Klappentext
Das „Five Hop One Stop“ ist ein kleines, unbedeutendes Motel am Rande einer viel befahrenen Sternenstraße. Wer hier übernachtet, der will eigentlich nur weiter. Trotzdem lassen Ouloo und Tupo nichts unversucht, um die besten Gastgeber der gesamten Galaxie zu sein. Doch als das Satellitensystem des Planeten zusammenbricht, und drei seltsame Reisende bei ihnen tagelang stranden, benötigen sie ihr gesamtes Geschick, um den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Und vielleicht sogar unvergesslich.
Meine Meinung
Als erstes muss ich sagen, dass ich die Reihe insgesamt wirklich großartig finde! Die Autorin bewegt sich hier in einer Zukunft, in der die Galaxie in weiten Teilen erforscht ist und von den unterschiedlichsten Spezies bevölkert wird. Es gibt Kontakte, Handel und Gesetze, die dieses "Zusammenleben" regeln sollen - denn natürlich ist eine friedliche Gesellschaft auf diesem Niveau mit den unterschiedlichsten Kulturen eine Gratwanderung.
Der vierte und letzte Band war für mich definitiv ein Highlight!
Schon die Auswahl des Schauplatzes, das kleine Motel „Five Hop One Stop“ auf einem eher unbedeutenden Planeten, der als Transitknotenpunkt funktioniert, ist perfekt. Eine Zwischenstation für Reisende, die auf ihren Weiterflug warten, mag unscheinbar klingen, aber Becky Chambers zeigt mit so viel Einfühlungsvermögen und Liebe zum Detail wie bedeutsam es ist, Toleranz zu zeigen. In jedem Moment.
Geführt wird das Motel von Ouloo. Sie gehört der Spezies der Laru an und hat ein Kind, Tupo. Dieses ist noch im pubertierenden Alter und hat noch kein spezifisches Geschlecht, da es das selbst entscheiden kann, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Die Autorin verwendet für diese Figur (wie auch schon in den Vorbänden) besondere Artikel. So heißt es z. B. "sire Mutter" oder "mochte ser diese Art" - das ist gewöhnungsbedürftig, aber hier finde ich es wirklich super integriert.
Ouloo ist ein wundervoller Charakter, denn sie hat sich auf die verschiedensten Eigenheiten jeder Spezies vorbereitet, die zu ihr zu Besuch kommen, auch wenn es nur für ein paar Stunden ist. Das fängt mit der Farbwahl an, den Essensgewohnheiten, den Bedingungen für die Baderäume usw. Sie gibt sich immens Mühe, dass sich jeder wohlfühlt, ganz gleich, welcher Kultur er angehört. Becky Chambers hat sich da viele originelle Eigenheiten einfallen lassen, die das Bild dieser Zukunft sehr lebendig machen.
Zu Besuch kommt Roveg, ein Quelin, der aus seiner Heimat verbannt wurde, weil er seine radikalen Ideen zur Sprache gebracht hat.
Pei, ein Älounerin und Fracht-Kapitänin, die ein Geheimnis hat, dessen Offenbarung ihre gesamte Laufbahn beeinflussen kann.
Und Speaker, die zu einer Spezies gehört, über die wenig bekannt ist und die von Vorurteilen befrachtet ist.
Ein Notfall, der sämtliche Kommunikation lahm legt, lässt sie für einige Tage dort festsitzen. Die unterschiedlichen Lebensweisen und Ansichten kommen durch diese zwangsweise Isolation sehr zum tragen, doch die Annäherung lässt Konflikte, aber auch Verständnis aufkommen, Aussprachen und Hilfestellungen, die einem wirklich ans Herz gehen.
Natürlich ist es nicht immer leicht und anstrengend, was hier sehr treffend ausgedrückt wird:
Zitat"Alles, was ich sage oder tue, zielt darauf ab, dass mir die Leute gewogen sind. Dass sie mich respektieren. Nichts davon ist eine Lüge, aber es ist Theater, und manchmal ist das sehr, sehr ermüdend."
Zitat Seite 308
Das Sinnbild der verschiedenen Spezies kann man natürlich auf die verschiedenen Kulturen von uns Menschen ummünzen. Jeder von uns hat eine andere Vergangenheit, andere Erlebnisse, jeder fühlt und denkt anders, "urteilt" anders - wobei nicht gleich der eine Recht und der andere Unrecht haben muss. Es sind die Blickwinkel, die für jede Ansicht sprechen. Wichtig ist dabei, anderen zuzuhören und zu versuchen, sie zu verstehen, auch wenn man die andere Meinung nicht annimmt.
In einer kleinen Diskussion geht es darum, sich für oder gegen etwas zu entscheiden und Gründe dafür zu finden. Dazu noch ein kleines Zitat:
Zitat"Das ist kein Grund. Das ist ein Gefühl. Gefühle müssen begründbar sein."
"Seit wann denn das?"
Zitat Seite 322
Es geht noch weiter und läuft darauf hinaus, das es reicht, wenn man sich unwohl fühlt. Dass einem das Bauchgefühl sagt, ob man etwas möchte oder nicht und man keine Rechenschaft schuldig ist. Man sollte sich so entscheiden, wie es für einen selbst richtig erscheint und wie es einem guttut, ohne es begründen zu müssen! Das hat mich sehr berührt!
Und es gibt viele solcher Szenen, kleine Gesten oder Gespräche zwischen den Figuren, die einem das Herz öffnen und zeigen, wie harmonisch es sein kann, wenn man sich Zeit nimmt - wenn auch nur für einen Moment - um seinem Gegenüber mit offenen Augen gegenüberzutreten und seine Meinung wahrzunehmen.
Eine wundervolle Geschichte: ein Plädoyer für die zwischenmenschliche Offenheit und das Zuhören, das Hinschauen, das Mitfühlen - und die Akzeptanz, auch wenn die Meinungen auseinandergehen: UND das Zusammenhalten wenn es darauf ankommt.
Mein Fazit: 5 Sterne