James Clavell - Noble House Hongkong / Noble House

  • Autor: James Clavell
    Titel: Noble House Hongkong, aus dem Amerikanischen übersetzt von Hans Erik Hausner
    Originaltitel: Noble House, erschien erstmals 1981
    Seiten: 1.040 Seiten
    Verlag: Knaur
    ISBN: 9783426014394


    Der Autor:
    James Clavell, wurde 1924 in Sydney als Charles Edmund DuMaresq de Clavelle geboren, und starb 1994 in Vevey (Schweiz). Er produzierte Filme und schrieb Drehbücher (u.a. Die Fliege 1958, Gesprengte Ketten 1963), und hatte besonders mit seinen Asien-Romanen in den 70/80er Jahren grosse Erfolge.


    Inhalt: (Klappentext)
    Die Geschicke von Noble House, einem der grössten und wichtigsten Handelshäuser Hongkongs, sind von der Entwicklung der Kronkolonie nicht zu trennen. Eine dramatische Krise des Unternehmens zieht im Leben dieser Stadt, in der seit Generationen um das grosse Geschäft gekämpft wird, Kreise wie ein Stein, der ins Wasser fällt. Erbitterte Konkurrenzfehden, die Abgründe der Weltpolitik und das infame Spiel abgebrühter Spekulanten, Naturkatastrophen und Feuersbrünste, rauschende Feste und verschwiegene Zusammenkünfte, unternehmungslustige Männer und leidenschaftliche, kluge Frauen - mit grossem erzählerischen Atem, glühenden Farben und souveräner Welt- und Menschenkenntnis versteht es James Clavell, dies alles in einem bunt bewegten, fantasievollen und doch höchst realistischen Roman Wirklichkeit werden zu lassen.


    Meinung:
    Ian Dunross ist Geschäftsführer des Struan-Konzerns, kurz Noble House, genannt. Und was ein Geschäftsführer so in rund einer Woche im August 1963 erlebt ist schon sportlich: Entführung, Erpressung, Waffenschmuggel, Drogenhandel, ein Run auf die Banken, Erdbeben, Familienkrise, Insiderhandel, Verrat und Betrug, Verwicklungen in Spionage, alte Prophezeiungen und Treueschwüre leben auf, aber auch nebenbei Pferderennen, Dinnerparties, Verhandlungen über Firmenzusammenschlüsse, neue Bekanntschaften, alte Feindschaften – jaja, Hongkong in den Sechzigern, wahrhaft abenteuerlich.
    Sicherlich kennen einige den TV-Mehrteiler mit Pierce Brosnan in der Hauptrolle, vor der Kulisse Hongkongs, mit schönen Frauen, schnellen Autos, einem Erzfeind (John Rhys-Davies als Quillan Gornt) und dem Drama um Geld und «Joss». Die Verfilmung ist sehr nah dran am Buch (abgesehen davon, dass die Handlung in die 80er Jahre verlegt wurde), wurde aber doch um einige Handlungsstränge gekürzt(!). Kaum zu glauben, denn es passiert ja in der Serie schon viel (Spionage, Verrat, die Geschichte um eine halbe Münze, Entführung, Wirtschaftskrimi um Linc Bartlett, die bezaubernde Casey Tcholok) – aber der Schwerpunkt im Roman ist ein anderer: Dunross hat auch eine Familie und somit seine Problemchen, die Spionagegeschichte mit China, Russland und dem British Empire ist ausführlicher, die Liebesgeschichten nehmen dafür weniger Platz ein.
    Wenn man also die TV-Serie kürzlich gesehen hat, sollte man nicht direkt zum Buch greifen. Wer aber die Serie in sentimentaler Erinnerung hat, findet hier eine sehr unterhaltsame, abwechslungsreiche Erzählung. Hohe Literatur ist es nicht; manche Szenen sind einfach nur peinlich und lächerlich. Als Leser wird man mit Handlungssträngen nur so überhäuft; Clavell wollte einfach jedes Thema reinpacken – und enttäuschenderweise hat er kein vernünftiges Ende gefunden, um die Verwicklungen schlüssig aufzulösen. Und wie in der TV-Serie ist der Schluss so plötzlich und «billig», dass ich mich regelrecht geärgert hatte. Die tausend Seiten leicht zu lesende Unterhaltung und die Erinnerung an nostalgische TV-Abende vor dreissig Jahren haben mich allerdings wieder etwas versöhnt.

  • Nungesser

    Hat den Titel des Themas von „James Clavell - Noble House“ zu „James Clavell - Noble House Hongkong / Noble House“ geändert.
  • Wichtiger Tipp: Dieses Buch macht - bis auf das Ende - wesentlch mehr Spaß, wenn man vorher zumindest Taipan vom gleichen Autoren gelesen hat. Und vielleicht auch noch Shogun.

  • Da halte ich ein Buch in den Händen, schwer, da Hardcover, und 878 Seiten lang, und ich weiß bereits nach den ersten zwei Kapiteln, dass es für mich nicht leicht werden wird. In selbstquälerischer Hartnäckigkeit habe ich mir aber einmal geschworen, erst ein Urteil abzugeben, wenn ich das gesamte Werk kenne. Und so hielt ich es auch bei diesem Bestseller aus dem Jahr 1981.


    Doch wie fange ich meine Buchbesprechung an? Die Kritik eines Buches, das in unfassbar vielen Worten alles sein möchte: Firmenchronik, Wirtschaftskrimi, Spionage-Thriller, Liebesgeschichte, Hongkong-Portrait und, als sei dies noch nicht genug, auch noch Katastrophenroman.


    Gut, beginnen wir also mit dem Autor, so wie ich es stets bei meinen Kritiken gehalten habe.


    >> James Clavell – Asien und Geschichte


    Der 1921 in Sydney, Australien, geborene Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur trat mit 19 Jahren in die Royal Artillery ein. In Singapur geriet er in Gefangenschaft und saß im berüchtigten Changi-Gefängnis ein. Nach dem Krieg arbeitete er einige Jahre in der englischen Filmindustrie, bevor er 1954 zunächst nach New York und schließlich nach Hollywood umsiedelte. Versuche als Produzent blieben erfolglos und so begann er, Drehbücher zu schreiben. 1958 hatte er mit dem Drehbuch zu „Die Fliege“ seinen Durchbruch. Weitere sollten folgen, so auch der Klassiker „Gesprengte Ketten“ (1962).


    Seine Erfahrungen in Asien ließ er 1962 in den ersten Roman „Rattenkönig“ einfließen, der im Singapur des Jahres 1945 spielt. Er bildete den Auftakt zu insgesamt sechs Asien-Novellen, die er zwischen 1962 und 1993 schrieb. Einige davon wurden verfilmt, so auch die fünfteilige Fortsetzungsserie „Shogun“ mit Richard Chamberlain und Toshiro Mifune, die in Deutschland sehr erfolgreich war.


    >> Die Handlung in groben Zügen


    Ian Dunross übernimmt im Jahr 1960 von seinem Vater die Leitung von Honkongs größtem und mächtigstem Handelshaus „Noble House“. Als Tai Pan des Unternehmens plant er, weiter zu expandieren, hat dabei aber einige Hürden zu bezwingen. Da wäre zunächst der akute Geldmangel. Mit riskanten Börsengeschäften hofft er, diesem Problem Herr zu werden. Dem jedoch steht sein erbitterter Widersacher Quillan Gornt im Weg, der wegen einer seit Generationen herrschenden Familienfehde alles daran setzt, die Schwäche von Noble House auszunutzen, um seinen Konkurrenten zu ruinieren. Sein Ziel: durch Übernahme von Noble House selbst zum mächtigsten Handelsriesen in Honkong zu werden.


    Zwischen diesen Stühlen sitzen Linc Bartlett und seine attraktive Vizepräsidenten Casey Tcholok. Mit ihrem Unternehmen Par-Con beabsichtigen sie, sich in Hongkong niederzulassen. Ausgestattet mit ausreichend finanziellen Mitteln, führen sie mit beiden Kontrahenten Verhandlungen über eine milliardenschwere Beteiligung. Dies verschärft den Konkurrenzkampf von Dunross und Gornt zusätzlich.


    Am Rande dieser Fehde ereignen sich weitere Dramen. Die Liebe mit Hindernissen zwischen Casey und Linc. Das undurchsichtige Treiben zahlreicher Spione aus verschiedenen Ländern. Die fragile Infrastruktur Honkongs, die so manche Katastrophe bereithält und einige Drogenbarone und Schmuggler, die sich von dem Noble-House-Kuchen ein dickes Stück abschneiden möchten. Am Ende laufen all diese Handlungsstränge zusammen in einem furiosen Showdown.


    >> Ausschweifend in jeder Hinsicht


    Nie habe ich so lange an einem Roman gelesen. Ich gebe zu, ich bin ein sehr langsamer Leser (Gründlichkeit und Verständnis gehen vor Seitenfressen) und ich komme auch seltener dazu, als mir lieb ist. Und doch lag es nicht am zeitlichen Faktor, der dazu geführt hat, dass mich das Buch so lange beschäftigt hat. Stattdessen waren andere Gründe bei mir als Leser und in der Handlung der Anlass für diesen Umstand.


    Geld, so schön es ist, wenn man es hat, war mir noch nie besonders wichtig. Und so gelang es mir auch nie, eine echte Beziehung dazu aufzubauen. Dies gilt erst recht für die Mechanismen und die Terminologie der Börse. James Clavell hingegen schien dieses Metier zu lieben, was ihn dazu veranlasste, die Strategien von Dunross, Gornt und Bartlett geradezu genüsslich haarfein zu beschreiben und auszuschmücken. Für Menschen, deren Lebensinhalt sich nicht um steigende Werte, Leerkäufe und Aktienanteile dreht, kann diese Ausführlichkeit aber schnell ermüdend werden. Phasenweise war ich nicht mehr in der Lage, den handelnden Akteuren zu folgen. Ich verlor schlicht den Börsen-Faden.


    Nun könnte man meinen, dass dann zumindest die vielen Nebenhandlungen für mehr Unterhaltung sorgen. Doch die Liebesgeschichte um Casey und Linc kommt nie richtig in Schwung und die Protagonisten des Spionage-Plots wirken künstlich und wie aus einem B-Movie. Getränkt ist dann alles auch noch mit der (vermutlich nur schlecht übersetzten) Sprech- und Lebensweise der Einwohner Honkongs. Das eine oder andere „Joss“ hätte ich sicher ertragen, aber beim dritten Sohn der fünften Tante und dem ersten Onkel der zweiten Schwester verliert man irgendwann den Überblick und das Interesse. Denn die Beziehungen der Protagonisten untereinander und die Verwandtschaftsverhältnisse werden langatmig und mit vielen Worten ausgeführt, selbst wenn sie für die eigentliche Handlung kaum Relevanz besitzen.


    Zugegeben, das Buch ist verhältnismäßig flüssig lesbar, wenn man die komplizierten Sachverhalte zur Börse und die verzwickten Beziehungsgeflechte mal außen vor lässt. Und vermutlich ist für den Interessierten die Lebensweise im Hongkong der 60er Jahre auch von einem gewissen Wert. Doch wirkt die gesamte Handlung wie eine immens ausschweifende Soap-Opera im Stile von „Dallas“ oder „Denver Clan“. Wen wundert es da, dass Clavell sein Werk in den 80er Jahren für das Fernsehen produzierte und daraus eine vierteilige Kurzserie machte (in der Hauptrolle Pierce Brosnan als Dunross).


    Der monumentale Showdown unterstreicht schließlich noch den Soap-Oper-Charakter durch seine Überflüssigkeit. Es wirkt geradezu so, als wären Clavell die Ideen ausgegangen, wie sich die vielen Handlungsstränge auflösen lassen. Also machte er es auf die brachiale Weise und schlug einmal kräftig mit dem Vorschlaghammer zu.


    >> Fazit


    Der Roman „Noble House Honkong“ ist langatmig, ausschweifend und verwirrend aufgrund seiner zahlreichen Handlungsstränge und Protagonisten. Mit dem Stil einer Soap Opera erfüllt er allerdings bereits eine wichtige Voraussetzung für einen Bestseller. Dennoch ist das Buch keine leichte Kost, da es schwierig ist, den Akteuren zu folgen, was sowohl an den vielen Nebenhandlungen, als auch an den Börsenmechanismen liegt. Die sollte man zumindest ansatzweise verstehen. Daher muss man sich auf den Roman bewusst einlassen und Geduld beweisen. Trotz Bestseller-Status kann ich das Buch kaum jemandem guten Gewissens empfehlen. Dafür ist es alles in allem zu belanglos.

  • Super! Beim Lesen Deines Leseindrucks musste ich ständig nickend zustimmen. Überladen mit tausend Themen, ausschweifend, verwirrend und der wirklich dümmste und plumpeste Showdown, der mir jemals untergekommen ist. Tatsächlich wusste Clavell wohl keinen anderen Weg, um aus diesem Wirrwarr zu entkommen.


    Umso überraschter bin ich nun, dass ich hierfür noch 4 Sternchen gab. Rückblickend recht grosszügig, aber ich lasse die Bewertung nun so stehen, die ich damals unter dem Eindruck des Lesens hatte. Ich kann es mir nur damit erklären, dass ich die Lektüre als gute Unterhaltung empfand. Eine leicht zu lesende "Soap-Opera", und da ich mich auch heute noch sehr für Hongkong, der Börsenjongliererei und den finanziellen Fallstricken interessiere, hatte ich auch keine Längen, durch die ich mich kämpfen musste.


    Wie so oft liegt es wohl auch an der Erwartungshaltung, und wenn man das Setting mag, dann kann der Roman auch Spass machen - nur ernst nehmen, darf man das Buch nicht.


    P.S. Gerade hatte ich mich gefragt, ob der Beststellerautor der 80er/90er Jahre überhaupt noch aufgelegt und gelesen wird - und siehe da: sein Roman Shogun wurde als Serie neu verfilmt und ist seit gestern auf Disney+ zu sehen. Vielleicht ein guter Anlass, ein weiteres Buch von ihm vom SUB zu befreien...