Die sieben Monde des Maali Almeida

Buch von Shehan Karunatilaka

  • Kurzmeinung

    volatile
    Sprecher 5/5, Story 3,5/5 - dialogreicher Erzählstil mit übernatürlichen Elementen. Zeitweise zäh.
  • Kurzmeinung

    Abroxas
    Furios erzählte Rückschau auf den Bürgerkrieg Sri Lankas und die davongetragenen Narben

Bewertungen

Die sieben Monde des Maali Almeida wurde insgesamt 10 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,5 Sternen.

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Meinungen

  • Sprecher 5/5, Story 3,5/5 - dialogreicher Erzählstil mit übernatürlichen Elementen. Zeitweise zäh.

    volatile

  • Furios erzählte Rückschau auf den Bürgerkrieg Sri Lankas und die davongetragenen Narben

    Abroxas

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Die sieben Monde des Maali Almeida

    Was für ein Buch!
    Zur Handlung haben meine Vorredner bereits Einiges gesagt. Ein sri-lankischer Foto-Journalist, jener Maali Almeida, stellt fest, dass er tot ist, befindet sich aber in einer Zwischenwelt, in der er Sieben Monde hat, ehe er in das Licht gehen muss, um nicht als Geist in dieser deprimierenden Zwischenwelt festzustecken. Als Geist kann er sich in der Welt der Lebenden bewegen, er will die Zeit nutzen, um den Mord an ihm aufzuklären und dafür zu sorgen, dass die Fotos, die er von Bürgerkriegsverbrechen und deren Hintermänner geschossen hat, an die Öffentlichkeit gelangen.
    Die Exposition und die übernatürlichen Elemente haben mich ein wenig an Salman Rushdie erinnert, vor allem an Die Mitternachtskinder. Der Vergleich ist insofern glücklich, als dass Karunatilaka weit entfernt von einer Imitation ist und einen ganz eigenen, kraftvollen Ton findet. Aber trotz der auf den allerersten Blick gradlinig erscheinenden Handlung ist es auch ein wilder, Volten schlagender Stil, der der mit großer Lust am Erzählen sowie mit tolldreistem und unbändigem Witz den großen Bogen schlägt; etwas, was den Vergleich doch nahelegt.
    Maalis Karriere ist eng verbunden mit einigen wichtigen Schauplätzen des sri-lankischen Bürgerkriegs während der 1980er Jahre, seine Wege als Fotograf bzw. "Fixer" (ortskundiger Unterstützer für fremdländische Journalisten, die auch Kontakte herstellen) kreuzen jene von Paramilitärs, Todesschwadronen, korrupten Politikern und Folterknechten. Maalis persönliche Lebensgeschichte, sein desolates Verhältnis zu seinen Eltern, sein homosexuelles Liebesverhältnis zu DD, dem tamilischen Sohn eines Parlamentsabgeordneten, der sein Coming Out fürchtet (den Sohn meine ich), seine komplizierte Freundschaft mit Jaki, DDs Cousine, Maalis Glücksspielleidenschaft: All jene breit auserzählten Aspekte sind stets verknüpft mit den ethnischen Konflikten in der Gesellschaft, dem Hass und der Gewalt und der unterschiedlichen Lebenswelten. Maali ist weiß Gott kein einfacher Mensch und ebenso zerrissen wie sein kriegsgebeuteltes Heimatland.
    Der etwas ungewohnte Stil, der konsequent Maalis Geschichte in der Du-Form erzählt, sowie die vielen Namen und Abkürzungen, die für sri-lankische Organisationen stehen, können einen als unkundigen deutschen Leser verwirren, wie andere schon bemerkt haben, das ist wahr. Aber wenn man erst einmal in die Handlung gefunden hat, lässt sich diese Informationsfülle mit Hilfe des Glossars doch gut bewältigen. Es ist sogar bemerkenswert, wie stark Karunatilaka die Komplexität dieses Konflikts eindampft, der immerhin von 1983 bis 2009 wütete, und dabei eine Ahnung davon eingibt, wie verwickelt der Konflikt doch ist.
    "Die Sieben Monde des Maali Almeida" ist ein faszinierendes und intensives Buch, das eine bildgewaltige, mythologisch anmutendes Panorama Sri Lankas und der Wunden, die der Bürgerkrieg dem Land zugefügt hat, entfaltet. Ein großartiges Buch, bei dem man nach einer kurzen Eingewöhnungsphase die Lust spürt, die der Autor am Erzählen hat.
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  • Rezension zu Die sieben Monde des Maali Almeida

    Sri Lanka Roulette
    Dieser gewaltige Roman kommt anfangs sehr befremdlich daher. Ist doch der normale Sterbliche nicht gewohnt, vom Jenseits zu lesen. Von langen Schlangen an Schaltern in der Anderswelt, von weiß bekittelten Helfern, von Dämonen, Hellsehern und Flüsterern. Von Bürokratie und Gehirnwäsche – auch drüben. Siehe dazu S. 26: „Sir, verschwinden wir von hier. Hier warten nur Gehirnwäsche und Bürokratie. So wie in jedem anderen Gebäude dieses Unterdrückerstaats.“
    Es gibt Geister verschiedenster Kategorien: Ghouls, Selbstmörder und sogar tote Tiere, die sprechen können. Und, wie bei uns auch, gibt es Helfer und Steine-in-den-Weg-Leger und ganz viel dazwischen. S. 374: „Du fragst dich, wer Dr. Ranee ins Ohr flüstert und wer ihrem Flüsterer und wie viele unserer Gedanken eigentlich das Geflüster anderer Leute sind.“ (Dr. Ranee gehört zu den Helfern im Jenseits.) Und wieder einmal hat Dr. Ranee recht: „Es geht hier draußen nicht um Gut gegen Böse. Es geht um zahlreiche Abstufungen des Schlechten, um einen Wettstreit diverser Sündergrüppchen.“ S. 380.
    „Für Atmende sind Geister so unsichtbar wie Schuld, Schwerkraft, Strom und Gedanken. Tausende verborgene Hände lenken ein jedes Leben.“ S. 476.
    Der Erzähler hier in unserem preisgekrönten Roman ist Malinda Albert Kabalana, geboren 1955, ermordet 1990. Vom wem er ermordet wurde, das weiß er nicht. Aber er wüsste es gern. Außerdem möchte er posthum die zahlreichen Fotos, die er – der Profi-Fotograf – geschossen hat, veröffentlicht sehen. Am besten in der Galerie „The Lionel Wendt“ in Colombo, die vom wohlmeinenden Clarantha de Mel dirigiert wird. Vorhanden sind auch hier verschiedenste Kategorien von Fotos: von Leichen, von Folteropfern, von Massakern – aber auch schöne Lichtbilder seiner beiden Liebsten DD und Jaki. Und von außergewöhnlichen Tieren, z. B. vom Schuppentier.
    Das Gefährliche an diesen Fotos ist, dass verschiedene „Bestien“ aus Politik und Militär das nun gar nicht mögen, zumal es ihre hoch kriminellen Machenschaften bloßstellen würde. So jagen sie mit vereinten Kräften den Fotos hinterher und natürlich auch den Negativen. Vor Mord, Totschlag und Folter scheuen sie nie zurück. Aber haben sie Maali Almeida auch umgebracht – oder umbringen lassen? Und wie kann Maali Almeida aus dem Jenseits verhindern, dass die Fotos in falsche Hände geraten? Jedenfalls die, die er nicht schon zu Lebzeiten an verschiedene Organisationen und Presseagenturen verkauft hat?
    Über die Korruption im Land wird viel zitiert, z. B. auf Seite 334: „In einem Land, in dem die halbe Bevölkerung sich kein Telefon im Haus leisten kann, hat der Minister eins im Auto.“ Oder, wie der getötete Journalist auf Seite 443 erzählte: „Selbst, wenn das Land tief in den Schulden steckt, selbst wenn Kriege eskalieren, Fluten die Ernte ertränken und Dürren die Saat verdorren lassen, selbst wenn die Wirtschaft abschmiert und die Inflation davongaloppiert, bleibt im Haushalt immer noch Platz, um jeden Minister mit drei Luxuskarossen auszustatten.“
    Viele Namen, viele Organisationen in Sri Lanka und in anderen Ländern lassen den Leser manchmal ratlos zurück und gelegentlich hilft auch das Register der Lebenden und der Toten, samt Stadtplan, am Schluss nicht weiter. Zu vielschichtig ist die Handlung und zu unübersichtlich. Aber gelegentlich auch witzig: „Ich habe mir gedacht, die Reinkarnation ist billiger als die Geschlechtsumwandlung.“ So spricht eine verhinderte Dragqueen zu unserem Erzähler auf Seite 396.
    Sieben Monde hat er Zeit, der Erzähler und das ist nicht viel, denn die Monde wechseln täglich. Nicht so, wie bei uns. Dann, am Ende, kann er entscheiden, ob er ins Licht gehen möchte oder vielleicht dorthin, wohin er am meisten gehört.
    Fazit: Den Booker Prize 2022 hat er redlich verdient, Respekt, Mr. Shehan Karunatilaka. Ausgezeichnete, sehr ungewöhnliche Literatur über das Jenseits und Diesseits. Und etliche Weisheiten daraus können wir uns dauerhaft auf unsere Fahne schreiben.
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  • Rezension zu Die sieben Monde des Maali Almeida

    Sri Lanka, 1990. Maali Almeida, ein schwuler Kriegsfotograf mit Glücksspielproblem, wacht eines morgens in einem Wartezimmer auf. Schnell wird: er ist gestorben, doch wer hat ihn umgebracht und warum? Maali muss Antworten finden und nachsehen, wie es seinen Angehörigen geht, seinem Partner DD, seiner besten Freundin Jaki und seiner Mutter Lucky. Doch in dieser Zwischenwelt sind auch andere unterwegs und haben ihre ganz eigene Agenda, in der Maali eine Rolle spielt.
    „Die sieben Monde des Maali Almeida“ ist der zweite Roman des (Drehbuch-)Autors und Songwriters Shehan Karuna Tilaka, für den er 2022 mit dem Booker Prize ausgezeichnet wurde. Die deutsche Übersetzung ist von Hannes Meyer. Erzählt wird Maalis ungewöhnliche Geschichte aus seiner Perspektive in der Du-Form und im Präsens über insgesamt sieben Monde (=Tage und Nächte) hinweg. Der Autor lässt seinen Protagonisten zwischen verschiedenen Orten springen, was er als Geist nun kann, ihn aber auch immer wieder in die Vergangenheit zurückblicken und sein Handeln reflektieren.
    Auf den ersten Blick ist dieser Roman eine Kriminalgeschichte. Maali wurde getötet und sucht seinen Mörder, ganz einfach, oder? Doch je länger wir ihn begleiten, seine komplexe Persönlichkeit und sein Leben kennenlernen, desto deutlicher wird, dass „Die sieben Monde des Maali Almeida“ so viel mehr ist. Wir erleben ein vom Bürgerkrieg gebeuteltes Sri Lanka, in welchem Todesschwadronen, Auftragsmorde und Selbstmordattentate zum Alltag geworden sind. Unser Protagonist ist dabei zwischen die Fronten geraten und versucht verzweifelt, das zu retten, was von ihm geblieben ist: seine Fotos.
    Dieser Roman ist wieder so ein Buch, das mir lange nicht aus dem Kopf gehen wird. Maali Almeida ist sicher alles andere als perfekt, manchmal ist er nicht einmal sympathisch. Aber in ihm sehen wir einen Mann, der seine sexuelle Identität verbergen und irgendwie überleben muss – auch wenn dazu manchmal Dinge notwendig sind, die ihn nicht gerade stolz machen. Dennoch tut er, was er tun muss und leistet seinen ganz persönlichen Beitrag in diesem furchtbaren Krieg.
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  • Rezension zu Die sieben Monde des Maali Almeida

    Inhalt:
    Colombo, Sri Lanka, Anfang der Neunzigerjahre. Maali Almeida, ein verkappt schwuler Kriegsfotograf und Zocker, erwacht eines Morgens im Jenseits, das eine himmlische Einwanderungsbehörde zu sein scheint. Während sein toter Körper gerade im Beira Lake versinkt, hat Maali keinen blassen Schimmer, von wem und warum er umgebracht wurde. Mitten im Bürgerkrieg ist die Liste der Verdächtigen leider bedrückend lang, wovon all die Geister und Dämonen, die ihn ab jetzt begleiten, ebenfalls ein furchterregendes Lied singen können. Doch auch im Leben nach dem Tod ist Zeit ein knappes Gut: Sieben Tage bleiben Maali, um herauszufinden, was geschehen ist. Und noch etwas treibt ihn um: Wie kann er mit den beiden ihm am nächsten Menschen Kontakt aufnehmen, um ihnen mitzuteilen, wo die Negative einiger hochbrisanter Fotos versteckt sind, die Sri Lanka in Aufruhr versetzen und der Welt zeigen sollen, was in seiner Heimat geschieht?
    (Quelle: amazon)
    Autor:
    Shehan Karunatilaka wurde 1975 in Galle im Süden Sri Lankas geboren. Aufgewachsen in Colombo, wo er heute wieder lebt, studierte er in Neuseeland und lebte und arbeitete in London, Amsterdam und Singapur. 2010 erschien sein Debütroman Chinaman, für den er u.a. mit dem Commonwealth Prize ausgezeichnet wurde. Außerdem schreibt er Rocksongs, Drehbücher und Reiseliteratur und veröffentlichte in verschiedenen internationalen Medien wie The Guardian, Newsweek, Rolling Stone, GQ und National Geographic. Er zählt zu den wichtigsten literarischen Stimmen Sri Lankas. Die sieben Monde des Maali Almeida ist sein lang erwarteter zweiter Roman, der 2022 mit dem Booker Prize ausgezeichnet wurde.
    Übersetzer:
    Hannes Meyer, geboren 1982, übertrug u. a. Bücher von Tommy Orange, Phil Klay, Chanel Miller und Hernan Diaz ins Deutsche. Für seine Übersetzung von Anuk Arudpragagasams Die Geschichte einer kurzen Ehe war er für den Internationalen Literaturpreis nominiert.
    (Quelle: amazon)
    Bemerkungen:
    Sri Lanka in den 90-er Jahren, es herrscht Bürgerkrieg, Menschen verschwinden, werden umgebracht aufgrund ihrer politischen Meinung.
    Maali Almeida ist Kriegsfotograf, fotografiert alles, was ihn interessant erscheint, ist Glücksspieler, Atheist und homosexuell.
    Anfangs kann er nicht glauben, dass er tot ist, glaubt an Pillen, die ihm Halluzinationen verschaffen. Aber nach und nach wird ihm klar, dass er wirklich tot ist und in einer Art "Zwischenwelt" gelandet ist .
    In dieser Zwischenwelt gibt es Geister, Dämonen und auch Helfer, die ihm sagen, dass er sieben Monde Zeit hat - Zeit, um herauszufinden, was ihm widerfahren ist und um seinen Nachlass zu regeln. Sein Nachlass besteht aus einer Schachtel mit Photos, die die Gräueltaten an Journalisten und Aktivisten belegen und an denen natürlich auch die Konfliktparteien ein Interesse haben.
    Almeida muss Kontakt mit seiner Freundin Jaki aufzunehmen, damit diese die Photos in Colombo verbreiten kann und die Gewalttätigkeit des Konfliktes zwischen den Gruppen offenzulegen.
    Es ist nicht einfach, von der Handlung zu erzählen -zu komplex, zu übervoll an Informationen ist der Roman.
    Karunatilaka hat eine ungewöhnliche Erzählperspektive gewählt, nämlich die Perspektive der zweiten Person Singular. So erhält die Geschichte eine leicht distanzierte Wirkung.
    Der Leser erfährt viel von den politischen Zuständen Sri Lankas, seiner Bürokratie (die es sogar im Zwischenreich gibt), seinem Glauben und den Mythen.
    Ein originelles Buch, mysteriös, fantasievoll, spannend zu lesen, mit einem versöhnlichen Ende.
    Karunatilaka hat mit diesem Roman den Booker Prize 2022 gewonnen.
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Ausgaben von Die sieben Monde des Maali Almeida

Hardcover

Seitenzahl: 544

Taschenbuch

Seitenzahl: 432

Die sieben Monde des Maali Almeida in anderen Sprachen

  • Deutsch: Die sieben Monde des Maali Almeida (Details)
  • Englisch: The Seven Moons of Maali Almeida (Details)

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