Deborah O`Brien - Amys Geheimnis / Mr Chen`s Emporium

  • Inhalt

    Ein Ausflug mit ihren Freundinnen führt die 55jährige Witwe Angie Wallace in das beschauliche ehemalige Goldgräberstädtchen Millbrooke in Australien. Dort verliebt sie sich sofort in das leer stehende alte Pfarrhäuschen und zieht gegen den Rat und den Wunsch ihrer Freundinnen und ihrer beiden Söhne von Sydney in den australischen Busch.
    In der Scheune findet sie beim Aufräumen einen alten Koffer, einen Schatz voller Erinnerungen an ein längst vergangenes Leben, an eine längst vergangene Liebe.


    Nach und nach enthüllt Angie das Geheimnis um die siebzehnjährige Pfarrerstochter Amy Duncan, die selbst 1872 die australische Großstadt und ihre Ausbildung dort hinter sich lassen muss, um ihrer Familie auf dem Land helfen zu können. Doch in Millbrooke erwarten sie nicht nur der Haushalt und die Erziehung ihrer kleinen Brüder, ihre liebevolle Mutter und ihr konservativer Vater, sondern auch der bezaubernde Laden des chinesischen Einwanderers Charles Chen. Und so verliebt sich Amy nicht nur in seine exotischen Teesorten, seine feinen Seidenstoffe und filigrane Jadefigürchen, sondern auch in den charmanten und gebildeten Ladenbesitzer.


    Meine Meinung

    Endlich ein Australienroman, der ohne das typische rote Sonne- schwarzes Land- Cover auskommt, sondern mit einem verträumten und dennoch stilvollen Cover bezaubert: ein Mädchen, das Vögel aus einem Vogelkäfig befreit und die dann davon fliegen… Vielleicht ein Bild für Amy, die sich aus den Zwängen ihrer Familie und der Gesellschaft befreit... oder ihren hoffnungslosen Traum, sich zu befreien, aufzeigt...


    So untypisch wie das Cover für das Genre fand ich aber auch Amy und Angies Geschichte, und nicht weniger bezaubernd.
    Die australische Autorin verwebt die beiden Handlungsstränge auf zwei verschiedenen Zeitebenen, in zwei verschiedenen Jahrhunderten, geschickt miteinander und trifft dabei immer genau den richtigen Ton.
    Während Amys Part vor über einhundert Jahren sicherlich für die Liebhaberinnen dieses Genres nicht viel Neues bieten kann, ist Angies Part in der Gegenwart erfrischend anders.
    Dennoch fand ich Amy und ihr Wesen einfach zauberhaft. Wenn sie sich in den attraktiven Charles Chen und seinen exotischen Laden verliebt, in Herzensangelegenheiten ihre Romanheldinnen Jane Eyre und Elizabeth Bennet zu Rate zieht und zitiert, sie Charles immer wieder mit Aladin aus „Histoire d`Aladdin, ou la lampe merveilleuse“, das sie zusammen mit ihrer neuen Freundin Eliza liest, vergleicht, kann man sich ihrem mädchenhaftem und unbedarftem Charme einfach nicht entziehen.

    Man erliegt einfach dieser australischen Romantik, wobei es die Autorin immer wieder versteht, auch ernstere Töne anzuschlagen. Denn vor dem Hintergrund des Goldgräberfiebers und den Vorurteilen und dem unverhohlenem Rassismus gegenüber den chinesischen Einwanderern und Minenarbeitern, bleiben Konflikte nicht aus, und man sieht die düstere Wolke über Amy und Charles bereits heraneilen.


    Ab einem gewissen Punkt schreitet die Geschichte um Amy jedoch auf einmal rasch voran – zu rasch voran für meinen Geschmack. Naheliegende Konflikte werden nicht ausgereizt, stattdessen unerwartete Wendungen genommen.
    Die Autorin legt dann jedoch ihr Hauptaugenmerk geschickt auf Angies Geschichte und so schlichen sich Angie und ihre Alpakas und ihr verfrorener Lavendel und ihre Recherche nach Amys Schicksal ziemlich schnell in mein Leserherz.
    Allerspätestens ab diesem Zeitpunkt konnte ich die Passagen um Angie kaum mehr erwarten. Denn über die verwitwete Angie und ihren malenden Damenkreis zu lesen, über Angie und ihren kauzigen Vermieter Richard und über Angie und ihren… (verrat ich nicht) war einfach bezaubernd, anders, amüsant und dennoch irgendwie realistisch und nicht romantisch verklärt. Denn das Leben auf dem Land wird sich ein klein wenig anders als Angies Freundinnen ihr es prophezeien entwickeln…


    Meiner Meinung nach hat die Autorin auch genau dies bezweckt: Angie soll gewisse Parallelen zwischen ihrem und Amys Lebenslauf entdecken, sie soll sich Amy als Vorbild nehmen und nicht vergessen, ihr Leben zu leben, ihr eigenes Glück zu suchen, den Frühling nach dem Winter zu sehen.


    In solchen Familienromanen, die sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart spielen, liegt der Schwerpunkt meist auf den Geschehnissen in der Vergangenheit, nicht aber hier. Oft ist die Figur in der Gegenwart nur Mittel zum Zweck. Eine Figur, der man in der Rahmenhandlung noch schnell eine Liebesgeschichte auf den Leib schreibt, während sie ein längst vergessenes Familiengeheimnis lüftet, nicht aber hier. Manches kommt genauso wie man es als Leser erwartet, manches ganz anders! Und so verliebt man sich zusammen mit Angie in Millbrooke und seine Einwohner.


    Manche Leser könnten sicherlich bemängeln, dass die Autorin besser auf bestimmte Entscheidungen und Verhaltensweisen ihrer Protagonistinnen hätte hinarbeiten können. Oder dass Amys Geschichte irgendwann aus dem Vordergrund gedrängt wird. Sicherlich könnte man auch kritisieren, dass Deborah O `Brien gewisse Themen wie Rassismus, Diskriminierung, die Vereinbarkeit von Tourismus, Bergbau, Umwelt- und Artenschutz nur oberflächlich anreißt, aber ich fand das Gleichgewicht zwischen Liebesgeschichte, Selbstfindung und dem Ansprechen historisch unleugbarer und aktuell brisanter Themen einfach ausgewogen.
    Die verschiedenen Problematiken vor dem jeweiligen zeitgenössischen Hintergrund bleiben dezent und unaufdringlich, verwirken dadurch aber nicht ihre Botschaft.


    Und nicht zuletzt schafft die Autorin durch ihren auf das jeweilige Jahrhundert angepassten Schreibstil eine bezaubernde und mitreißende Atmosphäre.
    Unweigerlich hat man Amy vor Augen, wie sie ein Schnabeltier im Bachlauf beobachtet, Charles, wie er sich in seiner türkisfarbenen Seidenweste über eine Tasse Tee beugt, Angie, wie sie dem Geheimnis um Amy nachspürt und mit Amy hofft und bangt, oder den exzentrischen Richard mit seinen bunten Bommelmützen.


    Fazit

    Ein bezaubernder Roman über zwei Frauen aus zwei verschiedenen Epochen, die den Mut und die Stärke finden, ihrem Herzen zu folgen, ihr Glück zu suchen.
    Deborah O`Brien ist ein Australienroman gelungen, bei dem man mitleiden, mitfiebern und mitschmunzeln kann.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    :study: C L Wilson - Der Winter erwacht
    :) Gelesen 2013: 105 / 2014: 77 / 2015: 16
    8-[ SUB: Ich geb`s auf...



    Einmal editiert, zuletzt von Elskamin ()

  • Das Original "Mr Chen`s Emporium" scheint es nur in Australien zu geben.
    Hier der Link zur Homepage der Autorin: Klick .
    Dort gibt es auch eine Ankündigung eines Folgebandes namens "The Jade Widow".

    :study: C L Wilson - Der Winter erwacht
    :) Gelesen 2013: 105 / 2014: 77 / 2015: 16
    8-[ SUB: Ich geb`s auf...



  • Rückentext von nsb.ch
    keine??


    meine Meinung / Rezension:
    Das Buch habe ich beim schmökern per Zufall gesehen. Amys Geheimnis klang für mich spannend, das Cover mit den Vögel die freigelassen werden war wunderschön. Der Rückentext hat mich etwas "geschockt" "zwei Frauen, eine lang vergessene Geschichte und die unstillbare Sehnsucht nach Glück". Ein Buch, das ich in der Regel nicht beachten würde. Es liess mir aber keine Ruhe und ich lass die Leseprobe. Die faszinierte mich so sehr, dass ich das Buch schlussendlich kaufen musste.


    Das Buch hat mich dann in einen Bann gezogen der fast unbeschreiblich ist. Noch nie hat mich ein Buch mit einem solchen Inhalt so unglaublich fasziniert, zum weinen animiert, zum lachen... Ein fantastisches Buch mit einer Geschichte die einem nicht mehr loslässt. Die Details so wunderbar auf den Punkt gebracht, nicht zu viel, nicht zu wenig. Man kam sich fast vor, als Lebe man neben den zwei Personen.


    Nun darf ich es natürlich nicht unterlassen, euch etwas "gwundrig" zu machen :-)


    Es geht um zwei Erzählungen, die unweigerlich einmal zusammen fallen.


    1872 reist Amy Duncan nach Millbrooke. Ihre Eltern und ihre zwei Brüder sind bereits früher dahin gereist, da ihr Vater als Reverend dahin versetzt worden ist. Amy durfte bei ihrer Tante weiterleben und die Schulische Erziehung geniessen. Nun ist aber die Mutter erkrankt und Amy muss im Haushalt helfen gehen, die Jungs erziehen, unterrichten... Amy begegnet in einem speziellen Warenhaus Charles und verliebt sich unsterblich in ihn. Nur leider toleriert das ihr Vater gar nicht, schliesslich ist Charles ein "dazugezogener Chinese" - ein Schlitzauge, wie er öfters mal genannt wird.


    Heute
    Angie hat kürzlich ihren über allen geliebten Ehemann verloren. Während ihrer Trauer zieht sie sich immer mehr zurück. Ihre Freundinnen versuchen sie aufzuheitern und nehmen sie mit zum ehemaligen Goldgräberdorf Millbrooke um sie auf andere Gedanken zu bringen. Angie verliebt sich in das Dorf und das freistehende Pfarrerhaus und entschliesst ich, dahin zu ziehen. Ihre zwei Kinder sind nicht gerade begeistert und auch ihre Freundinnen nicht, aber für Angie ist das die Möglichkeit, wieder auf die Füsse zu kommen. Sie möchte ein Atelier einrichten, Malunterricht geben... Während ihrer Zeit in Millbrooke wird sie zufälligerweise mit der Geschichte von Amy konfrontiert und so recherchiert sie das Leben der Amy Duncan.


    Ich kann es nur noch einmal betonen. Ein spezielles, faszinierendes Buch, dass einem in einen Bann der Goldgräber, der alten und neuen Zeiten, der alten und neuen Einstellungen konfrontiert auf eine solch süsse Art, einfach faszinierend.

  • das Buch wurde schon rezensiert:
    hier
    unser Geduldsengel Brigitte kann es sicher anhängen :)

    2024: Bücher: 100/Seiten: 43 976

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

    --------------------------------------------------

    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
    ------------------------------

    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

    ------------------------------

    Lese gerade:

    Adrian, Lara - Hüterin der Ewigkeit

  • Der Ungeduldsteufel hat sich vorgedrängelt. :twisted:

    der war gut :wink: Danke!

    2024: Bücher: 100/Seiten: 43 976

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

    --------------------------------------------------

    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
    ------------------------------

    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

    ------------------------------

    Lese gerade:

    Adrian, Lara - Hüterin der Ewigkeit