Eigentum

Buch von Wolf Haas

  • Kurzmeinung

    mapefue
    Der Haas und die liebe 95-jährige Mutter
  • Kurzmeinung

    Marie
    Schmerz - Trauer - Wehmut - vollendet erzählt in Haas' ganz eigener Sprache

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Eigentum

„Ich war angefressen. Mein ganzes Leben lang hat mir meine Mutter weisgemacht, dass es ihr schlecht ging. Drei Tage vor dem Tod kam sie mit der Neuigkeit daher, dass es ihr gut ging. Es musste ein Irrtum vorliegen.' Mit liebevoll grimmigem Witz erzählt Wolf Haas die heillose Geschichte seiner Mutter, die, fast fünfundneunzigjährig, im Sterben liegt. 1923 geboren, hat sie erlebt, was Eigentum bedeutet, wenn man es nicht hat. „Dann ist die Inflation gekommen und das Geld war hin.' Für sie bedeutete das schon als Kind: Armut, Arbeit und Sparen, Sparen, Sparen. Doch nicht einmal für einen Quadratmeter war es je genug. Endlich wieder ein neuer Roman von Wolf Haas. Ein großes, berührendes Vergnügen.
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Bewertungen

Eigentum wurde insgesamt 12 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,2 Sternen.

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Meinungen

  • Der Haas und die liebe 95-jährige Mutter

    mapefue

  • Schmerz - Trauer - Wehmut - vollendet erzählt in Haas' ganz eigener Sprache

    Marie

  • Tragikomischer Rückblick auf ein langes Leben

    carola1475

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Eigentum

    „Am Ende hieß es noch, ich hätte mich über sie lustig gemacht. Man schuldet ja allen einen gewissen Respekt. Auch jenen, die es vielleicht nicht wahrnehmen, wenn man ihn nicht zeigt. Man kann auch den Verlöschenden und vor sich hin Dämmernden nicht irgendwas erzählen, nur weil es langweilig ist mit ihnen. Man darf unterlegene Menschen nicht auf die Schaufel nehmen. Man darf Schwachsinnige nicht verarschen, man darf kleine Kinder nicht verarschen, man darf Behinderte nicht verarschen. Im Prinzip darf man überhaupt niemanden verarschen, fürchte ich. Schon gar nicht seine sterbende Mutter.“ (S. 8, Haas)
    Wolf Haas besucht das Altersheim, in dem seine 95-jährige Mutter wohnt, die in drei Tagen sterben wird. Haas tut gar nicht so, als ginge sie ihm nicht auf die Nerven. (Unausgesprochen: Ich darf doch etwas dement sein, wenn ich meinen Sohn bitte, meinen längst verstorbenen Eltern eine Nachricht zu überbringen.) Ausgesprochen: „Meine Mami und mein Tati, wo sie jetzt sind, ich weiß nicht wie es da heißt, aber du kannst dort mit dem Handy anrufen und ihnen sagen, dass es mir gut geht.“
    Das Gejammer tönt ihm noch in den Ohren: „Immer nur sparen, sparen, sparen.“ Immer nur „arbeiten, arbeiten, arbeiten“.
    Und im Rückblick Geschichte: Die seiner Mutter und der Familie und die Österreichs, von einer Frau, die 1923, ins Jahr der Superinflation, hineingeboren wurde.
    Sicher Autofiktion, aber weder geschmacklos noch sentimental. Von Seite zu Seite verschwindet der lapidare Ton, der Sohn erzählt von der Mutter, die in Zeiten jung gewesen ist, als fast jeder ein Schicksal hatte und nicht nur ein Leben mit Aufs und Abs. Krieg. Krankheit. Gewalt. Tod überall. Und die Hoffnung auf das Eigenheim, das sich nie erfüllt hat. Bis jetzt. Seit vielen Jahren steht schon ihr Name auf dem Grab, ihre eigenen Kubikmeter nun bereit, bezogen zu werden – nur ein Datum fehlt.
    „Mein ganzes Leben lang hat mir meine Mutter weisgemacht, dass es ihr schlecht ging. Drei Tage vor dem Tod kam sie mit der Neuigkeit daher, dass es ihr gut ging." (W. Haas)
    Wolf Haas, Autor beim Carl Hanser Verlag, wovon viele seiner Kollegen nur träumen.
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  • Rezension zu Eigentum

    Wolf Haas ganz persönlich
    Wolf Haas schreibt über seine Mutter, eine Frau, die sich selbst als ewiges Opfer sah, wenn sie erzählte. Sie wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden, sie starb mit fast 95 und Haas schildert ihr Leben. Erzählungen aus ihrer Perspektive, authentisch und im ihr eigenen Sprachstil wiedergegeben, die er abwechselnd mit seinen eigenen, oft assoziativen Überlegungen und Kommentaren niederschreibt, auch mit der Angst im Hinterkopf, die Erinnerungen der Mutter nie mehr loswerden zu können. Zu oft hat sich ihm die rhetorische Trias eingeprägt, die die Mutter meisterlich beherrschte. Trotz Arbeit, Arbeit, Arbeit und sparen, sparen, sparen blieb ihr der Erwerb von Eigentum verwehrt, ihr lebenslanger großer Kummer.
    Haas verbringt während der letzten drei Tage seiner Mutter viel Zeit bei ihr im Pflegeheim und trotz ihrer Demenz gelingt es ihm immer wieder, zu ihr durchzudringen. Seine Erzählung zeugt von Respekt und Liebe, ist aber auch eine Auseinandersetzung mit der Kindheit als Sohn dieser Mutter. Haas reflektiert seine Prägung, sein Tun, sein Leben, arbeitet sich an der Mutter ab, erzählt auch von seinen eigenen Erinnerungen. Dabei schreibt er feinsinnig humorvoll, bewegend, mit scheinbarer Leichtigkeit, pointiert und lässt teilhaben am Leben der Marianne Haas, das sicherlich dem Leben vieler Menschen ihrer Generation ähnelt, wie Geschichten aus meiner eigenen Familie vermuten lassen.
    Das Cover ist außergewöhnlich, es sieht aus wie gebrauchtes Packpapier mit einem auffälligen Stempel und passt perfekt zum Buch. Unter dem Schutzumschlag kommt überraschend die Zeichnung eines alten Handys zum Vorschein, dessen Bedeutung für den Autor am Ende des Romans klar wird und mich abschließend berührt. 'Eigentum' zeigt eine sehr persönliche Seite des Autors, die ich gern kennengelernt habe.
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  • Rezension zu Eigentum

    Klappentext:
    „Alles hin.“ Die Mutter, das Geld, das Leben. – Der neue Roman von Wolf Haas
    „Ich war angefressen. Mein ganzes Leben lang hat mir meine Mutter weisgemacht, dass es ihr schlecht ging. Drei Tage vor dem Tod kam sie mit der Neuigkeit daher, dass es ihr gut ging. Es musste ein Irrtum vorliegen." Mit liebevoll grimmigem Witz erzählt Wolf Haas die heillose Geschichte seiner Mutter, die, fast fünfundneunzigjährig, im Sterben liegt. 1923 geboren, hat sie erlebt, was Eigentum bedeutet, wenn man es nicht hat. „Dann ist die Inflation gekommen und das Geld war hin." Für sie bedeutete das schon als Kind: Armut, Arbeit und Sparen, Sparen, Sparen. Doch nicht einmal für einen Quadratmeter war es je genug. Endlich wieder ein neuer Roman von Wolf Haas. Ein großes, berührendes Vergnügen.
    Mein Lese-Eindruck:
    Das Cover ist ein Hingucker: aufs Äußerste minimalistisch, und der Einband imitiert abgestoßenes Packpapier. Besser geht es nicht, das Cover für dieses Buch über eine extrem sparsame Frau! Und die beiden Klappentexte passen perfekt zusammen und geben das Lebensmotto der beiden Personen wieder, um die es in diesem kleinen Buch geht: „Nichts wie sparen sparen sparen“ als Lebensmotto der Mutter, und hinten „Nichts wie schreiben schreiben schreiben“ als Lebensmotto des Autors.
    Es gibt momentan einige Romane, die sich mit der Demenzerkrankung und dem Sterben eines nahen Angehörigen befassen, und man kann sich dem menschlichen Anspruch dieser Romane nicht entziehen. Denn immer geht es auch darum, dass ein einzigartiger Mensch diese Welt verlässt und man ihm nun gerecht werden muss.
    In diesem kleinen Roman begleitet Wolf Haas seine an Demenz erkrankte Mutter die letzten Tage ihres Lebens und spürt ihrem Leben nach, vor allem den frühen Jahren. Marianne Haas war eine schwierige Frau. Ihr Lebensziel war Wohnungs-Eigentum, mit dem sie sich nach einer bedrückend ärmlichen Kindheit in die bürgerliche Gesellschaft einreihen wollte. Dieses Lebensprojekt gelingt ihr nicht, aufgrund der Inflation. Nun sieht sie sich ihr Leben lang als Opfer und wird eine verbitterte und boshafte Einzelgängerin. Ihre Klagen werden litaneiartig vorgetragen und ständig wiederholt, sehr zum Leidwesen ihres Sohnes, der genervt ist von ihren "tristen Erinnerungen". "Nur lauter Armutssachen und Depressionsgeschichten" (S. 87), sagt er, und die seltenen, unwillkommenen Besucher werden "hinausgeseufzt" (S. 92). Das spricht nicht für eine glückliche, sorglose Kindheit.
    Erst als Marianne Haas durch den Tod ihres Mannes ein Grab und damit „Eigentum“ hat, fällt ihre Verbitterung teilweise von ihr ab. „1,7 qm in bester Lage“, das ist nun ihr Wohnungseigentum, in das sie in den nächsten Tagen übersiedeln wird.
    Und so ist dieses Buch auch eine Art Bewältigungstherapie, wie sie schon in Haas‘ Buch „Junger Mann“ anklingt. Haas, der sich selber als „externe Festplatte“ seiner Mutter sieht, schreibt sich hier von seinen "tristen Erinnerungen" frei und nähert sich seiner Mutter versöhnlich wieder an. Dieser versöhnliche Abschied wird besonders deutlich in der Schlussszene, in der Haas sehr emotional und zugleich elegant den Bogen zur Anfangsszene zurückschlägt.
    Haas erzählt seinen Roman in zwei Zeitebenen und in zwei Stimmen, seiner eigenen und der der Mutter, die zunehmend stärker miteinander verwoben werden. Beide Stimmen unterscheiden sich deutlich voneinander, weil der Erzählstrang der Mutter sich dem mündlichen Erzählen annähert durch die Verwendung kurzer, teils unvollständiger Sätze, durch Wiederholungen und durch dialektale Ausdrücke. Die Sprache des Erzählers dagegen erinnert an die vorigen Romane: sprunghafte Gedanken, originelle Assoziationen, sprachliche Komik. Oft genug bewegt er sich an einer emotionalen Grenze, aber niemals sind seine Bemerkungen unsensibel, entwürdigend oder geschmacklos, weil er niemals die Gesamtsituation aus den Augen verliert. Dennoch macht er deutlich, wie skurril er das Lebensmotto seiner Mutter findet, aber mit seinem trockenen Humor nimmt der Autor dem ernsten Thema die Schwere und vermeidet zugleich Sentimentalität und Larmoyanz.
    Trotz einiger Längen im Mittelteil:
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  • Rezension zu Eigentum

    "Eigentum" von Wolf Haas ist ein (auto)biographisch geprägter Roman über die letzten Lebenstage seiner Mutter, die 95jährig in einem Pflegeheim verstirbt. Passagen des Ich-Erzählers Wolf Haas, der die letzten Stunden bei seiner Mutter in seinem Heimatort verbringt, wechseln sich mit Rückblenden ab, in denen er seine Mutter als Ich-Erzählerin von ihrem Leben berichten lässt. Diese Erinnerungen sind umgangssprachlich und mit dialektalen Einsprengseln gehalten. Der Sprachduktus hat mich sehr an die Erzählweise meiner eigenen Großmutter erinnert. Einige Erinnerungen sind bewusst widersprüchlich gehalten, manches wiederholt sich, als würde man tatsächlich einem alten Menschen beim Erzählen zuhören. Bereits durch diese sprachlichen Mittel hatte ich ein lebendiges Bild seiner Mutter vor Augen.
    Für die Mutter, 1923 geboren, waren die Kriegsjahre und die erlebten Inflationen prägend. Der Wunsch nach Eigentum war immer da, erfüllte sich zu Lebzeiten jedoch nie - erst mit dem Begräbnis, so sinniert Wolf, bezieht sie erstmals eigenen Wohnraum, die letzte Wohnung für die Ewigkeit, 1,7 qm im bester Lage, unverbaubar.
    Das Buch ist geprägt von dem für Wolf Haas typischen Humor und seiner Kunst, die Alltagssprache authentisch einzufangen und literarisch anspruchsvoll zu verarbeiten. Trotz seines manchmal recht bissigen Humors, auch im Angesicht des Todes, und des klaren Blicks auf die Ecken und Kanten seiner Mutter spürt man eine große Zuneigung aus seinen Worten, und das Buch ist eine schöne Hommage an sie und vielleicht auch an viele Frauen aus dieser Generation, die ein ähnliches Leben geführt haben. Lesenswert!
    5 Sterne.
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Ausgaben von Eigentum

Hardcover

Seitenzahl: 160

Besitzer des Buches 11

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  • Mitglied seit 7. April 2006
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  • Mitglied seit 30. November 2011
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