Kurzbeschreibung von Amazon.de:
In einer verregneten Nacht begegnen die Jungen Phil, Jamie und Martin einem seltsamen Mann, dessen Körper über und über mit Narben bedeckt ist. Er scheint irgendwie mehr zu sein als nur ein Mensch ...
und als der Tag graut, sind die Kinder zu Mördern geworden und ihre Schicksale haben sich für immer verdunkelt.
30 Jahre später wird Phil zu Martins Mutter gerufen. Sie erzählt, dass Martin seit Jahren geisteskrank ist und sich für einen Gott hält. Mit seinen Anhängern soll er in der Einsamkeit der mexikanischen Wüste leben und immer wieder Menschen töten, um mit ihrem Blut grausige Rituale vollziehen zu können.
Obwohl bereits mehrere angeheuerte Detektive verschwunden sind, bittet die todkranke Frau Phil, ihren Sohn zu finden und für ein letztes Wiedersehen nach Hause zu bringen ...
Über den Autor (dem Buch entnommen):
Greg F. Gifune (geb. 1963) gilt als einer der besten Thrillerautoren seiner Generation. Er hat bereits 15 Romane veröffentlicht. Ihr dunkel-melancholischer Ton hat ihm unter Kritikern und Lesern fanatische Fans gesichert. Er lebt mit seiner Frau und einer ganzen Schar Katzen in Massachussetts/USA.
Handlung:
Die Teenager Phil, Jamie und Martin begegnen eines Nachts auf dem Heimweg von einem Jahrmarkt einem seltsamen Mann. Abseits von den Straßen hat sich dieser zwielichtige Reisende niedergelassen, dessen Körper komplett von Narben entstellt ist und eine Tätowierung auf dem Rücken trägt, die den Schriftzug „Chaos“ zeigt. Phil geht etwas voraus und kann sich bei dem andersartigen Mann, mit dem er kurz spricht, bei seinem Zelt unterstellen weil es in Strömen regnet. Als seine beiden Freunde eintreffen, wendet sich das Blatt und die zuerst freundliche Unterhaltung geht in eine andere Richtung. Sie haben davon gehört, dass ein kleines Mädchen in der Stadt umgebracht werden soll und verdächtigen den Fremden. Letztendlich eskaliert die Situation und Martin tötet den Mann mit einem Schwert, das dieser mit sich geführt hat. In Panik versenken die Jungen die Leiche samt seiner Besitztümer im Fluss und hoffen, nicht erwischt zu werden.
Viele Jahre später: Die Freunde haben sich schon vor vielen Jahren aus den Augen verloren. Phils Leben ist ziemlich aus den Fugen geraten und er vegetiert regelrecht vor sich hin. Er ist ein Alkoholiker geworden, als drittklassiger Schriftsteller ist er nicht gerade mit Wohlstand gesegnet und seine Frau hat sich von ihm scheiden lassen und sich einen jungen Liebhaber zugelegt, wodurch er seine geliebte Tochter viel seltener zu Gesicht bekommt. Noch immer wird er in seinen Träumen von dem Mann verfolgt, den sie einst getötet haben, wobei Phil sich nicht mal mehr sicher ist ob dieser überhaupt ein menschliches Wesen war. Eines Tages wartet eine wunderschöne Frau vor seiner Tür auf ihn. Sie stellt sich als Janine vor und erzählt ihm, dass sie für Mrs. Bernadette Doyle arbeitet, die Mutter seines damaligen Freundes Martin. Diese sei überraschend zu Reichtum gekommen und bietet Phil nicht wenig Geld an, nur damit er zu ihr in seine alte Heimatstadt zurückkehrt und mit ihr etwas bespricht. Nach kurzem Zögern sagt Phil zu und fährt zum Haus von Mrs. Doyle. Dort wird er von Janine, deren persönlicher Assistentin, in Empfang genommen und ihm wird mitgeteilt, dass ihre Arbeitgeberin bald sterben wird. Mrs. Doyle erzählt Phil von Martin. Nach dem Abschluss der Schule hat sich sein Geisteszustand immer weiter verschlechtert. Er reiste in der Welt umher, kehrte zwischendurch zurück, schickte wirre Briefe und war nahezu besessen davon, verquere und fanatische Monologe über Religion zu halten. Mittlerweile ist Martin komplett verschwunden. Mehrere Detektive wurden bereits darauf angesetzt und sind gescheitert. Einer ist komplett verschwunden und eine Frau kam mit einer schweren psychischen Störung von der Suche zurück. Es wurde nur herausgefunden, dass sich Martin als eine Art Sektenguru ausgibt und sich in der mexikanischen Wüste nahe der Stadt Tijuana mit einigen Anhängern zurückgezogen hat. Mrs. Doyle bietet Martin nun viel Geld dafür, sich auf die Suche nach seinem alten Freund zu begeben und ihn zurückzuholen. Da Phil das Geld gut gebrauchen kann, willigt er ein und begibt sich in das benachbarte Mexiko. In Tijuana wurde ihm ein Kontakt namens Rudy Bosco genannt, der sich als guter Fremdenführer für spezielle Aufträge bewiesen hat. Um Martin zu finden, müssen sie sich in die mexikanische Wüste begeben, ganz ans Ende einer sagenumwobenen Straße namens „Pfad der Dämonen“, die zu befahren eigentlich Selbstmord ist, denn dort regiert einzig und allein Gewalt und Grauen. Doch was sie dort letztendlich wirklich finden, ist jenseits ihrer Vorstellungskraft...
Meine Meinung:
Ich finde es sehr schwierig, ein Buch von Greg F. Gifune zu rezensieren. Dieser Autor passt in keinerlei Schubladen und es gibt keinen weiteren Schreiber, mit dem man ihn vergleichen könnte. Er ist im Horrorbereich weder zu den Brutalo-Splattern eines Bryan Smith oder Edward Lee, noch zu den geradlinigen, schnell zu lesenden Werken eines Brian Keene oder Bentley Little zuzuordnen und auch zu den ausschweifenden und ausführlichen Erzählern wie Dean Koontz oder Stephen King ist er nicht zugehörig. Gifune hat sich einen unvergleichlichen Stil erschaffen und sich eine eigene Nische gebastelt, in der er ganz alleine sitzt und somit ist es jedes Mal ein großes Vergnügen wenn der Festa-Verlag sich erbarmt und eins seiner tollen, eigenständigen Werke übersetzt.
Seinen Schreibstil könnte man schon fast als philosophisch bezeichnen. Es gibt viele Monologe oder Gedankengänge des Protagonisten, die sich um essentielle Fragen drehen. Viele davon sind religiös oder zumindest mystisch angehaucht. Immer wieder zwingt er den Leser dazu, einen Absatz ein zweites Mal zu lesen. Nicht weil man ihn nicht verstanden hat, sondern weil man sich seine Worte nochmals auf der Zunge zergehen lassen möchte. Davon sollte man sich jedoch nicht abschrecken lassen, den Gifune übertreibt es nicht. Man denkt nie, dass er einen auf pseudo-anspruchsvoll macht. Es wirkt ehrlich, stimmig, wie aus einem Guss und der Autor weiß genau wie weit er gehen kann ohne zu nerven oder zu langweilen. Trotz allem Anspruch steht die Geschichte an sich immer noch im Vordergrund, welche wie erwartet sehr fesselnd war. Und doch gibt es am Ende wieder einige Auflösungen mit Aha-Effekt und ich war bei manchen Sachen fast geneigt, zurückzublättern und nochmals genau nachzulesen.
Wie auch schon seine anderen Bücher ist "Kinder des Chaos" sehr gruselig. Es ist eine sehr subtile Art und Weise, die er einsetzt und oftmals sind es die Dinge, die man nicht sieht, die einem einen Schauer über den Rücken jagen und nicht die offensichtlichen. Das ganze Buch wirkt sehr dunkel und melancholisch. Den einzigen heiteren Moment des kompletten Buches erlebt Phil ganz zu Anfang als er bei seiner Tochter ist. Einem Menschen mit Depressionen würde ich nicht unbedingt raten, dieses düstere Stimmung tragende Buch zu lesen.
Mit der Hauptperson Phil hat Gifune wieder mal einen Volltreffer gelandet. Wenn weiß "gut" bedeutet und schwarz "böse", dann bewegt Phil sich in einem leicht dunklen Grauton. Sein Leben ist ihm entglitten und seine Tochter scheint das einzige zu sein, was ihn noch am Leben erhält. Seine Vergangenheit holt ihn immer wieder ein und er konnte die Nacht aus seiner Teenagerzeit nie vergessen. Er wirkt nicht wirklich sympathisch und man weiß auch nicht genau, was ihn antreibt, diesen Auftrag anzunehmen. Ist es wirklich nur das Geld oder steckt etwas anderes dahinter? Etwas aus den Erlebnissen jener Nacht? Jedenfalls ist er sehr tiefgründig und interessant und auch dies ist mittlerweile zu einem Markenzeichen dieses Autors geworden. Trotzdem fiebert man mit Phil mit und wünscht ihm, dass er sein Ziel erreicht und Martin findet.
"Kinder des Chaos" war toll, keine Frage und trotzdem kommt es nicht ganz an meine persönlichen Gifune-Favoriten "Die Einsamkeit des Todbringers" und "Blutiges Frühjahr" heran. Ich will nicht von einem Durchhänger sprechen, aber die Fahrt in die Wüste hat vielleicht etwas zu lange gedauert und ich hätte mir gewunschen, dass noch etwas mehr passiert. Trotzdem war auch dieser lange Aufenthalt auf dem "Pfad der Dämonen" eine atmosphärische Großtat und hat wunderbar zum Buch gepasst. Die meiste Zeit herrschte Sonne und Hitze und trotzdem wurde eine sehr düstere Stimmung übermittelt. Das Ende kam dann vielleicht auch etwas zu plötzlich und schnell, aber als man denkt, nun ist es vorbei, kommt noch ein ganz dickes Ding, das einem das Blut in den Adern gefrieren lässt.
Fazit:
Wieder ein Volltreffer von Greg F. Gifune, auch wenn die Qualität seiner besten Bücher nicht ganz erreicht wird. Ich vergebe mit Tendenz nach oben!