Joseph Fink & Jeffrey Cranor - Willkommen in Night Vale / Welcome to Night Vale
Inhalt:
Night Vale, ein Städtchen in der Wüste. Irgendwo in der Weite des amerikanischen Südwestens. Geister, Engel, Aliens oder ein Haus, das nachdenkt, gehören hier zum Alltag. Night Vale ist völlig anders als alle anderen Städte, die Sie kennen – und doch seltsam vertraut.
Jackie Fierro betreibt schon lange das örtliche Pfandhaus in Night Vale. Eines Tages verpfändet ein Fremder einen Zettel, auf dem in Bleistift die zwei Worte 'King City' geschrieben stehen. Jackie hat sofort ein merkwürdiges Gefühl. Kaum ist er in Richtung Wüste verschwunden, erinnert sich niemand an ihn – aber Jackie kann das Papier nicht mehr aus der Hand legen. Zusammen mit der alleinerziehenden Mutter eines jugendlichen Gestaltwandlers geht Jackie daran, das Rätsel von 'King City' zu lösen. Ihr Weg führt die beiden in die Bibliothek von Night Vale, die allerdings noch kaum jemand wieder lebend verlassen hat.
'Möglicherweise das beste Buch, das ich in den letzten Jahren gelesen habe.' Patrick Rothfuss
(Q: Amazon)
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Autoren:
Joseph Fink und Jeffrey Cranor
arbeiten schon seit Jahren erfolgreich zusammen. Doe Podcastserie ‚Welcome to Night Vale‘ reifte in beider Zusammenarbeit heran und zählt inzwischen ca. 80 Folgen. Jeffrey Cranor lebt im Staat New York. Joseph Fink stammt ursprünglich aus Kalifornien, lebt heute jedoch woanders.
(Q Klappentext Buchumschlag, Hobbit Presse / Klett-Cotta)
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Meinung:
Willkommen in Night Vale und winken sie ihrem Verstand noch ein fröhliches ‚Leb wohl‘ hinterher. Das wird wohl das Letzte sein, woran sie sich noch erinnern. Sofern die Erinnerung etwas ist, woran sie sich erinnern, wenn sie sich erinnern könnten. Was sie aber nicht werden. Sicherlich nicht.
Stellen sie sich ein Buch vor, welches sie mit auf eine wirklich fantastische Reise nimmt. Ein Buch, welches sie den Verstand zu verlieren glauben lässt, eines, das sie nicht so schnell vergessen werden können. … Ja langsam haben sie es raus. Es nimmt Form an, nicht wahr? ….. Stellen sie sich ein Buch vor, welches sie an die Grenzen des Vorstellbaren gehen lässt, in dem irgendwie viel geschrieben steht, sie aber nur die Hälfte verstehen, ein Buch welches sie erschaudern lässt, auf eine Art die ihnen völlig fremd ist …. Na? Langsam nimmt diese Vorstellung Gestalt an, oder? …. Stellen sie sich vor wie ihnen dieses Buch sowohl Zufriedenheit als auch Angst aufzeigt, sie lachen und weinen lässt, sie aufhören wollen zu lesen, es aber nicht können, sie verstört sein lässt, es ihnen aber unmöglich ist auch nur eine Sekunde ihrer wertvollen Zeit aus diesem (Alp?)Traum auszusteigen. ….. Jetzt sehen sie es, oder? Genau! Sie haben es geschafft ….. Willkommen in Night Vale!
So ungefähr kann man dieses Buch auch zusammenfassen und da gibt es noch viel mehr als das. Ich habe mich auf dieses Buch eigelassen, da ich die Inhaltsangabe äußerst interessant fand und mich das Cover mehr als angesprochen hat. Es ist wohl die Wahl der Violetttöne auf dem Cover die eine sehr beruhigende Wirkung haben.
Das Buch und somit die Geschichte in und um Night Vale ist verstörend, verrückt, unwirklich, angstmachend, real, unterhaltsam, verstandraubend und noch viel mehr. Stellt euch vor, ihr nehmt die euch bekannte Welt/Realität, werft diese in einen Reißwolf und die Schnipsel fügt ihr dann irgendwie wieder zusammen. Am Ende erhält man dann wohl einen Art Night Vale. Es kommt einem so viel bekannt vor, aber es ist alles völlig anders. Selbst die Sprache oder gerade die Sprache, ist wohl das Verwirrendste. Alles ist einfach anders …. Zum Ende des Buches gibt es dahingehend ein nettes Zitat, welches ich hier mal anschneiden will:
Spoiler!!!!
‚Denkt daran, dass der falsche Gebrauch von Sprache Missverständnisse zur Folge haben kann, und dass alles, was jemals in der Welt geschehen ist, die Folge von Missverständnissen war.‘
(Spoiler aus!!!!)
Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, aber ich glaube dass das einer der Schlüssel zu diesem Buch sein könnte, sofern es denn einen gibt und dieser überhaupt gefunden werden soll/will.
Zu Beginn des Buches habe ich wirklich gedacht ich verliere etwas meines, so will ich mal hoffen, gesunden Verstandes. Die Geschichte beginnt mit einer Vielzahl von Erklärungen zum Thema Night Vale. Sie sind verrückt, ergeben eigentlich gar keinen Sinn und stellenweise heben sich Aussagen direkt wieder auf. Es ist schwer zu erklären. Am einfachsten ist es für jeden womöglich interessierten Leser einen Ohr auf den gleichnamigen englischen Podcast zu richten. Ich für meinen Teil habe nur kurz reingehört, aber es spiegelt das Buch wieder. Nur eben in Hörform.
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Ein kleiner Auszug aus dem Buch zum Thema Gefühle:
‚Hier kommt, was wir über Gefühle wissen. Sand hat Gefühle. Die Wüste hat Gefühle. Der Himmel hat keine Gefühle. Pflanzen haben Gefühle. Hunde haben die meisten Gefühle.Wir haben keine Gefühle. Der Planet als Ganzes hat Gefühle. Die einzelnen Teile dieses Ganzen haben keine Gefühle. Wir haben keine Gefühle. Gutscheine haben Gefühle, bis sie abgelaufen sind. Staaten, in denen Gutscheine laut Gesetz nicht ablaufen dürfen, haben unsterbliche Gefühle. Sand hat Gefühle. Die Wüste hat Gefühle. Wir haben keine Gefühle‘
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Im späteren Verlauf der Geschichte hatte ich das Gefühl, dass diese leicht bis mittelschwer, fantastisch-wahnsinnigen Beschreibungen abflauten. Es kann aber auch sein, dass man sich nach gut der Hälte der Erzählung einfach daran gewöhnt hat und es einem mittlerweile ‚normal‘ vorkommt.
Natürlich gibt es auch eine Story in diesem Buch. Die Protagonisten Jackie und Diane (die beiden Hauptcharaktere, es gibt aber noch weitaus mehr) erleben beide ihre eigene Geschichte zu Beginn und nach und nach vereinen sie sich zu einer. Beide sind auf der Suche nach etwas und beide werden mehr finden als ihnen lieb ist. Diane war mir zu Beginn ihrer Storyline etwas unsympathisch. Erst nach und nach konnte sie mich für sich gewinnen. Bei Jackie war es etwas anderes. Sie fand ich direkt sympathisch. Josh (der Sohn Diane’s, welcher eine Nebenrolle hat) ist auch ein sehr interessantes Kerlchen, leider aber bleibt er etwas zu sehr im Dunkeln, auch wenn er, wie es mir scheint, eine Schlüsselfigur sein soll, ist er einfach zu unscheinbar in der Geschichte, wenn auch unterhaltsam.
Der Leser wird immer wieder direkt vom Erzähler angesprochen und somit noch mehr in die Geschichte hereingezogen und auch die kleinen Radiopassagen (alle paar Kapitel kommt ein Ausschnitt der hiesigen Radiosendung, welcher auf seine ganz eigene Art und Weise, den Leser/Zuhörer informiert und auch verwirrt) lockern die Erzählung ungemein auf.
Wer wirklich ernstes Interesse haben sollte, sich an diesem Buch zu versuchen, der sollte gewarnt sein. Sicherlich ist es ein Fantasybuch, doch spielt es mit unserer Realität und zieht dies soweit aus dem Gefüge, dass wir zwar noch Anhaltspunkte an die uns bekannte Welt sehen, diese aber so verzerrt sind, dass wir kopfschüttelnd, verängstigt, verstört und hilflos dastehen und nicht wissen was wir davon halten sollen.
Und genau das ist bei mir der Fall. Ich kann mich nicht entscheiden ob dieses Buch absoluter Quatsch ist, oder eine der genialsten Geschichten die ich bisher gelesen habe. Sicherlich spielt mir die Tatsache in die Hände, dass ich eine Schwäche für solche Geschichten und solches ‚Dummquatschen‘ (positiv gemeint und wohl eher nur für mich von Bedeutung) habe. Auf der anderen Seite ist es verdammt schwer diesen Erzählstil auf gut 400 Seiten durchzuhalten. Vor den Autoren ziehe ich an dieser Stelle meinen Hut, denn, selbst wenn man es als Blödsinn bezeichnen könnte, man muss es erstmal hinbekommen, eine solche Geschichte so verrückt aufzuschreiben und diese dann zum Schluss noch irgendwie sinnvoll erscheinen zu lassen.
Fazit:
Egal wie sehr mich dieses Buch verwirrt hat, so hat es doch auch geschafft mich zu berühren und wohlgemerkt mich zu unterhalten. (Ich kann es schlecht in Worte fassen, aber es ist so.) Es gab eine kleinere Leselänge in der Mitte des Buches, welche mich zwar nicht an Abbruch hat denken lassen, aber die mich schon etwas langweilte. Ich würde dieses Buch wie folgt beschreiben: ‚Es ist wie ein überfahrenes Tier am Strassenrand. Man will nicht hinsehen, macht es dann aber doch. Die Faszination dafür und die Neugier darüber sind einfach zu groß’. So ist es auch mit diesem Buch. Eigentlich will man zu Beginn bereits abbrechen, da man es für Blödsinn hält, aber man macht dann doch weiter. Es ist eben doch faszinierend und die Neugier ist zu groß über das was da noch kommen möge.
Fazit die Zweite:
Sicherlich habe ich mit diesem Eindruck mehr verwirrt als bei der Entscheidung geholfen dieses Buch zu lesen oder auch nicht. Es ist aber auch das erste Buch, welches mich in dieser Form berührt hat. Es hat mich erschrocken, mich zum Lachen gebracht, mich nachdenken lassen, mich gewundert, mich gerührt und mir Angst gemacht. Sicherlich sind diese Erfahrungen für jeden Leser anders, für mich waren es eben diese. Wer sich jetzt wundert warum ich nichts zu der Möglichkeit sage, dass dieses Buch ein satirischer Blick auf unsere Welt sein könnte, mit den politischen Machtgehaben und einer absoluten Überwachung, so denke ich nicht, dass das der Hauptantrieb dieses Buches ist, Es ist eine nette Begleiterscheinung und hilft dabei die Geschichte noch verwirrender zu machen … Und mal ehrlich: Wer wissen will was das alles soll, sollte die Autoren fragen ;)