Über den Autor:
Hamid Ismailov wurde 1954 an der Grenze zwischen Kirgisistan und Kasachstan geboren. Später lebte er in Usbekistan, wobei er das Land 1992 verlassen musste und nach London emigrierte. Seitdem arbeitet er als Journalist. Für den Kurzroman "Wunderkind Erjan" bekam der Autor EBRD Literaturpreis.
Kurzbeschreibung: Durch die Weite der Steppe Kasachstans fährt ratternd ein Zug. In ihm begegnen sich ein Reisender und Erjan, das Wunderkind. Der Knabe spielt mitten in dieser vom Zug durchquerten Einöde so virtuos auf seiner Violine, dass nicht nur dem Erzähler Hören und Sagen vergeht. Doch die Musik bleibt nicht das einzige Wunder. Denn der Junge, der aussieht wie zehn oder zwölf, ist in Wahrheit bereits ein Mann von 27 Jahren; als Kind tauchte er allen Warnungen zum Trotz in einen nuklear verseuchten See...
Meine Meinung:
Zu dem Inhalt gibt es nicht allzu viel beizufügen, denn es wurde im Grunde genommen, kaum was erzählt. Der Roman hat nur 180 Seiten, und die Hälfte davon wurde der Sicht aus dem Fenster eines Zuges beschrieben, oder die Umgebung und die Natur, also die Steppe des Kasachstans. Für die Liebhaber der Naturbeschreibungen wäre das Buch sicher ein Gewinn.
Meine Interessen widmen sich generell den Menschen zu. Den Protagonisten, in diesem Fall ein Wunderknabe Erjan. Zu ihm erfahren wir aber leider nicht allzu viel. Als Leser verfolgt man den Jungen im Kindesalter und dann als 27. jährigen. Alles was man im Grunde aus dem Roman erfährt, weiß man schon aus der Kurzbeschreibung.
Das wichtigste Thema des Buchs ist die Grausamkeit des sowjetischen Systems und die atomaren Testversuche im Land und die Folgen auf die Bewohner. Die Gefahr, die von der s.g. Zone kommt, ist enorm.
Zwischen 1949 und 1989 wurden in der Steppe Kasachstans insgesamt 468 atomare Sprengkörper ausgelöst, deren gesamte Sprengkraft die der Hiroshima-Bombe um ein Vielfaches übertraf.
Die Bewohner ahnen, dass das ganze Übel von den Testversuchen der atomaren Waffen kommt, doch sie informiert niemand, dass die Gefahr für die Bevölkerung besteht. Ohne Frage, ein wichtiges, bewegendes und diskussionswürdiges Thema.
Die Rahmenbedienungen für die Geschichte sind spektakulär, doch ehrlich gesagt, hat mich kein einziger Satz tatsächlich berührt. Wie auch die Charaktere, weil die zu kurz kamen und oberflächlich blieben.
Mir bleibt es schleierhaft, wie die Literaturkritiker bei so einem Roman begeistert sein können. Ja, die Thematik absolut wichtig und gehört unbedingt in die Literaturwelt, doch die Darbietung war doch eher lahm.
Ich möchte es betonen, dass es meine Wahrnehmung ist. Ich kann mir mindestens zehn Leser hier im BT vorstellen, denen dieser kurze Roman sehr gut gefallen könnte.