Willow Tree

Buch von Hubert Selby, Günter Ohnemus

Bewertungen

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Willow Tree

    Deutsche Ausgabe (trotz des englischen Titels) : Willow Tree, 2000
    Original : The Willow Tree (Englisch/USA, 1998 )
    INHALT:«Willow Tree» erzählt die Geschichte des 13-jährigen Afroamerikaners Bobby. Der wächst in schwierigen Verhältnissen im New Yorker Stadtteil Bronx heran und muss seine Freundschaft zur ebenfalls halbwüchsigen Puertoricanerin Maria teuer bezahlen: Die Burschen um den brutalen Raul dulden keine «rassische Vermischung» – und so entstellt die Hispanic-Gang Marias Gesicht mit Säure, während Bobby fast totgeprügelt wird. Von Moishe, einem älteren weissen Herrn, über Monate hinweg gesund gepflegt, hat Bobby nur noch eines im Sinn: Rache. Bevor es zum überraschenden Showdown kommt, wendet sich der Text vor allem dem Innenleben Bobbys und seiner facettenreichen Beziehung zu Moishe zu. (Quelle : amazon.de)
    BEMERKUNGEN :
    Nach hier und da gelesenen kurzen Bemerkungen zum Buch und zum Werk von Hubert Selby erwartete ich eine dunkle « urban story » mit Ganggeschichten, Brutalität usw. Dafür und einer deftigen, fast obszönen Sprache, war Selby bekannt, wenn nicht sogar hier und da verpönt gewesen. Dann kam eine ausdrückliche Empfehlung an mich, dieses Buch hier zu versuchen, und ich habe es nicht bereut. Es war eins seiner letzten, das er 70igjährig im Jahre 1998 schrieb.
    Bei Pinguin, dem englischen Herausgeber, wird er schon in der Rubrik « modern classics » gehandelt ! Und das mag hinhauen.
    Eingangs wird auf wenigen Seiten das Umfeld von Bobby dargestellt : Enge und Armut der Wohnverhältnisse irgendwo in Bronx/New York, ein von Gewalt geprägter Rahmen, das Fehlen des Vaters... Als der Dreizehnjährige mit seiner Freundin Maria unterwegs ist werden sie von einer puertorikanischen Gang abgefangen, die es nun mal gar nicht sehen und vertragen kann, dass ihre Maria mit einem jungen Schwarzen geht. Maria wird mit Säure überschüttet, Bobby dermaßen durchgeprügelt, dass er fast auf der Strecke bleibt. Es folgen mehrere sich abwechselnde Kapitel : hier der Krankenhausaufenthalt Marias in schrecklichen Qualen und mit der Angst, völlig entstellt zu werden. Der Druck wird immer unaushaltbarer...
    Dort der fliehende Bobby, der einem Krankenhaus oder gar der Polizei auf jeden Fall entgehen will. Er trifft zunächst Darryl und einer Gruppe von Barbesuchern, die ihn etwas aufpäppeln, dann aber den älteren Moishe, der ihn zu sich, in eine versteckte, aber luxeriöse Kelllerwohnung holt und ihn dort pflegen und begleiten wird. Moishe hatte in Deutschland Verrat und Lager gekannt, dementsprechend auch lange Zeit tiefste Rachegefühle gehegt. Er will nun Bobby vermitteln, was er selbst im Kontakt mit Sol gelernt hatte : der Hass frißt einen selbst auf ; man muß lernen, selbst seinem Widersacher Gutes zu wünschen. Bobby aber wird lange vom Hass aufgefressen, hat nur Rache im Sinn, plant aufs Genaueste seinen Feldzug gegen ihre Angreifer. Wie wird das ausgehen ?
    Wir finden eine eher ungewöhnliche Mischung zwischen dem mit obszönen Worten durchsetzten Slang, einer teils sehr harten, brutalen Story einerseits, und dann, andererseits, einer Zartheit, einer von einigen eventuell empfundenen Gefühlsduseligkeit. Das Wissen um Selbys eigene Biographie macht all dies glaubwürdig(er), selbst wenn wir einen amerikanischen Pathos ausmachen könnten. Geht es letztlich nicht um eventuelle Heilungsgeschichte angesichts erfahrenen Unrechts und inmitten einer aggressiven Welt ? Wird das hinhauen ? So bizarr dies klingt, erinnerte mich derart dieses Buch an Wiecherts « Missa sine nomine », allerdings im total modernen Gewand. Eine lange Geschichte, die sich bis zu den letzten Seiten des Buches hinzieht : wie mag das ausgehen ? Wir erahnen zwar, dass es so und so wohl schon sein wird, doch der Autor hält uns hin. Dies würde ich insbesondere im zweiten Drittel auch beMa^ngeln : hier hätte Selby etwas (?) kürzen und schraffen können. Manche Grundsituationen und Begegnungen, Überlegungen tauchen öfter auf : sicher ein Zeichen des langwierigen inneren Hin und Hers, aber auch etwas verwunderlich.
    Von der Sprache habe ich schon andeutungsweise gesprochen ; ich setze hinzu, dass – zumindest in der von mir auf Französisch gelesenen Ausgabe – es manchmal seltsame Zeilenumbrüche gibt, manchmal etwas wilde Orthographie. Hier und da wachsen sich die Beschreibungen auf große Längen aus, wechseln beeindruckend zwischen innerem Monolog der Protagonisten und der auktorialen Erzählform. Eine Art Spannungsbogen hebt gegen Ende noch an, hört nicht langsam abfallend auf.
    Das Buch könnte einigen zusagen ! Ich war recht beeindruckt, trotz zu bemängelnder Längen !
    AUTOR :
    Hubert Selby Jr. (* 23. Juli 1928 in Brooklyn, New York; † 26. April 2004 in Los Angeles) war ein US-amerikanischer Schriftsteller. Berühmt wurde er vor allem durch seinen Roman Letzte Ausfahrt Brooklyn. Selby arbeitete auch als Drehbuchautor sowie in kleineren Rollen als Filmschauspieler.
    Er war alleiniges Kind, litt unter dem harten Vater. Selby verließ mit 15 Jahren die Schule, um bei der US-Handelsmarine anzuheuern. Dort infizierte er sich mit Tuberkulose. Er wurde im Alter von 18 Jahren nach Hause entlassen, weil er sterbenskrank war. Ein Lungenflügel musste ihm daher operativ entfernt werden. Selby verbrachte die nächsten zehn Jahre mit diversen Lungenproblemen bettlägerig. Körperlich unfähig, sich in diesem Zustand einen Lebensunterhalt etwa als Angestellter zu verdienen, beschloss er: Ich kann das Alphabet, vielleicht könnte ich Schriftsteller werden. Er fing an, Kurzgeschichten zu schreiben.
    Den großen Erfolg – und Skandal – seines Romans « Last Exit to Brooklyn » verkraftete er nicht. In Großbritannien wurde er wegen Obszönität damals verboten. Der Bestseller machte ihn vorübergehend reich. Selby wurde alkohol- und drogenabhängig, was ihn später ins Gefängnis brachte. Nach der Entlassung war er tatsächlich suchtfrei und wandte sich einem neuen Leben in Los Angeles zu. Selby war dreimal verheiratet und hatte vier Kinder.
    (Quelle : wikipedia.de)
    Gebundene Ausgabe: 360 Seiten
    Verlag: Achilla Presse (1999)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3928398598
    ISBN-13: 978-3928398596
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Ausgaben von Willow Tree

Hardcover

Seitenzahl: 360

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