Vicki Baum - Menschen im Hotel

  • Kurzmeinung

    mondy
    Gibt einen guten Einblick in die damalige Zeit. Außerdem interessante Charaktere.
  • Kurzmeinung

    Ambermoon
    Dichte Atmosphäre der 20er Jahre mit Geschichten des Lebens – melancholisch, schön und tragisch zugleich.
  • Vicki Baum – Menschen im Hotel


    Taschenbuch, 320 Seiten


    ISBN-13: 978-3462037982



    Hier ein Link Link zum Deutschen historischen Museum zur Biografie von Vicki Baum.



    Von der Verlagsseite Kiepenheuer & Witsch über das Buch:


    Menschen im Hotel, erschienen im Jahr 1929, machte Vicki Baum weltberühmt. Der mit leichter Hand, Poesie und subtilem Witz erzählte Roman führt eine Handvoll Menschen im Grand Hotel zusammen, zeigt sie in ihren Krisen, Träumen und Enttäuschungen und liefert ein atmosphärisch dichtes Bild vom Berlin der 20er-Jahre.


    Am Broadway dramatisiert, in Hollywood mit Greta Garbo, später noch einmal mit Heinz Rühmann verfilmt, begründete der Roman Vicki Baums Weltruf und ebnete ihr den Weg in die USA.



    Meine Meinung:


    Hotels haben schon als Kind eine gewisse Faszination auf mich ausgeübt – steigen doch die Reichen und Berühmten in ihnen ab, wenn sie um die Welt jetten. In meiner Vorstellung von damals haben die Angestellten eines Hotels alles Menschenmögliche getan, um ihren Gästen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten und waren gleichzeitig so eine Art Geheimnisträger und hatten intime Detailkenntnisse über ihre Gäste, die sie selbstverständlich mit äußerster Diskretion und absoluter Verschwiegenheit behandelten. Das amerikanische Fernsehen hat damals in meiner Jugend einen Großteil zu diesem Bild beigetragen. :wink: Die Angestellten des Hotels in diesem Roman erfüllen diese Erwartung von damals eher weniger – es sind Menschen wie Du und ich.


    Auch wenn ich heute weiß, dass meine Vorstellung von damals nicht der Realität entspricht, üben Hotel-Geschichten nach wie vor einen gewissen Reiz auf mich aus, so dass die Lektüre dieses Buches längst überfällig war. Vicki Baum verwendet nicht viele Worte, um die Personen und Orte ihres Romans zu beschreiben, doch die Worte, welche sie verwendet passen und lassen so ein lebendiges Bild entstehen! Hinter jedem Gast steckt ein Schicksal, welches wir im Verlauf der Geschichte kennenlernen und auch erleben, wie sich diese Schicksale zum Teil verflechten. Alltägliche Schicksale auf einfühlsame Art erzählt, die den Leser mitnehmen in diese Welt.


    Während des Lesens habe ich sowohl Sympathien als auch Antipathien zu den einzelnen Protagonisten empfinden können, was für mich einen guten Schriftsteller ausmacht und mir die Lust am Buch und am Weiterlesen erhalten hat.


    Von mir gibt es eine Leseempfehlung und 4,5 von 5 möglichen Sternen.

    Isenhart musste grinsen, ihre Blicke begegneten sich. "Du hast nur tausend Mal", wisperte er.
    Konrads müdes Schmunzeln wuchs sich zu einem breiten Grinsen aus. "Ich verrat dir was", flüsterte er zurück, "das ist Mumpitz."


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  • Danke für die Rezi - ich habe vor rund 10 Jahren mal "Hotel Shanghai" von der Autorin gelesen und es als sehr beeindruckend in Erinnerung. Dieses Buch werde ich mir dann wohl auch auf die WuLi packen :wink:

    :study: Rebecca Yarros - Iron Flame

    :study: Jennifer Teege - Amon. Mein Großvater hätte mich erschossen

    :musik: C. J. Sansom - Feindesland



    Gelesene Bücher 2023: 15

    Gelesene Bücher 2024: 3

  • Vor Jahren habe ich das Buch abgebrochen. Keine Ahnung mehr, warum. Ich meine mal irgendwo gelesen zu haben, dass dieser Roman der erste sein soll, in dem sich die Geschichte an einem Platz abspielt.

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf


    2022 - 64

    2023 - 84 von 80 - geschafft :)

  • Menschen im Hotel, erschienen im Jahr 1929, machte Vicki Baum weltberühmt. Der mit leichter Hand, Poesie und subtilem Witz erzählte Roman führt eine Handvoll Menschen im Grand Hotel zusammen, zeigt sie in ihren Krisen, Träumen und Enttäuschungen und liefert ein atmosphärisch dichtes Bild vom Berlin der 20er-Jahre… (Klappentext)


    ❃❃❃❃❃


    „Hier traf die Jazzmusik des Tea-Rooms mit dem Geigenschmachten des Wintergartens zusammen, dazwischen rieselte dünn der illuminierte Springbrunnen in ein unechtes venezianisches Becken, dazwischen klirren Gläser auf Tischchen, knisterten Korbstühle, und als dünnstes Geräusch schmolz das zarte Sausen, mit dem Frauen in Pelzen und Seidenkleidern sich bewegen, in den Zusammenklang. Bei der Drehtüre schraubte sich Märzkühle in kleinen Stößen herein, sooft der Page Gäste ein- und ausließ.“

    (S. 6)


    Stellt Euch vor Ihr befindet Euch im Berlin der 20er Jahre. Ihr betretet ehrfurchtsvoll das Grand Hotel, schreitet durch das Foyer und bestaunt die pompöse Ausstattung, die Pagen, die geschäftig herumlaufen und die illustren Gäste.

    Alle möglichen Weltsprachen schwirren Euch um die Ohren und der Duft von alter Möbelpolitur und Zigarren steigt Euch in die Nase. Ihr setzt Euch in einen der tiefen Ledersessel im Foyer und beginnt so manche Gäste zu beobachten.

    Euch schräg gegenüber sitzt ein etwas schrulliger Herr, dessen eine Gesichtshälfte entstellt ist und der mürrisch und abwesend vor sich hin murmelt. Kriegsveteran vermutet Ihr.

    Dann huscht ein älterer Herr mit abgetragener Kleidung direkt vom Eingang zur Rezeption und versucht in hitzigem Ton unbedingt ein Zimmer im Hotel zu ergattern. Ihr überlegt, ob sich dieser Herr hier überhaupt ein Zimmer leisten kann, denn er passt so gar nicht zu den übrigen Gästen.

    Euer Blick schweift weiter durch das Foyer und plötzlich schreitet eine elegante Dame an Euch vorbei, begleitet von einem Schwarm persönlicher Assistenten. Ihr nehmt an, dass dies wohl einer dieser Filmdiven sein muss, so wie sie umschwärmt wird und folgt ihr mit bewunderndem Blick.

    Dabei entdeckt Ihr einen jungen und äußerst gut aussehenden und elegant gekleideten Mann. Selbstsicher und mit einem spitzbübischem Lächeln um die Lippen stolziert er ebenfalls der Drehtür zu. Der bewohnt sicher einer der teuersten Suiten, mutmaßt Ihr.

    Dann hetzt ein älterer wohlgenährter Herr herein. Koffer und Aktenkoffer in den Händen, teurer Anzug und Hut, der etwas schief auf dem Kopf des schwitzenden und rotgesichtigen Mannes sitzt. Das kann nur ein Geschäftsmann sein, denkt Ihr.

    Und dann…


    „Dann schließen sich die Türen im Hotel, Doppeltüren fallen hinter jedem Menschen ins Schloß und lassen ihn allein mit sich und seinen Geheimnissen.“

    (S. 56)


    Vicki Baum lässt uns LeserInnen jedoch nicht mutmaßend im eleganten Foyer sitzen, sondern lässt uns hinter die Türen und die Geheimnisse dieser Gäste blicken.

    So erfahren wir, dass der mürrische und in Selbstgespräche vertiefte Herr ein gewisser Doktor Otternschlag ist und im Hotel ein kleines Zimmer bewohnt. Er ist des Lebens überdrüssig und findet alles schrecklich und furchtbar langweilig, kann sich jedoch nicht aufraffen auch nur aus dem Hotel zu gehen, um etwas zu erleben.

    Der Herr mit der abgetragenen Kleidung ist Herr Kringelein. Dieser hat vor Kurzem eine schlimme Diagnose erhalten – er hat nicht mehr lange zu leben. Er beschließt sein ganzes Geld zusammenzukratzen, die Familie zu verlassen und endlich nicht immer nur zu schuften, sondern so viel wie möglich zu erleben … er will endlich LEBEN und nicht immer nur an die anderen denken. Er will all das, was sein Firmenchef Herr Preysing auch hat und dieser residiert immerhin auch regelmässig in diesem Grand Hotel.


    „Er kenne wenig vom Leben, aber nun möchte er es kennenlernen, er möchte das wirklich große Leben kennenlernen, eigens dazu sei er hier.

    >>Aber<<, so sagte Kringelein, >>wo ist das wirkliche Leben? Ich habe es noch nicht erwischt. Ich war im Kasino, ich sitze hier mitten im teuersten Hotel, aber es ist immer noch nicht richtig. Ich habe immer den Verdacht, das richtige, das wirkliche, das eigentliche Leben spielt sich ganz woanders ab, das sieht ganz anders aus.<<“ (S. 50)


    Herr Preysing residiert tatsächlich ebenfalls hier. Er ist dieser abgehetzte Geschäftsmann. Doch bei ihm verläuft nicht alles so glänzend und pompös, wie Herr Kringelein denkt. Seine Firma ist dabei zu Grunde zu gehen und es hängt alles von dieser Geschäftsreise ab.

    Die elegante Diva ist die russische Primaballerina Grusinskaja. Auf den ersten Blick wirkt die Dame arrogant und herrisch, spricht sie doch hauptsächlich im Kommandoton. Doch ihr wird zunehmend klar, dass sie mit ihrem Alter langsam aber sicher ausgetanzt hat und was bleibt ihr dann noch? Gleichzeitig ist sie ausgelaugt und müde … so müde.

    Last, but not least, der junge gut aussehende Herr. Das ist Baron Gaigern, welcher jedoch nicht wirklich ein Baron ist, sondern ein Hochstapler und Dieb, der mit seinem Charme jeden um den Finger wickeln kann. Er hat es auf die wertvollen Perlen der Primaballerina abgesehen und ist fest entschlossen sich diese anzueignen.


    „Was im großen Hotel erlebt wird, das sind keine runden, vollen, abgeschlossenen Schicksale. Es sind nur Bruchstücke, Fetzen, Teile; hinter den Türen wohnen Menschen, gleichgültige oder merkwürdige, Menschen im Aufstieg, Menschen im Niedergang; Glückseligkeiten und Katastrophen wohnen Wand an Wand.

    Die Drehtür dreht sich, und was zwischen Ankunft und Abreise erlebt wird, das ist nichts Ganzes.“

    (S. 309)


    Diese Gäste stehen alle an einem Wendepunkt ihres Lebens, treffen im Verlauf aufeinander, die Dominosteine fallen und am Ende ist nichts mehr so wie es vor dem Aufenthalt war.

    Die Autorin entwarf hier ein atmosphärisches Sittengemälde der 20er Jahre und der oberen Gesellschaft.


    Die Figuren stehen hierbei natürlich im Vordergrund und diese sind äußerst vielschichtig gezeichnet, während einem das Setting des Grand Hotels umgibt.

    Mit einem flüssigen Schreib- und ruhigen Erzählstil, welcher direkt und poetisch zugleich ist, wird man in den Bann gezogen und blickt hinter so manche Türen des Grand Hotels. Man ist heimlicher Beobachter und erlebt die Gäste in ihren persönlichsten und intimsten Momenten – Momente, welche sie vor der Öffentlichkeit geheim halten und nur für sie bestimmt sind und somit wirft man einen Blick hinter all den Schein, welchen diese Figuren unbedingt aufrecht erhalten wollen.

    Dabei wird einem klar, dass man Personen niemals nach dem äußeren Schein beurteilen sollte und jeder seine Kämpfe auszutragen hat.


    „Zehn Minuten nach neun fegt das unausgeschlafene Stubenmädchen in Numero 68 flüchtig den Staub fort, es wirft die welken Blumenarrangements weg, trägt die Teetasse hinaus, und zuletzt bringt es neue Bettwäsche – noch feucht vom Bügeln – für den nächsten Gast…“ (S. 163)


    Fazit:

    Mit diesem Buch tauchte ich in eine atmosphärische und auch tragische Geschichte ein, bzw. in tragische GeschichtEN.

    Das Flair der 20er Jahre und des imposanten Grand Hotels umgaben mich und die Figuren zogen mich in ihren Bann. Wer auf ein Happy End hofft wird wohl nach dem Beenden des Buches enttäuscht sein, doch meiner Meinung nach war dieses Ende perfekt und authentisch, denn die Geschichte erzählt die Geschichte des Lebens.

    Und am Ende sitzt man eventuell mit dem Buch in der Hand da und denkt über das Leben nach.

    Das wird für mich mit Sicherheit nicht das letzte Buch von Vicki Baum sein. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    © Pink Anemone (mit Bildern aus dem Buch, Autoren-Info, Link zu meinem Retro-Christmas-Special und Info zu den Verfilmungen)

  • Entstehungsgeschichte
    Menschen im Hotel erschien zunächst mit dem ironischen Untertitel „Ein Kolportageroman“ 1929 bei Ullstein in Berlin und wurde bereits 1932 verfilmt. Ein Kolportageroman war ein Heftroman in Fortsetzungen, der teils aus einem Bauchladen heraus verkauft wurde. Im 18. Und 19. Jahrhundert nahmen diese Romane für viele Menschen als einziger Lesestoff die Rolle der heutigen Boulevardpresse ein.


    Inhalt
    Das Berliner „Grand Hôtel“ wird in den 20er Jahren zum Fluchtpunkt einer alternden Balettdiva, eines drogenabhängigen Veteranen des Ersten Weltkriegs, eines todkranken Buchhalters und eines verarmten Barons, der sich als Hoteldieb durchschlägt. Dass ein unscheinbarer Hilfsbuchhalter aus seiner Firma ihm in einem Berliner Grandhotel begegnet, scheint für den anreisenden Generaldirektor Preysing Symbol seines beginnenden Abstiegs zu sein. Die Figuren sind mit Bankrott, unheilbarer Krankheit, Kriegstrauma und dem Altern konfrontiert. Die Hotelhalle und die große Drehtür bieten Baums Figuren die Bühne, das gespielte Stück sind hoch symbolisch die „Goldenen 20er“ und ihr letztes Aufbäumen vor dem Eintritt der Wirtschaftskrise. Das zahlreiche Personal des Hotels tritt zwar auf, bietet den bürgerlichen Hotelgästen und denen, die es evtl. gern wären, jedoch hauptsächlich Projektionsfläche. Die faszinierendste Figur war für mich „Flämmchen“, die Preysing als Sekretärin ins Hotel vermittelt wird und deren einzig denkbare Form der Emanzipation von ihrer Familie zu sein scheint, dass sie sich von einem wohl nur scheinbar wohlhabenden Mann unterhalten lässt.


    Fazit

    Als Urform des Hotel-Romans zeitlos.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • "Leute, die alles bedenken, ehe sie einen Schritt tun, werden ihr Leben auf einem Bein verbringen." (Anthony de Mello)

    1920er Jahre Berlin. Das Grand Hotel im Herzen der Stadt öffnet seine Pforten für allerlei illustre Gäste aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, die sich dort einmieten und deren Schicksal an einem Wendepunkt befindet. Die in die Jahre gekommene Balletttänzerin Grusinskaja hängt ihren glanzvollen Zeiten hinterher, während sie sich in ihrem Zimmer vor der Welt versteckt. Unternehmer Preysing steht mit seiner Fabrik kurz vor dem Bankrott und hofft auf einen besonderen Geschäftsabschluss, der ihn zurück auf die Gewinnerstraße bringt. Sein Lohnbuchhalter Kringelein wirft derweil mit Geld nur so um sich, denn eine unheilbare Krankheit zeigt ihm auf, wie kurz das Leben ist. Der charmante Baron von Gaigern ist hochverschuldet und verdingt sich als Trickbetrüger. Und Dr. Otterschlag, vom Krieg auf grausame im Gesicht entstellt, verbringt die Tage in der Lobby, während er auf das Leben schimpft und sich in Selbstmitleid suhlt….


    Vicki Baum hat mit ihrem im Jahr 1929 erschienenen Roman „Menschen im Hotel“ ein sehr interessantes Gesellschaftsportrait der Weimarer Republik vorgelegt, in dem sie auf geschickte, atmosphärische und pointierte Weise die unterschiedlichsten Charaktere mit ihren Wünschen, Träumen, Desillusionen, Schicksalsschlägen und Enttäuschungen proträtiert und dabei auch die Unterschiede zwischen den verschiedenen Gesellschaftsschichten aufzeigt. Mit flüssig-leichtem, teils poetischem Erzählstil bringt Baum den Leser erst ins Grand Hotel, wo er in luxuriösem Ambiente und während das übliche geschäftige Treiben in einer Hotellobby seinen Gang geht, auf die Akteure trifft, deren Leben ihm nach und nach dargeboten wird. Dabei erlaubt Baum dem Leser auch einen Blick durchs Schlüsselloch und hinter die Fassade, um die Protagonisten besser kennenzulernen und auch von ihren Schicksalsschlägen, Gedanken- und Gefühlsleben einen Eindruck zu erhalten. Die Autorin versteht es dabei perfekt, nicht nur das Hotelpersonal unauffällig mit in ihre Geschichte einzubinden, sondern vor allem auf das Zusammentreffen ihrer Hauptakteure hinzuarbeiten, das am Ende dazu führt, dass in deren Leben kein Stein mehr auf dem anderen bleibt, Entscheidungen gefällt werden, deren Tragweite sich erst final erkennen lässt. Obwohl sehr unterhaltend und pointiert erzählt, erweckt die Handlung den Anschein, als wäre sie mitten aus dem Leben gegriffen und könnten auch im 21. Jahrhundert auf der Tagesordnung stehen. Die Einzelschicksale, die nach und nach miteinander verwebt werden und voneinander abhängig sind, fast eine Schicksalsgemeinschaft werden, spiegeln auf interessante Art die Sehnsüchte oder verpassten Gelegenheiten wieder.


    Die Charaktere sind sehr detailliert und lebendig ausgestaltet, sie stehen stellvertretend für die unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten. Mit ihren glaubhaften menschlichen Eigenschaften können sie den Leser schnell überzeugen, der ihnen bei ihrem Treiben über die Schulter sieht und ihre Schicksale verfolgt. Buchhalter Kringelein, vorher ein Erbsenzähler, wird durch einen persönlichen Schicksalsschlag auf einmal großzügig und bringt sein Geld unter die Leute. Ihm ist alles egal geworden, er lebt nur noch für den Moment. Die alternde Balletttänzerin Grusinskaja kann sich bisher nicht damit abfinden, auf einmal nicht mehr gefragt zu sein. Ihr ganzes Leben war ein Tanz, bei dem ihr die Welt zusah, nun spürt sie die Einsamkeit und leidet unter der Unbedeutsamkeit. Preysing leidet unter Bluthochdruck, der sich durch den schlimmen Stand seines Unternehmens noch verschlimmert hat. Er wäre lieber bei seiner Familie, als sich ums Geschäft zu kümmern. Von Gaigern nutzt seinen Charme und sein Aussehen, um die Frauen zu umgarnen und sie um ihr Geld zu bringen. Dabei ist ihm jedes Mittel recht. Und Dr. Ottenschlag hat seinen Lebensmut verloren, seit er im Krieg verletzt wurde.


    „Menschen im Hotel“ ist zu Recht ein Meisterwerk. Sowohl damals wie heute so zielsicher, treffend, atmosphärisch-dicht, unterhaltsam und vor allem tragisch. Baum hält dem Leser den Spiegel vor: Wer davon bist du? Absolute Leseempfehlung für einen Roman mit Botschaft!


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Menschen im Hotel" von Vicki Baum ist ein Roman ganz nach meinem Geschmack. So wunderbar kurzweilig und leichtfüßig geschrieben, dass es eine Freude ist. Bereits von der ersten Seite an hat mich die Geschichte in ihren Bann gezogen. Durch die Drehtür des Grand Hotels betreten die unterschiedlichsten Leute die Bühne. Und es ist alles so gut beschrieben, dass man das Gefühl hat man sitzt in einem der Clubsessel und beobachtet alles. Den Portier, die Pagen, das Geschehen am Lift., den Kriegsversehrten Dr. Otterschlag der nach seiner Post fragt und all die anderen Menschen, die nun nach und nach vorgestellt werden. Die Grusinskaja, eine in die Jahre gekommene Operndiva, Baron von Gaigern, ein charismatischer Lebemann, Otto Kringelein, ein todkranker Buchhalter, auf der Suche nach dem Leben, Direktor Preysing, ein Fabrikant ohne Verhandlungsgeschick und noch einige andere Personen. Während des Aufenthaltes im Hotel kreuzen sich ihre Lebenswege und keiner bleibt davon unberührt. Jeder hat hier seine Probleme. Man trifft aufeinander und die Begegnungen bleiben nicht ohne Folgen füreinander. Da treffen sich zwei Seelen die einander schon lange gesucht haben, Menschen schöpfen neue Kraft und finden zu sich selbst. Andere verlieren sich und alles was ihnen wichtig ist. Die Geschichte hat einige überraschende Wendungen und ist nie langatmig oder langweilig. Ich liebe die frische Sprache und das Bild der Gesellschaft, das hier von Vicki Baum gezeichnet wird. Man ist hier Beobachter und nimmt Teil an intimen und sehr persönlichen Momenten und merkt bald der äußere Schein trügt oft.

    "Sonderbar ist das mit den Gästen im großen Hotel. Keiner verlässt die Drehtür so, wie er hereinkam "

    Für mich ein wunderbares Leseerlebnis, das noch immer nachwirkt.

    5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung von mir.

  • Berlin 1920er Jahre: Im Grand Hôtel treffen ganz verschiedene Gäste aufeinander: Preysing, ein Generaldirektor, der wegen einer Fusion nach Berlin kommt, Baron von Gaigern, Gentleman und Gangster, Otto Kienlein, sterbenskranker Buchhalter, die Grusinskaja, eine alternde Balletttänzerin und Doktor Otternschlag, kriegsversehrt.


    Vicki Baum wirft in ihrem „Kolportage“Roman einen Blick auf eine Handvoll Gäste eines gehobenen Hotels und begleitet diese über mehrere Tage. Dabei findet im Gegensatz zu Otternschlags Ausspruch gegen Ende des Romans „Immer das Gleiche. Nichts geschieht“ (Pos.4461) eine ganze Menge statt, Liebe, Trauer, Tragik, Lebenslust - es ist alles vorhanden, der Roman wird so auch für die Lesenden zu einem Auf und Ab von Emotionen, wenn auch vielleicht nicht immer die der Protagonist:innen. Ich selbst habe vor allem mit Kienlein mitgefühlt, von Gaigern hat mich amüsiert, und die Grusinskaja eher genervt. Doch alle bieten sie auch ihre Überraschungen.


    Neben den Charakteren wird auch das Berlin jener Zeit lebendig, denn wir verlassen mit manchen Charakteren zusammen das Hotel. Besonders der Baron ist sehr umtriebig. Insgesamt hat die Autorin die Atmosphäre im und außerhalb des Hotels perfekt eingefangen.


    Besonders gut hat mir auch der Erzählstil der Autorin gefallen, er ist sehr anschaulich und atmosphärisch, und hat mich öfter zum Schmunzeln gebracht, ein Beispiel: „Vom Neubau her hopste die Musik aus dem Tea-Room in Synkopen an den Wandspiegeln entlang (Pos.34). Ihre Charaktere hat sie zudem wunderbar charakterisiert, man kann sich jede:n einzelne:n sehr gut vorstellen, das Kopfkino springt mit dem ersten Satz an. Auf gewisse Weise wirkt der Roman zeitlos. Tatsächlich ist dies der erste Roman, den ich von Vicki Baum gelesen habe, aber ich habe große Lust bekommen, mehr von ihr zu lesen.


    Vicki Baums Roman hat mir sehr gefallen und mich gut unterhalten, lebendige Charaktere, viele Emotionen, Humor, Tragik, Liebe, Atmosphäre, es ist alles da und gelungen verknüpft. Unbedingte Leseempfehlung!