Frances Greenslade - Der Duft des Regens/Shelter

  • Inhalt:
    In den Wäldern im Westen Kanadas ist die Welt noch in Ordnung - zumindest für die Schwestern Maggie und Jenny. Sie lieben ihre Ausflüge zu den Seen, sammeln Pilze und Beeren, die Eltern spielen abends Karten. Doch Maggie ist eine geborene »Sorgenmacherin«, sie kann nicht anders, sie fürchtet um das Wohl ihrer Liebsten. Als der Vater bei einem Unfall ums Leben kommt, fühlt sie sich in ihren tiefsten Ängsten bestätigt, schlimmer noch: Es scheint sich die im Dorf vorherrschende Überzeugung zu bewahrheiten, dass ein Unglück selten allein kommt. Auf der Suche nach einem Lebensunterhalt lässt die Mutter die Mädchen bei einer fremden Familie zurück, vorübergehend, sagt sie. Doch Tage werden zu Wochen, Wochen zu Monaten und dann zu Jahren - Irene bleibt verschwunden. Schließlich macht Maggie sich auf, die Mutter zu finden. Ihre Reise führt sie in Irenes Vergangenheit, bis an die Küste, zu einem alten Boot namens Elsa ...
    (Quelle: Verlagsseite)


    Die Autorin:
    Frances Greenslade, geboren 1961 in Ontario, Kanada, wuchs mit fünf Geschwistern auf der Niagara-Halbinsel auf. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Penticton, British Columbia, wo sie am Okanagan College Englisch lehrt. Der Duft des Regens, dessen Übersetzungsrechte bereits in mehrere Länder verkauft sind, ist ihr erster Roman.
    (Quelle: Verlagsseite)


    Originaltitel: Shelter
    Aus dem kanadischen Englisch übersetzt von Claudia Feldmann
    368 Seiten


    Meine Meinung:
    Die Schwestern Maggie und Jenny leben mit ihren Eltern in der Wildnis im westlichen Kanada, dort, wo die Straßen noch Namen wie "Freedom Road" tragen. Der Vater ist Holzfäller, die Mutter Irene ist Hausfrau - sie leben einfach, aber glücklich zusammen. Gemeinsam fahren sie zelten, sammeln Pilze oder sitzen am Lagerfeuer zusammen.

    Zitat

    “Ich schätzte mich glücklich, eine Mutter zu haben, die mit uns zelten fuhr, keine Angst vor Bären hatte und es liebte, die Holzfällerstraßen und die 'Siedlerpfade‘, wie sie sie nannte, entlangzufahren"


    In der Familie ist Irene die Konstante, die, die Sicherheit und Trost bietet; sie erledigt im Haus, was getan werden muss.
    Dennoch macht Maggie sich ständig Sorgen, wird daher als "Sorgenmacherin" bezeichnet. Ihr Vater will ihr die Sorgen nehmen, bezeichnet sich selbst als "Mister Sicherheit". Aber gerade um ihren Vater macht Maggie sich am meisten Sorgen, denn oft verschwindet er ohne ein Wort oder schweigt einfach.
    Während Jenny am liebsten mit "Barbiepuppen" spielt, wird Maggie von ihrem Vater oft mit in die Wildnis genommen. Gemeinsam bauen sie einen Unterschlupf, sie hört den Geschichten ihres Vaters zu.

    Zitat

    "Im Notfall findest du immer natürlichen Schutz, hatte Dad im Herbst zu mir gesagt, als wir den Unterschlupf am See gebaut hatten. (...) Wenn du nur vorübergehend Schutz brauchst, gibt es fast immer irgendetwas, das du verwenden kannst. Aber du kannst dir genausogut einen Unterschlupf bauen. Es hilft dir beim Nachdenken und hält die Angst in Schach, bis du gefunden wirst."


    Die Romanhandlung erstreckt sich über viele Jahre, wobei vor allem Maggie im Mittelpunkt der Handlung steht.
    Maggie muss lernen, dass man nicht alles, was man liebt, beschützen kann, ob es nun ihre Eltern, die Schwester oder auch ihre Katze ist.
    So erfahren die Geschwister unvorhergesehene Schicksalsschläge, gegen die sie nichts tun können.
    Bei ihren gemeinsamen Ausflügen schärfte ihr Vater Maggie immer ein: erst Schutz, dann Wasser, dann Feuer und Nahrung. Und so ist Maggie vorbereitet, um ihr Leben zu meistern.
    Sie begibt sich auf Spurensuche, will erforschen, wie alles seinen Gang genommen hat.


    Frances Greenslade erzählt atmosphärisch dicht eine traurige, aber dennoch nicht ganz hoffnungslose Geschichte. Ihre Figuren geraten ihr liebevoll und mit Identifikationspotential. Die Naturbeschreibungen gelingen wunderbar.
    Themen dieses Romans sind Heimat, Herkunft und die eigenen Wurzeln.
    Einziger Kritikpunkt scheint mir die doch etwas zu gehäufte Problematik zu sein. So ist die Entwicklung Jennys für mich nicht ganz nachvollziehbar.
    Dennoch habe ich den Roman sehr gerne gelesen; er entwickelt einen Sog, den man sich kaum entziehen kann.
    Hervorzuheben ist noch das schön gestaltete Buchcover mitsamt einem passenden Lesezeichen.

  • Danke für die schöne Rezi, Conor!
    Mir hat das Buch auch gut gefallen. Zunächst ein richtiges Wohlfühlbuch, dass mich in seinen Bann zog.
    Diskussionsgrund bot mir nur der Charakter der Mutter Irene. Zupackend, liebevoll und dann parkt sie gegen Entgeld ihre Töchter bei fremden Leuten, ihre Briefe sind selten und knapp, den Aufenthaltsort teilt sie ihnen nicht mit, sodass sie brieflich Kontakt halten könnten. Ein Widerspruch in sich. Ich konnte das jedenfalls nicht so recht nachvollziehen.
    Daher gab es von mir nur :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: . Das sollte aber niemanden davon abhalten das Buch zu lesen, denn es lohnt sich. :D


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Dieser Roman der 1961 geborenen Kanadierin Frances Greenslade ist eines der schönsten Bücher, die ich in diesem Jahr gelesen habe. Ein Buch „wie ein pochendes Herz“, wie eine kanadische Zeitung schrieb, bewegend, anrührend und mit einer wunderbaren und poetischen Sprache verfasst.


    Der Roman erzählt über einen Zeitraum von mehreren Jahren die Geschichte der beiden Schwestern Margarete(Maggie) und Jenny Dillon. Sie leben mit ihren Eltern in der Wildnis Kanadas. Der Vater arbeitet als Holzfäller, die Mutter ist mit den beiden Töchtern zu Hause. Es ist eine einfache Familie in einfachen Verhältnissen, aber sie sind glücklich und unternehmen viel miteinander. Sie haben feste und liebevolle Bindungen.


    Doch schon zu dieser Zeit liegen, für die beiden Mädchen noch nicht spürbar, dunkle Schatten über dem Glück der Familie. Doch irgendwann fängt vor allem Maggie – sie wird in der Familie die „Sorgenmacherin“ genannt – an, sich insbesondere um ihren Vater Sorgen zu machen, der sich mehr und mehr zurückzieht und immer weniger spricht.


    Und dann geschieht das Unglück: der plötzliche Unfalltod des Vaters reißt die Familie auseinander. Denn die Mutter zieht in eine andere Stadt, um dort Geld zu verdienen und gibt die beiden Mädchen zu Pflegeeltern. Das sei nur für eine kurze Zeit, sagt sie, doch die Zeit vergeht, und die Mutter reduziert ihre Kontakte zu ihren Kindern bald gegen Null.


    Die Kinder müssen dieses Schicksal verarbeiten. Binnen kurzem haben sie sowohl ihren Vater als auch ihre Mutter verloren. Gebannt und bewegt verfolgt man als Leser die Geschichte dieser Mädchen, vor allem der Natur liebenden Maggie.


    Sie macht sich, Jahre später, auf eine Reise in die Vergangenheit, sucht ihre Wurzeln und will ihre tiefe Traurigkeit verstehen lernen, die ihr ganzes Leben überschattet.


    Es ist ein trauriges Buch, doch es wirkt wie „ein pochendes Herz“, es vermittelt Wärme. Es ist ein Buch über die Sehnsucht nach der eigenen Geschichte. Ein Buch, das Mut macht, auch die eigenen unentdeckten Quellen und Wurzeln zu entdecken. Ein Buch, das seinen Lesern nicht unverändert zurücklässt.

  • Der Duft des Regens ist ein Buch von Frances Greenslade. Es ist am 14. September 2013 im Insel Verlag als Taschenbuch erschienen. Das Buch umfasst 366 Seiten. Das englische Original Shelter erschien am 23. August 2011 bei Random House Canada.


    Inhalt


    In den weiten Wäldern Kanadas wachsen die Schwestern Maggie und Jenny behütet und umsorgt auf. Bis die Mutter die Mädchen eines Tages bei einer fremden Familie in der Stadt in die Obhut gibt - vorübergehend, sagt sie. Doch Tage werden zu Wochen, Wochen zu Monaten und zu Jahren. Schließlich macht sich Maggie auf, die Mutter zu finden, und kehrt zurück in die mächtigen Wälder, an die Orte ihrer Kindheit ...


    Erster Satz


    „Jenny hat mich gebeten, das Ganze aufzuschreiben.“


    Meinung


    Das Cover finde ich persönlich einfach nur wunderschön. Die Farbgestaltung ist super gelungen und es macht richtig Lust, das Buch anzusehen und dann zu lesen. Dabei kann man hier nachher viel interpretieren.


    Der Schreibstil der Autorin gefällt mir sehr gut. Schon nach den ersten Sätzen war ich so überzeugt von dem Buch, dass ich unbedingt weiterlesen musste. Außerdem beschreibt Greenslade die Umgebung und die Szenen sehr ausführlich, geht dabei gern ins Detail.


    Das Buch besteht aus drei Abschnitten und 33 Kapiteln. Die Abschnitte heißen „Nahrung“, „Wasser“ und „Feuer“. Sie sind unterschiedlich lang. Das Buch ist aus der Sicht der Protagonistin Maggie geschrieben, die in der Vergangenheitsform von ihren Erlebnissen berichtet. In der Mitte kommen außerdem kurzzeitig Briefe von ihrer Schwester vor.


    Die Handlung ist ziemlich interessant und wenn man den Klappentext vorher nicht liest, weiß man als Leser am Anfang gar nicht, wie sich die Handlung entwickeln wird. Es gibt keine große Spannung, aber gefesselt wird der Leser trotzdem. Das Buch berührt durch seine einzigartige Geschichte über die zwei Schwestern und ihre Mutter. Es hier mehr um die Gefühle, um Familie und Zusammenhalt, Hoffnung und Sehnsucht.


    Die Charaktere sind wundervoll und gefallen mir sehr gut. Maggie ist die Art Mädchen, das eher für einen Jungen gehalten werden könnte, zeigt aber trotzdem viel Gefühl und Empathie. Im Laufe der Handlung wächst sie zu einer starken jungen Frau heran. Ihre Schwester Jenny ist die ältere von beiden und wesentlich mädchenhafter. Sie sucht nach Zuneigung, ist aber auch einfühlsamer als ihre Schwester und wird von den Erwachsenen eher akzeptiert.


    Fazit


    Eine Geschichte, die unter die Haut geht und den Leser tief berührt.



    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Erst einmal vielen Dank für Eure Rezensionen. Ich möchte nur kurze meine Eindrücke anfügen.

    Dennoch habe ich den Roman sehr gerne gelesen; er entwickelt einen Sog, den man sich kaum entziehen kann.

    Die Atmosphäre des Buches hat mich so gefangen genommen, dass ich es gestern Abend nicht aus der Hand legen konnte, bis die letzte Seite gelesen war. :thumleft:

    Diskussionsgrund bot mir nur der Charakter der Mutter Irene. Zupackend, liebevoll und dann parkt sie gegen Entgeld ihre Töchter bei fremden Leuten, ihre Briefe sind selten und knapp, den Aufenthaltsort teilt sie ihnen nicht mit, sodass sie brieflich Kontakt halten könnten. Ein Widerspruch in sich. Ich konnte das jedenfalls nicht so recht nachvollziehen.

    Hier bin ich auch kurz hängen geblieben. Die Beweggründe der Mutter werden nur angedeutet. Es bleibt der eigenen Vorstellung überlassen, vor dem Hintergrund der von Dritten erzählten Lebensgeschichte der Mutter, deren Gefühle und Handlungen zu ergründen. Ich glaube, hierzu könnte man ein eigenes Buch schreiben ...


    Von mir gibt es die volle Punktzahl :wink:



    Lieben Gruß
    Wuselsusi :geek:

  • Die beiden jungen Schwestern Maggie und Jenny leben mit ihren Eltern in den Wäldern Kanadas in einer Hütte in Einklang mit der Natur. Die Eltern haben ein gutes und enges Verhältnis zu ihren Töchtern. Ganz plötzlich gerät die heile Welt aus den Fugen, als der Vater nach den Folgen eines Arbeitsunfalls stirbt. Erst müssen sie ihr Heim aufgeben und ihr Lager in der Natur aufschlagen, dann kommen sie bei Rita, einer Freundin von Mutter Irene unter. Doch auch hier ist der Aufenthalt nur von kurzer Dauer, nach einem Streit bringt Irene ihre Töchter bei einem befreundeten Ehepaar ihres verstorbenen Mannes unter, um in einem Camp in einer Bäckerei zu arbeiten. So nach und nach wird der Kontakt zur Mutter immer spärlicher, bis er eines Tages ganz abbricht. Maggie und Jenny wachsen heran und sehnen sich so sehr nach ihrer Mutter, so dass sie sich eines Tages auf die Suche nach ihr machen. Ob sie sie finden werden, und was wird sie erwarten?


    Frances Greenslade hat mit „Der Duft des Regens“ einen sehr gefühlvollen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist schön flüssig und auch sehr bildhaft, man kann sich die Landschaften, die Natur, das Leben dort wunderbar vorstellen. Die beiden Hauptprotagonistinnen sind sehr gekonnt gezeichnet, sie könnten nicht unterschiedlicher sein, doch sie stehen sich auch sehr nah. Maggie, aus deren Perspektive das Buch erzählt wird, ist ein mutiges, starkes und tiefgründiges Mädchen, wirkt aber auch zerbrechlich und orientierungslos. Gerade dadurch findet sie schnell in das Herz des Lesers.


    Das Ende des Buches enttäuschte allerdings ein wenig, da doch viele Fragen offen blieben, die man sich als Leser im Laufe der Lektüre gestellt und auf dessen Antworten man gewartet hat.


    Ein leises und emotionales Buch über den Mut, über sich hinauszuwachsen, über die Liebe zwischen Schwestern und über die Suche nach Antworten, welches sich zu lesen lohnt.


    Das Buch bekommt von mir :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: mit Tendenz nach oben!

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
    _____________________________________________


    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Inhalt

    Im Chilcotin Distrikt bei Bella Coola im westlichen Kanada hatten schon immer Pioniere gesiedelt, die nach ihren eigenen Vorstellungen leben wollten. Bis in die Gegenwart gab es hier genug Land und Wald für den, der hart arbeiten und der Natur nahe sein wollte. "Man ist frei und brauchte keinen Hunger zu leiden wenn man wusste, was man tat," hatte der Vater Maggie schon oft erzählt. Maggie und Jenny leben in den Wäldern Britisch Columbias mit ihren Eltern in einer einfachen Hütte; das Plumpsklo steht im Garten. Der Vater der Mädchen arbeitet als Holzfäller. Die Mutter Irene tut, was im Haushalt getan werden muss, selbst wenn sie keine Lust dazu hat. Mutter und Töchter genießen es, spontan in der Wildnis ein Zelt zu errichten, Feuer zu machen und sich die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen. Jenny spielt wie andere Mädchen mit ihren Freundinnen und ihren Barbiepuppen. Maggie streift gern gemeinsam mit ihrem Vater durch den Wald und hört seinen Geschichten zu. Maggies "zweites Gesicht" lässt ihr dabei im Wald schratige Wesen aus Blättern und Zweigen begegnen. Die jüngere der Schwestern sorgt sich um ihren Vater, wacht über seinen Schlaf, falls die Hütte unbemerkt vom Ofenfeuer in Brand geraten würde. Auch Maggies Vater ist beim Holzfällen als "Mister Sicherheit" bekannt, der stets überlegt handelt. Als der Vater der Mädchen trotz aller Umsicht tödlich verunglückt, gibt Maggie sich die Schuld daran. Sie hat mit dem Messer des Vaters gespielt und die gewohnte Ordnung im Haus gestört.


    Irene bleibt mittellos mit den kleinen Töchtern zurück, in der einfachen Hütte in Duchess Creek, die nur gemietet ist. Sie nimmt eine Stelle als Köchin in einem Holzfällerkamp an, die Töchter lässt sie gegen Bezahlung bei weitläufigen Bekannten. Ohne soziale Hängematte und ohne Verwandte, die sich um die Mädchen kümmern können, müssen die beiden weitgehend allein zurechtkommen. Als Irenes Briefe und Zahlungen ausbleiben, macht Maggie sich auf die Suche nach ihrer Mutter und deren Geschichte.


    "Im Notfall findest du immer natürlichen Schutz, hatte Dad im Herbst zu mir gesagt, als wir den Unterschlupf am See gebaut hatten. [...] Wenn du nur vorübergehend Schutz brauchst, gibt es fast immer irgendetwas, das du verwenden kannst. Aber du kannst dir genausogut einen Unterschlupf bauen. Es hilft dir beim Nachdenken und hält die Angst in Schach, bis du gefunden wirst." (S. 54) Wenn man im dünn besiedelten Britisch Columbia mit dem Auto von der Fahrbahn abkommt, darf man nicht in Panik loslaufen. Erst Schutz, dann Wasser, dann Feuer und Nahrung, hatte der Vater Maggie stets eingeschärft. Die Gespräche zwischen Vater und Tochter drehten sich darum, wie man sich im Falle eines Unfalls oder plötzlichen Wetterumschwungs einen einfachen Unterstand bauen kann, um zu überleben bis man von anderen gefunden wird. - "Shelter" (Obdach, Zuflucht) lautet der Originaltitel des Buches, "Nahrung, Wasser und Feuer" sind die Kapitel in Greenslades Roman überschrieben. - Da Maggie und Jenny noch viel zu jung sind, um ohne Mutter aufzuwachsen, müssen sie für den sicheren Unterstand in ihrem Leben von nun an selbst sorgen.


    "Ihre Briefe hatten geklungen wie die Jenny, die ich kannte, immer heiter, immer mit dem Kiel nach unten, wie ein gutes Kanu in tosendem Wasser. Aber am Telefon konnte ich etwas Dunkles hören, das auf der Lauer lag und nach ihr rief. Es fiel ihr schwer, sich über Wasser zu halten." (S. 233). Maggie, die Sorgensucherin, muss sich aktuell um ihre Schwester sorgen. Der Blick aus Maggies Perspektive weitet sich durch Briefe Jennys an Maggie, sowie durch die Erinnerungen des Indianers Onkel Leslie an den Vater und Erzählungen der Freundin Rita über Irene. Die Gespräche mit Rita ermöglichen Maggie, rückwärts durch ihr eigenes Leben zu gehen. Auch die Raben-Mythen der Haida-Indianer der Pazifkküste finden ihren Platz im Roman.


    Fazit

    Frances Greenslade erzählt eine anrührende Geschichte von mutigen Frauen und deren starken Töchtern, die sich während der 70er in Kanadas Wildnis durchschlugen. Nur der wird in der Natur überleben, der in Krisensituationen die Reihenfolge Schutz/Nahrung/Wasser/Feuer streng einhält. Es ist die Geschichte zweier junger Frauen, die erst ihre Wurzeln finden müssen, um selbst erwachsen werden zu können. Greenslade wirft neben großartigen Naturbeschreibungen zwischen den Zeilen die Frage auf, mit welchen Werten und Fertigkeiten wir unsere Kinder ins Leben entlassen wollen.


    Leser, die "River" und "Rubinrotes Herz, eisblaue See" mögen, werden Greenslades Erstlingsroman lieben.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

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