Liebe schaut weg

Buch von Line Hoven

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Liebe schaut weg

    Über die Autorin
    Line Hoven, geboren in Ost-Westfalen, hatte ihre Premiere bei Reprodukt bereits 2005 mit einer Kurzgeschichte in der Anthologie "Klassenfahrt". Nach Beiträgen in Magazinen wie "Orang" und "Strapazin" ist "Liebe schaut weg" ihre erste Buchveröffentlichung, die als Diplomarbeit an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg entstand.
    Verlagstext
    Der kleine Erich träumt seit langem von einem eigenen, selbst gebauten Radio. Jede freie Minute bastelt er an dem Gerät, bis daraus ein erstes zaghaftes Knistern ertönt und bald wunderschöne Orchestermusik ertönt, die Erich in ihren Bann zieht. Es ist eine Ouvertüre des jüdischen Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy. Als ihn Tags darauf ein Freund fragt, ob er mit dem Radio voran komme, behauptet Erich, es sei kaputt. Beide tragen die Uniform der Hitler-Jugend...
    Ausgezeichnet mit dem ICOM Independent Preis 2008 als "Bester Independent Comic".
    In ihrem Erstlingswerk verdichtet Line Hoven Bruchstücke von Erinnerungen ihrer Familie behutsam zu einer konzentrierten Rückblende auf die eigenen Wurzeln. Aufwändig aus Schabkarton gekratzt, erzählt die Tochter einer Amerikanerin und eines Deutschen über zwei Kontinente und drei Generationen hinweg in geschickt miteinander verwobenen Episoden, wie aus den beiden Familien ihrer Eltern ihre eigene wurde. "Liebe schaut weg" ist eine stille und anrührende Familienchronik, in der sich private und historische Ereignisse zu spannenden Momentaufnahmen der Zeitgeschichte verbinden.
    Zum Inhalt
    Der Ausweis der Hitlerjugend des Ernst Hoven könnte glauben lassen, dass es in Line Hovens (*1977) Graphic Novel um die Aufarbeitung des Nationalsozialismus geht. Die in Schabetechnik freigelegten Abbildungen zeigen ähnlich wie ein Fotoalbum die Geschichte der Familien Hoven und Lorey. Gepackte Kisten, abgedeckte Möbel, das leere Zimmer eines amerikanischen Hauses wartet auf den Auszug der Bewohner. Einzelbilder mit und ohne Rahmen wechseln ab, so dass man trotz identischem schwarzen Hintergrund meinen könnte, zwischen Fotoalbum und Erinnerung zu wechseln. Der Schüler Ernst Hoven trägt zu den regelmäßigen Treffen die Uniform der Hitlerjugend. Während der Schulstunden setzt er in Gedanken einen Radioempfänger zusammen. Zwischen Schule und "Dienst" bastelt Ernst in jeder freien Minute an seinem Radio und hört heimlich einen "Feindsender" mit Musik von Mendelssohn. Ein Foto von Erich aus dem Sommerlager der Hitlerjugend fehlt; nur leere Fotoecken sind zu sehen. Warum? Ist es verloren gegangen; hat Erich das Foto entfernt? Erich heiratet eine Jugendfreundin, die Familienfotos zeigen drei Kinder.
    Szenenwechsel durch Abbildung der Eintrittskarte einer Eisbahn. Während der Kriegsjahre lernen sich in einer amerikanischen Stadt beim Eislaufen Harold Lorey und Catherine kennen. Harold will sich unbedingt zur Amerikanischen Armee verpflichten, wird jedoch untauglich erklärt. Auch bei den Loreys dokumentiert das Familienalbum Eheschließung und Familiengründung. Eine Rückblende führt uns wieder nach Deutschland, wo Reinhard Hoven, Erichs Sohn, inzwischen von Raumfahrt und Science Fiction fasziniert ist wie sein Vater als Kind vom Radio. Die Weihnachtsfotos beider Familien aus dem Jahr 1958 stehen sich gegenüber und stellen eine Verbindung her. Ein Flugticket bringt Charlotte Lorey zum Studium nach Deutschland. Sie lernt Reinhard kennen, heiratet ihn 1970. Ein großes Foto in Hovens Wohnung zeigt den Vater in Luftwaffen-Uniform. Reinhard redet sich auf Charlottes Fragen hin heraus, angeblich weiß er nicht viel über die Jugend seines Vaters. Die junge Ehe startet unter Schwierigkeiten; Reinhard, inzwischen Arzt, fasst in den USA nur schwer Fuß.
    Fazit
    Nach "Liebe schaut weg" griff ich, weil es wie ein Familienalbum wirkt. Die anfängliche Ablehnung von Charlottes Eltern gegenüber einer Heirat mit einem Deutschen wie auch Reinhards berufliches Scheitern in den USA wirkten als Botschaft ungewöhnlich auf mich. Die deutsch-amerikanischen Beziehungen waren in den 50ern demnach nicht nur durch Euphorie geprägt. Neben der Bildwirkung in strengem Schwarzweiss transportiert die Geschichte Interessantes über Familienleben und Einstellungen während des Nationalsozialismus und in den Nachkriegsjahren. Die Atmosphäre der Zeit des Wirtschaftswunders in Deutschland finde ich sehr gut getroffen; dokumentierte Erinnerungsstücke wie Eintrittskarten verleihen der Familienchronik Authentizität.
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Ausgaben von Liebe schaut weg

Taschenbuch

Seitenzahl: 96

Besitzer des Buches 1

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