Der Lärm der Zeit

Buch von Julian Barnes, Gertraude Krueger

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Der Lärm der Zeit

Julian Barnes’ meisterhafter Roman über Dmitri Schostakowitsch Im Mai 1937 wartet ein Mann jede Nacht neben dem Fahrstuhl seiner Leningrader Wohnung darauf, dass Stalins Schergen kommen und ihn abholen. Der Mann ist der Komponist Schostakowitsch, und er wartet am Lift, um seiner Familie den Anblick seiner Verhaftung zu ersparen. Die Gunst der Mächtigen zu erlangen, hat zwei Seiten: Stalin, der sich plötzlich für seine Musik zu interessieren scheint, verlässt noch in der Pause die Aufführung seiner Oper »Lady Macbeth von Mzensk«. Fortan ist Schostakowitsch ein zum Abschuss freigegebener Mann. Durch Glück entgeht er der Säuberung, doch was bedeutet es für einen Künstler, keine Entscheidung frei treffen zu können? In welchem Verhältnis stehen Kunst und Unterdrückung, Diktatur und Kreativität zueinander, und ist es verwerflich, wenn man sich der Macht beugt, um künstlerisch arbeiten zu können? Im neuen Roman von Julian Barnes wird das von Repressionen geprägte Leben von Schostakowitsch in meisterhafter Knappheit dargestellt – ein großartiger Künstlerroman, der die Frage der Integrität stellt und traurige Aktualität genießt.
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Bewertungen

Der Lärm der Zeit wurde insgesamt 13 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 3,9 Sternen.

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Meinungen

  • Ein grandioses kleines Buch, perfekt kombiniert.

    Sushan

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Der Lärm der Zeit

    Wer sich im weiteren Sinne um Themen Osteuropas interessiert, und das anhand von Biographischen Darstellungen angehen möchte, sei erinnert an das Werk von William T.Vollmann. Hier erscheint ebenfalls Schostakowitsch als eine Schlüsselfigur...
    William T. Vollmann, der in einer Reihe mit Thomas Pynchon und David Foster Wallace steht, hat mit Europe Central ein Krieg und Frieden für das 21. Jahrhundert geschrieben – ein Epos in Übergröße, in 37 Kapiteln von fiktiven und realen Personen, Künstlern wie Käthe Kollwitz und Dimitri Schostakowitsch oder Militärs wie General Wlassow und Friedrich Paulus, dem Verlierer von Stalingrad. Ihre Lebensgeschichten beschwören aufs Neue die Geschichte des Zweiten Weltkriegs auf sowjetischer und deutscher Seite herauf. Aber im Zentrum des Romans steht eine Liebe: die bedingungslose Liebe von Schostakowitsch zu Elena Konstantinowskaja.
    Schieben wir zur Seite, was wir über Geschichte wissen, und lassen wir uns ein auf dieses wagemutige, gewaltige, faszinierende, tiefgreifende und umfassende Werk: Europe Central.
    »Ein ›Krieg und Frieden‹ des 20. Jahrhunderts, mit dem sich Vollmann endgültig seinen Rang in der Weltliteratur gesichert hat.« Welt am Sonntag(Quelle: Amaz.)
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  • Rezension zu Der Lärm der Zeit

    Jetzt werde ich mal versuchen, meine Gedanken in Worte zu fassen, die allerdings nicht so weit von @Maries Worten entfernt sein werden. Sie als erste Rezensentin hat das Grundthema von Barnes Biografie des großen russischen Komponisten Schostakowitsch ja punktgenau genannt:
    […]
    Barnes richtet ganz klar den Blick auf den Menschen Schostakowitsch - ohne den Menschen mit seinen Gedanken, Gefühlen, Zweifeln und Selbstzweifeln, Ängsten und mutigen Momenten hätte es den Komponisten ja nie gegeben. Ob das von Anfang an Absicht war oder ob sich Barnes mit dem Komponisten, mit der Musik einfach schwer tat, das weiß ich nicht. Aber er hat für mich ein perfektes Psychogramm des Menschen Schostakowitsch geschrieben, sich in einer Art und Weise in die Gedanken dieses Menschen versetzt, dass man die Ängste, Zweifel, aber auch manchmal ein Gefühl des Selbsthasses für die eigene Feigheit fühlen konnte. Woher er das konnte, ob in Schostakowitschs Nachlass dafür Hinweise zu finden sind, auch das weiß ich nicht. Aber es ist für mich auch nicht so wichtig, es bleibt dieses Gefühl des "so kann es gewesen sein", das Gefühl, dass hier ein Autor einen wunderbaren Weg in das Wesen eines Komponisten gefunden hat, um ihn für uns in seiner Zerrissenheit lebendig werden zu lassen.
    […]
    Und wenn man denkt, dass dieser Beginn das Schlimmste ist, so zeigt uns Barnes, dass die nicht offensichtliche Gewalt noch viel schlimmer ist. Die Zeit bis zu den Preisen ist lang, aber was sagen diese Preise aus? Sind sie wirklich eine Anerkennung für den Komponisten oder nur eine Anerkennung dafür, dass er sich dem Druck beugte? Ist ein Mensch frei und sicher, nur weil er ein paar Preise erhält?
    Die Einteilung des Buches, die Kapitelüberschriften und die Bedeutung des jeweils ersten Satzes der Kapitels wurden mir erst beim weiteren Lesen und Darüber-nachdenken klar - auch hierin zeigt sich für mich die Fähigkeit Barnes, sich in den Menschen und in sein Leben unter den verschiedenen Stadien der Gewalt und Repression einzufühlen ohne auch nur ein einziges Mal andeutungsweise ein Urteil zu fällen. Und auch ich als Leser kann mich nur selbst fragen, wie ich gehandelt hätte, und werde niemals ein Urteil fällen. Das können und dürfen wir nicht - wir, die wir in unserer sicheren kleinen Welt hier leben.
    […]
    Jetzt kann ich sagen, dass mir persönlich die Musik nicht gefehlt hat. Aber ich bin kein Musiker und ich muss gestehen, dass ich kein einziges Werk Schostakowitschs kenne. Doch das war für mich beim Lesen auch nicht wichtig, mich interessierte der Mensch hinter der Musik und den hat mir Barnes sehr nahe gebracht.
    […]
    Das hebt Barnes auch durchaus hervor, zeigt aber auch das Problem dabei auf: die kryptischen Botschaften innerhalb der Musik werden von den Hörenden oft nicht gehört oder gar verstanden. Vielleicht braucht es dazu einen tieferen Zugang zur Musik? Ganz bestimmt braucht es aber den Willen, genau hinzuhören und nicht nur das zu hören, was man gerne hören möchte.
    […]
    Warum sollte das nur für einen Russen gelten? Man hat in der Geschichte schon vielen Künstlern - Musikern, Autoren, Schauspielern - gerade auch bei uns in Deutschland den Vorwurf gemacht, dass sie in schlimmen Zeiten hiergeblieben sind und nicht geflohen wie so viele andere auch. Warum sollte für diese nicht das gleiche gelten - dass sie nicht anders konnten als zu bleiben wo sie waren?
    […]
    Lies es - ich glaube, es wird Dir gefallen - und ich werde gespannt darauf warten, was Du darüber denkst.
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  • Rezension zu Der Lärm der Zeit

    Klappentext:
    Im Mai 1937 wartet ein Mann jede Nacht neben dem Fahrstuhl seiner Leningrader Wohnung darauf, dass Stalins Schergen kommen und ihn abholen. Der Mann ist der Komponist Schostakowitsch, und er wartet am Lift, um seiner Familie den Anblick seiner Verhaftung zu ersparen.
    Die Gunst der Mächtigen zu erlangen, hat zwei Seiten: Stalin, der sich plötzlich für seine Musik zu interessieren scheint, verlässt noch in der Pause die Aufführung seiner Oper »Lady Macbeth von Mzensk«. Fortan ist Schostakowitsch ein zum Abschuss freigegebener Mann. Durch Glück entgeht er der Säuberung, doch was bedeutet es für einen Künstler, keine Entscheidung frei treffen zu können? In welchem Verhältnis stehen Kunst und Unterdrückung, Diktatur und Kreativität zueinander, und ist es verwerflich, wenn man sich der Macht beugt, um künstlerisch arbeiten zu können?
    Im neuen Roman von Julian Barnes wird das von Repressionen geprägte Leben von Schostakowitsch in meisterhafter Knappheit dargestellt – ein großartiger Künstlerroman, der die Frage der Integrität stellt und traurige Aktualität genießt. (von der KiWi-Verlagsseite kopiert)
    Zum Autor:
    Julian Barnes, geboren 1946 in Leicester, England, ist einer der wichtigsten zeitgenössischen britischen Autoren. Er wuchs in London und Northwood auf. Bis 1968 studierte er am Magdalen College in Oxford Moderne Sprachen und schloss das Studium mit Auszeichnung ab. Drei Jahre lang arbeitete er als Lexikograph für das Oxford English Dictionary supplement, trat dann eine Stelle als Redakteur bei der New Review und dem New Statesman an, bevor er von 1979 bis 1986 erst als Fernsehkritiker für den New Statesman und den Observer tätig war. 1979 heiratete Barnes seine Agentin Patricia Olive Kavanagh, die 2008 den Folgen eines Gehirntumors erlag. Julian Barnes setzt sich mit dem plötzlichen Tod seiner Frau in seinem Buch Lebensstufen auseinander. Er widmet ihr den Großteil seiner Werke. Julian Barnes lebt und arbeitet in London. (von der KiWi-Verlagsseite kopiert)
    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: The Noise of Time
    Erstmals erschienen 2016 bei Jonathan Cape, London
    Aus dem Englischen übersetzt von Gertraude Krueger
    Aus der personalen Perspektive Schostakowitschs erzählt, passagenweise als Bewusstseinsstrom
    Prolog, drei Teile, Anmerkung des Autors
    245 Seiten
    Persönliche Meinung:
    Dass Schostakowitsch ein schon zu Lebzeiten weltbekannter Komponist und Musiker war, ist für Barnes nur ein Aspekt seines Romans; wichtiger scheint ihm dessen Leben in wechselnden Diktaturen und unter verschiedenen repressiven Staatsformen zu sein. Hier steht natürlich die Frage im Mittelpunkt, ob und wie ein Mensch seine künstlerische Freiheit bewahren und für seine Berufung arbeiten kann, wenn er unter permanenter Beobachtung der Mächtigen steht und von deren Wohlwollen abhängig ist.
    Die anfängliche Gunst Stalins wandelt sich bei einer Opernaufführung von „Lady Macbeth von Mzensk“, die der Diktator erbost verlässt und zu der vernichtende Kritiken in den Zeitungen erscheinen – möglicherweise von Stalin selbst verfasst. Diese Aufführung beeinflusst Schostakowitschs gesamtes Leben auch über die Stalin-Ära hinaus, denn er vollendet keine Oper mehr.
    Mit diesem Ereignis setzt das Buch ein: Schostakowitsch steht Nacht für Nacht neben dem Aufzug in seinem Haus und wartet auf Stalins Schergen. Doch er entgeht den Säuberungen knapp und durch Zufall. Obwohl er in den Folgejahren mehrfach mit Preisen ausgezeichnet wird, begleitet die Angst ihn weiter, denn er weiß, dass er keinen Freibrief hat. Kompositionen, die Ärger erregen könnten, hält er vor der Öffentlichkeit zurück.
    Barnes stellt Schostakowitsch als einen Mann dar, der keinen Widerstand leistet, der ständig mit seiner Feigheit ringt, weil er sich in entscheidenden Situationen der Staatsräson beugt und auch gegen seinen Willen und seine Überzeugung handelt.
    Gleichzeitig macht er deutlich: Niemand hat das Recht, dieses Verhalten zu beurteilen oder zu ächten. Aber die Frage drängt sich auf, wie der Leser selbst gehandelt hätte. Nicht, weil Barnes diese Frage explizit stellen würde – so plump ist er nicht -, sondern weil das Buch wie alle guten Bücher den Leser zu elementaren Fragen an sich selbst provoziert.
    Obwohl der Autor, wie er im Nachwort sagt, Hilfe von der ausgewiesenen Schostakowitsch-Expertin und Biographin Elizabeth Wilson bekam und sein Mauskript von ihr gegenlesen ließ, so dass das Buch, was die Eckdaten und historischen Recherchen angeht, verifiziert ist, kann man darüber nachdenken, wie ein solcher Roman bei den Kindern des Komponisten, die beide noch leben, ankommt.
    Was ich persönlich vermisse: Die Musik. Romanbiographien über Künstler sollten deren Kunst im Kopf des Lesers entstehen lassen; leider ist dieses Buch stumm.
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Ausgaben von Der Lärm der Zeit

Hardcover

Seitenzahl: 256

E-Book

Seitenzahl: 234

Taschenbuch

Seitenzahl: 256

Der Lärm der Zeit in anderen Sprachen

  • Deutsch: Der Lärm der Zeit (Details)
  • Englisch: The Noise of Time (Details)

Besitzer des Buches 30

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