Violet

Buch von Tracy Chevalier, Anne Rademacher

  • Kurzmeinung

    Biografiefan
    Ein wunderbares leises lautes Buch, das viel zu sagen hat.
  • Kurzmeinung

    Ambermoon
    Einer der stillen und atmosphärischen Romane mit Tiefgang.

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Violet

England, dreißiger Jahre. Die Abende, an denen Violet mit einer Gruppe ungewöhnlicher Frauen wunderschöne Stickereien für die Kathedrale in Winchester anfertigt, sind der Aufbruch in eine neue Welt. Sie zeigen Violet, dass sie mit ihrem Auszug aus dem mütterlichen Zuhause die richtige Entscheidung getroffen hat. Schnell lernt und schätzt sie die Kunst des Stickens und lässt sich vom Küster Arthur in die des Läutens der Kirchturmglocken einweihen. Violet gewinnt durch das starke Band der Freundschaft zwischen den Frauen und die wachsende Nähe zu Arthur an Lebensmut und überwindet die Lebenskrise infolge des Ersten Weltkriegs. Und die Kirchturmglocken könnten wahrhaftig ihr neues Leben in Winchester einläuten… Chevaliers neuer Roman ist episch, warmherzig und lebendig – eine Hommage an die weibliche Kunstfertigkeit und ein Buch darüber, wie Schönheit auch ein bescheidenes Leben erfüllen kann.
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Bewertungen

Violet wurde insgesamt 17 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,1 Sternen.

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Meinungen

  • Ein wunderbares leises lautes Buch, das viel zu sagen hat.

    Biografiefan

  • Einer der stillen und atmosphärischen Romane mit Tiefgang.

    Ambermoon

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Violet

    Violet ist 38 und hat es vor kurzem endlich geschafft, aus ihrem Elternhaus auszuziehen. Nach dem Tod ihres Vaters konnte sie ihre ewig missgestimmte, nörglerische Mutter einfach nicht mehr ertragen, der man es nie recht machen kann, und obwohl sie sich die Miete für ein möbliertes Zimmerchen in Winchester buchstäblich vom Mund absparen muss, ist sie froh über dieses kleine Stückchen Unabhängigkeit. Ansonsten passiert nicht viel in Violets Leben, und die Hoffnung auf einen Partner hat sie schon lange aufgegeben. Seit ihr Freund Laurence im 1. Weltkrieg gefallen ist, der auch so viele andere junge Männer das Leben gekostet hat, gehört sie zur "Generation Frauenüberschuss" und glaubt kaum, dass sich daran noch etwas ändern wird.
    Durch Zufall stößt sie auf einen Verein von Stickerinnen, die für die Kathedrale von Winchester kunstvolle Knie- und Sitzkissen herstellen. Die "Cathedral Broderers" wirken zunächst wie eine verschworene Gemeinschaft, in die man als Außenstehende nur zögerlich aufgenommen wird, doch es dauert gar nicht so lange, bis Violet sich dort mit der nicht auf den Mund gefallenen Gilda anfreundet, und bald sind die Stickereitreffen ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens.
    Über die Broderers lernt Violet auch die "bellringers" der Kathedrale kennen, die Männer, die per Hand auf kunstvolle Weise zu festlichen Anlässen die Glocken läuten, noch so eine oft vor fremden Blicken verschlossene und dabei faszinierende Welt, und es entsteht eine besondere Freundschaft zwischen ihr und dem Glöckner Arthur Knight, der sie in die Grundzüge seines Hobbys einweiht.
    Die Handlung klingt zusammengefasst schrecklich unspektakulär und fast schon hausbacken, aber "A Single Thread" ist keine fade Geschichte über eine alte Jungfer, die in erbaulichen Tätigkeiten im kirchlichen Umfeld ihre Erfüllung findet, ganz im Gegenteil. Tracy Chevalier gelingt in ihrem für mich bisher besten Buch ein behutsam und voller Einfühlungsvermögen gezeichnetes Porträt einer Frauengeneration, die es auf ganzer Linie nicht leicht hatte, weil die Emanzipation noch in den Kinderschuhen steckte, Frauenstimmen selten gehört wurden, nach dem Krieg auch noch die Partnerwahl massiv erschwert war und trotzdem von Frauen nicht mehr erwartet wurde, als brav zu heiraten, Kinder zu kriegen und den Männern nicht die Jobs wegzunehmen.
    Wie Violet ihr Leben immer mehr in die eigenen Hände nimmt, sich von ihrer grässlichen Mutter und der einen oder anderen verspießerten Moralvorstellung abnabelt und mit tatkräftiger Unterstützung durch ihre neu gewonnenen Freunde beiderlei Geschlechts (und manchmal auch durch Auseinandersetzungen mit ihnen) ihren ureigenen Weg findet, hat mich sehr berührt, und dass man als Dreingabe noch viel über die Stickarbeiten in der Kathedrale und über die Kunst des Glockenläutens erfährt, ohne dass die Themen die Handlung erschlagen, fand ich ebenfalls sehr schön.
    Ein Buch der eher leisen Töne, aber ganz und gar nicht ohne erzählerische Kraft.
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  • Rezension zu Violet

    Angeregt durch die gestrige Frage im 365er habe ich nach Informationen zur Leiterin der Stickerinnen-Gruppe, Louisa Pesel, gesucht und dabei Fotos der gestickten Sitzkissen in der Kathedrale von Winchester gefunden: hier.
    Zum Buch: Ein Unterhaltungsschmöker, der mir ein rundherum gelungenes Lesevergnügen beschert hat.
    Aus früheren (John Nettles-)Zeiten, als ich noch die Barnaby-Serie geschaut habe, erinnere ich mich an "Glockenschlag zum Mord", daher kann ich mir die geschilderten Details dieses typisch angelsächsischen Brauchs lebhaft vorstellen, ansonsten wäre es ziemlich verwirrend, sich ein Bild davon zu machen, wer wann welches Seil zu ziehen hat und wie die Tonfolgen festgelegt und beachtet werden.
    Chevalier schafft es gut, gesellschaftliche Probleme anzureißen, die in den dreißiger Jahren moralischer Empörung ausgesetzt waren (Homosexualität, Ehebruch, uneheliche Schwangerschaft, u.a.), ohne ihren Roman damit zu überfrachten.
    Die Figuren sind lebensecht mit Ecken und Kanten dargestellt; sie sind individuell gezeichnet und handeln folgerichtig, daher ist die leichte Überzeichnung der Mutter zu verzeihen.
    Das Rollenbild der Frau und seine Entwicklung im Lauf des letzten Jahrhunderts schwingt als Hintergrundthema immer mit, und Violet ist die Protagonistin der Frauen, die durch ihr Selbstverständnis und ihr alltägliches Leben ruhig und beständig ihren Teil zum Wandel beitrugen.
    Ein schönes Buch.
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  • Rezension zu Violet

    England, dreißiger Jahre. Die Abende, an denen Violet mit einer Gruppe ungewöhnlicher Frauen wunderschöne Stickereien für die Kathedrale in Winchester anfertigt, sind der Aufbruch in eine neue Welt. Sie zeigen Violet, dass sie mit ihrem Auszug aus dem mütterlichen Zuhause die richtige Entscheidung getroffen hat. Schnell lernt und schätzt sie die Kunst des Stickens und lässt sich von Arthur in die des Läutens der Kirchturmglocken einweihen. Violet gewinnt durch das starke Band der Freundschaft zwischen den Frauen und die wachsende Nähe zu Arthur an Lebensmut und überwindet die Lebenskrise infolge des Ersten Weltkriegs. Und die Kirchturmglocken könnten wahrhaftig ihr neues Leben in Winchester einläuten… (Klappentext)
    ღღღღღ
    ">>Wissen Sie, es ist immer dasselbe Problem mit meinen Schreibkräften. Nach einer Weile gehen sie alle - entweder um zu heiraten oder weil sie sich um ihre Eltern kümmern müssen. Da frage ich mich, warum die Mädchen überhaupt erst arbeiten gehen wollen.<<
    Nur weil sie ihre Anstellung nicht aufs Spiel setzen wollte, verkniff sich Violet die Antwort >>Weil ich keine Sklavin mehr sein möchte!<<"
    (S. 271)
    Man schreibt das Jahr 1932, der 1. Weltkrieg ist zwar schon zwölf Jahre vorbei, doch sind die Nachwirkungen immer noch spürbar. Vor allem, wenn man, wie Violet, eine Frau von 38 Jahren und unverheiratet ist, hat man es nicht leicht, denn nur als verheiratete Frau hat man ausgesorgt oder man lebt weiterhin bei seinen Eltern.
    Violet hat ihren Verlobten im 1. Weltkrieg verloren und hat den Männern abgeschworen und auch bei ihrer nörgelnden und einnehmenden Mutter wollte sie nicht länger bleiben. Sie beschließt sich den verstaubten gesellschaftlichen Konventionen hinwegzusetzen, packt ihren Koffer, zieht von Southampton nach Winchester und arbeitet als Sekräterin einer Versicherungskanzlei.
    Mit ihrem kleinen Gehalt kommt sie zwar nur schwer über die Runden, doch dafür ist sie frei. Die Einsamkeit ist das Einzige was ihr zu schaffen macht. Die beiden jungen Kolleginnen in der Kanzlei sehen sie als alte Jungfer an, alle anderen Frauen sind verheiratet oder zumindest auf der Jagd nach einem Ehemann und haben daher nur dieses eine Thema im Kopf. Violet pendelt also zwischen Arbeit und ihrem kleinen Zimmer hin und her, ohne Abwechslung und erfrischender Gespräche. Tagein, tagaus.
    Bis sie eines Tages in der Kirche von Winchester in einen besonderen Gottesdienst stolpert und auf eine Gruppe von Frauen trifft, welche sich die Broderinnen nennen. Diese besticken farbenfrohe Kniekissen für die Kirche und sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Obwohl Violet keine Ahnung von Sticken hat, fühlt sie sich von dieser Gruppe angezogen und Violet wäre nicht Violet, wenn sie nicht hartnäckig versuchen würde von dieser Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Dies führt schließlich zu einer großen Wende in Violets Leben.
    "Statt Formulare für Menschen zu tippen, die sie niemals kennenlernen würde, entstanden unter ihren Fingern bunte Muster. Sie begann vom Sticken zu träumen, von den winzigen quadratischen Löchern im Stramin, von gelben Farbfeldern, roten Reisstichen und gleichmäßigen Reihen mit rosafarbenen Gobelinstichen."
    (S. 88)
    Wer hier einen Liebesroman erwartet wird wohl enttäuscht sein. Am Rande wird zwar eine kleine Liebesgeschichte erzählt, jedoch nur leise und unaufdringlich.
    Das Hauptaugenmerk liegt hier auf der Protagonistin. Man begleitet Violet auf ihrem Weg zu einer freien, selbstbewussten und unabhängigen Frau, welche auf ihre eigene Art gegen die damaligen Gesellschaftsnormen rebelliert - anfangs nur still, doch im Verlauf immer lauter.
    Man taucht hier in die frühen 30er Jahre Englands ein, in denen die Nachwirkungen des 1. Weltkriegs noch spürbar sind - Frauenüberschuß, Männer, die sich wieder ihren Platz erkämpfen und mit den teils selbstbewussten Frauen, die der Krieg hervorbrachte, nicht umgehen können. Es werden Themen behandelt wie Verlust und Trauer, das Zusammentreffen von alten und neuen Sichtweisen, der Kampf der Frauen um Selbständigkeit und Freiheit und auch Homosexualität.
    "Sie hatte schon von Frauenbeziehungen gehört und kannte die Kommentare über ungesunde Frauenfreundschaften, die man für eine Folge des Männermangels hielt, ein verzweifeltes Aufbegehren dagegen, als alte Jungfer zu gelten. Doch wenn sie Gilda und Dorothy sah, spürte sie nichts von alldem. Die beiden sahen einfach so aus, als gehörten sie zusammen."
    (S. 210)
    Dies alles eingebettet in eine Story, welche vor allem diejenigen begeistern wird, welche gerne handarbeiten und sticken, denn diese Stickgruppe von Frauen ist der rote Faden in dieser Geschichte, im wahrsten Sinne.
    Ein kleines Schmankerl ist, dass diese Gruppe und deren Schirmherrin Louisa Pesel wirklich existierten und man diese Knie- und Sitzkissen immer noch in der Kathedrale von Winchester bewundern kann. Man sollte sich also auch unbedingt die Nachbemerkung, Quellen und Danksagung der Autorin zu Gemüte führen.
    Der Schreibstil ist klar und flüssig und die Erzählweise ruhig und unaufgeregt.
    Obwohl man das Gefühl hat der Roman würde einfach nur so dahinplätschern, wird man mit einem Sog in die Geschichte hineingezogen aus der man nicht mehr auftauchen möchte. Man ist von der Atmosphäre der 30er Jahre umgeben und begleitet Violet bei ihrer Entwicklung zu einer starken und unabhängigen Frau. Die Themen, welche behandelt werden, werden zwar ohne viel Drama erzählt, sie bleiben jedoch spürbar im Kopf und hallen lange nach. Manche Autorinnen/Autoren schaffen es eben auch ohne viel Pomp und Trara einen mitzureißen.
    ">>Man hat es nicht immer leicht als alleinstehende Frau<<, erklärte Violet nach kurzem Schweigen. >>Darüber scheint sich niemand Gedanken zu machen, obwohl es viele von uns gibt. Sie wissen schon, der 'Frauenüberschuß'. Eigentlich sollte es normal sein, dass eine Frau allein durch ein Feld geht oder ohne Mann in einem Pub einen Tee trinkt.<<"
    (S. 143)
    Das einzig trügerische ist der Klappentext, denn in diesem wird suggeriert, dass auch der 2. Weltkrieg eine wichtige Rolle in der Geschichte spielt, doch dem ist nicht so. Dieser wird nur am Rande erwähnt und das war es auch schon, ergo kein großer Einfluss, weder auf die Geschichte noch auf die Protagonistin.
    Fazit:
    Es gibt hier kein Liebesgedöns und kein Drama, denn dies ist einer der stillen Romane. Doch gerade deshalb konnte mich diese Geschichte begeistern, denn still heißt nicht unbedingt leise.
    Es ist ein locker-leichter und vor allem atmosphärischer Roman, der mich in die frühen 30er Jahre versetzte, der mich die Umgebung vergessen ließ und in dem ich noch ewig hätte lesen mögen. Ein Roman über eine starke Frau, die für ihre Unabhängigkeit und Freiheit kämpft und der wichtige Themen, wie Emanzipation und Homosexualität in den 30er Jahren, behandelt und welche nichts von ihrer Aktualität verloren haben.
    Selten, dass bei mir ein historischer Roman es schafft zu einem Highlight zu werden, doch dieser tat dies und dieses Buch wird eines der wenigen sein, welches ich noch zwei oder drei Mal lesen werde.
    © Pink Anemone (inkl. Book-Soundtrack, Leseprobe und zwei Rezepten zum Buch)
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  • Rezension zu Violet

    1932 England. Nach dem ihr Verlobter und ihr Bruder im ersten Weltkrieg gefallen sind, bietet sich der 38-jährigen Violet Speedwell nun endlich die Möglichkeit, ihr Elternhaus in Southampton und damit der verletzenden und verbitterten Art ihrer Mutter zu entfliehen. Violet nimmt ein Stellenangebot als Schreibkraft im benachbarten Städtchen Winchester an und kann sich von ihrem Gehalt zwar kaum ernähren, jedoch besitzt sie endlich ihre Unabhängigkeit. Da es ihr an der Gesellschaft von Freundinnen mangelt, schließt sie sich einer Gruppe Stickerinnen an, die ihr Handwerk in den Dienst der örtlichen Kathedrale gestellt haben. Bei ihnen findet Violet endlich die Aufnahme in eine Gemeinschaft und in der Stickerei auch einen Ausgleich zu ihrem Beruf. Die Begegnung mit dem verheirateten Glöckner Arthur weckt in Violet zudem Gefühle, die sie eigentlich aus ihrem Leben verbannt hatte und auch nicht sein dürfen…
    Tracy Chevalier hat mit „Violet“ einen tiefgründigen, gefühlvollen und atmosphärisch-dichten Roman vorgelegt, der mit einem detaillierten, bildhaften und teilweise sogar poetischen Erzählstil den Leser in den Bann zu ziehen weiß. Mit leisen Tönen beginnt die Geschichte und lässt den Leser Violets Lebenssituation kennenlernen. Als ledige 38-jährige Frau sieht sie sich einem Leben gegenüber, in dem sie sich um eine Mutter kümmern muss, die sie tagaus tagein mit Beleidigungen und Kränkungen überhäuft, bis das Maß gestrichen voll ist und sie endlich den Mut fasst, ihr Leben in die Hand zu nehmen. Auch wenn die neue Anstellung sie an den Rand des Existenzminimums bringt, ist dies ihr doch allemal lieber als sich weiterhin bevormunden und kränken zu lassen. An das Alleinsein muss sich Violet erst gewöhnen, oder vielleicht könnte man sagen, dass sie ihren neu gewonnenen Freiraum noch nicht so richtig zu füllen weiß, denn allein war sie auch mit ihrer unerträglichen Mutter, die ihr Selbstvertrauen regelrecht erstickt hat. Chevalier lässt den Leser an Violets Entwicklung teilhaben, zeigt ihren Weg auf wie eine Befreiung, während sie dies alles mit den Beschreibungen der Kathedrale, einigen Ausflügen, einer Einführung ins Stickhandwerk und dem Klang von Glocken verbindet. Aber die Autorin verbindet auch reale Personen mit ihrer fiktiven Handlung und gibt die damals herrschenden Standesdünkel und gesellschaftlichen Konventionen in ihrer Geschichte gut wieder.
    Die Charaktere sind mit individuellen Eigenheiten lebendig und glaubwürdig inszeniert, der Leser folgt ihnen nur zu gern während der Handlung und ertappt sich dabei, gerade mit Violet zu hoffen und zu fühlen. Violet ist eine Frau in den besten Jahren und ein Kind ihrer Zeit, von dem man erwartet, dass es sich um seine Eltern kümmert. Da sie nicht verheiratet ist, kommt ihr Ausbruch überraschend, doch eigentlich hat sie sich schon viel zu viel von ihrer Mutter gefallen lassen. Violet beweist vor allem Mut und Stärke, denn sie will wieder atmen können und sich von dem Korsett befreien, dass ihre Mutter immer enger geschnürt hat. Im Verlauf der Geschichte darf man als Leser miterleben, wie sie langsam aufblüht, an Selbstvertrauen gewinnt und sich Dinge zutraut, an die vorher nicht zu denken war. Ihre Mutter ist eine unzufriedene Frau, die vor allem anderen die Schuld für ihr Schicksal gibt. Niemand kann es ihr recht machen und schon gar nicht ihre Tochter. Violets Bruder Tom weiß alle um den Finger zu wickeln und sich seine Vorteile zu sichern. Louisa Pesel ist eine starke Frau mit großem Herzen und einem ansteckenden Optimismus. Aber auch die weiteren Protagonisten wie Arthur, Gilda, Majory oder Maude tragen ihren Teil dazu bei, dass die Geschichte immer im Fluss bleibt.
    „Violet“ ist ein wunderbarer historisch angehauchter Roman, der sich wie eine Stickerei erst nach und nach entfaltet und ein Frauenschicksal erscheinen lässt, dass den Leser unvergesslich mitten ins Herz trifft. Absolute Empfehlung für ein wahres Lesekunstwerk!
    Wunderbare
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  • Rezension zu Violet

    Violet ist inzwischen 38 Jahre alt. Ihren Verlobten hat sie im ersten Weltkrieg verloren. Praktischerweise lebte sie bei ihrer verwitweten Mutter. Aber sie will auf eigenen Beinen stehen und nimmt einen Job als Schreibkraft in Winchester an. Doch das Leben ist nicht einfach, denn das Geld reicht vorne und hinten nicht. Auch das Alleinsein in der kleinen Wohnung ist nicht schön. Violet schließt sich einer Gruppe Frauen an, die Stickereien für die Kathedrale in Winchester anfertigen. Und dann gibt es da noch den Glöckner Arthur…
    Der Schreibstil ist sehr detailliert, aber angenehm zu lesen. Allerdings gibt es dadurch auch ein paar Längen. Die Geschichte hat mir, obwohl sie recht ruhig verläuft, von Anfang an gefallen.
    Die Charaktere sind lebendig und gut dargestellt. Violet hat lange mit ihrer Mutter, die immer verbitterter wird, zusammengelebt. Sie ist bescheiden und warmherzig. Nun aber will Violet ihr eigenes Leben gestalten. Das ist mutig von ihr, denn in jener Zeit ist sie noch vielen Konventionen unterworfen, doch sie wird dadurch aus selbstbewusster. Sie fühlt sich zu Arthur hingezogen, aber der ist verheiratet. Im Kreis der Stickerinnen findet sie Gesellschaft und Freundschaft. Jede der Frauen hat ihr Päckchen zu tragen, aber gemeinsam ist doch vieles leichter.
    Ein ruhiger Roman, den ich gerne gelesen habe.
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  • Rezension zu Violet

    Romane, die zwischen den Weltkriegen spielen gibt es derzeit eine ganze Reihe. Nachdem ich den ein oder anderen (gerne) gelesen habe, scheinen mir jedoch viele austauschbar, zumindest der Kurzbeschreibung nach, so dass es mir erst mal „gereicht“ hat .
    Mit „Violet“ hegte ich die Hoffnung auf eine Geschichte abseits des Mainstream, schon allein durch das Cover (mal keine Rückenansicht einer Frau in wehendem Kleid oder Mantel, die sich augenscheinlich im Aufbruch befindet) - und ich wurde tatsächlich nicht enttäuscht.
    Tracy Chevaliers Roman hat mir von der ersten Seite an Freude bereitet, obwohl ich jetzt nicht der ganz große Fan von Sticken und Glockengeläut bin . Ruhig und voller Empathie erzählt sie von Violet und anderen jungen, oder nicht mehr ganz jungen Frauen, denen der inzwischen einige Jahre zurückliegende Krieg die Männer genommen und die Zukunftsperspektiven geändert hat. Mit diesem „Frauenüberhang“ müssen sie sich irgendwie arrangieren.
    Violet ist 38 Jahren alt und zählt damit schon zu den „nicht mehr ganz Jungen“. Als die Geschichte einsetzt, hat sie gerade den Mut gefunden, aus ihrem Elternhaus in das einige Meilen entfernte Winchester zu ziehen um dem unbefriedigenden Zusammenleben mit ihrer verwitweten, ewig nörgelnden Mutter zu entkommen. Eine Stelle als Schreibkraft bei einer Versicherung sichert ihr das Lebensnotwendigste, doch ihre dortigen Lebensumstände sind sehr bescheiden und mit großen persönlichen Einschränkungen verbunden, so ist sie z.B. ständig hungrig und friert. Sie nimmt es einigermaßen stoisch hin, denn ihre Unabhängigkeit bedeutet ihr enorm viel. Als diese ihr zu entgleiten droht, kämpft sie um deren Erhalt. Denn gerade als sie in Winchester so etwas wie ein Leben für sich aufgebaut, ihren Platz unter den Stickerinnen gefunden und vorsichtige Freundschaften geschlossen hat, erkrankt die Mutter. Und wie selbstverständlich wird von der unverheirateten Tochter erwartet, dass sie die Pflege der übernimmt, ungeachtet dessen ob sie es will und was sie dafür aufgeben muss. Dabei gäbe es auch noch ihren Bruder und dessen Familie….
    Wie Tracy Chevalier ihre Figuren zeichnet, hat mir außerordentlich gefallen. Dabei spielt sie ein wenig mit dem ein oder anderen Klischee, ohne dass diese „klischeehaft“ wirken. Eine männliche Nebenfigur gibt es, für die das nicht ganz zutrifft (vielleicht einem gewissen Spannungsmoment geschuldet), ansonsten fühlen sich allesamt echt an mit ihren Stärken und Schwächen, Nöten und Gefühlen.
    Auf den ersten Blick scheint Violet ein bisschen spröde in ihrer zurückgenommenen Art, sie hadert mit sich und ihren Ängsten. Doch für ihren Mut, diese zu überwinden und neue Wege zu beschreiten, kann man sie nur bewundern. Eine weibliche Hauptfigur wie ich sie mag, neugierig, lebensklug, ein wenig selbstironisch und mit feinem, trockenem Humor, der gelegentlich aufblitzt.
    Wie der Kurzbeschreibung zu entnehmen ist, spielen Stickereien für die Kathedrale von Winchester eine wichtige Rolle. Louisa Pesel, die zentrale Figur für die Stickerinnen, hat es tatsächlich gegeben und mit diesem Aspekt der Geschichte wollte die Autorin ihr und ihrem Wirken ein Denkmal setzen, schreibt sie im Nachwort. Auf der Homepage von Tracy Chevalier gibt es wunderschöne Bilder dieser gestickten Kunstwerke zu sehen hier. Sie haben tatsächlich Jahrzehnte überdauert und damit die Wünsche der fleißigen Stickerinnen erfüllt. Die Informationen zum Glockenläuten fand ich jetzt nicht ganz so spannend, aber durchaus interessant, gerade weil davon so gar keine Ahnung hatte.
    Tracy Chevalier erzählt in ebenso eloquentem wie angenehm zu lesenden Stil, verzichtet dabei auf die ganz großen Emotionen und auch in „Liebesdingen“ legen ihre Figuren einen wohltuenden Pragmatismus an den Tag, der mir ausnehmend gut gefallen hat.
    Insgesamt ein wirklich schöner Roman, in dem die historischen Details um die Stickereien der Kathedrale von Winchester und Louisa Pesel wunderbar mit der Entwicklung Violets und ihrer Freundinnen verwoben wird. Aus einer Zeit, in der althergebrachte Rollen und gesellschaftliche Strukturen die Frauen noch einengen, aber doch zunehmend in Frage gestellt werden.
    Wunderbar unaufgeregte, angenehme Unterhaltung.
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Ausgaben von Violet

Taschenbuch

Seitenzahl: 352

E-Book

Seitenzahl: 319

Hardcover

Seitenzahl: 352

Violet in anderen Sprachen

Besitzer des Buches 17

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