Xiaolu Guo - Ein Ufo, dachte sie

  • Kurzbeschreibung.
    Einer jungen Bäuerin aus der hintersten Ecke Chinas widerfährt eines Morgens im Jahre 2012 etwas Unglaubliches: sie entdeckt in einem Reisfeld ein UFO und einen verletzten Fremden. Nachdem sie sich von ihrem Schrecken erholt hat, leistet sie ungeachtet aller Gesetze und Regeln Erste Hilfe und nimmt den Alien mit nach Hause. Am nächsten Tag ist er verschwunden. Dafür tauchen Vertreter der Staatsmacht aus Beijing auf, und eine Kontrollmaschinerie kommt in Gang, die das Dorf überrollt. Alles und jeder wird überprüft. Schließlich, auf dem Höhepunkt der Hysterie, trifft ein Scheck über 2000 Dollar ein, geschickt vom geretteten Alien aus Amerika. Das Geld des Klassenfeinds bringt die Verhältnisse in dem beschaulichen Dorf nun endgültig zum Tanzen ...(Quelle: amazon)


    Die Autorin:
    Xiaolu Guo wurde 1973 in einer kleinen Stadt am chinesischen Meer geboren. Mit achtzehn ging sie nach Beijing, studierte dort an der Filmhochschule. und schrieb fünf Romane. Im Jahr 2002 zog sie nach London. Sowohl in China als auch in ihrer britischen Wahlheimat machte sie sich als Filmemacherin und Schriftstellerin einen Namen. Mit "Kleines Wörterbuch für Liebende" gelang ihr 2008 der internationale Durchbruch. Im Knaus Verlag erschien 2005 von Xiaolu Guo bereits der Roman "Stadt der Steine".


    Meine Meinung:
    Die 37-jährige Bäuerin und Analphabetin Kwok Yun meint eines Tages, ein Ufo und einen Alien gesehen zu haben. Sie nimmt den Fremden gegen die bestehenden Regeln des Dorfes mit nach Hause, um die Wunde zu versorgen.
    Der Fremde verschwindet aber spurlos.
    Nun geht die Geschichte erst richtig los:
    Es kommen Staatsbeamte, die den Fall untersuchen. Sie befragen die Dorfbewohner, alle werden kontrolliert. Der Umgangston ist zum Teil recht rüde: es wird geflucht und gespuckt.
    Nachdem das Dorf aus Amerika harte Dollars bekommt aufgrund der Hilfeleistung, entsteht ein absurder Fünf-Jahres-Plan. Zum Beispiel wird ein Schwimmbad gebaut, obwohl kein einziger Dorfbewohner schwimmen kann.
    Die Dorfvorsteherin erhofft sich Touristen und Aufschwung, sie will, dass das rückständige Dorf zu einer modernen Stadt mutiert.
    Der Supermarkt bedroht die Existenzen einiger Dorfbewohner.
    Das beschauliche Dorf verändert sich. Die Situation eskaliert...
    Guo ist eine unterhaltsame Satire auf Fortschrittsglauben und Bürokratie gelungen. Der Roman ist in Protokoll-Form gehalten.


    Ich vergebe :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    So many books so little time.

    (Zappa)

    2 Mal editiert, zuletzt von Conor ()

  • Liebe Conor, vielen Dank für deine Rezension!


    Ich habe das Buch auch schon auf meiner Wunschliste stehen, bin mir aber nicht sicher, ob es mir gefallen würde. Satiren sagen mir eigentlich nicht so zu, allerdings würde mich der "Protokoll-Stil" interessieren.


    :flower:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Mir ging es gerade anders herum. Die Satire würde mir gefallen,dachte ich, aber dem Protokoll-Stil sah ich mit Skepsis entgegen.


    Jetzt nach dem Lesen muß ich sagen, der Protokoll-Stil machte die Satire erst perfekt. Er unterstrich das Absurdum.


    Eine kleine Dorfgemeinschaft, die in Vergessenheit geraten war, oft bitter hungerte und auch jetzt nicht üppig lebte. Wie reich und glücklich alle waren, wußten sie erst als der Fortschritt Einzug hielt, der kein Pardon für den Einzelnen übrig hatte.


    Die Geschichte ist urkomisch, aber mit ihren bitteren Wahrheiten auch tieftraurig. Ein Lesevergnügen der besonderen Art!



    Liebe Grüsse


    Wirbelwind



    :study: Kim Echlin, Der verschollene Liebhaber

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Das freut mich, dass dir das Buch ebenfalls gefallen hat, Wirbelwind. :)


    Zitat

    Zitat Wirbelwind:
    Jetzt nach dem Lesen muß ich sagen, der Protokoll-Stil machte die Satire erst perfekt. Er unterstrich das Absurdum.


    Das sehe ich ganz genauso.


    :winken:

  • Hach, jetzt habt ihr mich aber doch wieder neugierig gemacht. :wink: :friends: Vielleicht erwische ich das Buch in meiner Bibliothek.


    :flower:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Man kann also auch noch drüber lachen, oder mit der Handlung zurecht kommen, wenn man wenig bis durchschnittlich viel Ahnung von Chinesischen Gesellschaftsverhältnissen hat, ja?
    Ich hatte mal eine Asienautorenphase bis zu einem scheußlich langweiligen Krimi dessen Sinn ich nie so richtig verstanden hab...

  • Man kann also auch noch drüber lachen, oder mit der Handlung zurecht kommen, wenn man wenig bis durchschnittlich viel Ahnung von Chinesischen Gesellschaftsverhältnissen hat, ja?

    Nachdem ich das Buch nun gelesen habe, kann ich dich beruhigen und mit einem JA antworten. :)


    Ich habe mir das Buch nach euren begeisterten Rezensionen gekauft und wurde nicht enttäuscht - der Protokollstil passt wirklich ideal zum Inhalt der Geschichte. Es sind ja nicht nur die reinen Protokolle der Vernehmung der Dorfbewohner aneinandergereiht, sondern man liest in chronologischer Reihenfolge auch Memos der eingesetzten Beamten, Notizen der Dorfvorsteherin und was sonst in so einem Fall geschrieben werden würde. Schön fand ich die gegenseitigen Sticheleien der Beamten untereinander, und erschreckend fand ich die geschwärzten Stellen, da man so wieder an die herrschende Zensur erinnert wurde.
    Ein großes Manko hatte das Buch für mich allerdings - es ist eher ein Büchlein und dies auch nur dank relativ großer Schrift. Hier hatte ich mir mehr erhofft.


    Eine Frage, was schimpfen die alten Dorfbewohner in der deutschen Ausgabe vor sich hin, wenn sie zu den veränderten Verhältnissen gefragt werden? Im Englischen ist es: "...Bitch Bastard..."


    LG schnakchen