Henri de Toulouse-Lautrec: Die menschliche Komödie

Buch von Birgitte Anderberg, Vibeke Vibolt Knudsen

Bewertungen

Henri de Toulouse-Lautrec: Die menschliche Komödie wurde bisher einmal bewertet.

(1)
(0)
(0)
(0)
(0)

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Henri de Toulouse-Lautrec: Die menschliche Komödie

    Klappentext:
    Seine Motive fand er in Varietés, Bars, Cafés, Theatern, im Zirkus oder in anderen Vergnügungsstätten: Henri de Toulouse-Lautrec, der selbst ein exzessives Leben auf dem Pariser Montmartre führte, porträtierte Menschen und Szenen der Pariser Halbwelt mit kräftigen Konturen, kontrastreichen Farben und der typischen Verbindung von Schrift und Bild. Seine Plakate u. a. für das Moulin Rouge gelten heute als Ursprung der Plakatkunst und Meilenstein der Werbung. (von der Verlagsseite kopiert)
    Zu den Autoren:
    Birgitte Anderberg ist Kuratorin und Forscherin an der Königlichen Gemälde- und Skulpturensammlung, Statens Museum for Kunst in Kopenhagen. Sie hat viele Beiträge in dänischen Zeitschriften und Kunstanthologien geschrieben.
    Vibeke Vibolt Knudsen ist Kuratorin und Seniorforscherin an der Königlichen Kupferstichsammlung. Sie hat sowohl Ausstellungen dänischer und internationaler Gegenwartskunst als auch der Kunst des 18. Jahrhunderts kuratiert. Sie hat zahlreiche Artikel zur Kunst in dänischer Sprache verfasst.
    Allgemeines:
    Das Buch erschien gleichzeitig in drei Sprachen, deutsch, englisch und dänisch in Zusammenarbeit von Prestel-Verlag, München, und dem Statens Museum for Kunst, Kopenhagen. Es begleitet eine Ausstellung im Statens Museum vom 17.9.2011 bis 19.2.2012. Die beiden Autorinnen konzipierten auch die Ausstellung; das Vorwort zum Buch schrieb Karsten Ohrt, der Direktor.
    126 Kunstdrucke von Lithographien, Gemälden und Zeichnungen, 23 Fotos – 102 der Abbildungen werden im Text betrachtet. 156 Seiten, dazu Anmerkungen, Autorenbiographien, ein tabellarischer Lebenslauf Toulouse-Lautrecs, Personenverzeichnis, Literaturverzeichnis, ausgestellte Werke, insgesamt 176 Seiten
    Inhalt:
    Das kunstsinnige Paris hatte am Ende des 19. Jahrhunderts gerade den Impressionismus verdaut, als ein Mann die Bühne betrat, der so ganz anders war als seine Vorläufer, die mit Staffelei und Palette in die Natur gezogen waren: Henri de Toulouse-Lautrec, ein waschechter Graf von altem Adel, infolge eines Unfalls nur 1,52 m groß, intelligent, spöttisch, kränklich. Er schuf ein neues Genre, das erst 60-70 Jahre nach seinem Tod als Kunstrichtung anerkannt wurde: Das Plakat oder Werbeposter. Aus denen er auch Theaterprospekte und Liederhefte entwickelte.
    Eigene Meinung / Beurteilung:
    „Die menschliche Komödie“ benannte Honoré de Balzac sein ehrgeiziges, auf 137 Bände angelegtes Werk, von denen er 91 Bände vollendete. Er verband Einzelromane zu einem komplexen System, unterteilt in Sittenstudien, philosophische und analytische Studien. Er erfand eine fiktive Gesellschaft und die Biographien mehrerer hundert Personen. 50 Figuren, die das ganze gesellschaftliche Spektrum ausfüllten, tauchten immer wieder in anderen Romanen auf.
    Ähnlich Toulouse-Lautrec, in dessen Lithographien und Plakaten man immer wieder denselben Menschen oder Menschentypen in anderem Kontext begegnet, und der auch ein umfassendes Sittengemälde seiner Zeit und seiner Stadt liefert.
    Auch ohne Balzac zu bemühen, trifft der Ausdruck „Menschliche Komödie“ Lautrecs Themen: Uninteressiert an den Sujets seiner Zeit wie Landschaften oder Stillleben zeichnete er ausschließlich Menschen, und auch wenn er auf dem Land aufgewachsen war, entwickelte er sich zum Darsteller der Stadt, vor allem der nächtlichen Stadt. Mit der Entstehung der modernen Stadt und des Städters, dessen Tagesrhythmus nicht mehr von schwerer körperlicher Landarbeit und notwendiger Entspannung geprägt war, wuchs eine neue Freizeitkultur heran. Man amüsierte sich am Abend in Cafés, im Ballett, im Cabaret, im Theater. Für diejenigen, die für das Amüsement sorgten, die Tänzerinnen, Sängerinnen, Artistinnen, waren die Grenzen zur Prostitution oft fließend.
    Lautrec gelingt es, diese Doppelbödigkeit abzubilden. Sind seine Drucke anfangs als Werbeplakate für Amüsierbetriebe gedacht, so drückt er auch das aus, was dahinter steckt. Die Figuren, die er zeichnet, gleichen Karikaturen; die Räume, in denen sie sich bewegen, sind als Kulisse und Tiefe angedeutet, und auch das Publikum bekommt seine Rolle. Weil Werbeplakate sich per se in der Öffentlichkeit präsentieren, wird auch deren Schöpfer schnell bekannt und mit immer neuen Aufträgen bedacht.
    Die Erotik in den Drucken reicht von Gebärden wie dem Blinzeln zwischen Mann und Frau, so dezent, dass man für die expliziten Hinweise der Autorinnen dankbar ist, bis zu deftigen Anzüglichkeiten, z.B. einem phallisch hochgereckten Gipsbein eines Eros – zur Erheiterung des Betrachters.
    Anrührend dagegen Lautrecs Bilder, die die zärtliche Seite der Erotik zeigen, bei denen oft androgyne Typen das typisch Weibliche und typisch Männliche ersetzen.
    Doch auch für die ausgelassenen Nachtschwärmer und die gefeierten Unterhaltungskünstlerinnen ist irgendwann die Feier vorbei, und der Morgen beginnt mit der alltäglichen Routine. Und mit der Stille und der Einsamkeit in den Straßen. Auch das ein Thema Lautrecs.
    Die Autorinnen führen mit Kompetenz und Fachwissen, nicht aber mit Fachsprache, durch die vielen Kunstwerke, lassen mit den Fotographien das Paris der Belle Epoque erstehen und inspirieren den Leser zu einer persönlichen Entdeckungsreise.
    Kann man von einem Kunstband mehr erwarten?
    Fazit:
    Eine Künstler-Monographie vom Feinsten: Informativ, lehrreich und unterhaltend.
    Weiterlesen

Ausgaben von Henri de Toulouse-Lautrec: Die menschliche Komödie

Hardcover

Seitenzahl: 176

Besitzer des Buches 1

  • Mitglied seit 4. Juni 2004
Update: