Kurzbeschreibung (Quelle: www.droemer-knaur.de):
In seiner Jugend litt Leon Nader an Schlafstörungen. Als Schlafwandler wurde er während seiner nächtlichen Ausflüge sogar gewalttätig und deswegen psychiatrisch behandelt. Eigentlich glaubte er geheilt zu sein - doch eines Tages, Jahre später, verschwindet Leons Frau unter unerklärlichen Umständen aus der gemeinsamen Wohnung. Ist seine Krankheit etwa wieder ausgebrochen? Um zu erfahren, wie er sich im Schlaf verhält, befestigt Leon eine bewegungsaktive Kamera an seiner Stirn – und als er am nächsten Morgen das Video ansieht, macht er eine Entdeckung, die die Grenzen seiner Vorstellungskraft sprengt: Sein nächtliches Ich steigt durch eine ihm völlig unbekannte Tür hinab in die Dunkelheit …
Über den Autor (Quelle: www.droemer-knaur.de):
Sebastian Fitzek hat sich mit bislang acht Bestsellern – zuletzt "Abgeschnitten" zusammen mit Michael Tsokos – längst seinen Ruf als DER deutsche Star des Psychothrillers erschrieben. Seine Bücher werden in vierundzwanzig Sprachen übersetzt; als einer der wenigen deutschen Thrillerautoren erscheint Sebastian Fitzek auch in den USA und England, der Heimat des Spannungsromans. Sein dritter Roman "Das Kind" wurde mit internationaler Besetzung verfilmt.
Aufbau / Allgemeines:
"Der Nachtwandler" erschien als Taschenbuch beim Knaur-Verlag und hat 318 Seiten. Es besteht aus 43 Kapiteln plus Prolog, Epilog und einer sechsseitigen, wie immer bei diesem Autor, sehr unterhaltsamen Danksagung. Das Cover kann sowohl auf der Vorder- wie auch auf der Rückseite aufgeklappt werden. Auf der Vorderseite ist ein kurzes Interview mit Fitzek zu finden. Die Rückseite kann so zusammengeklappt werden, dass der Buchblock nicht mehr zu sehen ist und man stattdessen die Zahl "1204" zu sehen bekommt. Dies ist ein nettes Gimmick, da diese Zahlen im Verlauf der Geschichte von Bedeutung werden.
Inhalt:
Als Leon noch ein Kind war, kamen seine Eltern und seine Schwester bei einem Autounfall ums Leben. Seit diesem Unglück litt der 10jährige an schweren Schlafstörungen und Schlafwandeln. Seine Pflegefamilie wollte ihn schnell wieder loshaben als sie ihn mit einem Brotmesser in der Hand schlafwandelnd vor dem Bett ihres leiblichen Sohnes stehen sahen. Durch die Angst, im Schlaf etwas Böses zu tun, konnte Leon von nun an noch schlechter einschlafen. Doch der Psychiater Volwarth hat ihn therapiert, so dass er letztendlich von seinen Problemen los kam. Er hat eine Kamera auf seiner Stirn befestigt, so dass er die Bestätigung hatte, dass er nichts Schlimmes im Schlaf anstellt.
Leon ist mittlerweile Ende 20 und mit der hübschen Natalie verheiratet. Als er sich eines Tages nach einem schlimmen Albtraum zurück in den Wachzustand gekämpft hat, sieht er gerade noch seine übel zugerichtete Frau, die den Koffer packt. Ihr fehlt ein Fingernagel, sie hat ein blaues Auge und Schnitte an den Armen. Fast wortlos stürmt sie aus der Wohnung. Leon hat nun Angst, dass seine alte Schlafwandlerei zurückgekehrt ist und er unwissend in diesem Zustand auf sie losgegangen ist. Das Problem ist nur, dass er Natalie nicht mehr fragen kann, da sie seit ihrem überstürzten Abgang unauffindbar ist. Leon beschafft sich eine Kamera, befestigt sie wie damals auf seiner Stirn, und will sich im Schlaf filmen. Was er am nächsten Tag sieht, lässt ihm das Blut in den Adern gefrieren. Er beobachtet sich selbst wie er einen Schrank im Schlafzimmer verschiebt. Viel mehr ist nicht zu sehen, da er danach seine Kamera verloren hat. Als er nun im wachen Zustand den Schrank verschiebt, kommt der nächste Schock: Dahinter ist eine Tür und ein tiefes Loch, in das in der Wand befestigte Sprossen hinabführen. Auf dem Boden liegt Natalies Handy, das ununterbrochen klingelt. Leon begibt sich hinab in die Dunkelheit, um festzustellen, was mit ihm los ist und was mit seiner Frau passiert ist. Was er nun nach und nach herausfindet, übertrifft seine schlimmsten Albträume...
Eigene Meinung:
Sebastian Fitzek ist ja kein Horrorautor, aber er verstand es schon immer, eine gruselige Atmosphäre in seinen Büchern zu schaffen. Ich denke da vor allem an diverse Szenen aus "Der Seelenbrecher" oder "Die Therapie". Mit seinem neuen Buch "Der Nachtwandler" jedoch übertrifft er dies alles und jagt sogar jedem gestandenen Stephen-King-Fan Schauer über den Rücken. Von Anfang an bekommt man ein extrem ungutes Gefühl beim Lesen der Geschichte vermittelt. Obwohl das Buch nur knapp über 300 Seiten hat, konnte ich mich sehr schnell mit dem Protagonisten Leon identifizieren. Er machte einen sympathischen und eigentlich normalen Eindruck, man möchte ihm regelrecht helfen bei seinen Schlafproblemen. Dadurch, dass man in Kurzform auch einen Großteil seines bisherigen Lebensweges erfuhr, fiel es leicht, Verständnis für ihn und seine Ängste aufzubringen.
Nahezu die komplette Handlung spielt sich im Wohnhaus bzw. in Leons Wohnung ab. Wer jetzt denkt, das könnte langweilig sein, dem muss ich sofort widersprechen, denn gerade dadurch, dass eigentlich die komplette Außenwelt ausgeblendet wurde, wurde das beklemmende Gefühl noch verstärkt. Dadurch wurde ich auf positive Weise sogar an das Horrofilmmeisterwerk "[REC]" oder an den Videospielklassiker "Silent Hill" erinnert. Einen weiteren großen Anteil an der gigantischen Atmosphäre trägt das Thema "Schlafwandeln" bei. Das Thema ist ja fast so etwas wie ein Mythos, laut Fitzek im Nachwort noch ziemlich unerforscht, und schon alleine die Erwähnung ruft Unwohlsein bei vielen Menschen hervor. Viel mehr kann man aus diesem Thema in einem Thriller wohl nicht rausholen als der Autor es hier getan hat. Man muss sich nur mal vorstellen, was man fühlen würde, wenn man Schlafwandler wäre, sich nicht daran erinnern kann, was man dabei alles macht, und dies mit einem mulmigem Gefühl im Bauch, am nächsten Tag auf Video ansehen kann... Schauder pur!
Die altbekannte "Fitzek-Masche", ich nenne das jetzt einfach mal so, dass man oft nicht mehr weiß, was nun Realität ist und was Fantasie, man sich nicht sicher sein kann ob der Protagonist sich nur etwas einbildet oder alles tatsächlich so ist wie man es liest, ist natürlich auch wieder vorhanden. Ohne diese Verwirrspiele wird es vermutlich nie ein Buch dieses Autors geben und das ist auch gut so, denn das gehört definitiv bei ihm dazu. Ab dem Zeitpunkt als Leon in den Schacht tritt, wird dies regelrecht auf die Spitze getrieben. Nahezu auf jeder Seite gibt es einen neuen mysteriösen Vorfall, bei dem man nur noch fragt, wie das sein kann. Mit der Zeit wird alles nur noch rätselhafter und man ist geneigt, alles zu hinterfragen. Und das Wort "alles" meine ich durchaus wörtlich. Dieses Mal hat man es allerdings nicht nur mit "Fantasie" und "Realität" oder "Traum" und "Wachsein" zu tun. Nein, mit einem dritten Geisteszustand, nämlich den, den man beim Schlafwandeln erreichen kann, kommt dieses Mal noch eine dritte Phase dazu, die dem Ganzen noch die Krone aufsetzt.
Ich kann nur den Tipp geben, sich einen Abend auszusuchen, an dem man nicht gestört wird und "Der Nachtwandler" in geeigneter Atmosphäre in einem Rutsch durchzulesen. Man wird dieses Leseerlebnis sicherlich nicht vergessen. Allerdings sollte man lieber einen Zeitpunkt wählen, bei dem man am nächsten Tag nicht fit sein muss. Denn zuerst wird man durch die extreme Spannung dieses Thrillers wachgehalten und danach könnte einem die Sorge den Schlaf rauben, was man in selbigen wohl alles anstellen wird...
Fazit:
"Der Nachtwandler" hat "Das Kind" als meinen Fitzek-Favoriten abgelöst, es ist ein Meisterwerk an atmosphärischer Spannung, bei dem sich der Autor selbst übertroffen hat.