Luke Delaney - Mein bist du/ Cold Killing

  • In London wird die Leiche eines jungen Mannes in seiner eigenen Wohnung brutal ermordet aufgefunden. Es gibt keine Einbruchsspuren und auch sonst sind keinerlei Hinweise auf den Täter zu finden. Als ermittelnder Beamter wird Detective Inspector Sean Corrigan mit dem Fall betraut und macht sich mit seinem Team auf Mördersuche. Corrigan hatte selbst eine bewegte dunkle Vergangenheit, die seine Wahrnehmung für die Abgründe von Verbrechern besonders geschärft hat und ihn bei seinen Ermittlungen unterstützt. Nachdem die Identität des Opfers schnell fest steht, findet die Polizei schnell einen Verdächtigen. Daniel Hellier ist ein eiskalter Investmentbanker mit Ehefrau und Kindern und Inspector Sean Corrigan immer einen Schritt voraus. Aufgrund von Corrigans Nachforschungen werden ältere Morde aufgedeckt, die ins Schema des Mörders passen, gleichzeitig werden neue Leichen gefunden. Hängt alles mit einem alten Fall von früher zusammen? Oder ist es vielleicht ein Nachahmer? Corrigan sitzt die Zeit im Nacken, denn der Mörder kommt ihm immer näher, gleichzeitig hat die Polizei noch keine Spuren gefunden. Wer ist das nächste Opfer, wie ist der Mörder zu schnappen?


    Luke Delaney hat mit seinem Debütroman „Mein bist Du“ einen spannenden Thriller vorgelegt. Der Schreibstil ist schön flüssig zu lesen, so dass einem die Seiten nur so durch die Finger sausen und man als Leser direkt mitten ins Geschehen katapultiert wird. Der Spannungsbogen wird bereits mit der ersten Seite aufgebaut und wird konstant hoch gehalten bis zum Finale. Der Roman teilt sich auf in zwei Handlungsstränge, zum einen wird aus der Sicht des Mörders in der Ichform erzählt, der zweite beschreibt die Suche nach dem Täter und die Arbeit, Gedanken- und Gefühlswelt von Corrigan. Die Charaktere sind recht vielfältig angelegt, man kann als Leser seine Sympathien gut verteilen. Hauptprotagonist Corrigan ist ein eher nachdenklicher Mann, der seine eigene Vergangenheit mit in seine Arbeit bringt. Seine Ängste und Sorgen, ebenfalls auf die andere Seite zu rutschen, sind unterschwellig immer präsent. Seine Sinne sind geschärft und seine Gedankengänge manchmal eher ungewöhnlich, doch seine Kollegen wissen, dass er nur auf diese Art zum Ziel kommt. Hellier ist gefühlskalt, aalglatt, schon fast schmierig zu nennen, dabei höchst intelligent, immer auf dem Sprung und nur auf sein eigenes Wohl bedacht. Die Hatz mit Corrigan macht ihm sichtlich Spaß.


    Luke Delaney hat sich eine Wahnsinnsstory ausgedacht und während er sie erzählt, lässt er sowohl Corrigan als auch den Leser mal in die eine, mal in die andere Richtung rennen und stiftet so einige Verwirrung. Häppchenweise gibt er einzelne Puzzleteile preis, die sich erst nach und nach zusammenfügen und zu einem Bild machen lassen. Die Morde werden ebenso akribisch beschrieben wie die Ermittlungsarbeit, wobei einem als Leser schon einmal mulmig werden darf. Dieser Roman ist auf jeden Fall nichts für Zartbesaitete. Allerdings gibt es innerhalb des Romans auch einige Ungereimtheiten und Andeutungen, die nicht weiter ausgeführt werden, wofür es einen Punktabzug gibt.


    Alles in allem ein sehr gelungenes spannungsgeladenes Thrillerdebüt, das allen Krimifans gefallen dürfte. Vor schlaflosen Nächten wird gewarnt! Von dem Autor wird man bestimmt noch einiges hören. Gut gemacht!


    Verdiente :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: !

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Ein spannender Thriller.


    Sean Corrigan ist Detective Inspector. Ein junger Mann wurde ermordet aufgefunden. Und der Inspector ermittelt. Nach und nach zieht die Untersuchung weitere Kreise.


    Ein "kaputter" Ermittler ist zwar nichts Neues im Thriller-Genre, dennoch wirkt die Erklärung seiner "kaputten" Kindheit glaubhaft, dass er die Begabung hat und sich in die Mörder, Vergewaltiger und Brandstifter hineindenken kann. Dass er sie "verstand". "Er wusste, warum sie tun mussten, was sie taten. Er verstand ihre Motivation." (S. 18)

    Bereits die Beschreibung der Eingangsszene im Park ist ein starker Einstieg in diesen Thriller: "Sie haben gegessen und die Enten gefüttert. Jetzt füttern sie ihren Glauben, wir wären eine ganz normale Familie." (S. 5) und lässt auf einen gut geschriebenen Thriller schließen, was sich auch im Laufe des Romans bestätigt.


    Mir persönlich gefallen so gute Formulierungen wie "... repräsentierte das bürgerfreundliche Gesicht der Londoner Polizei. Das saubere Hemd über einen ungewaschenen Körper." (S. 280); mit diesem Vergleich wird die Szene beschrieben, als Corrigans Vorgesetzter eine Pressekonferenz zum aktuellen Stand der Ermittlungen gibt.


    Es gibt ja das geflügelte Wort, an den Lippen eines Redners zu hängen.
    Hier habe ich als Leser das Gefühl, an den Worten des Autors zu hängen.
    Zeile für Zeile wird beim Lesen verschlungen.


    Die Ermittlungen gehen zügig voran – und als Leser hat man das Gefühl gerade aus, ohne Zickzack-Kurs – das ist angenehm.


    Zwei Erzählstränge:
    Ich-Perspektive = Mörder, Psychopath
    anderer Erzählstrang: Polizist und Ermittlungen


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    Der Originaltitel des Buches ist "Cold Killing", also "Kaltes Töten" oder "Kalter Mord". Schon im Prolog gewinnt man als Leser einen deutlichen Eindruck davon, warum der Autor diesen Titel wählte, denn er lässt direkt den Täter selber zu Wort kommen:
    "Ich hatte mich bereit erklärt, mit meiner Frau und den Kindern in den Park zu gehen. Sie sind drüben auf der Wiese hinter dem Hügel neben dem Teich. Sie haben gegessen und die Enten gefüttert. Jetzt füttern sie ihren Glauben, wir wären eine ganz normale glückliche Familie. Soweit es sie betrifft, sind wir das auch."
    Schon diese wenigen Zeilen reichten, um bei mir ein beklemmendes Gefühl zu erzeugen – bevor der Täter überhaupt anfing, über seine Morde zu sprechen. Ihm scheint jegliche Empathie abzugehen: Menschen sind für ihn bestenfalls Werkzeuge und Requisiten, schlimmstenfalls Opfer für seine unbändige Lust zu töten. Und das tut er akribisch geplant, berechnend, ohne den leisesten Hauch von Skrupel.


    Im Verlaufe der Geschichte gibt es immer wieder Passagen, die aus Sicht des Mörders geschrieben sind, und am erschreckendsten ist tatsächlich nicht die Gewalt, sondern die absolute, menschenverachtende Gefühlskälte, die aus diesen Szenen spricht.


    Und diesem Täter steht ein Ermittler gegenüber, der Mörder besser versteht, als ihm lieb ist.


    DI Sean Corrigan hat eine Gabe, die es ihm erlaubt, sich in die Denkweise von Mördern, Vergewaltigern und anderen Tätern hinein zu versetzen. Während es auf Außenstehende oft wirkt wie etwas beinahe Übernatürliches, weiß er es doch besser: seine schwere Kindheit hat ihn dermaßen traumatisiert und geprägt, dass ihn nur noch wenig trennt von den Menschen, die er jagt.


    Er kann sie verstehen. Er kann ihren Drang, zu töten, nachempfinden.


    Ein wenig machte er auf mich den Eindruck eines trockenen Alkoholikers, der genau weiß, dass er dem Durst niemals nachgeben darf – nicht für einen einzigen Tropfen! –, um sich nicht heillos in der Sucht zu verlieren. Es ist schwer zu sagen, ob er mit sich zu streng ist – ob er wirklich töten könnte. Tatsache ist, dass er sich dessen sicher ist.


    Und das gibt dem Duell zwischen Mörder und Ermittler eine ganz eigene Atmosphäre und Spannung. Ich fand sehr interessant, wie der Autor diesen Fall aufbaut: als Leser erfährt man von Anfang an weit mehr, als normalerweise in Thrillern der Fall ist. Viel der Spannung liegt nicht in der Aufklärung der Morde, sondern in der Konfrontation dieser beiden Menschen, die sich bis zu einem gewissen Grad sehr ähnlich sind.


    Diese Art der Konstruktion hätte leicht langweilig werden können, falls der Leser zu früh den Eindruck gewinnt, den Fall schon gelöst zu haben. Tatsächlich hat die Handlung aber doch weit mehr an Überraschungen zu bieten, als es über lange Strecken den Anschein macht: man sollte sich nicht zu früh dafür auf die Schulter klopfen! Die tatsächliche Aufklärung ist in meinen Augen brillant konstruiert und lässt im Rückblick einige Szenen in einem anderen Licht erscheinen.


    Zugegeben, im Mittelteil gibt es ein paar Passagen, die mir etwas zu langwierig beschrieben waren. Da verrennt sich Sean Corrigan zu sehr in seine Überzeugung, den Mörder perfekt verstehen zu können und dadurch genau zu wissen, was passiert ist, während er dann doch wichtige Hinweise übersieht oder falsch interpretiert.


    Dennoch konnte ich mich immer nur widerwillig von dem Buch lösen, wenn Arbeit oder Haushalt riefen.


    Am Schreibstil hat mich besonders beeindruckt, wie vollkommen unterschiedlich er klingt, je nachdem, welchem Charakter wir gerade folgen oder wer in einer Szene spricht. Viele Szenen weisen eine dichte Atmosphäre auf, und dann kommt wieder eine Szene aus Sicht des Mörders, die an steriler Gefühlskälte kaum zu überbieten ist.


    Ein Hinweis: die Gewalt wird zum Teil sehr explizit beschrieben, da wäre für meinen Geschmack oft weniger mehr gewesen.


    Auch ein wenig erschreckend fand ich, mit welcher Selbstverständlichkeit die Ermittler in diesem Thriller bereit sind, Beweismittel zu fingieren, weil sie sich ja absolut sicher sind, wer der Schuldige ist! Luke Delaney ist das Pseudonym eines ehemaligen Ermittlers, der unter anderem für die CID in Mordfällen ermittelte – da fragt man sich doch, wie oft so etwas wirklich passiert...


    Fazit:
    DI Sean Corrigan hat ein Gespür für die Abgründe in den Seelen von Mördern – spürt er diese Abgründe doch auch in sich selbst. In seinen eigenen Augen trennt ihn nur wenig von den Menschen, die er jagt, auch wenn man sich als Leser fragt, ob er da nicht zu streng mit sich selbst ist.


    "Mein bist du" stand über drei Jahre ungelesen in einem meiner Bücherregale. Jetzt habe ich es endlich gelesen und einen Debütroman entdeckt, der trotz kleinerer Schwächen viel Spannung und gute Unterhaltung bietet. (Hinweis: auf manchen Webseiten wird dieses Buch als zweiter Band der Reihe gekenzeichnet, es ist aber tatsächlich der erste Band!)


    Noch bleiben die Nebencharaktere ein wenig blass, aber dafür ist DI Sean Corrigan ein sehr starker Protagonist, und die Grundlagen für eine solide kontruierte Thriller-Reihe sind in meinen Augen gegeben.