Christos Tsiolkas - Barrakuda/Barracuda

  • Klappentext:
    Daniel Kelly hat nur eines in Kopf: Schwimmen und Siegen. Seine Eltern tun alles für ihn, seine Geschwister sehen zu ihm auf, von seinen Freunden wird er gefeiert. Doch dann verliert er einen entscheidenden Wettkampf, und alles ändert sich. Das Verhältnis zu sich selbst und zu denen, die ihm nahestehen. Erst allmählich gelingt es ihm, eine neue Sicht auf sein Leben zu finden.


    Autor:
    1965 als Sohn griechischer Immigranten in Melbourne geboren, gilt als einer der einflussreichsten Autoren Australiens. Sein bislang erfolgreichstes Buch, Nur eine Ohrfeige, wurde mehrfach ausgezeichnet und als Serie verfilmt.


    Wer bei diesem Roman nur an eine herkömmliche Sportlerbiografie denkt, liegt falsch. Die Schwimmkarriere des Dan Kelly steht zwar klar im Vordergrund der Handlung, aber der Roman kann sehr viel mehr. Er zeigt, dass auch im Gute-Laune-Land Australien das Überleben nicht immer einfach ist, das Geld auch hier regiert und immer wieder spricht Tsiolkas, wie schon in Nur eine Ohrfeige den latenten Rassismus an, der leider auch am anderen Ende der Welt allgegenwärtig ist.


    Der junge Danny Kelly erhält ein Sportstipendium für ein privates College, das in der Regel von weißen Jungs besucht wird, deren Eltern sich locker das üppige Schulgeld leisten können. Danny ist von Anfang an Außenseiter, nicht nur ist er der Arbeiterklasse zugehörig, auch ist er keiner von den blonden, blassen „Golden Boys“, seine Mutter ist Griechin, seine Vater irischer-schottischer Abstammung. Das einzige, was Danny anspornt, ist das Schwimmen. Im Wasser ist er schneller, besser, stärker als die anderen. Eine lange und ruhmreiche Karriere scheint ihm vorgezeichnet. Doch wie so oft, hat das Leben anderes mit ihm vor, so verliert er einen wichtigen Wettkampf, wahrscheinlich wäre hier der Weg des Schwimmers noch nicht zu Ende gewesen, aber Danny erträgt diese Niederlage nicht und sucht nach Schuldigen.
    Wie schon erwähnt handelt der Roman nicht nur ums Schwimmen, der Autor vermischt hier sehr viele Themen, so findet er auch einen Weg, den Leser kurz ins kalte Glasgow/Schottland zu schicken, um dort die vermeintliche Armut und Trostlosigkeit zu zeigen, in der dort die Figuren leben. Aber auch Homosexualität ist ein Thema, dass der Autor mit teilweise sehr deutlichen Szenen und einer deftigen Sprache ins Bild setzt. Und immer wieder ist von den Klassenunterschieden die Rede. Die Reichen baden an diesem Strand, die Armen an jenen. Hier die staatlichen Schulen, dort die privaten Colleges, auf der einen Seite Dannys Freunde, die irgendwann alle den Weg zur Universität gefunden haben, auf der anderen Seite Danny/Dan.


    Ich habe das Buch sehr gerne gelesen. Die Hauptfigur Danny ist kein Sympathieträger, zeitweise konnte ich ihn nicht ausstehen. Selbstgerecht und arrogant läuft er durchs Leben, auf der Suche nach Menschen, denen er die Schuld für sein Versagen geben kann. Doch Danny wandelt sich, ändert seine Ansichten, entwickelt sich. Mit der Zeit konnte ich ihn verstehen, nicht immer zu hundert Prozent, doch das möchte der Roman auch gar nicht erreichen. Jede Figur im Buch hat ihre eigene Geschichte, und über jede lässt sich vermutlich ein eigener Roman schreiben. Der Vater, der sehr stolz ist und mit Leidenschaft über Australien und die dortigen Verhältnisse lamentiert und schließlich feststellen muss, dass es ihm im Vergleich zu anderen gar nicht so schlecht geht. Dannys beste Freundin Demet, die vom kleinen, vorlauten Arbeiterkind zur Akademikerin wird und selbst nicht so ganz damit klarkommt. Interessante Figuren, die alle ihre Fehler haben und gerade deshalb sehr authentisch dargestellt werden.
    Ich freue mich auf jeden Fall auf weitere Bücher von Christos Tsiolkas, auch sein Debut Nur eine Ohrfeige konnte mich ja bereits voll überzeugen.

  • Ich hatte wirklich Probleme mich an das Buch zu gewöhnen.


    Inhalt:
    Es geht um Daniel Kelly. Einem talentierter Schwimmer.
    In der Gegenwart steht Daniel vor einer Entscheidung, die man noch nicht durchblicken kann.
    Seine Vergangenheit wird detailliert beschrieben. Schwimmen ist für Daniel alles. Das Wasser ist sein Leben. Nur dort fühlt er sich zuhause.
    Die Schule, die er durch ein Stipendium besucht ist eine Eliteschule, die er sonst nie hätte besuchen können. Dort hat Dan einen guten Schwimmtrainer, der weiß, dass Dan der Beste ist.
    Seine Mitschüler und „Mitschwimmer“ hassen ihn, mobben ihn und versuchen ihn ständig kleinzukriegen. Aber Dan hasst auch die anderen. Er nutzt seinen Hass und entwickelt daraus seine Kraft für das Schwimmen. So entwickelt er sich zu einem „olympiareifen“ Schwimmer.
    Leider gelingt ihm der Durchbruch nicht. Er ist noch verbitteter als ohnehin schon.
    So passiert ihm ein Gewaltausbruch, der ihn ins Gefängnis bringt. Dann ist da noch die Scham, und der Versuch der Wiedergutmachung…


    Meine Meinung:
    Das Buch ist so dermaßen zerstückelt, dass ich nie wirklich rein kam. Daher war es für mich manchmal auch schwierig mich zu erinnern wer jetzt Taylor ist, und warum sie gerade wo sind. Auch erklärt sich mir der Hass auf alles und jeden nicht. Kurz. Ich verstehe den Autor nicht. Mir fehlt der Zugang zu dem Buch.
    Der Erzählstil wechselt zwischen neutraler Erzählform und Ich-Erzählung. Je nachdem ob wir uns in der Vergangenheit oder in der Gegenwart befinden. Ständig springt der Autor in der Zeit hin und her. Manchmal habe ich das Gefühl, dass man die Abschnitte gar nicht erkennt, weil sie auf der nächsten Seite anfangen und somit auch kein Absatz zu erkennen ist.


    Was mir an diesem außerdem Buch nicht gefällt sind die ständigen Mantras, die Daniel immer wiederholt. Das nutzt sich ab und wirkt aufgesetzt. „Es wird mich zu einem besseren Schwimmer machen.“ zum Beispiel. Oder die Beschreibung von Atmen, Armzug, Beinschlag…. Ja, denkt man sich. Ich weiß es doch jetzt. Weiter im Text. Diese ständigen Wiederholungen ziehen sich bis zum bitteren Ende des Buches durch. Ich kann es einfach nicht leiden. Der Sprachstil ist einfach nicht meiner. Der Inhalt war nicht der, den ich erwartet habe. Puh, das Buch ist sehr schwer zu bewerten.
    Ansich ist es nur ein Stern, weil es mich gequält hat… Da mir aber einfach das Verständnis fehlt möchte ich zumindest einen Stern mehr geben.

    Liebe Grüße, Tardigrada


    :study: "Moja Igra" von Luka Modrić (Autobiografija)

    :bewertung1von5: 2018 gelesen: 23 :bewertung1von5: 2017 gelesen: 120 :bewertung1von5: 2016 gelesen 140 :bewertung1von5:2018 - 2019 Leseflaute

  • Daniel hat eigentlich nur einen einzigen Lebensinhalt: das Schwimmen. Schwimmen ist sein großes Talent, sein Hobby und sein Schlüssel zum Erfolg. Es hat ihm einen Stipendiumsplatz an einer Privatschule gesichert und soll ihn schließlich zu den Olympischen Spielen führen. Unter den meist reichen und verwöhnten Schulkameraden ist er ein Außenseiter, man zollt seiner Leistung aber widerwillig Respekt und nennt ihn irgendwann "Barrakuda", wenn er konzentriert mit Höchstgeschwindigkeit und perfekter Technik durchs Becken pflügt.


    Doch dann verhaut er ein wichtiges Rennen, und von da an ist sein Leben praktisch im freien Fall. Er sieht keinen Sinn mehr in Schule oder Training, gibt sich mit Aushilfsjobs zufrieden, vernachlässigt alles, was ihm einmal wichtig war, und schließlich kommt es, wie es kommen muss, und er wird in eine unschöne Auseinandersetzung mit schwerwiegenden Folgen verwickelt ...


    Christos Tsiolkas beleuchtet Daniels Leben von zwei Seiten her: in der Ich-Perspektive aus Sicht des erwachsenen Mannes um die dreißig, der so halbwegs seinen Platz im Leben gefunden hat und in einer Beziehung mit einem Mann lebt, dem er jedoch nie alles über sich erzählt hat, und als Erzähler in der dritten Person, wenn es um Daniels Vergangenheit geht, bis die beiden Erzählstränge irgendwann ineinander münden.


    Daniels Geschichte zeigt sehr schön, was geschehen kann, wenn man sein ganzes Leben und seine ganze Identität auf einer einzigen Sache aufbaut. Nach der großen Enttäuschung verliert er völlig jeglichen Mut, von vorn anzufangen, hat keinen Biss und kein Selbstvertrauen mehr, steht völlig neben sich. Er lässt niemanden so recht an sich heran, lässt sich abgestumpft durchs Leben treiben und muss erst ganz unten landen, bis er die Dinge wieder ganz allmählich in den Griff zu kriegen beginnt.


    Daniels Passivität und Fatalismus sind über weite Strecken extrem nervtötend, und so ganz schlüssig war es für mich auch nicht, dass ein verlorener Wettkampf ihn so komplett aus der Bahn wirft, auch wenn es ein wichtiger war, aber dennoch hat mich das Buch zu fesseln verstanden und ich war sehr gespannt, ob er doch noch irgendwann die Kurve kriegt.


    Gut gefallen hat mir, wie selbstverständlich Migrationshintergründe (Daniels Mutter ist Griechin, seine Eltern waren irische Einwanderer in Australien und seine beste Freundin ist Türkin) und Homosexualität eingeflochten wurden, ohne die Themen künstlich zu problematisieren.


    Was mir allerdings sehr auf die Nerven gegangen ist, war die vulgäre Ausdrucksweise, wenn es um (meist männliche) Geschlechtsteile oder sexuelle Handlungen ging. Ich kann mit Kraftausdrücken normalerweise gut leben, aber das klang hier immer unnötig grob für meine Ohren und hat den guten Gesamteindruck von Stil und Sprache deutlich getrübt. Ohne die vielen "Schwänze", "Eier" und ähnliches hätte es noch ein halbes Pünktchen mehr gegeben.

  • Meine Rezension ist schon acht Jahre alt, aber ich habe nun gesehen, dass ich hier noch gar nicht meine Meinung gepostet habe. Mir hat der Roman sehr gut gefallen, da möchte ich es gern ändern. :winken:

    "Barrakuda" ist ein eher ungewöhnlicher Roman, der seine Aufmerksamkeit auf kleine Details richtet, auf das emotionale Leben der Protagonisten, auf ihre Gedanken, Empfindungen. Der Hauptcharakter der Geschichte Daniel Kelly hat nur eins mit Kopf: Schwimmen und Siegen. Das ist das wofür er lebt, wofür es sich für ihn zu leben lohnt. Um ihm bessere Ausbildung zu ermöglichen, organisieren seine Eltern, dass er mithilfe eines Stipendiums eine angesehene Eliteschule besuchen kann. Hier bekommt er das bestmögliche Training, doch es bringt auch Schwierigkeiten mit sich. Denn Danny gehört nicht zu den Elite - Schülern: er kommt aus der Mittelschicht, seine Eltern sind einfache ehrliche Arbeiter, Danny wird nicht als seinesgleichen angesehen. Doch er trainiert, er wird der beste, er ist ehrgeizig und zielstrebig. Mit harter Arbeit verdient er sich die Anerkennung. Seinem Erfolg scheint nichts mehr im Wege zu stehen, doch dann kommt die Wendung...

    Christos Tsiolkas ist ein hervorragender Erzähler, ich habe das Buch Seite um Seite genossen, weniger wegen der Handlung, die zwar interessant und mitreißend war, viel mehr wegen der Art, wie die Geschichte von Danny erzählt wurde. "Barrakuda" ist eine berührende und emotionale Geschichte eines Außenseiters, der vieles gewinnt, aber auch vieles verliert. Ein lesenswerter Roman, der mich mit seiner Erdzählkraft beeindruckt hat. :thumleft:

    2024: Bücher: 100/Seiten: 43 976

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

    --------------------------------------------------

    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
    ------------------------------

    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

    ------------------------------

    Lese gerade:

    Adrian, Lara - Hüterin der Ewigkeit