Die Frau im blauen Mantel

Buch von Lloyd Jones, Grete Osterwald

Bewertungen

Die Frau im blauen Mantel wurde bisher einmal bewertet.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Die Frau im blauen Mantel

    Klappentext:
    Sie nennt sich Ines, aber niemand kennt ihren echten Namen, ihren Geburtsort; nur das Ziel ihrer Reise ist bekannt: Berlin. Ob sie Geschwister hat, ob ihre Eltern noch leben, könnte keiner der Menschen sagen, denen die junge Afrikanerin auf ihrem Weg durch die Festung Europa begegnet ist. Sie erinnern sich, sie erzählen von ihr, der Frau im blauen Mantel, deren Haut ungewöhnlich hell ist und sommersprossig.
    Nach und nach entfaltet sich ihre Geschichte und mit ihr die Geschichte der Menschen, deren Weg sie gekreuzt hat, die sie beschenkt, benutzt und in ihre eigenen Lebenslügen eingesponnen haben: der Straßenkünstler, der sich in Ines verliebt, der blinde Mann, dem sie den Haushalt führt – und schließlich der Kommissar, der bald erkennt: Die Wahrheit hat viele Gesichter.
    «Lloyd Jones ist ein wagemutiger Schriftsteller, einer der interessantesten, ehrlichsten, anregendsten Autoren, die wir heute haben.» (The Guardian)
    Er führt uns in eine Welt, die der unsrigen kaum vertraut und doch unmittelbar neben ihr angesiedelt ist – in einem Roman, der ergreift und berührt durch seine menschliche Wärme, seine Unbestechlichkeit, seinen Sinn für die Wirklichkeit, in der wir leben. (von der Verlagsseite kopiert)
    Zum Autor:
    Lloyd Jones, geboren 1955 in Lower Hutt, Neuseeland, hat zahlreiche Romane und Erzählungen veröffentlicht und gehört zu den namhaften, vielfach preisgekrönten Autoren seiner Heimat. Sein Roman «Mister Pip» wurde in über 30 Sprachen übersetzt, mit dem Commonwealth Writers’ Prize ausgezeichnet und stand auf der Shortlist des Booker Prize 2007. (von der Verlagsseite kopiert)
    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: Hand me down world.
    Erstmals erschienen 2010 bei Text Publishing, Melbourne
    Aus dem Englischen übersetzt von Grete Osterwald.
    5 Teile mit insgesamt 36 Kapiteln auf 317 Seiten, Danksagung.
    Anfangs kommt in jedem der nummerierten Kapitel eine Person als Ich-Erzähler zu Wort, die Ines eine kurze Zeitlang oder ein kleines Stück ihres Weges begleitet, der von Tunesien übers Mittelmeer und Italien quer durch Europa nach Berlin führt, eine Kollegin aus dem Hotel, ein LKW-Fahrer, der sie ein Stück mitnimmt, ein Bergführer, der sie über die Alpen bringt, u.a. Alle kennen sie nur von der knappen Begegnung.
    Der dritte Teil gehört einem jungen Mann, Defoe genannt, der eine längere Zeit mit Ines im gleichen Haus wohnt und mit ihr gemeinsam einen alten blinden Mann betreut.
    Erst im vierten Teil ergreift Ines selbst das Wort, und der Leser erfährt, zu welchem Zweck sich die anderen Personen bisher geäußert haben. Alles, was man bis dahin gelesen hat, wird jetzt von der anderen Seite beleuchtet, denn Ines erzählt, wie sie die Begegnungen und Zusammentreffen mit den verschiedenen Leuten erlebt hat. Und sie füllt die ereignislosen Zeiten, die die bisherigen Erzähler offen ließen.
    Als Leser nähert man sich der Wahrheit also von zwei Seiten und stellt fest, dass es DIE Wahrheit nicht gibt, nur verschiedene Ausdeutungen und Empfindungen.
    Inhalt:
    Obwohl Ines eine gute und angesehene Stellung in einem tunesischen Hotel hat, verlässt sie das Land. Was so aussieht wie eine Flucht, ist in Wirklichkeit eine Reise mit einem Ziel, Berlin, wo die Person wohnen könnte, die Ines sucht. Doch wie soll sie ihr Ziel erreichen, wenn sie schon ihr ganzes Erspartes dafür geben muss, übers Meer gebracht zu werden?
    Und wenn sie am Ziel ist: Wie wird sie den Gesuchten finden? Ohne Deutschkenntnisse, ohne Bekannte oder Freunde?
    Eigene Meinung / Bewertung:
    Bis zum vierten Teil des Buches ist Ines Gegenstand der Schilderungen, Objekt also, nicht handelnde Person. Als Leser nähert man sich der Figur im Mittelpunkt von außen, sieht sie durch die Augen Dritter. In den ersten drei Teilen ist jeder Ich-Erzähler Protagonist seiner eigenen kleinen Story und bemüht, sein Handeln ins beste Licht zu rücken.
    Defoe erhält für seine Geschichte eine breite Plattform; er begleitet Ines am längsten, beginnt eine Beziehung, entlarvt ihr Tun und stellt es infrage, auch wenn er den letzten entscheidenden Schritt scheut.
    Auf ihrem Streifzug durch Europa verstößt Ines gegen etliche nationale und auch gegen generell gültige menschliche Gesetze. Erst als die Justiz sich um sie kümmert, wird aus ihrer Geschichte ein Ganzes und ein gelegentliches Aha-Erlebnis für den Leser. Ebenso überraschend ist die Person, deren Bericht das Buch abschließt, und ihre Vorsätze für die Zukunft, die ein versöhnliches Ende erwarten lassen.
    Ines hat nicht den Mitleidsbonus, den eine Asylantin oder eine Flüchtlingsfrau a priori vom Leser bekommt. Auch wenn ein schweres Schicksal sie auf ihre Odyssee schickt: Es ist nicht dasselbe Schicksal, das von Bürgerkrieg oder Naturkatastrophen gebeutelte Afrikaner zur Flucht treibt; auch wenn Ines bisweilen vor den nächsten Schritten zaudert oder ihre vermeintliche Schutzlosigkeit in die Waagschale wirft, wirkt sie wie eine Frau, die weiß, was sie will. Und sie scheut sich nicht, Freunde oder Leute, die es gut mit ihr meinen, zu verraten und auszunutzen.
    In seiner Danksagung erzählt Jones, ein Jahr mit einem Auslandsstipendium in Berlin verbracht zu haben. Aus den Episoden des Buches, die dort handeln, spricht die Sympathie des Autors für die Stadt, ihre Bewohner und deren Eigenarten.
    Lesern, die sich gern mit besonderen Schicksalen beschäftigen, kann man das Buch empfehlen.
    Fazit:
    Ein Berlinroman mit außergewöhnlichen Figuren und Schicksalen.
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Ausgaben von Die Frau im blauen Mantel

Taschenbuch

Seitenzahl: 320

Hardcover

Seitenzahl: 320

Besitzer des Buches 2

Update: