Nina George - Das Lavendelzimmer

  • Nina George - Das Lavendelzimmer

    zauberhaft !!!

    Ein wunderschöner Roman über das Verlassen werden, der sich in einem eher unscheinbaren Äußeren verbirgt. Hätte ich dieses Buch nicht empfohlen bekommen, ich hätte es mir wahrscheinlich nicht angesehen. Es ist mir dann doch etwas zu niedlich vom Äußeren. Ich weiß, man sollte nicht nach dem äußeren Schein gehen. Aber manchmal kann ich schlecht über meinen Schatten springen. Aber das ist ja eigentlich auch eine Geschmacksfrage.


    Ein Buchhändler (Monsieur Perdu), der seine Buchhandlung mit dem Namen "Die literarische Apotheke" auf einem Schiff untergebracht hat und der jedem Besucher seines Ladens ansieht/erfühlt wie es ihm geht, um ihm postwendend das richtige Buch zu überreichen, zur Heilung sozusagen. Was für eine wunderschöne Idee ! Wenn es nur so einfach wäre !

    In seinem Wohnhaus zieht eine neue Mieterin ein, die nach langer Zeit von ihrem Mann verlassen wurde und nun vor dem Nichts steht. Durch die Concierge und eine Mitmieterin des Hauses wird er gefragt, ob er nicht einen Tisch für diese Dame zum Verschenken hätte. Dies bringt bei ihm lange verschlossene Gefühle/Empfindungen zu tage. Der Tisch steht nämlich in einem seit 21 Jahren verschlossenem Zimmer, dem Lavendelzimmer. Er wurde vor 21 Jahren von seiner großen Liebe (Manon) verlassen, über Nacht, ohne miteinander geredet zu haben. Sie hatte ihm nur einen Brief auf den Tisch gelegt. Das veränderte Monsieur Perdu nachhaltig, er verschloss das Zimmer und auch sich selbst. Durch die jetzige Situation öffnet er das Zimmer um für die Nachbarin den Tisch zu holen. Diese findet in der Schublade den Brief (er hatte damals nicht die Kraft ihn zu öffnen und zu lesen, verstaute ihn erstmal in der Tischschublade), übergibt ihn Monsieur Perdu und er wird mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Letztendlich liest er den Brief und macht sich mit seinem Bücherschiff und einigen skurrilen Charakteren auf den Weg von Paris in die Provence (Manons Heimat). Ein Roadtrip in Frankreich, nicht auf der Straße, sondern zu Wasser.


    Dieses Buch hat mich verzaubert. Es liest sich überaus flüssig und ist in keiner Weise kitschig geschrieben. Sondern eher überaus einfallsreich und sehr humorvoll. Ich habe sehr viel Lachen und Schmunzeln müssen. Der Schreibstil ist einfach, aber wunderschön. Er regt viel zum Nachdenken an. Und immer wieder Verweise auf andere Bücher. Wundervoll !!!


    "Eine Hommage an die Macht der Bücher und des Lesens, an die Liebe und an die Magie des südlichen Lichts!"

  • Eines der wunderschönsten Bücher, die ich je gelesen habe! Schon lange habe ich bei einem Buch nicht mehr so viel geheult... weil ich mit Jean traurig war, aber auch oft, weil es sooo schön geschrieben ist.

  • Jean Perdu ist um die 50 und verkauft auf seinem Bücherboot Lektüre an Pariser Einheimische wie auch an Touristen. Das mag auf Außenstehende ziemlich romantisch wirken, doch Jeans Leben ist alles andere als das. Zwar gilt seine Leidenschaft der Literatur, und er hat eine besondere Gabe, seiner Kundschaft genau die Bücher zu empfehlen, die sie zu diesem Zeitpunkt in ihrem Leben brauchen, doch sich selbst kann er nicht helfen, endlich über den Verlust seiner großen Liebe vor über 20 Jahren hinwegzukommen. Seine Wohnung ist spartanisch eingerichtet, nachdem er vor Kummer das Mobiliar zertrümmert und vieles andere weggeworfen hat, abgesehen von einem Zimmer, in dem er alles weggesperrt hat, was ihn an Manon erinnert. Und auch in seinem Kopf hat er Manon weggeschlossen, will um jeden Preis vermeiden, alte Wunden wieder aufzureißen, und versagt sich gerade dadurch jegliche Chance, mit der Vergangenheit abzuschließen und endlich wieder nach vorne zu blicken.


    Als in seinem Mietshaus Catherine einzieht, kommt es zu einer Annäherung zwischen den beiden, doch bevor sich etwas Tiefergehendes entwickeln kann, öffnet Jean den letzten Brief, den Manon ihm damals geschrieben hat. Was darin steht, wirft ihn völlig aus der Bahn, und er macht spontan die Leinen los und fährt mit seinem Bücherschiff davon, mit kaum mehr an Bord als seinen Büchern, seinen Katzen und einem Jungschriftsteller in der Schaffenskrise. Diese Reise in den Süden Frankreichs führt ihn nicht nur auf Manons Spuren, sondern zwingt ihn schließlich auch, sich endlich "seinen" Themen zu stellen und nicht immer nur zu verdrängen.


    Die Geschichte eines Ausbruchs aus einer unglücklichen Lebensrealität und der darauffolgenden Selbstfindungsphase hat Nina George schon in ihrem Erstling "Die Mondspielerin" erzählt. Jean Perdus Probleme sind zwar anders gelagert als die der anderen Protagonistin, aber der Verlauf der Handlung ähnelt sich durchaus. Sympathisch-schrullige Weggefährten, eine schöne Gegend, kulinarische Genüsse und viel Frankreich-Flair spielen in beiden Büchern eine wichtige Rolle, nur dass hier die Wasserstraßen zwischen Paris und Südfrankreich und schließlich die Provence im Mittelpunkt stehen.


    An diesen Parallelen lag es jedoch nicht, dass mir Georges erstes Buch besser gefiel. Hier fand ich vieles ein wenig aufgesetzt: die aufkeimende Liebelei zwischen Jean und seiner Nachbarin ging mir zu schnell, die meisten Nebenfiguren waren mir ein bisschen zu verschroben-putzig (insbesondere die Lebensweisheiten versprühende Alleskönnerin), und es fügte sich oft alles ein wenig zu gut, etwa wenn Jean und sein Mitreisender es tagelang schaffen, sich ohne Bargeld oder Kreditkarten durchzuschlagen. Die Auszüge aus Manons Tagebüchern, die zwischendurch eingestreut werden, waren ziemlich schwülstig, und die ganze Auflösung ihres plötzlichen Rückzugs aus Jeans Leben war zwar schon berührend, aber auch ganz schön kitschig.


    Ein Buch, in dem mir die Atmosphäre wesentlich besser gefallen hat als die Handlung. Schön ist allerdings, dass sehr viel Liebe zum Lesen und zur Literatur aus den Zeilen spricht. Am Ende des Buches finden sich dann auch einige Tips aus Jeans "Literaturapotheke" für alle möglichen Lebenslagen sowie verschiedene Kochrezepte aus der provenzalischen Küche, eine wirklich schöne Abrundung des Romans, in dem sowohl gute Bücher als auch französisches Savoir-vivre eine wichtige Rolle spielen.