Aurélie Filippetti – Das Ende der Arbeiterklasse / Les derniers jours de la classe ouvrière

  • Original : Französisch, 2003


    ZUM BUCH :
    In ihrem Debütroman « Die letzten Tage der Arbeiterklasse » (2003) erzählt sie, wie ihr Großvater, ein Mitglied der Widerstandsbewegung Résistance, von der Gestapo im Bergwerk verhaftet und mit dreizehn Kumpels in ein Konzentrationslager verbracht wurde. Sie hat sich auch mit der sozialen Frage nach der Schließung der Bergwerke in der Region Lothringen auseinandergesetzt. (wikipedia.de)


    VERLAGSVORSTELLUNG (Ausschnitt):
    Es gibt heute in Frankreich sechs Millionen Arbeiter, von denen niemand mehr redet. Wer wird ihre Geschichte(n) erzaehlen, wenn nicht ihre Kinder, falls sie denn die Moeglichkeit eines Studiums erhalten haben?


    BEMERKUNGEN:
    Aurelie Filippetti erzaehlt diese beispielhafte Geschichte hier am Beispiele ihres Großvaters (und der Familie): er kam Anfang der 30iger Jahre aus dem Italien Mussolinis und einer verarmten Gegend in die Bergwerksgegend in Lothringen, Naehe Metz, Thionville. Harte Knochenarbeit, Ausbeutung, dann auch Denunziation waehrend der Okkupation. Er landet im KZ. Und dann, auch in der zweiten Generation, von je her die Zugehoerigkeit zur “Partei” (der kommunistischen, versteht sich), jener Idealismus, der Angelo bis zum Buergermeisteramt fuehren wird und der dann spaeter so schrecklich enttaeuscht wird durch die Enthuellungen der Gulagwirklichkeit in der UdSSR und den Machenschaften in den “sozialistischen Bruederlaendern”. Algerienkrieg – und erneut ist man Kanonenfutter. Und dann,mit dem Ende der Bluetezeit der Bergwerke, der Ausverkauf: die Reichen kriegen wunderbare Entschaedigungen, waehrend der normale Arbeiter bedaeppelt dasteht. Usw...


    Filippetti erzaehlt darueber hinaus in Anspielungen von der kaum greifbaren, aber unvermeidlichen Entfremdung von den einfachen Urspruengen, falls es dem ein oder dem anderen Kind gelingt, eine hoehere Ausbildung abzulegen: die Sprache selbst aendert sich, das Recht vielleicht sogar zur Zugehoerigkeit einer ausgebeutelten, aber oft so solidarischen Gemeinschaft. Von dieser Entwicklung habe ich selten so etwas Kluges, Trauriges und Nostalgisches zugleich gehoert.


    Ich finde das Unternehmen Filippettis einfach prima: Sie erzaehlt von einfachen Menschen, Arbeitern, ihren Vorfahren und ehrt so ihr Andenken. Sie, die 2012 bei der Ernennung eines neuen Kabinetts zur Kulturministerin ernannt wurde, wird ihre Wurzeln nicht vergessen. Und eigentlich sollte das fuer uns alle gelten, die doch – mehr oder weniger – von woanders herkommen, und oft schon nach einigen Jahrzehnten so tun, als ob wir von je her einen Stammplatz an der Sonne gepachtet haetten.


    Etwas Probleme hatte ich manchmal mit dem Sprache: natuerlich mag das daran liegen, dass ich das Buch auf Franzoesisch gelesen habe und mir selbst trotz guter Beherrschung der Sprache was entgangen ist. Doch zuweilen sind die Uebergaenge recht abrupt und manchmal wusste ich nicht genau, wer wer war und wie das nun zusammenhing. Die Sprache erscheint manchmal sehr nuechtern, fast berichtemaessig, dann wiederum geladen von einer anderen Art Spannung, die man durchaus dramatisch nennen kann. Ich konnte das manchmal kaum einordnen, und die Autorin ueberraschte mich durch etwas fuer mich kaum definierbar Vieldeutiges.


    Ein eindringliches, persoenliches Zeugnis ueber ein Arbeiterleben, eine Hommage an jene, die vieles auf ihren Schultern getragen haben.


    (Trotz der biographischen Bezuege wird dieses Buch als Roman angegeben. So werde ich es also auch einordnen...)


    ZUR AUTORIN :
    Aurélie Filippetti (* 17. Juni 1973 in Villerupt, Département Meurthe-et-Moselle, Lothringen) ist eine französische Politikerin der Sozialistischen Partei (PS) und Schriftstellerin. Seit dem 17. Mai 2012 ist sie Kulturministerin im Kabinett von Jean-Marc Ayrault.


    Aurélie Filippetti ist ehemalige Schülerin der Elitehochschule für Lehrer École normale supérieure Lettres et sciences humaines in Saint-Cloud und Tochter des Bergmannes Angelo Filippetti (1938-1992), der Mitglied der kommunistischen Partei Frankreichs und von 1983 bis 1992 Bürgermeister von Audun-le-Tiche (Moselle) sowie Generalrat (conseiller général) des Département Moselle (1979-1983) war. Ihre Vorfahren sind italienische Einwanderer.
    (Quelle : wikipedia)



    Der Roman existiert auch im Kindle-Format mit Möglichkeit, ins Buch hineinzuschauen... Siehe : http://www.amazon.de/derniers-…1341159708&sr=1-1-catcorr


    Détails sur le produit
    Broché: 200 pages
    Editeur : Stock (17 septembre 2003)
    Collection : Littérature française
    Langue : Français
    ISBN-10: 223405639X
    ISBN-13: 978-2234056398

  • Das Buch erschien schon 2014 auf Deutsch unter diesem Titel:
    Das Ende der Arbeiterklasse: Ein Familienroman


    Aurélie Filippettis Vater Angelo, Sohn italienischer Immigranten, war Minenarbeiter und kommunistischer Bürgermeister in Lothringen. Ihr Großvater arbeitete ebenfalls unter Tage und kämpfte in der Résistance. Ausgehend von ihnen erzählt Aurélie Filippetti berührend und literarisch überzeugend die Geschichte ihrer Familie. Geprägt vom Algerienkrieg, der Frankreich spaltete, und tief getroffen von wirtschaftlichen Desillusionierungen waren Minenarbeiter wie sie die letzten Kämpfer gegen die Ausbeutung ihrer Region. Aber ihr Leben wurde versteckt, geopfert, vergessen. Aurélie Filippetti verleiht ihnen eine Stimme. Ein ergreifender Familienroman und eine Hommage an die Arbeiterklasse des 20. Jahrhunderts.
    (Quelle: Produktbeschreibung)


    Könnte ein Mod den Fredtitel erweitern? Danke!

  • Ein absolut schrecklicher Titel für einen Roman! Auch wenn er wörtlich übersetzt ist. Ich hätte ein Buch mit diesem Titel bei den politischen Sachbüchern gesucht, aber niemals bei der Belletristik. :roll:

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  • Ein absolut schrecklicher Titel für einen Roman! Auch wenn er wörtlich übersetzt ist. Ich hätte ein Buch mit diesem Titel bei den politischen Sachbüchern gesucht, aber niemals bei der Belletristik. :roll:

    Einverstanden! Ich erinnere mich nicht mehr genau, wie ich damals an dieses Buch geriet: Aurélie Filipetti war zeitweilig Kulturministerin hier in Frankreich (ein vielleicht durchaus begehrteres Amt als in Deutschland???) und hatte den Ruf einer Frau, die eben innerhalb von zwei, drei Generationen aus einem Immigranten- und Arbeitermilieu in solche Sphären geraten war. Vielleicht ist es auch nicht durchgehend ein "purer Roman", denn das Buch berichtet schon vom Leben ihres Großvaters und Vaters. Die wiederum erlebten den Untergang einer ganzen Arbeiterkultur in ihrer (zweiten) Heimat, in Lothringen. Vielleicht vergleichbar mit gewissen Ruhrpottszenarien? Daher wohl der Titel?