Sprache ist modern, viele Wörter in der Umgangssprache, bzw. Jugendsprache z.B. cute, mega, weird wurden verwendet, dadurch, dass sehr oft wörtliche Rede im Drehbuchstil verwendet wird, kommt der Roman äußerst lebendig rüber.
    Das Schicksal der beiden Mädchen hat mich sehr betroffen gemacht. Beide sind mir sehr ans Herz gewachsen, Tilda ob ihres Verantwortungsbewusstseins und ihrer selbstlose Dank- und Handlungsweise. Ich kann so gut verstehen, dass sie endlich auch einmal eine Chance ergreifen will, die ihr geboten wird, noch dazu bei ihrem Talent. Ida die kleine Schwester ist fabelhaft und man muss sie einfach liebhaben, sie hat die größere Entwicklung durchgemacht.

    Trotzdem sehe ich keine Möglichkeit ein kleines Mädchen mit einer Alkoholikerin alleine leben zu lassen. Warum sich Tilda nie Hilfe geholt oder sich ans Jugendamt gewendet hat, verstehe ich eigentlich nicht. Dies ist auch der einzige negative Aspekt im Buch. Ich würde mich tatsächlich über eine Fortsetzung freuen. Das Buch endet ja direkt an einem Punkt, der eigentlich ein Anfang ist. Beeindruckt hat mich bei diesem Debütroman, dass es die Autorin geschafft hat, den Schmerz der Protagonistin, ihre Sorgen und Ängste in Worte zu fassen, sodass sie der Leser verstehen kann.


    Von mir dafür 4 Sterne.

    :study::musik::montag:

    Und wenn mir alle Königskronen für meine Bücher und meine Freude am Lesen angeboten wären: Ich würde sie ausschlagen.
    François Fénelon

  • zart und brutal zugleich - 4 Sterne

    Worum geht es?

    Tilda zieht im Schwimmbad ihre Bahnen, genau 22 Stück. Vieles andere kann sie nicht kontrollieren, etwa die Situation daheim mit ihrer kleinen Schwester und der Alkoholabhängigen Mutter.

    Worum geht es wirklich?

    Verantwortung, aufeinander aufpassen und eigene Wünsche.

    Lesenswert?

    Ja, eine schöne Geschichte trotz unschöner Situation. Im Mittelpunkt steht die junge Frau Tilda, eigentlich noch Studentin kurz vor ihrer Masterarbeit. Doch statt unbeschwert zu sein, liegt immer die Verantwortung für ihre kleine Schwester auf ihr, auch wenn die Alkoholabhängige Mutter das ganze anders bewertet.

    Und so schwimmt Tilda durch eine Mischung aus Freiheit, Verpflichtungen und die auf ihr lastende Vergangenheit und versucht ihren eigenen Ort zu finden.

    Trotz des schweren Themas wird das ganz leicht und vorsichtig erzählt und gerade die Szenen zwischen Tilda und ihrer Schwester sind richtig schön, ebenso wie die Freundschaften.

    Tilda ist eine sehr sympathische Protagonistin, die im Mittelpunkt steht ohne wirklich Mittelpunkt zu sein, die sich oft zurück nimmt und nicht egoistisch handelt.

    Ich war tatsächlich überrascht, dass hier der Fokus (bzw. der Inhalt) gar nicht so sommerlich oder Richtung Liebe geht. Auch das Cover wirkt eher ruhig und nicht so schwer. Mir hat der tatsächliche Schwerpunkt aber sehr gefallen.

    Der Schreibstil der Autorin war angenehm, schön lesbar und es hat prinzipiell alles gepasst.

    Ein bisschen hätte ich mir eine striktere Wendung gewünscht, doch stattdessen beginnt die Handlung ebenso offen, wie sie begonnen hat.

    Auch in der Hörbuch-Variante kann ich dieses Werk wirklich empfehlen, weil es toll gesprochen wird.

    Ich würde auf jeden Fall nochmal zu einem Buch der Autorin greifen.

  • Tilda lebt mit ihrer 10-jährigen Schwester Tilda bei Ihrer alkoholkranken Mutter. Als Tilda die Möglichkeit in Aussicht gestellt bekommt, für Ihre weitere Zukunft nach Berlin gehen zu können, muss Sie sich allerdings fragen, ob Sie Ihre kleine Schwester wirklich alleine lassen kann...

    Ich habe bewusst auf das Taschenbuch gewartet, weil ich es nicht eingesehen habe, für knapp über 200 Seiten über 20€ auszugeben.

    Gelohnt hätte es sich wahrscheinlich, denn in diesem Buch steckt viel mehr, als man meinen könnte.

    Erzählt wird das ganze Buch aus der Sicht von Tilda. Sie steht kurz vor dem Abschluss Ihres Mathe-Studiums, arbeitet nebenher an der Supermarktkasse und ist vor allem für Ihre kleine Schwester Ida verantwortlich. Auf die alkoholkranke Mutter ist keinerlei Verlass. Heftig zu lesen, dass der Mutter lediglich mal Reha Angebote vorgelegt werden, aber niemand so recht nach den Kindern fragt und sie sich komplett selbst überlassen werden. Was müsste denn da eigentlich noch passieren?

    Der Schreibstil ist erst mal gewöhnungsbedürftig. Am Anfang musste ich zwei oder drei Mal schauen, ob jetzt wirklich gesprochen wird oder ob das Tildas Gedankengänge sind. Die wörtliche Rede ist sehr untypisch gekennzeichnet. Aber sobald man sich daran gewöhnt hat, liest es sich noch emotionaler als in anderen Büchern. Man könnte nämlich eigentlich sagen, es ist alles sehr reduziert und clean geschrieben, aber deswegen war es nicht einfach zu lesen. Es war vielleicht gerade deswegen so emotionsgeladen, so kraftvoll und intensiv. Voller Wehmut, aber auch Hoffnung. Da können manche solche Gefühle noch so sehr beschreiben und es erreicht mich einfach nicht, aber hier musste man es die Dinge nicht explizit ansprechen, um sie bemerkbar zu machen. Hier hat genau dieser knappe, reduzierte Stil alles so deutlich hervorgebracht. Für mich wirklich sehr gut gelungen!

    Ich springe hier auf den Zug der Begeisterten gerne auf, denn so kraftvoll hat mich mit so wenigen Worten schon lange niemand mehr erreicht.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    So many things become beautiful when you really look.

    Lauren Oliver

  • Loslassen

    Worum es geht:

    Die Studentin Tilda führt ein sehr einfaches Leben. Viele ihrer Kommilitonen würden sicherlich behaupten, dass Tilda ein langweiliges Leben führt. Tilda studiert Mathematik. Nach den Vorlesungen arbeitet sie nebenher an der Kasse eines Supermarktes. Abends geht sie schwimmen, meistens 22 Bahnen. Dann geht sie nach Hause. Sie wohnt noch bei ihrer Mutter. Und der einzige Grund dafür ist ihre kleine Schwester Ida. Tilda traut sich nicht Ida mit der alkoholkranken Mutter alleine zu lassen. Doch Tildas Studium neigt sich dem Ende zu. Sie bekommt sogar eine Promotion in Berlin in Aussicht gestellt. Es wird Zeit, endlich mal loszulassen.

    Nachdem ich Caroline Wahl in einer Talkshow gesehen habe, war ich total begeistert von ihr und wollte deshalb unbedingt ihr Erstlingswerk lesen. Ich muss sagen, dass ich mich anfangs etwas schwergetan habe, in die Geschichte hineinzufinden. Caroline Wahl hat wirklich ihren eigenen und einzigartigen Schreibstil. Sie schmückt nichts aus, beschreibt wirklich nur die Dinge, die auch wichtig sind. Ihre Art der Wiedergabe von einer Unterhaltung hat mich dann auch eher an ein Skript für Schauspieler erinnert und ich habe anfangs meine Schwierigkeiten damit gehabt. Das Buch ist spannend geschrieben. Nachdem ich einmal richtig drin gewesen bin, wollte ich es auch schon nicht mehr aus der Hand legen. Stellenweise ist es ein eher düsteres und dramatisches Buch, was natürlich auch der Story geschuldet ist. Allerdings muss man hier drauf auch Lust haben. Tilda und Ida sind mir, während des Lesens, sehr ans Herz gewachsen. Tilda ist eine Heldin, ohne das sie es ahnt oder gar sein möchte.

    Ein sehr spannendes und interessantes Buch über eine junge Heldin des Alltags.

    Eine klare Leseempfehlung von mir und sehr gute 4 Sterne. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Tatsächlich schwimme ich komplett gegen den Strom.

    Das Buch habe ich mir im April neu als TB gekauft.

    Mich sehr darauf gefreut und am Ende war alles anders.

    Nach knapp 100 Seiten. Zugemacht, abgebrochen und am selben Abend noch verkauft.

    Ich bin nicht ins Buch gekommen und musste mich zum lesen zwingen. Schlechter Ansatz. Deswegen fiel die getroffene Entscheidung leicht.

    Das Cover aber. Hat mir wirklich sehr, sehr gut gefallen.

    Was genau der Grund war kann ich nicht punktgenau sagen. Etwas von allem hat gefehlt!

    Ein Freund ist ein Mensch, der mich so nimmt wie ich bin -
    und nicht so,
    wie er am wenigsten Schwierigkeit mit mir hat!!

  • Alkoholmissbrauch, häusliche Gewalt, vernachlässigte und missbrauchte Kinder, Einsamkeit und schlimme Kindheit. Alles Themen, die einen bewegen und zum Nachdenken bringen. Es wären auch Themen, die mich ansprechen. Emotionale und tragische Geschichten lese ich gerne, denn die lassen den Leser die Figuren spüren und das Leben aus der Sicht der Protagonisten erleben.

    Doch was haben wir hier? Ein Roman, bei dem ich nie verstehen werde, wie dieses Buch Tausenden von Lesern so gut gefallen konnte?

    Eine oberflächliche Handlung ohne tiefgreifender Analyse der Charaktere. Die Psychologie der Protagonisten nicht mal oberflächlich angekratzt. Die Figuren bleiben leblos, dabei verspürte ich als Leserin keinerlei Nähe zu den Personen, wobei es bei dieser Thematik notwendig wäre. Nähe und nicht Distanz. Doch was mich am meisten bei diesem Roman überrascht hat, war der Schreibstil. Ich frage mich, was lesen den Menschen heutzutage, wenn sie dieses Buch für gut halten? Der Schreibstil ist möglichst einfach gehalten, holzig und unbeholfen klingend. Doch die Höhepunkte waren die flachen Dialoge, wo ich gedacht habe, der Autorin musste es an Fantasie und Vorstellungskraft fehlen, wenn sie sich entschlossen hat, die Dialoge in dieser Form zu gestalten. Ein Beispiel:

    Ich: Blabla...

    Sie: Blabla...

    Ich: Blabla...

    Sie: Blabla...

    Ich: Blabla...

    Furchtbarer Schreibstil, der eintönig und langweilig wirkt, ständigen Wiederholungen, gehalts- und leblose Dialoge.

    Dazu kommt eine unrealistische Handlung und offen gebliebenen Fragen. Ein Buch, dem es an Tiefe fehlt und das durch schlechten Erzählstil glänzt. Mit 200 Seiten ist es allerdings nicht lang, und so ist es schnell gelesen. Kopfschüttelnd fragte ich mich, wie kann so ein schwacher Roman zu einem Bestseller aufsteigen? Das einzig gute an dieser Geschichte ist die Thematik, doch das Potenzial zu einem guten Buch, wurde verschenkt.

    Leider kein literarischer Glücksgriff.

    Nicht zu empfehlen, einzig vielleicht aus Neugier, um zu wissen, wie einer selbst über die Geschichte denkt.

    :bewertung1von5: :bewertungHalb: Sterne.

    2025: Bücher: 74/Seiten: 32 821
    2024: Bücher: 207/Seiten: 92 669
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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    Dalai Lama
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    Lese gerade: Zitelmann, Rainer - 2075 Wenn Schönheit zum Verbrechen wird

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