Klappentext:
Flammen über Europa. Deutsche Luftschiffe bombardieren das tief in den Fels gegrabene Machtzentrum der Schweizer Sowjetrepublik. Ostafrika genießt die Segnungen der Schweizer Zivilisation, doch die Evolution der Menschheit kehrt sich um.
Es ist das Jahr 1917. Die Russische Revolution findet nicht statt. Stattdessen erlebt die Schweiz einen kommunistischen Umsturz. Krachts Roman ist die literarische Erfindung eines alternativen Verlaufs der
Weltgeschichte seit dem Ersten Weltkrieg. Im Mittelpunkt steht ein Schweizer Politkommissar, der einen Mord aufklären soll und zur großen Schweizer Bergfestung reist. Politthriller, Science-Fiction und historischer Roman – Christian Kracht führt in eine betörende Welt, an deren Ende nur die Kraft der Liebe steht.
Autor:
Christian Kracht, Schweizer, 1966 geboren, zählt zu den modernen zeitgenössischen Schriftstellern. Nach ›Faserland‹ (1995) schrieb er den Asien-Klassiker ›Der gelbe Bleistift‹ (2000). Außerdem veröffentlichte er ›Ferien für immer‹ (1998; zusammen mit Eckhard Nickel), die Anthologie ›Mesopotamia‹(1999) und arbeitete an dem Performance-Projekt ›Tristesse Royal‹ (1999) mit. 2001 erschien sein Roman ›1979‹. Von 2004 bis 2006 gab Kracht zusammen mit Eckhart Nickel die Literaturzeitschrift ›Der Freund‹ in Kathmandu heraus. Seine Bücher sind in 18 Sprachen übersetzt. Zuletzt veröffentlichte er ›Gebrauchsanweisung für Kathmandu und Nepal<. Er lebt in Buenos Aires.
Eigene Meinung:
Lenin macht aus der Schweiz eine Sowjetrepublik? Interessante Idee, dachte ich. Doch leider gefiel mir die Erzählung überhaupt nicht. Der Leser wird allein gelassen und erfährt nur so nebenbei, dass die Schweiz kommunistisch ist und mit Deutschland seit 96 Jahren im Krieg liegt, dass ein paar asiatische Länder ebenfalls in den Krieg verwicklet sind, dass Ostafrika von der Schweiz kolonialisiert wurde und dass die afrikanischen Männer seither in Europas Krieg mitkämpfen.
Einer dieser Afrikaner, ein Kommissionär, soll nach der Eroberung von Neu-Bern einen ehemaligen Oberst festnehmen, hat eine Liebesaffäre mit dessen Frau, verfolgt den flüchtigen Oberst durch die halbe Schweiz bis in das Reduit (ein unterirdische Militäranlage im Bauch der Berge) und findet dort Dinge heraus, die sein gesamtes Weltbild zusammenstürzen lassen.
Der Schreibstil war gewöhnungsbedürftig, die Handlung wird in kleinen Abschnitten und vielen Rückblenden erzählt. Dennoch bleiben ausführliche Erklärungen aus. Man bekommt immer wieder kleine Häppchen vorgeworfen und erfährt so, dass Lenin 1917 nicht nach Russland fuhr, sondern in der Schweiz eine Sowjetrepublik gründete. Auf eine Erkärung, wie das System funktioniert, wartet man jedoch vergeblich, so als ginge der Autor davon aus, dass seine Leser noch genau Kentnisse über die Verhältnisse in der ehemaligen UDSSR haben. Auch die Ausbildung der afrikanischen Rekruten wird nur in Ausschnitten erzählt.
Über seine Erlebnisse auf der Jagd nach dem flüchtigen Offizier berichtet der Ich-Erzähler distanziert. Selbst als er in Lebensgefahr gerät, konzentriert er sich nur auf die körperlichen Reaktionen und sein Umfeld, geht aber nicht auf seine Gefühle ein. Das macht es schwer, seine Handlungsweisen nachzuvollziehen. Vermutlich machte mir diese nüchterne Distanziertheit neben dem Erzählstil die meisten Probleme, einen Zugang zum Buch zu finden. So blieb mir vieles unerklärlich.
Warum wird den Menschen beispielsweise Lesen und Schreiben nicht mehr beigebracht? Was sind das für Tuschezeichen, mit denen sie sich stattdessen verständigen?
Fazit:
Hätte von der Grundidee her sehr viel Potential gehabt, scheiterte aber an der Ausführung.