Eine gewisse "Angst" vor der Wahrhaftigkeit unserer Sinneseindrücke und dem vermeintlichen Verhältnis zur Realität ist aber sicherlich schon älter als das virtuelle Zeitalter. Seit langem stellten Menschen sich immer wieder die Frage, was wohl die "Wahrheit, Realität" hinter den Erscheinungen ist. Mein Philosophieunterricht ist nun schon was her , doch im Bereich der Erkenntnisphilosophie geht es speziell um diese oder verwandte Fragen.
Heute aber wächst eben das Wissen darum, wie sehr (das Thema taucht im Buch explizit auf) wir konditioniert sind von nicht von uns gewählten Einflüssen. Tja, wie groß ist dann also unser Spielraum? Ist eine unabhängig von gegebenen Wirklichkeiten ausgeübte Freiheit überhaupt denkbar? Wäre die Vorgegebenheit gewisser Umstände in unserem Leben schon ein Grund, nicht mehr an seine doch real erlebte Freiheit zu glauben?
Ich finde es heilsam, wenn wir einerseits vom hohen Ross unseres Allmächtigkeitswahn herunterkommen ("wir bestimmen ja eh alles, ich bin der Bestimmer allen Tuns...") und zur selben Zeit nicht ein Grundvertrauen in die Wirklichkeit und meine, wenn auch beschränkte, Freiheit verliere.
Stimmt, schon bei den griechischen Philosophen ging es um die "Idee", die hinter den Dingen steht. Aber ich stimme Hermia zu, daß in dem Buch nochmal sehr realistisch dargestellt wird, wie wenig man Sinneseindrücken vertrauen kann und wie fremdgesteuert eigentlich unser Leben sein könnte. Die Möglichkeit, daß es verschiedene Welten mit unterschiedlichen Wahrheiten gib, wird sehr real durch diese virtuelle Welt. Und ich denke, das finden wir wohl alle ziemlich erschreckend - wir wollen doch alle unseren Sinnen verrauen können und unser Leben selbst in der Hand haben.
Wieso eigentlich erschreckend? Ich weiß nicht, wie weit ihr mit dem Buch seid, ich bin durch. Und den Schluss finde ich sehr gelungen.
Die virtuelle Welt von Dirk und Eva wird sogar als die "ideale" Welt dargestellt. Wobei nun nicht mehr Dr. Grothe, der es ja nun nicht so gut mit den beiden meinte, sonder Werner Löb die Fäden in der Hand hält, sozusagen als Schutzengel der beiden von außen agiert. Am Schluss wird nochmal deutlich, daß Dirk seine Welt hauptsächlich durch seine "Sicht der Dinge" verändert. Dadurch, daß er positiv, optimistisch, liebevoll seine Umgebung sieht, wird sie dem entsprechend. Er schafft sich seine eigene Wirklichkeit. Und das ist doch ein sehr tröstlicher Gedanke. Wir schaffen uns alle unsere Wahrheit, unsere Wirklichkeit selbst. Oder nicht?