Wieder einmal habe ich an einer Leserunde teilgenommen und gehörte sogar wieder zu den Glücklichen, die aus dem Lostopf für die ausgeschriebenen Leseexemplare gezogen wurden. Es handelt sich bei dem Buch um den Kriminalroman „Wintergruft“ von der mir bislang unbekannten Autorin
Alida Leimbach.
Kein Wunder, es handelt sich bei „Wintergruft“ ja auch um das Romandebüt der deutschen Schriftstellerin. Die 1964 in Lüneburg geborene und in Osnabrück aufgewachsene Autorin arbeitete einige Jahre als Übersetzerin. Dann studierte sie noch evangelische Theologie, Germanistik und Englisch für das Lehramt. Sie ist mit einem Pfarrer verheiratet und lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Frankfurt. (Verlagsinfo)
Im vergangenen Jahr konnten mich einige Regionalkrimis sehr fesseln und die
Kurzbeschreibung:
„TATORT OSNABRÜCK Die umstrittene Osnabrücker Pfarrerin Heike Meierbrink ist spurlos verschwunden. Sie hinterließ einen Abschiedsbrief, aus dem hervorgeht, dass sie sich von ihrem Mann trennen will. Ihr Ehemann Udo Meierbrink, ebenfalls evangelischer Pfarrer, zweifelt an der Echtheit des Briefs und informiert die Polizei, wird jedoch nicht ernst genommen. Das ändert sich, als das Auto von Heike Meierbrink gefunden wird, in dem sich ein blutverschmierter Drehmomentschlüssel befindet. Birthe Schöndorf und Daniel Brunner, Kommissare der Osnabrücker Polizei, beginnen zu ermitteln …
Mit einem Augenzwinkern beleuchtet Alida Leimbach Alltägliches, Skurriles und allzu Menschliches.
Ein beeindruckendes Krimidebüt!“
zu diesem klang auf jeden Fall vielversprechend. Nach etlichen Thrillern, Jugendbüchern, historischen Romanen und Fantasy konnte ich einen Krimi ganz gut vertragen.
Die eigenartige Kirchgemeinde
Im mysteriösen Prolog ist eine Frau in einem fensterlosen Keller eingesperrt und führt sehr dialektgefärbte Selbstgespräche. Aufgrund des Dialektes kann ich diese Person wenig später als Putzfrau des Pastorenehepaares Udo und Heike Meierbrink identifizieren. Am 13. Oktober 2010 erlebe ich dann ein Streitgespräch zwischen Heike und Udo, während dessen Heike wutentbrannt das Haus verlässt. Am nächsten Morgen findet Udo einen Computerausdruck, in dem seine Frau ihm mitteilt, dass sie ihn verlässt…
Alida Leimbach hat ihren Roman in Prolog und diverse Kapitel eingeteilt. Dabei sind die Kapitel nicht durchnummeriert, sondern jeweils mit einen Datum versehen. Sprachlich gesehen, habe ich an dem in Erzählperspektive verfassten Roman – bis auf einen verwendeten Dialekt - nichts auszusetzen. Den Dresdner Dialekt hat die Autorin meiner Meinung nach überhaupt nicht getroffen. Das war für mich eher eine Mischung aus erzgebirgisch und unbekannt. Das Dresden typische „nu“ fehlte ganz. Den Dialekt der Putzfrau – ich konnte zwar lesend verstehen, was sie immer so vor sich hin brabbelte, da ich aber den Dialekt der Gegend um Osnabrück noch nie gehört habe, kann ich mir von der Richtigkeit her, kein Urteil erlauben.
Von den Charakteren her und handlungstechnisch, war das Buch für mich allerdings eher enttäuschend. Die Autorin nimmt sich meiner Meinung nach viel zu viel Zeit ihre Charaktere einzuführen, schafft es dabei aber nicht, richtige Sympathieträger unter den Hauptprotagonisten zu schaffen. Bis auf Greta, Udos und Heikes Sekretärin, und (bis kurz vorm Schluss) den Kirchenmusiker Sebastian, die beide im Kriminalfall lange Zeit wie Nebendarsteller wirkten, blieben mir – trotz (oder vielleicht gerade wegen) der vielen Informationen über sie – alle Figuren menschlich irgendwie fremd.
Von den Ermittlern erfahre ich zwar viele private Dinge, der eigentliche Kriminalfall schreitet jedoch, selbst als sie die Vermisstenanzeige von Udo endlich ernst nehmen, überhaupt nicht voran. So plätschert alles in einem Zuviel an Geplänkel vor sich hin. Dieses Geplänkel ließ sich zwar sehr flüssig weg lesen und gab mir auch immer das Gefühl, jetzt muss doch gleich etwas kommen. Als es dann aber kurz vor Ende der Geschichte endlich so weit war, wirkten der Showdown auf mich überhastet und die zusätzlichen Informationen zur Aufklärung irgendwie unausgegoren und nicht ganz stimmig.
So bin ich in meiner Bewertung zu diesem Buch sehr unschlüssig. Einerseits konnte man es durchaus flüssig lesen und es gab interessante Informationen, z. B. zur Kirchenhierarchie oder zum Kirchentag. Die Charaktere waren mir persönlich allerdings zu blass, zu wenig sympathisch oder auch zu oberflächlich. Die bei einem Kriminalroman erwartete Spannung, der Nervenkitzel oder auch nur ordentliche Ermittlungsarbeit fehlten mir außerdem, so dass ich maximal 2 ½ Sterne und keine richtige Empfehlung geben kann.