Bruno Preisendörfer - Als unser Deutsch erfunden wurde (Start: 02.01.2017)

  • Ich finde es so toll, wieviel ihr euch an unterschiedlichen Wissen anlesen bzw. in der Schule lernen konntet und das alles noch behalten konntet. Im Moment habe ich das Gefühl ein Löchergedächtnis zu haben. Da gibt es noch so viel für mich zu entdecken und zu lernen. Und ich bin gerade superglücklich, dass ich mich zu dieser MLR entschlossen habe um das Buch mit euch gemeinsam zu lesen. Mir wäre ziemlich viel bei eigener Lektüre entgangen.

    Dem schließe ich mich voll und ganz an. Ich kann mich hier zwar (noch?) kaum beteiligen, lese aber mit ganz ganz großem Interesse eure Ausführungen hier! :pray:

  • Vor allem, weil es sich durch die Erfindung des Buchdrucks auch normale Menschen (na gut, nicht unbedingt der vielzitierte Bauer, der ja oft nicht des Lesens mächtig war, aber vielleicht die Bürger, Kaufmannsfamilien usw.) eine Bibel leisten konnten. Und da die Bibel auf deutsch war, konnten sie sie auch verstehen. Genauso die Thesen und Predigten von Luther. Die ganzen Reformer, die es vorher gab (und die gab es, @Squirrel, hatte nicht Jan Hus vorher gelebt?) konnten ohne die Erfindung des Buchdrucks ja gar nicht so einen Einfluss entwickeln.

    Ich denke die Erfindung des Buchdrucks war damals genauso bahnbrechend, wie in unserer Zeit die Entstehung des Internets. Ohne Guttenberg wäre die Reformation wesentlich langsamer vorangeschritten. Aber auch andere Gruppen konnten jetzt leicht ihre Botschaft unters Volk bringen. Mit einmal konnte man viele Menschen in relativ kurzer Zeit erreichen und sein Wissen oder seine Propaganda unter die Leute bringen. Gleichzeitig wurden durch den Buchdruck viele Schreiber und Kopisten arbeitslos.

    Das gefiel mir auch, allerdings gefiel mir nicht, wie er die damaligen Kartographen ins Lächerliche zog.

    Ich glaube nicht, das der Autor das so gemeint hat.

    Ja, so bin ich auch aufgewachsen. Schließlich ist das Katholische die einzig wahre und allein seligmachende Religion Heißt ja auch nicht umsonst "den werden wir schon noch katholisch machen", wenn man jemandem etwas aufzwingen will.

    Die Protestanten waren aber genauso. Jeder hielt seine Auslegung der Bibel für die allein richtige und wer etwas anderes sagt, war ein Ketzer und gehörte niedergemacht.

    Einem Haus eine Bibliothek hinzuzufügen heißt, dem Haus eine Seele zu geben.


    Marcus Tullius Cicero


    (106 - 43 v. Chr.), römischer Redner und Staatsmann



  • Und ich bin gerade superglücklich, dass ich mich zu dieser MLR entschlossen habe um das Buch mit euch gemeinsam zu lesen. Mir wäre ziemlich viel bei eigener Lektüre entgangen.

    Sylli und ich haben ja letztes Jahr damit begonnen und haben - leicht überrascht - festgestellt, dass gerade Sachbücher ideal für Leserunden sind, weil man alleine doch oft so viele Fragen im Kopf hat und unbeantwortet lässt, die man hier direkt miteinandern klären und lösen kann (oder auch nicht :totlach: ).

    Ich fand das niedlich. Für Luther war es bestimmt etwas ganz besonderes gewesen, dass er verheiratet sein konnte. Von Mönch zum Ehemann zu werden ist ja heute schon ein großer Schritt, aber damals bestimmt noch viel mehr.

    In einer Reportage wurde mal angerissen, dass Luther Katharina eigentlich nicht heiraten wollte - eher hatte wohl sie ihn ausgeguckt.... ob das stimmt, weiß ich aber nicht mit Sicherheit

    Wenn ich es richtig verstanden habe, wegen Rom. Dreh- und Angelpunkt der Zeit

    klingt logisch :)


    Ich musste so schmunzeln, als ich in dem Buch gelesen habe "Alle Wege führen nach Rom." Aber das sich auch noch die Landkarten danach richteten war mir neu.

    noch so ein Spruch, den wir heute verwenden ohne drüber nachzudenken, woher er kommt :wink:

    Stellt sich mir die Frage, musste dafür aber nicht Hinz und Kunz erst lesen können. Weiß jemand wie es mit der Schulbildung in dieser Zeit ausgesehen hatte?

    die Alphabetisierungsrate lag wohl bei 5-10%, und das war mit Sicherheit in der Oberschicht. Aber auch diese Menschen konnten nicht zwingend hoch-politische oder philosophische Texte in Latein lesen, so dass die Bibelübersetzung wichtig war für die Entstehung der Reformation. Schließlich beruft sich Luther ja auch immer wieder darauf, dass der Text der Bibel wichtig ist, nicht die Auslegung durch die Päpste


    Wenn -mit dem lesen der Bibel - angefangen wurde die Aussagen der Kirchenoberen zu hinterfragen, wurde das dann auch weitergeführt mit den jeweiligen Landesoberen, also Fürsten usw. bis zum Kaiser?
    Aargh, mir fallen gerade die Bauernaufstände ein. Oder waren da andere Anlässe gewesen? Da wurde ja auch mächtig unterdrückt. Oder fiel das alles irgendwie zusammen und eines führte zum anderen, wie bei Dominosteinen?

    Ja, das wurde in gewisser Weise weitergeführt und die Bauernkriege entstanden wohl auch aus diesem In-Frage-Stellen heraus. Ich kann nicht genau sagen, was die Herrschenden damals in der Rechtsprechung änderten, was die Bauern so in den Widerstand trieb (ich denke, wir werden es im Buch noch erfahren), aber grad Luthers Widerstand gegen die Oberen und die Kirche führte ja dazu, dass die Aufstände um sich griffen. Fälschlciherweise interpretierten die Bauern sein Handeln als Rückendeckung für sich selbst. Inwieweit die Anführer der Bauernaufstände schon die deutsche Bibelübersetzung kannten, das weiß ich grad nicht.


    Ich kann mich hier zwar (noch?) kaum beteiligen

    ach was, erzähl uns doch einfach was Du denkst - oder frag uns Löcher in den Bauch, wenn wir zu schnell sind oder Dir etwas nicht klar ist :loool:


    Da war doch übrigens auch von einer Messe in Frankfurt die Rede? War das schon eine Buchmesse?

    Nein, nicht wie Du denkst - Frankfurt mit seiner zentralen Lage mitten im Reich war aber schon einer der Hauptumschlagsplätze im Reich und hatte Handelsmessen. Aber tatsächlich ist die Frankfurter Buchmesse in dieser Zeit gegründet worden, schau hier :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Nein, nicht wie Du denkst - Frankfurt mit seiner zentralen Lage mitten im Reich war aber schon einer der Hauptumschlagsplätze im Reich und hatte Handelsmessen. Aber tatsächlich ist die Frankfurter Buchmesse in dieser Zeit gegründet worden, schau hier

    Ja genau deswegen dachte ich, dann kam das aber zu der Zeit.
    Dass Frankfurt durch seine Lage viel Handel trieb, dahcte ich mir schon, aber dass es da auch schon Messen gab, das wusste ich zum Beispiel wieder nicht! :thumleft:

  • Das hätte ja die Machtansprüche unterhöhlt

    Deshalb sollen halt die Kleinen möglichst klein bleiben. So gesehen ist das schon beeindruckend, was unsere Altvorderen für uns erkämpft haben. :pray:


    ja aber Englisch ist meine tägliche Arbeitssprache

    Da bin ich aber froh, dass ich im Spital arbeite und nicht in der Pharmaindustrie. 8-[


    den Spruch kenn ich gar nicht

    Ich glaub, der wird auch nicht mehr so häufig gebraucht, aber meine selige Oma hat das öfter mal gesagt (und hatte auch sonst in vielen Situationen das passende, oft sehr witzige Sprüchlein auf den Lippen).


    Die Empathie ist nicht notwendigerweise in unseren Genen verankert,

    Doch, is sie doch. Zumindest bei denen, die Spiegelneuronen besitzen. Wird aber in vielen Fällen von den Überlebensinstinkten überlagert (z. B. bei Beschaffung oder Verteidigung von Lebensraum und Nahrung und diesen Grundelementen).
    Gibt ein paar gute Bücher zu diesem Thema.

  • Da bin ich aber froh, dass ich im Spital arbeite und nicht in der Pharmaindustrie.

    ist alles eine Frage der Gewohnheit :wink: mir fällt es nicht auf, ob da ein Text auf Deutsch oder auf Englisch steht, ich lese ihn halt einfach.... frag mal unser @maiglöckchen nach meinem Backofen :totlach:

    Doch, is sie doch. Zumindest bei denen, die Spiegelneuronen besitzen.

    okay, stimmt - aber nicht notwendigerweise wird sie so gelebt wie wir das glauben. Angefangen bei den Überlebensängsten bis hin zur Sozialisierung....

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Ich muss ein ganz großes und sehr beeindrucktes WOW loswerden. Ich finde es so toll, wieviel ihr euch an unterschiedlichen Wissen anlesen bzw. in der Schule lernen konntet und das alles noch behalten konntet. ... Und ich bin gerade superglücklich, dass ich mich zu dieser MLR entschlossen habe um das Buch mit euch gemeinsam zu lesen. Mir wäre ziemlich viel bei eigener Lektüre entgangen.

    Die Welt (egal ob Vergangenheit oder Gegenwart) ist einfach viel zu spannend, um sie zu einseitig zu betrachten. Aber ich merk mir nur einen Bruchteil von dem, was ich lese, und davon auch nur, was mich echt beeindruckt. Obwohl mir beim Lesen und hier beim Schreiben oft auch etwas einfällt, von dem ich gar nicht wusste, dass ich das mal wusste.
    Fein, dass es Dir hier gefällt, Farast. :friends: Das haben wir bei allen anderen LR auch festgestellt, dass einem beim alleine Lesen vieles entgeht, weil man einfach drüberliest.


    die von mir verlinkte Ausgabe von Heinz Schilling "Martin Luther: Rebell in einer Zeit des Umbruchs" erschienen im Beck Verlag

    Den Beck Verlag schätze ich auch sehr. Da ist fast schon der Verlag die Empfehlung für das Buch.Danke für den Tipp :)


    Wenn ich es richtig verstanden habe, wegen Rom. Dreh- und Angelpunkt der Zeit

    Das ist mir auch entgangen, aber es passt ganz genau. "Alle Wege führen nach Rom!" :)


    Es gibt ja kein richtig oder falsch und alles kann man einfach nicht lesen

    Und manchmal verlagern sich einfach die Interessen. Was man früher mal gerne mochte, ist später nicht mehr so wichtig oder auch umgekehrt.


    Stellt sich mir die Frage, musste dafür aber nicht Hinz und Kunz erst lesen können.

    Ich hatte mal einen evangelischen Freund (ist eh kein Mr. Sylli in der Nähe, der mir über die Schulter schielt 8-[ - nein, der liegt krank im Bett, der Arme) und habe mit ihm mal Urlaub in der lutherischen Obersteiermark gemacht. Natürlich waren wir auch in sämtlichen Museen der Schladminger-Gegend, und dort hat man uns erklärt, dass sich die Bibeln durch den Buchdruck ja sehr rasch verbreitet hatten. Bald gab es schon in jedem Haus eine, und nach der haben die Kinder heimlich (und sogar auch Erwachsene) lesen gelernt, selbst, wenn sie nie eine Schule besuchen konnten.

  • Oder fiel das alles irgendwie zusammen und eines führte zum anderen, wie bei Dominosteinen?

    Sicher, da führte eins zum anderen, sonst wären wir ja alle noch Leibeigene oder müssten 16 Stunden in einer Fabrik schuften, wenn sich unsere Vorfahren das alles weiter hätten gefallen lassen. Denk mal an den Fortschritt in den Wissenschaften. Die Menschen, auch die einfacheren, wurden selbstbewusster, und haben nicht mehr als gottgegebene Ordnung hingenommen, was man ihnen seit Jahrhunderten aufs Auge gedrückt hat.

    Empathie ist für mich etwas, dass man in der Kindheit durch die Vorbildfunktion der Umgebung lernt.

    Nicht nur! Da muss ich unbedingt auf den Spiegelneuronen bestehen. Ohne die ginge gar nichts!! [-(

  • Jeder hielt seine Auslegung der Bibel für die allein richtige und wer etwas anderes sagt, war ein Ketzer und gehörte niedergemacht.

    Ja, so waren und sind leider alle Religionen. Deshalb habe ich ihnen schon vor Jahr und Tag den Rücken gekehrt, und bekenne mich einfach nur zur Menschlichkeit.

  • Den Beck Verlag schätze ich auch sehr. Da ist fast schon der Verlag die Empfehlung für das Buch.Danke für den Tipp

    wird auch in der Liste notiert :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Da war doch übrigens auch von einer Messe in Frankfurt die Rede? War das schon eine Buchmesse?

    Das war auch mein erster Gedanke, weil Frankfurt, Bücher und Messen einfach zusammengehören. :D Aber ich glaube, das waren eher Handelsmessen, weil die Kaufleute bei der Rückkehr von dort ja auch gar nicht so selten entführt wurden, um Lösegeld zu erpressen.

  • Sylli und ich haben ja letztes Jahr damit begonnen und haben - leicht überrascht - festgestellt, dass gerade Sachbücher ideal für Leserunden sind

    Ja, mit so tollen Mitstreitern, wie wir sie haben, auf jeden Fall! :thumleft: Ich persönlich finde schon, dass man über Sachbücher besser diskutieren kann als über Romane, lasse mich aber auch gerne vom Gegenteil überzeugen.

  • Von wem denn?

    Raubritter beispielsweise waren unterwegs und wollten mit Lösegeld die leeren Kassen füllen. Das Reisen war in keinem Fall so gemütlich wie heute, konnte man doch auch in vielen Städten nicht gefahrlos auf die Straße gehen.
    Denk nur an die italienischen Städte mit den Geschlechtertürmen. Da wusste man am Morgen, wenn man als Handwerker oder Kaufmann sein Haus verließ auch nie, ob man abends wieder heimkehrte. Brauchte man nur in eine Fehde zwischen diesen adeligen Familien geraten, schon war's vorbei.

  • Raubritter beispielsweise waren unterwegs und wollten mit Lösegeld die leeren Kassen füllen. Das Reisen war in keinem Fall so gemütlich wie heute, konnte man doch auch in vielen Städten nicht gefahrlos auf die Straße gehen.Denk nur an die italienischen Städte mit den Geschlechtertürmen. Da wusste man am Morgen, wenn man als Handwerker oder Kaufmann sein Haus verließ auch nie, ob man abends wieder heimkehrte. Brauchte man nur in eine Fehde zwischen diesen adeligen Familien geraten, schon war's vorbei.

    Ach so ne, das war mir klar, ich meinte von wem die das Lösegeld einfordern wollten. Von den Familien der Entführten oder eben ob damals noch alle Mitglieder bei den Kaufmannsgilden waren und die diese vielleicht erpresst haben?

  • Ja, mit so tollen Mitstreitern, wie wir sie haben, auf jeden Fall! :thumleft: Ich persönlich finde schon, dass man über Sachbücher besser diskutieren kann als über Romane, lasse mich aber auch gerne vom Gegenteil überzeugen.

    ja, ist wirklich einfacher und gibt viel mehr her in den allermeisten Fällen :)

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • von wem die das Lösegeld einfordern wollten

    Von den Familien (und die wollten manchmal gar nicht zahlen; vielleicht waren sie froh, dass sie ein tyrannisches Familienoberhaupt los wurden - aber das letztere ist meine Eigeninterpretation :uups: