Eugène Green – L'inconstance des démons

  • Original : Französisch, 2015


    INHALT :
    « In der ersten Hälfte meines Lebens war ich glücklich. » So fängt Nikolau Aztera seine Schilderung an. Als junger Neurologe liess er sich mit seiner geliebten Frau und ihrem einzigen Kind in Saint-Jean-de-Luz nieder. Im Alter von fünfzehn Jahren verschwindet ihr Sohn spurlos. Voller Kummer stirbt die Mutter kurze Zeit später. Nikolau lässt seinen Arztberuf hinter sich und zieht um. Er macht aus der bibliophilen Leidenschaft seinen Beruf und wird Antiquariatshändler. Im Herzen ist er gebrchen, sieht nicht mehr recht den Sinn. Eines Tages erhält er einen Besuch aus der Nachbarschaft : eine Frau erzählt von ihrem Sohn, der seit Kurzem unter schrecklichen Krisen, Anfällen leidet. Er scheint sich in einem archaischen Baskisch mit einer Stimme auf Französisch zu unterhalten, Stimme die körperlos bleibt ! Sie bittet Nikolau um Hilfe. Dies führt ihn in einen Abgrund, und dennoch gleichzeitig auch eine Form von Neubeginn.


    Dieser Roman bietet Rätsel, Verbrechen, wahre Spannung, kann als metaphysischer Thriller durchgehen. Er ist offen für eine spirituelle Komponente, eingebettet in das Baskenland, seiner zurückliegenden Geschichte mit Exzessen, aber auch den zeitgenössischen Gegebenheiten.
    (Quelle: Verlag Robert Laffont, Behelfsübersetzung und Kürzung von mir)


    BEMERKUNGEN :
    Nikolau ist der Ich-Erzähler dieses Romans in drei Teilen von 7,7 und 8 Kapiteln. Nach dem Tod der Seinen hat er sich von seinem alten Leben distanziert : Wohnort, Arbeit gewechselt. Das geschieht so circa 1994. Er sieht keinen rechten Sinn mehr, doch den «Mut » zum Selbstmord bringt er doch nicht auf. Die Handlung ist stark eingebettet in das baskische Umfeld : in der französischen Ausgabe stehen viele Eigennamen auf Baskisch da, und als Einführung dient eine Hinführung zur rechten Aussprache dieser Sprache (wieder ein Steckenpferd des Deklamierers und Sprachkünstlers Green?!). Kultur, Politik, Seitenhiebe auf die « glorreiche Republik » stehen ebenfalls dafür. Auch ist der Roman stark eingebunden in die Geschichte des Landes ; sie reicht bis hinein ins XVI. Jahrhundert mit teils peniblen Bruchstücken ehemaliger Hexenprozesse.


    Circa fünfzehn Jahre nach dem Verschwinden seines Sohnes und dem Tode seiner Frau wird er von einer aufgewühlten Dame besucht. Sie bittet ihn als Arzt (Neurologe!) um Hilfe, obwohl er betont, schon seit Jahren ncht praktiziert zu haben. Sie sucht seinen Ratschlag, seine Meinung : könnte er nicht nach ihrem Sohn schauen ? Dieser wird nun in Krisen gestürzt, in denen er mit im Raume gegenwärtig zu scheinenden Personen kommuniziert. Nikolau sieht plötzlich einige Erinnerungen an seinen beim Verschwinden gleichaltrigen Sohn. Und er lässt sich auf die Anfrage ein, kommt zu Besuchen ins Haus und freundet sich mit Ezguzki an.


    Im Schildern der vorgefunden Gegebenheiten können wir verwirrt werden. Was soll man denken - zumindest ich als nicht grosser Anhänger von pseudo-mystischen Thrillern – wenn Green hier von « Kröten, Ziegenböcken, Hexen, Satan, Hexensabbaten einschliesslich Verkehr zwischen Anhängern und dem Satan », Dialogen mit unsichtbaren Kräften redet ? Und ich dachte schon : das ist eben nicht für Dich, da hast Du einen Zugang zu, das kannst Du nicht ernstnehmen. Das ist schon eher was für Anhänger von Exorzismusstories, Besessenheit etc. Aber vielleicht hatte ich zu früh und falsch die Motivation Greens und das Eigentliche hier eingeschätzt ?!


    Ja, es kommt zu schrecklichen Ereignissen, zunächst unerklärbar. Aber ebenso kommt es zu einer Annäherung an den « verlorenen und ach so kranken » Sohn. Nikolau wird bei und nach aller Pein wieder aufleben. Nein, man ist nicht verantwortlich für alles Üble ; nein, auch die Vernunft kann herzlos sein, und zum Bösen und zur Anklage führen. Reich wird der Roman und er beinhaltet eben viel mehr als das Spektakuläre.


    Green schreibt in einer einfachen Sprache, selbst wenn er etwas ungewöhnliche Zeitformen im Französischen gebraucht. Die Sätze sind kurz, Dialoge sehr häufig. Ja, zurecht spricht der Verleger von einem « metaphysischen Thriller ». Bizarrerweise erinnerte er mich an Elemente der Schreibe von Fred Vargas und ihrem Adamsberg !


    Bei einigen Merkwürdigkeiten und zeitweise falschen Pisten (die man sehr gut heissen kann) ist es ein Roman mit interessanten, ja schönen Ideen, sei es zum wiedergefundenden Vertrauen, den Menschen als Teil der Geschichte, die Schuld, die Unschuld, das Böse… Der Autor zeigt sich wieder einmal als spirituell reicher Mensch, ja, als Glaubender. Ich mag sein Universum, das heute so selten geworden ist.


    Hier Eugène Green – Der Wiederaufbau / La reconstruction und hier Eugène Green – La communauté universelle habe ich schon zwei Bücher des Autors besprochen.


    ZUM AUTOR :
    Eugène Green (* 28. Juni 1947 in New York City) ist ein französischer Schriftsteller, Theater- und Filmregisseur.Er spricht über seine frühe Lebensgeschichte wenig und begann seine Karriere als Dozent für Philosophie und als Maler. 1969 kam er definitiv nach Frankreich, nahm später auch die Nationalität an. Ende der 1970er Jahre gründet er in Paris die Theatergruppe Théâtre de la sapience. Sein Ziel ist es, die Theatertraditionen des Barock neu zu beleben. Erst zu Beginn der Nuller Jahre wendet er sich dem Kino zu. Ohne kinospezifische Ausbildung dreht er 2001 seinen Debütfilm « Toutes les nuits ». Neben seiner Arbeit für das Kino veröffentlicht er weiterhin zu anderen Themen, etwa zum barocken Theater, zur Theorie des Kinos und schreibt Prosa (auf Französisch).



    Broché: 234 pages
    Editeur : Robert Laffont (19 août 2015)
    Collection : ROMAN
    Langue : Français
    ISBN-10: 2221159659
    ISBN-13: 978-2221159651

  • @tom leo das hört sich nach einem sehr interessanten Buch an. Da bleibt mir aber wohl nichts anderes übrig als auf eine Übersetzung zu warten :-?

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • @tom leo das hört sich nach einem sehr interessanten Buch an. Da bleibt mir aber wohl nichts anderes übrig als auf eine Übersetzung zu warten :-?

    Ja, ist es wohl auch. Und es vereinigt verschiedene Elemente, so dass auch Lser mit verschiedenen Erwartungshaltungen vielleicht was Spannendes drin finden.


    Klaro, dass auch ich auf eine Übersetzung hoffe. Mal sehen...


    Arztberuf? :lol:

    Ha, welche Verbuchslung bleibt Marie verborgen? Wollte Dich mal testen...


    Danke für die Richtigstellung.

  • Und es vereinigt verschiedene Elemente, so dass auch Leser mit verschiedenen Erwartungshaltungen vielleicht was Spannendes drin finden.

    das kommt in deiner Rezension klar raus und das macht es für mich ja auch so interessant :wink: aber mein Französisch ist derart eingerostet, dass ich wohl erst mal mit Kinderbüchern wieder anfangen sollte :pale:

    Ha, welche Verbuchslung bleibt Marie verborgen? Wollte Dich mal testen...

    den Test hat sie bestanden, ich nicht :-, wenn Du möchtest, korrigier ich es in deinem Text

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • den Test hat sie bestanden, ich nicht :-, wenn Du möchtest, korrigier ich es in deinem Text

    Test glänzend bestanden! Leider nicht das erste Mal, dass ich teste, und keiner korrigiert... ähem, ich meine: dass ich was falsch geschrieben habe etc. Und dann irgendwann sagt man sich: ach, nicht so tragisch. Aber hier: gerne, bitte berichtige die Stelle im Text! Danke!