Kurzbeschreibung von Amazon.de:
Sie kommen dich besuchen.
Sie sagen, sie sind deine Eltern.
Sie sagen, sie lieben dich.
Doch du hast diese Leute noch nie zuvor gesehen.
Verängstigt und orientierungslos erwacht Annabel eines Morgens in einer psychiatrischen Anstalt. Sie hat keine Ahnung, wie sie dort hingekommen ist. Und was noch schlimmer ist, sie kann sich nicht mehr an ihre Eltern erinnern. Doch sie ist nicht allein. Michael, Eric und George, drei Jungen aus ihrer Schule, teilen ihr Schicksal. Als sie dem harmlos scheinenden Hinweis einer seltsamen Patientin folgen, zieht es sie immer tiefer hinein in einen Strudel geheimnisvoller Rätsel und verstörender Ereignisse. Plötzlich finden sie sich in einer Welt wieder, die sich gegen sie gewandt hat und in der sie niemanden mehr vertrauen können - nicht einmal sich selbst. Auf der verzweifelten Suche nach Antworten und ihren Erinnerungen wandeln sie bald auf einem schmalen Pfad zwischen Realität und Wahnsinn, zwischen Himmel und Hölle, zwischen Leben und Tod. Und ihre Uhr tickt.
Über den Autor (aus dem Buch):
Roland Jungbluth wurde 1970 geboren und absolvierte nach dem Abitur erfolgreich ein Studium der Kunstgeschichte. Nach diversen Tätigkeiten und ausgestattet mit den rudimentären Schreibkenntnissen eines ehemaligen Cartoonisten betritt er mit seinem Debütroman die Welt der Schriftstellerei.
Handlung:
Als Annabel erwacht, hat sie vollkommen die Orientierung verloren. Sie befindet sich in einer psychatrischen Anstalt in Londoner Stadtbezirk Richmond weil sie ihre Eltern nicht mehr erkannt hat. Sie weiß zwar noch alle Details aus ihrem Leben, jedoch nicht wie sie hier hergekommen ist und hat keinerlei Erinnerungen an ihre Eltern. Auch als sie ein Mann und eine Frau besuchen wollen und sich als ihre Mutter und ihr Vater ausgeben, tut sich in ihrem Gedächtnis rein gar nicht. Zusammen mit Annabel wurden drei Jungen aus ihrer Schule eingeliefert, denen es ganz genauso ergangen ist. Mit keinem von ihnen hatte sie eine besondere Verbindung, weder mit dem gutaussehenden Sportler Michael, noch mit dem homosexuellen Witzbold Eric und auch nicht mit dem verschlossenen George. Sie kannte alle drei nur vom Sehen, aber die Jugendlichen raufen sich zusammen und wollen ihrem Dilemma zusammen auf den Grund gehen. Sie werden vom Psychologen Dr. Parker betreut, der ursprünglich der Meinung war, die Jugendlichen hätten sich nur einen schlechten Scherz erlaubt, ihnen aber nun glaubt und helfen will, damit sie ihre Erinnerungen zurückgewinnen. Richtig mysteriös wird es allerdings, als ihnen eine verwirrte Patientin mitteilt, sie müssen nach einem gelben Haus Ausschau halten. In Dr. Parkers Vorzimmer hängt ein Bild von einem solchen Haus. Michael erkennt auf diesem Bild das Ferienhaus seiner Familie wieder und somit ist das erste Puzzleteil gelegt...
Meine Meinung:
"Remember" ist eins dieser rasanten und spannenden Bücher, die den Leser von der ersten Seite an gefangen nehmen und ihn nicht mehr loslassen. Man ist sofort mitten in der Geschichte drin: Annabel erwacht in einem Bett und weiß nicht, wo sie sich befindet. Mit ihr scheint eigentlich alles in Ordnung zu sein, nur zwei ganz wichtige Erinnerungen fehlen ihr: Wer sind ihre Eltern und wie genau ist sie in diese psychatrische Anstalt gekommen? Auf nahezu jeder Seite häufen sich zusätzliche mysteriöse Dinge an und trotzdem hat man das Gefühl, das Roland Jungbluth nicht einfach nur übertreibt, sondern alles seine Richtigkeit zu haben scheint und jede Auffälligkeit ein Hinweis auf die Situation der Jugendlichen sein könnte, was mich im Nachhinein sogar an die großartige TV-Serie "Lost" denken ließ. Warum sind manche Personen Annabel und ihren Leidensgenossen wohl gesinnt und manche anscheinend eher das Gegenteil? Warum gibt es Hinweise auf einen Countdown von wenigen Tagen, bei dem man das Gefühl hat, dann wird etwas ganz Besonderes passieren? Warum laufen den Jugendlichen ständig Hinweise auf die bevorstehende erste Mondlandung der Apollo 11, wir haben das Jahr 1969, über den Weg? Die Liste an seltsamen Auffälligkeiten könnte schier endlos sein!
Die Atmosphäre in der Anstalt war wirklich wunderbar mysteriös gestaltet. Vieles hat mich an das klassische Bild erinnert, das man bei solchen Einrichtungen vor Augen hat, und aus Filmen wie "Einer flog über das Kuckucksnest" oder "Girl Interrupted" kennt. Es gibt einen Gemeinschaftsraum, spartanisch eingerichtete Zimmer, unschöne Behandlungsmethoden, brutale Pfleger, labyrinthartige Gänge, wie Zombies umherschlurfende Patienten und eine unfreundliche Oberschwester. Das Buch spielt sich allerdings nicht nur in der Anstalt ab, es geht auch noch für längere Zeit in die Außenwelt nach London und Umgebung. Und auch dort hat der Autor die beiden größten Stärken des Buches aufrechterhalten: atemlose Spannung und eine mysteriöse Atmosphäre. Wenn die Protagonisten den anfangs nur spärlich informativen Hinweisen nachgehen und von Anhaltspunkt zu Anhaltspunkt hetzen, fühlt man sich an die Schnitzeljagd aus den Dan Brown-Büchern erinnert. Zusätzlich beginnen Realität und Phantasie zu verschwimmen und sowohl der Leser als auch die Hauptakteure trauen schon bald ihren Augen nicht mehr. Dabei bleibt das Buch aber immer eindeutig ein Thriller, wenn auch mit vielen Mysteryelementen, und driftet zu keinem Zeitpunkt in absurde Fantasywelten ab.
Es trägt auch unheimlich zur Spannung bei, dass ein Interview mit dem Pressesprecher eines Technologieunternehmens, aufgesplittet auf sieben Teile, über das Buch verteilt ist. Man ahnt natürlich, dass das dort Dargebotene unweigerlich mit der Situation der vier Jugendlichen zu tun hat. Anfangs kann man sich kaum einen Reim auf die Fragen und Antworten machen, aber nach und nach beginnt sich ein Puzzle zusammenzusetzen.
Der Schreibstil des Autoren ist wirklich gut und passt wie die Faust aufs Auge zur Geschichte: flott, spannend, bildhaft. Sowohl die Räume in der Anstalt als auch alle weiteren vorkommenden Orte konnte man wunderbar vor seinem geistigen Auge sehen. Auch die Personen sind Roland Jungbluth perfekt gelungen, jeder der 4 Hauptcharaktere hatte ein eigenes und unverwechselbares Ich. Annabel wirkt wie ein ganz normales, junges Mädchen ohne große Auffälligkeiten und kommt gerade deswegen sehr authentisch und sympathisch rüber. Michael wirkt anfangs noch wie der typische Supersportler der Schule, aber zeigt schon bald, dass viel mehr in ihm steckt. Der schwule Eric, der zusätzlich bei manchen Menschen mit seiner Hautfarbe aneckt, ist ein echter Spaßvogel, hat immer einen flotten Spruch auf den Lippen und ist jemand, dem man mit seiner liebenswerten Art sofort Vertrauen und Freundschaft schenken möchte. Und dann ist da noch George, der die große Unbekannte in "Remember" ist. Er ist sehr still, zurückgezogen und wirkt immer etwas genervt. Es sind vier grundverschiedene Charaktere, die zwar immer wieder ihre Differenzen haben, aber durch die Extremsituation schon bald eine glaubwürdige Freundschaft schließen.
"Remember" hat es fast soweit geschafft, um in meiner Toplisten in diesem Jahr ganz oben aufzutauchen und hatte auch absolut das Potenzial dazu. Einen kleinen Abstrich muss ich aber machen, da es zu lange gedauert hat bis die endgültige Auflösung kam und diese mir schon fast etwas zu simpel gewesen ist. Hier hätte ich also etwas mehr erwartet, vielleicht etwas Bedeutenderes und Weitreichenderes, da so etwas durch die abgedruckten Interviewfragmente auch suggeriert wurde. Dies soll aber absolut niemanden vom Lesen abhalten, denn bei "Remember" ist eindeutig der Weg das Ziel und außer Ursula Poznanski fällt mir in diesem Metier spontan niemand sonst ein, der es schaffen könnte, mich so zu fesseln und zu begeistern wie es Roland Jungbluth mit seinem Debütroman geschafft hat.
Fazit: Ein an Spannung nur schwer zu überbietender Thriller, der das Zeug dazu hat, mit seiner überragend mysteriösen Atmosphäre alle Altersklassen restlos zu beigeistern.