Sandra Roth: Lotta Wundertüte

  • Inhalt (Klappentext von nsb.ch)
    Zum Lachen muss man nicht laufen können
    Lotta, drei Jahre alt, ein Schmoller, ein Schlawiner, blond, zickig, zäh, süß und schwerbehindert. Wie lebt es sich mit einem solchen Kind? Ein ehrlicher, zutiefst berührender Bericht über Familie, Mut, Leiden und Lachen und die Frage: Was zählt im Leben?
    Herbst 2009. Sandra Roth ist im neunten Monat schwanger. Mit Lotta, einem Wunschkind, die Vorfreude der Familie ist groß. Doch bei einer Routineuntersuchung erfährt sie, dass das Gehirn ihrer Tochter nicht mit ausreichend Blut versorgt wird. Welche Konsequenzen diese Gefäßfehlbildung für das Leben von Lotta haben wird, können die Ärzte nicht vorhersagen. "Lotta Wundertüte: Man weiß nie, was drin ist", sagt einer.
    Lotta könnte ein "Rollstuhl-Baby" sein, so nennt das ihr zwei Jahre älterer Bruder Ben. Während er auch gerne einen Rollstuhl hätte, weil man dann nicht selbst laufen muss, setzen sich die Eltern mit anderen Fragen auseinander: Wie lebt es sich mit einem behinderten Kind in einer G esellschaft, die alles daransetzt, Behinderungen und Krankheiten abzuschaffen? Wie reagieren Freunde, Nachbarn, Kollegen? Und was wird Lotta für ein Leben haben eingeschränkt, ausgegrenzt? Oder angenommen und geliebt?
    Authentisch und liebevoll erzählt Sandra Roth von den ersten drei Jahren mit Lotta, Jahre voller Kämpfe, Überraschungen, Leid und Glück, an deren Ende wir eine lächelnde Lotta im Kindergarten erleben. Ein Buch voll großer Fragen, das Mut macht, auch den schwierigen Momenten im Leben mit Optimismus und Humor zu begegnen.




    Aufbau und Handlung / eigene Meinung
    Lotta Wundertüte, ein Buch das das Herz tief berührt. Sandra Roht zeigt mit diesem Buch sehr viel Mut. Sie steht auf und schreibt ein Buch über ein Tabu-Thema und das nicht als aussenstehende oder nur mit negativen Punkten. Nein, es ist ihr Kind, es ihre Geschichte und es zeigt positives wie auch negatives auf. Hut ab vor dieser Courage. Ein Buch, das wirklich zum Denken anregt und zur Pflichtlektüre werden sollte. Als ich las, dass schätzungsweise 90%!! der Down-Snydrom-Verdachtsfälle abgetrieben werden, wurde ich das erste Mal nachdenklich. Sandra Roth beschreibt sehr genau die Gefühle die sie und ihr Mann hatten. Wie kann man über ein Lebewesen einfach entscheiden ob es leben soll oder nicht. Kann man beurteilen, ob das Kind glücklich wird oder nicht. Ob das Kind nicht auch mit einer Behinderung glücklich sein kann? Viele Fragen werden in dem Buch einfach geschrieben, das fand ich aber richtig und gut. Schliesslich gibt es in einer solchen Situation immer Fragen die nicht beantwortet werden können. Auch, dass darüber geschrieben wird, weshalb sie es getroffen hat, und nicht die rauchende Schwangere nebenan... Das Buch ist sehr real geschrieben, enthält alles, was in der Zeit passieren kann und auch passierte, man merkt, dass nichts verschönert worden ist, aber genau aus diesem Grunde regt es ja so zum denken an. Auch die Bürokratie, Anträge die einfach verschwinden, Anträge bei denen man einfach mal nicht zuständig sein möchte, Anträge die man einfach ablehnt weil es vermutlich gerade einfacher war... Die ganzen Arzt Termine, die Verzweiflung, zwei Schritte voran und drei zurück.
    Das Buch ist sehr tiefgreifend geschrieben. Man leidet mit der Familie mit, man freut sich aber auch über jeden kleinsten Schritt den Lotta macht, jedes Lächeln... Man lernt wirklich das Leben wieder einmal in einem anderen Licht zu sehen. Man sollte öfters den Kontakt suchen, auch ein Kind mit einer Behinderung ist ein Kind das viel geben kann.


    Ich hoffe, dass Sandra Roth ein weiteres Buch schreiben wird, man möchte einfach mehr erfahren, wie es Lotta in den weiteren Jahren ergeht...


    Bei einer Routinen Schwangerschaftsuntersuchung im 9. Monat wird festgestellt, dass das Hirn von Lotta nicht richtig durchblutet wird. Frau Roth wird sofort ins Krankenhaus überwiesen, wo man leider etwas überfordert ist. Nachdem sie einige Zeit im Krankenhaus lag hat man sie dann nach Duisburg überwiesen. Leider waren die Ärzte nicht nur eine Hilfe, einer erzählt das, der andere jenes und schlussendlich waren sie nur noch verunsichert. Soll sie wirklich im 9. Monat noch abtreiben ohne zu wissen, wie ausgeprägt die Schädigungen wirklich sind? Sie entscheiden sich für Lotta, ein Sonnenschein, leider zeigt sich sehr schnell, dass die Schäden im Hirn schlimmer sind als angenommen, die Sehkraft ist nicht vorhanden, Epileptische Anfälle beginnen auf einmal... Sandra Roth kommt an ihre Grenzen, ihr Mann versucht sie zu Unterstützen wo sie kann, Ihre Familie und die treue Babysitterin sind auch zu jeder Zeit für sie da. Nichts desto trotz ist das ganze eine riesen Belastung welches die Familie mit Bravour meistert. Jeder weitere Schicksalsschlag nehmen sie an und beginnen zu kämpfen, für Lotta für ihre Liebe...



  • Ein bewegend ehrliches Roman. Über die Hindernisse, die die Eltern und Angehöriger kranker Kinder haben, über die Ängste, über die Wut, über dumme Bemerkungen Außenstehender, über Schmerzen, die man zusammen mit einem kranken Kind leidet, aber auch über die Freuden, die einem nicht versagt bleiben: Über die Freunden der überstandenen Operationen, über die Freude der kleinen Schritte, über das erste Lachen, über die Liebe. Und die Lebenserkenntnisse...


    Eine breite Palette an Gefühlen, die der Leser zusammen mit der Autorin durchlebt, bietet die Geschichte von Lotta - der Wundertüte. Wer auch immer das kleine Mädchen Lotta mit der Wundertüte verglichen hat: Dank dafür, denn liebevoller und treffender, könnte man das nicht ausdrücken. Ein emotionales authentisches Buch, das auf keinen Fall auf Mitleid, nicht ein mal auf Mitgefühl aus ist, sondern nur darauf die Geschichte von der Lotta, ihren Eltern und ihrem Bruder zu erzählen. So wie sie ist. Ein Buch, das viel mehr mit der positiven Einstellung der Autorin, die Leser für sich und Lotta gewinnt.


    Ein Zitat hat mir besonders gut gefallen:
    "Vielleicht muss man sich Selbstmitleid leisten können. Wer in einer Pfütze voll Kummer sitzt, kann sich darin wälzen und suhlen. Wer im tiefen Meer schwimmt, und kein Land in Sicht, der will nicht darüber nachdenken, wie tief es nach unten geht, wie kalt das Wasser, wie hoch die Wellen, wie schwer die Arme. Der muss sich darauf konzentrieren, den Kopf oben zu halten."


    Es würde mich freuen den Namen der Autorin wieder mal unter Neuerscheinungen zu entdecken.
    von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    2024: Bücher: 100/Seiten: 43 976

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

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    Lese gerade:

    Adrian, Lara - Hüterin der Ewigkeit

  • Ich habe schon seit längerer Zeit kein Buch mehr gelesen, von dem ich mir sicher war, dass meine Rezension diesem niemals gerecht werden könnte. Lotta Wundertüte war genau so ein Buch - echt und authentisch, erschreckend und beeindruckend, fröhlich und auf ganzer Linie wundervoll.


    Was Sandra Roth in ihrem Debüt gibt, ist ein sehr intimer Einblick in das Innenleben ihrer kleinen Familie. Sie erzählt viel und wirft noch mehr Fragen auf - wichtige Fragen, über die es sich nachzudenken lohnt. Der Ton, den sie dabei wählt, hat oft etwas Leichtes, manchmal etwas Ironisches, ab und an etwas Bitteres und Verängstigtes, aber er ist immer mit sehr viel Liebe zum Detail gewählt. Schwarzweiß ist das Leben seit Lotta nur noch selten und Antworten auf die Fragen, die das Leben und die Autorin aufwerfen, sind oft ebenso bunt und komplex wie der Inhalt einer Wundertüte. Wie Lotta selbst eben.


    Die Themen in diesem Glanzstück von Literatur reichen von Wut über Angst, von Schuld über Stolz und von wertvollen Freunden bis hin zu taktlosen Mitmenschen, bis sie schließlich alle irgendwann bei der Liebe landen, die eine Familie in ihrem Kern zusammenhält. Und das niemals trotz oder obwohl einer Behinderung, sondern einfach weil Lotta die Tochter und kleine Schwester ist, die sie ist, in all ihrer Komplexität. Sandra Roth zeigt auf, dass noch niemand von uns einen universellen Vertrag über Gerechtigkeit und Unrecht unterschrieben hat:


    "An diesem Abend beginnen wir mit dem Schicksal zu verhandeln. Lass uns das Reden, das Verstehen, den Rollstuhl können wir akzeptieren, aber lass uns ein Lächeln. Wir erstellen eine Hierarchie dessen, was wir uns für unsere Tochter wünschen. Wir versuchen, unsere Ansprüche nach unten zu schrauben. Die Verhandlungen werden sich über die nächsten Jahre ziehen."


    Ein Buch, das es mir als Rezensentin sehr schwer gemacht hat, es in nur wenige Worte zu fassen. Stattdessen möchte ich es nehmen und so vielen Menschen wie nur möglich in die Hand drücken, damit es immer und immer und immer wieder gelesen wird.



    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :love:

    merveille.


    It was that kind of a crazy afternoon, terrifically cold, and no sun out or anything,
    and you felt like you were disappearing every time you crossed a road.


    Catcher in the Rye. ♥

  • Ein Buch, das es mir als Rezensentin sehr schwer gemacht hat, es in nur wenige Worte zu fassen. Stattdessen möchte ich es nehmen und so vielen Menschen wie nur möglich in die Hand drücken, damit es immer und immer und immer wieder gelesen wird.

    schön zu lesen, dass es so vielen das Buch so gut gefallen hat :thumleft:
    Ich war von der "Lotte" aus so begeistert. :wink: Hoffe wirklich sehr, dass es von der Autorin noch mehr Geschichten zu lesen gibt.

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  • Ich auch. :)


    Ich habe nach der Schule ein FSJ in einer Schule für Kids mit Behinderung gemacht und studiere jetzt Internationale Soziale Arbeit - da bin ich mit der Thematik von Lotta Wundertüte schon oft in Berührung gekommen, Inklusion fällt als Schlagwort immer und immer wieder. Ich kenne sämtliche Perspektiven dazu - die von Eltern, Politikern, Menschen mit Behinderung selbst, von Geschwistern und den "professionellen" Blickwinkel. Aber ich habe selten etwas gelesen, das so allumfassend und wundervoll ist wie dieses Buch. Ich sehe mich glänzend darin scheitern, es auf eine Rezension herunterbrechen zu wollen, Sandra Roth ist da wirklich etwas ganz Großes gelungen. Nicht nur als Thematik, sondern auch als Erzählung.

    merveille.


    It was that kind of a crazy afternoon, terrifically cold, and no sun out or anything,
    and you felt like you were disappearing every time you crossed a road.


    Catcher in the Rye. ♥

  • Aber ich habe selten etwas gelesen, das so allumfassend und wundervoll ist wie dieses Buch. Ich sehe mich glänzend darin scheitern, es auf eine Rezension herunterbrechen zu wollen, Sandra Roth ist da wirklich etwas ganz Großes gelungen. Nicht nur als Thematik, sondern auch als Erzählung.

    das stimmt, ihre Art dieses sensibles und schwieriges Thema so ehrlich und authentisch anzusprechen - ist absolut gewinnend :thumleft:

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  • Sandra Roth erzählt aus ihrem Leben mit ihrer mehrfach schwerbehinderten Tochter Lotta, ihrem Sohn Ben und ihrem Mann Harry. Lotta hat ein Loch in einer Ader, welcher Blut zum Gehirn transportiert. Dadurch gelangt wenig Blut und somit auch wenig Sauerstoff in ihr Gehirn. Folgen sind unter anderem eine verzögerte Entwicklung, Blindheit und eine körperliche Behinderung. Sandra und ihr Mann versuchen die schwere Aufgabe, die Pflege von Lotta, ihre Krankenhausaufenthalte, aber auch die Erziehung von Ben unter einen Hut zu bringen.
    Die Geschichte von Lotta berührt zutiefst. Sandra Roth beschreibt ausführlich ihre Lage und wie sie sich dabei fühlt. Ihr Leben verläuft wie in einer Achterbahn und der Leser wird dabei mitgenommen. Außerdem wird man angeregt selbst darüber nachzudenken, ab wann man ein Leben nicht lebenswert empfindet, ob man ein behindertes Kind abtreiben würde, wie man sich selbst gegenüber behinderten Menschen verhält. Dies ist ein sehr schwieriges Thema, was von vielen Menschen leider noch als Tabu-Thema empfunden wird. Auch Behörden legen ihnen viele Stolpersteine in den Weg. Trotzdem geben Sandra und ihr Mann Harry nicht auf und können mit ihrem Buch auch anderen Betroffenen Mut geben.
    Der Erzählstil ist flüssig und das Buch insgesamt sehr schnell gelesen. Auch wenn das Thema sehr ernst und sehr bedrückend ist, gibt es auch humorvolle Szenen.