Vielleicht Esther

Buch von Katja Petrowskaja

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Vielleicht Esther

Hieß sie wirklich Esther, die Großmutter des Vaters, die 1941 im besetzten Kiew allein in der Wohnung der geflohenen Familie zurückblieb? Die jiddischen Worte, die sie vertrauensvoll an die deutschen Soldaten auf der Straße richtete – wer hat sie gehört? Und als die Soldaten die Babuschka erschossen, »mit nachlässiger Routine« – wer hat am Fenster gestanden und zugeschaut? Die unabgeschlossene Familiengeschichte, die Katja Petrowskaja in kurzen Kapiteln erzählt, hätte ein tragischer Epochenroman werden können: der Student Judas Stern, ein Großonkel, verübte 1932 ein Attentat auf den deutschen Botschaftsrat in Moskau. Sterns Bruder, ein Revolutionär aus Odessa, gab sich den Untergrundnamen Petrowski. Ein Urgroßvater gründete in Warschau ein Waisenhaus für taubstumme jüdische Kinder. Wenn aber schon der Name nicht mehr gewiß ist, was kann man dann überhaupt wissen? Statt ihren gewaltigen Stoff episch auszubreiten, schreibt die Autorin von ihren Reisen zu den Schauplätzen, reflektiert über ein zersplittertes, traumatisiertes Jahrhundert und rückt Figuren ins Bild, deren Gesichter nicht mehr erkennbar sind. Ungläubigkeit, Skrupel und ein Sinn für Komik wirken in jedem Satz dieses eindringlichen Buches.
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Bewertungen

Vielleicht Esther wurde insgesamt 4 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,1 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Vielleicht Esther

    Ich brauchte eine Weile, bis ich in dieses assoziative, intuitive Schreiben hineinfinden konnte (v.a. der Anfang des Buches war aus meiner Sicht völlig verstolpert), um dann seine Poesie zu genießen und gleichzeitig mit der Ich-Erzählerin die Tiefen ihrer Trauer auszuloten - über schmerzende Gewissheiten ebenso wie über Eventualitäten und Leerstellen, die bleiben werden trotz intensivster Spurensuche - in Wien, Warschau, Kiew, Auschwitz, Yad Vashem... - nach ein paar hinterlassenen Fitzelchen der Existenz ihrer zahlreichen und in ihrer jeweiligen Gesellschaft sehr aktiven Vorfahren. Ein Haschen nach Wind.
    Im Zuge dieser tragischen Recherche und Reflexion darüber entfaltet die Autorin ein wahres Panoptikum aus verschlungenen biografischen Wegen, aus sich aneinander reibenden und gegenseitig zersplitternden, die Menschen zwischen sich zermahlenden politischen Systemen im Laufe des 20. Jahrhunderts, aus religiösen Bruchstücken verschiedenster Ausprägungen des Juden- und Christentums, aus geschichtskluger, aber persönlich entwurzelter Nachlese in Akten, archivierten Zeitungsartikeln, Fotos und Bröckchen von mündlich überlieferten oder angedeuteten Familienlegenden, aus Verweisen auf die griechische Mythologie, auf Goethe, Bulgakow, Tolstoi... Das alles in einer scheinbar assoziativen, aber klug und feinfühlig Verknüpfungen herstellenden, poetischen und traurig-humorvollen Schreibweise, in der ich der Autorin tief bewegt durch ihre Gedanken und Gefühle gefolgt bin.
    Ich habe mit diesem Werk die Reihe meiner Holocaust- und NS-Zeit-Bücher im Januar beendet und hätte es mit dieser traurigen und tief bewegenden biografischen Nachlese nicht passender treffen können. Dieses Buch ist mein erstes Jahreshighlight.
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  • Rezension zu Vielleicht Esther

    Eine Familienrecherche.
    Ich kann nicht sagen, dass mir das Buch gut gefallen hätte. Ferner kann ich auch nicht sagen, ob mir die Geschichte gut gefallen hätte, denn zu einem ist es ja keine Erzählung im engeren Sinne – es sind Bruchstücke, Bruchstücke aus Erinnerungen, Erzählungen von Menschen die Petrowskaja auf ihrer Reise kennen gelernt hat, alte Fotos und Familienanekdoten. Die Autorin schreibt einfach alles chronologisch nieder, ohne große Zusammenhänge, was sie auf ihrer Recherche durch Europa über ihre Familie zusammen getragen hat.
    Das Besondere dabei ist, dass sie es in deutsche Worte fasst, obwohl sie erst seit 1999 in Deutschland lebt und eben Deutsch nicht ihre Muttersprache ist. (Ich habe Petrowskaja bei >lesenswert< gesehen und aufgrund dessen erahnen können, welcher Akt es für sie gewesen sein muss. “Aber in Russisch hätte sie ihre Geschichte nicht fassen können, das ging nur über diesen Umweg.”)
    Was an diesem Buch fesselnd ist, ist die Dramatik, die Tragik – eigentlich aller Familienmitglieder, wie zum Beispiel Judas Stern – den “Meschuggen”. Er schoss 1932 auf einen deutschen Botschafter “und löste damit den II. Weltkrieg aus”. Ganz schrecklich zu lesen war das 5. Kapitel >Babij Jar<. Eine Schlucht in Kiew in der man 100.000 oder 200.000 Menschen hinein warf und erschoss, die genaue Zahl weiß man nicht – spielt es eine Rolle? Am 29. September 1941 um 8 Uhr sollten alle Juden sich dort einfinden – Befehl der Deutschen, nur Babuschka kam mit ihren schweren Beinen nicht …
    Ich finde es erstaunlich, dass die Autorin diese Recherche überhaupt zu Papier gebracht hat, auch wenn man das Fassungslose aus jeder Zeile heraus liest. Diese Tragik reicht für ihr ganzes Leben, sie kann daraus zahlreiche Romane entwerfen und ich denke, “Vielleicht Esther” ist erst der Anfang. Neugierig bin ich auch, in welcher Sprache es jetzt weiter geht.
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Ausgaben von Vielleicht Esther

Hardcover

Seitenzahl: 285

Taschenbuch

Seitenzahl: 285

E-Book

Seitenzahl: 289

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