Sigrid Damm - Cornelia Goethe

  • Auszug aus dem Buch
    Cornelia Goethe ist klug und begabt, sensibel und lebenshungrig. Immer wird sie von anderen bestimmt: vom Vater, Vom Bruder Wolfgang, vom Ehemann Johann Georg Schlosser.
    Sie zerbricht am Widerspruch zwischen eigener Lebenskonzeption und auferlegtem Rollenzwang.
    Im Alter von nur 26 Jahren stirbt sie 1777 nach der Geburt ihrer zweiten Tochter.



    Sigrid Damm legt mit diesem Buch eine feine Biografie mit dem wenigen, was über Cornelia Schlosser Goethe bekannt ist, vor.


    Cornelia erblickt das Licht der Welt am 7. Dezember 1750 im Haus „Am Grossen Hirschgraben“. Gemeinsam mit ihrem Bruder Johann Wolfgang, welcher 15 Monate älter ist, sowie mehreren andern Kindern dient es ihr als Spielstätte mit den vielen verwinkelten Kammern, den Treppen und den dunklen Gewölben, welche sich zum sich verstecken anbieten.Die weiteren Kinder von Johann Caspar und Catharina Elisabeth Goethe, Geschwister von Cornelia und Johann Wolfgang sterben alle in sehr jungen Jahren.Die Grossmutter väterlicherseits lebt im gleichen Haus, daher der Name Cornelia.
    Nach dem Tod der Mutter von Johann Caspar Goethe beginnt dieser mit der Modernisierung des Hauses, welches für die Kinder eine aufregende Zeit bedeutet. Es ist eine Zeit der Unbeschwertheit, welche die Kinder ausgiebig geniessen. Dies ändert sich, wie der Umbau beendet ist. Nun beginnt der Vater ein Leben nach seiner Vorstellung, ein Leben, welches ausgerichtet ist auf Bildung und auf Besitz. Um dies zu manifestieren, wählt er ein neues Wappen und nennt das Haus „Zu den Lyren“ Das Haus der Künste und Wissenschaft.
    Man muss wissen, dass der Vater von Johann Wolfgang Goethe, Johann Caspar Goethe, niemals einer Tätigkeit zum Gelderwerb nachgegangen ist. Er kann es sich leisten vom grossen ererbten Vermögen zu leben.Cornelia wächst somit in einer sehr wohlhabenden Welt auf, in der es ihr an nichts Materiellem mangelt. Dem Vater ist es wichtig, dass seine Familie vornehm in Erscheinung tritt.
    Grossen Wert legt er auf die Erziehung der Kinder. Er ist die dominante Figur innerhalb der Familie, deren sich alle zu fügen haben. Da er keiner „Arbeit“ nachgeht, widmet er sich vollumgänglich der Familie und der Ausbildung seiner Kinder. Er verlangt von seinen Kindern Fleiss und nochmals Fleiss. Die Lehrer werden sorgfältig ausgewählt, er überprüft und beaufsichtigt selbst, gibt auch Stunden.
    So können die Kinder schon mit drei Jahren Lesen und Schreiben, griechisch, Latein mit sieben und später folgt Französisch. Da nebst sind es auch die Fächer Mathematik, Zeichnen sowie Sport und Tanz welche zum straffen Programm gehören.Cornelias Ausbildung ist sehr umfassend, allerdings auch eine grosse Belastung für das Mädchen. Dennoch durch ihren Eifer und ihren Wissensdurst freut sie sich über das Erlernte. Es gibt auch, wenn nur nicht so oft Vergnügungen ausserhalb des Hauses in dem sich die Kinder erholen können.
    Zwischen den Kindern Johann und Cornelia besteht eine enge herzliche geschwisterliche Bindung. Allerdings wird Johann Wolfgang bald bewusst, dass ein wesentlicher Unterschied zwischen Jungen und Mädchen besteht, indem er sein Umfeld beobachtet. Somit entwickelt er sich zu einem „kleinen Patriarch“ welchem sich Cornelia zu fügen hat.Da sie jedoch die gleiche Ausbildung wie ihr Bruder geniesst, ist sie ebenso klug, kann sie ihm hoch erhobenem Haupt entgegen treten.
    Die Pubertät in denen das Interesse am andern Geschlecht erwacht erleben die Geschwister gemeinsam. Wie gross die gegenseitige Anziehungskraft der Geschwister gewesen ist lässt sich nur erahnen, aus später von Goethe selbst geäusserten Worten in seiner Autobiografie „Dichtung und Wahrheit“
    Mit 14 Jahren verliebt sich Cornelia in Arthur Lupton, den Englisch Lehrer. Ob ihre Zuneigung von ihm erwidert wird, weiss man nicht. Ihr Bruder meint jedoch, etwas bemerkt zu haben. Nach vier Jahren bricht die Beziehung zu Lupton ab und Goethe bemerkt mit einer „heimlichen Zufriedenheit“ den Nebenbuhler los zu sein.
    Dieses Verhalten zeigt, wie stark die Bindung der Geschwister war, obwohl auch Johann Wolfgang selbst Liebeständeleinen nicht abgeneigt war.
    1765 verlässt Johann Wolfgang das elterliche Haus, um an der Universität in Leipzig zu studieren. Der Kontakt mit Cornelia wird in einem regen Briefaustausch gepflegt. Zu Beginn ist dieser äusserst charmant, nett sehr liebevoll, sehr ungezwungen.
    Goethes Briefe sind erhalten geblieben, die von Cornelia leider nicht. Somit sind nur seine Briefe einen Anhaltspunkt, wie seine Schwester die Zeit ohne ihren Bruder erlebte, jedoch nicht, mit welcher Wortwahl sie ihm gegenüber aufbegehrte. Denn dass sie nicht alles akzeptierte, lässt sich in seinen oftmals sehr harschen Briefen lesen.
    Er dessen Briefe mehr und mehr fordernd werden indem er Anweisung gibt wie er sich die Briefe von Cornelia wünscht. Goethe hat sehr ehrgeizige Pläne mit seiner Schwester wie sich aus seinen Briefen herauslesen lässt. Er sieht sich eindeutig als derjenige der über das Leben seiner Schwester bestimmen wird.
    Zu Hause ist Cornelia noch strenger der Autorität ihres Vaters ausgesetzt. Er kann sich nun voll und ganz auf sie konzentrieren er ist ehrgeizig in seiner Erziehung. Cornelia hat sich seinen Wünschen zu fügen. Aber materiell verwöhnt er seine Tochter, indem er sie mit feinsten Stoffen und exklusivem Haarschmuck ausstattet. Man weiss nicht ob der Vater seine Tochter wirklich aus Liebe verwöhnte oder ihr damit klar ihre Abhängigkeit demonstrierte.
    Cornelia wird langsam klar, dass sie keine Alternative hat, aus dem Elternhaus zu ziehen als eine Heirat. Denn es ist aussichtslos dass sie ebenfalls ein Studium an einer Universität ausüben darf.
    Während der Bruder in Leipzig ist beginnt Cornelia mit einem Tagebuch, welches knapp achtundsiebzig Seiten umfasst. Es ist der Versuch Selbstbewusstsein zu gewinnen, den Zwängen der Zeit zu entrinnen. Man erfährt einiges ihrer Gedankenwelt, die sie vor andern verborgen hält. Ein sehr wichtiges erhaltenes Dokument, das einen tieferen Einblick in Cornelias Leben gewährt.


    Am 1. November 1779 Heirat von Cornelia Goethe mit Johann Georg Schlosser. Sie hat sich ihren Ehemann selbst erwählt, was zeigt, zu welch starker Persönlichkeit sie sich entwickelt hat.


    Fazit
    Eine wunderbares Buch mit viel Gefühl geschrieben. Nicht nur das Leben von Cornelia bis zu ihrem frühen Tod wird entfaltet auch das von Goethe selbst bekommt eine ganz neue Dimension. Einzig die Mutter bleibt blass und unscheinbar im Hintergrund. Nur zu Beginn liest man dass sie sich der Strenge ihres Ehemannes entzieht indem sie auf eine glückliche Jugend zurückblickt. Was mich sehr beeindruckte trotz des Despotismus Goethes ist Cornelia ihrem Bruder ihr Leben lang mit einer grossen Liebe zugeneigt, ein Glück dass er erst viel später zu schätzen erkennt und in seinen Werken auch verarbeitet.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Er dessen Briefe mehr und mehr fordernd werden indem er Anweisung gibt wie er sich die Briefe von Cornelia wünscht. Goethe hat sehr ehrgeizige Pläne mit seiner Schwester wie sich aus seinen Briefen herauslesen lässt. Er sieht sich eindeutig als derjenige der über das Leben seiner Schwester bestimmen wird.

    Das kann ich mir so richtig vorstellen. :roll::thumbdown: Arme Cornelia!

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998