Tracy Chevalier - Der Ruf der Bäume / At the Edge of the Orchard

  • Kurzmeinung

    Chattys Buecherblog
    Ein toller Roman, den man mit dem nötigen Respekt vor Mensch und Natur lesen sollte.
  • Kurzmeinung

    PotatoPeelPie
    Hervorragende Charaktere! (Inspiriert von echten historischen Personen.)
  • Verlagstext:



    Auf der Suche nach einer neuen Heimat – die große Familiensaga von Tracy Chevalier



    Amerika, Mitte des 19. Jahrhunderts: Die Goodenoughs träumen von fruchtbarem Ackerland im Westen, bleiben aber mit ihrem Planwagen kläglich im Sumpfland von Ohio stecken. Der verzweifelte Versuch, hier eine Apfelplantage anzulegen, endet tragisch. Fasziniert von Erzählungen über Bäume, die angeblich in den Himmel wachsen, zieht der jüngste Sohn Robert weiter westwärts, bis nach Kalifornien. Doch am Ziel seiner Träume wird er von seiner tragischen Familiengeschichte eingeholt.



    Mein Eindruck:



    Auf recht ruhige Art und ohne Wild-West-Manier erfährt man, wie hart das Leben für die Pioniere in Amerika war. Im Versuch das Land fruchtbar zu machen und ein möglichst lebenswertes Dasein zu führen tut sich die Familie schwer. Krankheit und Tod ist keine Seltenheit in diesen schweren Zeiten. Für Zuneigung und echte Liebe ist kein Platz, weder zwischen den Eltern noch zu den Kindern. Das Ehepaar verbindet eher eine Art Hassliebe, die sich in Gewalt und ausartenden Wortgefechten widerspiegelt. Robert, das jüngste Kind, muss irgendwann die Familie verlassen. Briefe, die er an seine Geschwister schreibt, bleiben unbeantwortet. Das ist schon sehr bedrückend zu lesen. Welche Tragödie sich davor in der Familie abgespielt hat, eröffnet sich einem erst später.



    Die Charaktere sind gezeichnet von dem harten Leben. Besonders die Mutter hat neben der Härte, die ihr wohl dieses Leben auf erzwungen hat, oftmals auch eine übertriebene Bosheit an sich. Scharfe Wortwechsel, Gemeinheiten, Schläge und Züchtigungen prägen das Familienbild.



    Die Bäume prägen die Geschichte. Apfelbäume und wie man sie veredelt, verstehe ich jetzt in der Theorie und den Duft und Geschmack der Äpfel kann man sich auch sehr gut vorstellen. Für mich besonders schön aber, Roberts Geschichte mit seinen Streifzügen durch die Wälder mit den riesigen Redwood- und Mammutbäumen. Dieses gigantischen Riesen, einfach wunderschön und Ehrfurcht einflößend!



    Mein Fazit:



    Eine gelungene Mischung aus bedrückender Familiengeschichte, gepaart mit schönen Naturschauplätzen. Sprachlich gut dargestellte Szenarien, in ruhigen Worten zwar, doch durchaus auch aufwühlend, mit einem guten Maß an Hintergrundinformation.



  • Ich habe dieses Buch (auf Deutsch) aus der Onleihe geliehen und es hat mir im Gegensatz zu anderen Romanen der Autoren nicht so sehr gefallen.
    Der Ansatz ist eigentlich interessant, die Schwierigkeiten, in einem sumpfigen Land eine Apfelplantage anzulegen, werden eindrucksvoll geschildert. Allerdings waren mir die Protagonisten, besonders James und Sadie Goodenough, sehr unsympathisch, die Zustände in der Familie konnte ich - auch vor dem Hintergrund ihres harten Lebens - nicht nachvollziehen.
    Im Teil um Robert wurde mir zu intensiv auf die Bäume eingegangen, in dieser epischen Breite konnte mich das Thema nicht fesseln, sodass ich streckenweise quergelesen habe.
    Vor allem missfiel mir jedoch die unstrukturierte Erzählweise, aus James´ Perspektive wird in der dritten Person erzählt, Sadie tritt als Ich-Erzählerin auf, dann werden Jahre nur noch flüchtig in der Form von Briefen (Robert und Martha) abgehandelt. Das Ende kam mir dann auch so vor, als wolle die Autorin endlich fertigwerden.
    Obwohl ich Tracy Chevalier normalerweise gern lese, hat mich dieser Roman enttäuscht und ich kann keine Leseempfehlung geben.
    :bewertung1von5::bewertung1von5:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Nach knapp 100 Seiten musste ich jetzt mal nachschauen, ob das Buch hier schon vorhanden ist.

    Allerdings waren mir die Protagonisten, besonders James und Sadie Goodenough, sehr unsympathisch, die Zustände in der Familie konnte ich - auch vor dem Hintergrund ihres harten Lebens - nicht nachvollziehen.

    Dem kann ich mich nur anschließen. Sie haben schon ein hartes Leben, aber beide denken nur an sich. Auch, wie sie sich den Kindern gegenüber verhalten, damit kann ich nichts anfangen. Innerhalb der Familienmitglieder kann ich keine Sympathie, geschweige denn Liebe erkennen.



    Im Teil um Robert wurde mir zu intensiv auf die Bäume eingegangen, in dieser epischen Breite konnte mich das Thema nicht fesseln, sodass ich streckenweise quergelesen habe.

    Ich hatte ja gedacht, dass es vielleicht interessanter wird, wenn Robert die Familie verlässt, aber ich bezweifle es. Werde ich mich also meinem nächsten Buch widmen.


    Ich habe auch schon einige Bücher von ihr gelesen. Für mich ist es auch die erste Enttäuschung.

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf


    2022 - 64

    2023 - 84 von 80 - geschafft :)

  • Auch in diesem Fall beschreibe ich das Buch wieder von außen nach innen.


    Dominierend sind hier die Erdtöne, welche eine gewisse Ruhe ausstrahlen. Inmitten dann der Apfel, der eine Frische mit rein bringt und das Cover etwas auflockert.



    Im Innenteil erwartet den Leser eine Karte der Vereinigten Staaten von Amerika aus dem Jahre 1850. Schnell hat man alle bekannten Städte gesucht um dann auf einige Weisheiten zu treffen.



    Der Plot beginnt im Frühjahr 1838 in Black Swamp, Ohio


    Das Gesetz besagt, dass jeder neue Siedler mindestens 50 Obstbäume pflanzen muss. Dieses wäre das Zeichen, dass man sich tatsächlich an diesem Ort niederlassen möchte. So auch bei Sadie und James. James entschließt sich Apfelbäume zu pflanzen und trifft so, auf John, der dreimal im Jahr vorbei kommt, um seine Samen und Setzlinge zu verkaufen.


    Aber innerhalb der Familie kommt es immer wieder zu Streitigkeiten. Sadie möchte die süßen Äpfel ihres Mannes nicht. James wiederum hofft auf eine gute Ernte, die das Überleben sichert. Als Sadie immer mehr dem Alkohol verfällt, sind Schläge an der Tagesordnung. Aber mehr möchte ich nicht verraten.



    Die Autorin schafft durch ihren Schreibstil, im Sinne leiser Worte, eine wunderbare und ruhige Atmosphäre. Schnell hatte mich die Siedlergeschichte in Griff, so dass geradezu in die Story eintauchen konnte.


    Die Protagonisten wurden so einführende charakterisiert, so dass schnell ein Bild vor meinen Augen entstand. Auch das Umfeld, der Sumpf, die Prärie... als dieses konnte ich mir durch die einfühlende Wortwahl gut vorstellen. So ein bisschen hatte es mich auch an eine Serie aus meiner Kindheit erinnert: Meine kleine Farm.



    Aber die Ruhe täuscht, denn gerade die Alkoholsucht wird stark thematisiert. Die daraus entstehende Unzufriedenheit, Missgunst, Eifersucht und Gehässigkeit wird sehr gut beschrieben. Und ab und zu ertappt ich mich dabei, wie ich kopfschüttelnd und fassungslos da saß.



    Interessant fand ich die Beschreibung der Anwendungsgebiete des Apfelsaftes. Ob alles stimmt und belegbar ist, weiß ich zwar nicht, aber zumindest klingt es sehr stimmig. Ich, als Apfelallergiker, kann aber leider die medizinischen Anwendungen nicht ausprobieren.



    Die unterschiedlichen Stationen der Familie zeigt auch, dass der Mensch immer nach neuen Herausforderungen strebt. Herausforderungen, die von der Natur oder Menschenhand geschaffen.



    Fazit:



    Ein toller Roman, den man mit dem nötigen Respekt vor Mensch und Natur lesen sollte.

  • Die Goodenoughs hatten große Träume, als sie nach Ohio gezogen sind, doch in Wahrheit ist es ein hartes Leben, für das sie ihr altes Zuhause aufgegeben haben. Die Sümpfe bringen nicht nur schwer zu bestellendes Land und unglaublich zähen Schlamm mit sich, in dem oft genug die Planwagen der Siedler einfach steckenbleiben, so dass diese sich der Einfachheit halber vor Ort niederlassen, sondern sorgen auch für ein unwirtliches Klima mit ewiger Feuchtigkeit und Insektenscharen. Das jährlich wiederkehrende Sumpffieber wird schon als gegeben hingenommen und hat die Goodenoughs bereits mehrere Kinder gekostet.


    Während Mutter Sadie abgestumpft, gerne jeden ihre scharfe Zunge spüren lässt und sich jedes bisschen Vergnügen nimmt, das sie kriegen kann, träumt Vater James immer noch von einer florierenden Apfelplantage, inbesondere mit seinen Lieblingsäpfeln, den Goldpeppings, die fast wie Ananas schmecken. Sadie hasst die Apfelbäume aus tiefster Seele, sie will lieber heute als morgen weg und verabscheut alles, was die Familie an dieses Stückchen Erde fesselt, das doch nur Mühe und Plackerei beschert.


    Robert, den jüngsten Sohn, zieht es noch weiter nach Westen. Zunächst folgt er dem Goldrausch, findet dann aber in Kalifornien eine ganz andere Faszination: die dort heimischen Mammutbäume haben es ihm angetan, und er freundet sich mit einem Naturforscher an, der Sequoias und Redwoods nach England bringen möchte, wo man ganz verrückt nach exotischen Pflanzen ist.


    Das Leben der Siedler und Abenteurer im Amerika des frühen 19. Jahrhunderts ist weder im sumpfigen Ohio noch im sonnenverbrannten Kalifornien ein einfaches, und wer sich den schnellen Profit verspricht, wird hier wie dort enttäuscht. Es braucht Pioniere wie James Goodenough, die bereit sind, sich zu schinden und die Hoffnung nie aufzugeben - auch wenn James eher zu den Glücklosen zählt.


    Roberts langer, zäher Weg nach Westen wird zunächst nur in Form der Briefe erzählt, die er immer zu Neujahr an seine Familie in Ohio schreibt - ein hübscher Erzählkniff, der eine große Neugier weckt, die zum Glück dann noch mit mehr Details, teils durchaus dramatischer Natur, gestillt wird. Dass Robert sich lieber den Bäumen als dem Gold widmet, klingt vielleicht unspektakulär, ist aber so spannend geschildert, dass ich beim Lesen einiges nachgeschlagen habe. Einige der im Buch erwähnten Baumriesen kann man auch heute noch im Nationalpark betrachten, und es treten auch ein paar historisch belegte Persönlichkeiten im Buch auf wie der Naturbursche "Johnny Appleseed" oder der Forscher William Lobb, mit dem Robert schließlich zusammenarbeitet.


    Ein wirklich lesenswerter Roman, insbesondere für alle, die Bäume mögen.