Als der 17-jährige Einbrecher Otto von der 13-jährigen Halbjüdin Sala in die Bibliothek ihres Vaters beim Stehlen ertappt wird, ist es Liebe auf den ersten Blick zwischen den beiden. Sala hilft ihm, sich zu verstecken, während seine Freunde beim Klauen erwischt werden. Otto stammt aus einem ärmlichen Berliner Haushalt, während Sala aus wohlbehüteten Verhältnissen stammt. Eigentlich wollen Sala und Otto für immer zusammen bleiben, doch dann bricht der Krieg aus. Als Halbjüdin muss die schwangere Sala aus Berlin fliehen und erlebt eine wahre Odyssee über Spanien und Frankreich bis nach Argentinien, während Otto eingezogen wird und nach Kriegsende 5 Jahre in russischer Gefangenschaft verbringen muss. So werden die beiden für lange Zeit getrennt. Als Sala 1955 nach Berlin zurückkehrt, trifft sie dort nach vielen Jahren wieder auf Otto und kann nun endlich ein gemeinsames Leben mit ihnen beginnen.
Der Schauspieler Christian Berkel hat mit seinem Buch „Der
Apfelbaum“ einen intensiven und berührenden Roman vorgelegt, der auf wahren
Begebenheiten beruht, lässt er den Leser doch an seiner ureigenen und sehr
persönlichen Familiengeschichte teilhaben. Der Schreibstil ist flüssig und
bildgewaltig, voller Emotionen und schwierigen Nachforschungen nach der eigenen
Identität. Der Leser springt mit den ersten Zeilen mitten in die Handlung
hinein und erlebt eine gefühlvolle Geschichte, die von Verfolgung,
Entbehrungen, Flucht und Trennung geprägt ist. Der authentische Berliner
Dialekt macht das Ganze noch realer und greifbarer. Berkels Erzählung reicht
über drei Generationen hinweg und lässt den Leser über mehrere Ebenen am Leben
seiner Eltern, seiner Großeltern sowie seiner Geschwister und sich selbst
teilhaben, wobei er einige interessante Nebeninformationen einstreut, die den
Leser durchaus zum Staunen bringen. So verzweigt wie die Äste eines Apfelbaums
stellt sich die Geschichte von Christian Berkels Familiengeschichte dar mit
vielen Umwegen, Trennungen und der Suche nach Menschen und ihrem Schicksal.
Die realen Charaktere wurden sehr individuell und lebendig
dargestellt, so dass der Leser sich gut mit ihnen identifizieren kann und mit
ihnen das gesamte Gefühlsbarometer erleben darf, während man gleichzeitig immer
im Blick hat, dass man den Autor als Schauspieler und öffentliche Person „kennt“
und schätzt. Auf diese Weise kommen einem die Protagonisten noch viel näher.
Sowohl mit Sala als auch mit Otto hat der Leser gleich zwei sehr charismatische
Charaktere, die Unmenschliches überstanden haben nur aufgrund ihrer inneren
Stärke. Aber auch ihre schwachen Momente erlebt der Leser während der Flucht
oder in Gefangenschaft, wo sie sich einsam unter Fremden durchschlagen mussten.
Dass sich die beiden nach so vielen Jahren der Trennung doch noch einmal
wiedersehen werden und dann auch zusammenbleiben, grenzt an ein Wunder, wenn
man bedenkt, welche Wendungen ihr Leben genommen hat und wie sehr sich die
beiden auch über die Jahre verändert haben.
„Der Apfelbaum“ ist nicht nur ein sehr fesselnder und gefühlvoller Roman über ein Stück Zeitgeschichte, sondern vor allem eine sehr persönliche Familiengeschichte, die ans Herz geht. Absolute Leseempfehlung!
Intensive