Günter Grass verstorben

  • Günter Grass ist tot. Im Alter von 87 Jahren verstorben.


    Die Blechtrommel dürfte wohl jeder kennen, der Grass kennt/kannte.


    Ich habe einige Bücher von ihm gelesen und bin traurig, wenngleich 87 ein schönes Alter ist.

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


  • :winken: Eine Szene aus der Blechtrommel hat mich doch tief beeindruckt - nein, jetzt nicht die mit dem Pferdekopf; und auch nichts mit Brausepulver, sondern, die mit dem angesagten Szene-Nachtklub im Nachkriegsdeutschland, wo als große Attraktion an den Tischen Zwiebeln geschält werden, um mal so richtig schön gemeinsam weinen zu können über die Schrecken des Dritten Reiches. Schon ein tolles Bild! Ohne viele Worte gegen oberflächliche Karrieristen und herzlose Egoisten. Vielen Dank!

    White "Die Erkundung von Selborne" (115/397)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 59 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Kuhl "Helenes Familie" (23.04.)

  • Ich habe einige Bücher von ihm gelesen und bin traurig, wenngleich 87 ein schönes Alter ist.


    Also das sehe ich auch so, die wenigsten Leute werden so alt. Ich habe kein Buch von ihm gelesen, nur die "Blechtrommel" als Verfilmung gesehen. Hat mir gut gefallen. Ihn selbst fand ich in Interviews immer sehr unsympathisch aber das ist mein persönlicher Eindruck.


  • Also das sehe ich auch so, die wenigsten Leute werden so alt. Ich habe kein Buch von ihm gelesen, nur die "Blechtrommel" als Verfilmung gesehen. Hat mir gut gefallen. Ihn selbst fand ich in Interviews immer sehr unsympathisch aber das ist mein persönlicher Eindruck.


    Ich denke, dass Grass so ein Autor war, der die Nation gespalten hat. Viele fanden seine Bücher gut, viele auch nicht.
    Ich bin ihm gegenüber neutral, habe auch nur 3 Bücher von ihm gelesen, aber man hat ihn ja doch öfter im TV angetroffen oder in Zeitungen.

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


  • Vor ein paar Jahren habe ich Grass bei einer Lesung erlebt und war sehr beeindruckt. (Wer Interesse hat: Hier der Link zu meinem damaligen Bericht darüber.)


    Ich gehöre zu denen, die ihn mochten und gern lasen. Einige seiner Bücher liegen noch auf meinem SuB, denn ich kann ihn nur in kleinen Dosen lesen.


    Mit Siegfried Lenz und Heinrich Böll war er einer der "drei Großen" des 20. Jahrhunderts.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Mit Siegfried Lenz und Heinrich Böll war er einer der "drei Großen" des 20. Jahrhunderts.


    Oh ja, ich habe so mit 16 eine uralt-Ausgabe meiner Eltern von der Blechtrommel gelesen. Auch wenn ich nicht alles verstanden habe, war ich doch beeindruckt und habe viel über das Buch nachgedacht. Ich habe damals mit meinem Vater auch den Film zu dem Buch im TV gesehen.

  • Günter Grass hat in der Tat die Nation gespalten und aus tiefster Überzeugung provoziert. Mit seinen Büchern habe ich mich nie wirklich anfreunden können (alleine die Blechtrommel habe ich 3x mehr als nur entnervt abgebrochen und nie wieder zur Hand genommen), aber eines muss ich ihm lassen: Auch wenn er mir persönlich als Mensch einfach sehr unsympathisch war, so wirkte er doch authentisch und dass er äußerst erfolgreich war, kann man wohl nicht leugnen.

  • Ich habe ihn noch auf der diesjährigen Buchmesse in Leipzig gesehen, wo er an sich ein neues Buchprojekt vorgestellt hat.


    Dabei hat er dann auch über Gott, die Welt und Politik diskutiert, dabei so gestelzt und so umständlich, wie in seinen Büchern.
    Leider bin ich mit keinem seiner Bücher über Seite 50 hinausgekommen und über die Blechtrommel bin ich eingeschlafen.


    Sowohl Film als auch Buch. Günter Grass ist für mich nie ein lesbarer Autor gewesen.


    Was ich aber feststellen konnte, auf der Messe hörten ihm nur Leute seiner Generation zu, nicht jüngere.
    Wer so streitbar, kontrovers und dabei teilweise so unsympathisch anmaßend rüberkommt, da wundert es mich nicht.


    Ich erkenne aber an, dass er einer der großen Literaten Deutschlands war, die sicher viel für die Literatur und Kultur des Landes geschaffen haben.
    Bei aller Streitbarkeit war er einer, der auf Dinge aufmerksam machte und nie müder wurde, zu sagen, was er mitteilen wollte. Manchmal muss man sagen, leider.


    So meine ganz persönliche Meinung.


    Für alle die jenigen, die mit ihm, seiner Art und seinen Büchern etwas anfangen konnten, tut es mir leid. Denn, ein großer Autor war er.

  • Was ich aber feststellen konnte, auf der Messe hörten ihm nur Leute seiner Generation zu, nicht jüngere.
    Wer so streitbar, kontrovers und dabei teilweise so unsympathisch anmaßend rüberkommt, da wundert es mich nicht.


    Ich erkenne aber an, dass er einer der großen Literaten Deutschlands war, die sicher viel für die Literatur und Kultur des Landes geschaffen haben.
    Bei aller Streitbarkeit war er einer, der auf Dinge aufmerksam machte und nie müder wurde, zu sagen, was er mitteilen wollte. Manchmal muss man sagen, leider.


    Das hast Du sehr gut ausgedrückt !
    Ich kann und will seine Bücher nicht beurteilen, wenn man keines gelesen hat sollte man da den Mund dazu halten.
    So kann ich das nur für den Menschen und nicht für den Autor tun. Man soll ja Toten nichts nachsagen aber auf mich wirkte er immer so unwahrscheinlich von sich eingenommen und, von wem auch immer dazu berufen, sich als Gutmensch und Moralapostel darzustellen der mit erhobenen Zeigefinger die Menschheit auf ihre Fehler hinweisen muss. Solche Menschen welche sich selbst so eine Art Gottstatus zuschustern sind mir so dermasssen unsympathisch dass ich die Bücher gar nicht lesen mag. Egal wie die nun geschrieben sind.
    Aber nun RIP, wer immer jetzt seine Reden anhören wird (muss).

  • Das hast Du sehr gut ausgedrückt !
    Ich kann und will seine Bücher nicht beurteilen, wenn man keines gelesen hat sollte man da den Mund dazu halten.
    So kann ich das nur für den Menschen und nicht für den Autor tun. Man soll ja Toten nichts nachsagen aber auf mich wirkte er immer so unwahrscheinlich von sich eingenommen und, von wem auch immer dazu berufen, sich als Gutmensch und Moralapostel darzustellen der mit erhobenen Zeigefinger die Menschheit auf ihre Fehler hinweisen muss. Solche Menschen welche sich selbst so eine Art Gottstatus zuschustern sind mir so dermasssen unsympathisch dass ich die Bücher gar nicht lesen mag. Egal wie die nun geschrieben sind.
    Aber nun RIP, wer immer jetzt seine Reden anhören wird (muss).


    Ich sehe das genauso wie ihr. Ich habe seine Bücher nie zu Ende lesen können und nur die Blechtrommel als Verfilmung gesehen. Als Mensch kam er mir immer sehr unsympatisch vor, fand es aber gut, dass er Probleme ganz offen angesprochen hat. Was man auch immer selbst davon halten mag.
    Doch 2006 hat er so ziemlich alle Glaubwürdigkeit verloren. Wer so penetrant den Zeigefinger erhebt und so lange seine eigene Vergangenheit nicht zu gibt bzw. verfälscht, dem höre ich nicht mehr zu.
    Trotzdem RIP Günter Grass

  • Schon interessant, wie leicht man sich so in Rage (oder Ablehnung) reden kann, wenns um Günter Grass geht. :wink: Unabhängig von einer Bewertung seines Charakters oder seines Auftretens finde ich es immerhin bemerkenswert, dass da ein Schriftsteller war, der nicht mit seiner Meinung hinter dem Berg gehalten hat, der sich eine politische Haltung "geleistet" hat und sie auch äußerte (auch ungefragt :lol: ). Von gegenwärtigen, jungen deutschen Autoren höre ich aus der Richtung so gut wie überhaupt nichts. Vielleicht schmälert eine politische Haltung ja den Absatz ihrer Bücher?!

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    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

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  • "Die Blechtrommel" habe ich seinerzeit mit meiner Mutter im Kino gesehen und empfand den Film als interessant, aber auch als sehr bedrückend. Das Buch habe ich daraufhin (an)gelesen, bin aber nur etwa bis zur Hälfte gekommen, da es wieder eine "schlechte Stimmung" bei mir erzeugte. Sonst habe ich gar nichts von Günter Grass gelesen, weil die Themen, über die er schrieb (Politik, Geschichte des Nachkriegsdeutschland) mich nicht übermäßig interessieren (--> falsche Zeit, falsches Land).


    Dass er aber ein "besonderer" Autor und eine wirkliche Persönlichkeit war, habe ich mitbekommen. Ich kann nicht sagen, dass er mir unsympathisch war, dazu habe ich mich zu wenig mit ihm beschäftigt, außerdem respektiere ich grundsätzlich Menschen, die ihre Meinung vertreten - auch wenn sie sich nicht mit meiner Meinung deckt.
    Jedenfalls hatte er ein langes Leben mit geistiger Kapazität bis zum Schluss und einen offenbar schnellen Tod ohne vorheriges Siechtum, was kann man sich mehr wünschen...

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
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  • Ich habe gerade mal zwei Bücher von Grass gekannt. Die Blechtrommel habe ich abgebrochen, gut fand ich "Katz und Maus". Er war jetzt kein Schriftsteller der mich so angesprochen hatte, dass ich mehr von ihm lesen wollte, aber er war mir immer als jemand präsent, der seiner Meinung Ausdruck verliehen hatte. Gefragt oder ungefragt.


    Jean van der Vlugt hat es besser ausgedrückt wie ich:

    Unabhängig von einer Bewertung seines Charakters oder seines Auftretens finde ich es immerhin bemerkenswert, dass da ein Schriftsteller war, der nicht mit seiner Meinung hinter dem Berg gehalten hat, der sich eine politische Haltung "geleistet" hat und sie auch äußerte (auch ungefragt ).


    Mit Siegfried Lenz und Heinrich Böll war er einer der "drei Großen" des 20. Jahrhunderts.


    Das war gestern auch ein Gedanke von mir.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


    SuB-Leichen-Challenge 2024: Alle Bücher bis inkl. 2022 [-X

    Klassiker-Challenge 2024


  • Schon interessant, wie leicht man sich so in Rage (oder Ablehnung) reden kann, wenns um Günter Grass geht.


    Nö, mit Rage hat das nix zu tun, das sieht anders aus. Das ist einfach eine persönliche Meinung kundtun. :wink:


    Jedenfalls hatte er ein langes Leben mit geistiger Kapazität bis zum Schluss und einen offenbar schnellen Tod ohne vorheriges Siechtum, was kann man sich mehr wünschen...


    Ja, genau so ist es. Besser kann man es wohl nicht ausdrücken ! :thumleft:

  • Auch wenn ich Günter Grass nicht zu meinen Lieblingsschriftstellern zähle, da mir sein Stil und seine Sprache nicht liegen, ist seine literarische Bedeutung unbestritten. Als einer der wenigen deutschen Autoren unserer Zeit war er nicht nur weltweit bekannt, sein Werk beeinflusste auch das Schreiben anderer berühmter Autoren wie Gabriel Garcia Marquez, Salman Rushdie und John Irving. Sein Verdienst ist es auch, dem deutschen Volk nach dem Krieg gezeigt zu haben, dass man sich in die Politik einmischen kann, darf, soll und muss.
    Allerdings habe ich sein Auftreten oft als ziemlich selbstgefällig und wichtigtuerisch empfunden. Seine Schweizer Kollegen Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch, die mir als Schriftsteller lieber sind, haben sich auch in die Politik eingemischt, aber wesentlich sachlicher und kompetenter. Als moralische Instanz hat Grass sich ein wenig zu weit aus dem Fenster gelehnt bzw. zu sehr auf den Putz gehauen. Wer das Schweigen und das Verdrängen nach dem Krieg massiv anprangert, dann jedoch selber so lange schweigt und verdrängt, gerät natürlich in den Verdacht, eine Doppelmoral zu betreiben. Trotzdem: Günter Grass' Bücher, Bildhauereien und Holzschnitte haben mich ebenso wie seine provokanten Äußerungen zur Politik ein Leben lang begleitet. Er wird mir fehlen.


    Gruß
    mofre

    :study: Zsuzsa Bánk - Die hellen Tage

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