Original : Französisch, 2011
ZUM INHALT :
Die Hauptperson des Romans, Rassul hat nun gerade eine Pfandleiherin ermordet, sowohl um sie dafür zu bestrafen, was sie Sofia, seiner Verlobten antut (sie prostituiert sie) als auch um ihr das Geld und die Juwelen zu rauben und damit Sofia und ihrer Familie zu Hilfe zu kommen. Doch kaum ist das Verbrechen begangen denkt er schon an den « verfluchten Dostojevski » (Titel des Romans), der durch seine feinen Betrachtungen der Gewissensbisse und Fieberträume des Raskolnikov in « Schuld und Sühne » (oder « Verbrechen und Strafe ») alsbald in ihm selbst das Schuldgefühl weckt. Es treibt ihn dazu, sich ebenfalls zu denunzieren und der Justiz zu überstellen, hat sein Verbrechen doch im Kontext des Afghanistan der Mitte der 90iger Jahre etwas Exemplarisches : Im Bürgerkrieg brechen die Werte zusammen und herrscht religiös oder politisch motivierte Rohheit und Korruption. Doch wer kümmert sich schon um seine Schuld(gefühle) und nimmt sie ernst ? Und als es zu gelingen scheint, so um ganz anderer Motive willen...
(Quelle: französische Inhaltsangabe laut Verlag; siehe auch – auf Französisch – Pressestimmen auf der Verlagsseite unter : http://www.pol-editeur.com/ind…re&ISBN=978-2-8180-1343-4 )
BEMERKUNGEN :
Hier müsste es, nach der Inhaltsangabe und zumal bei dem Titel, bei vielen klingeln, und tatsächlich ist dieser neuerliche Roman von Rahimi stark angelehnt an « Verbrechen und Strafe » von Fjodor Dostojevski. Nicht nur, dass gewisse Grundthemen, Handlungen und selbst Personennamen, - charaktere hier in einem afghanischen Kontext auftauchen und hineingepflanzt werden, sondern auch, dass das « Originalbuch selbst » des Russen an mehreren Stellen auftaucht.
Zwei Hauptpersonen des Romans haben es gelesen und beizehen sich darauf, empfinden es als Meisterwerk. Die Hochachtung vor der Meisterschaft des Russen geht bei Rassul aber so weit, dass er sich quasi vom Buch selbst beschrieben fühlt ! Da wächst fast der Fieber, der ihn hin- und hertreiben läßt. Er hatte das Buch, den Autor und Russland bei einem Studienaufenthalt in Leningrad kennengelernt. Für die Talibans, die solch ein russisches Buch bei ihm finden, kann es sich nur um ein kommunistisches Manifest des Erzfeindes halten : sie verstehen gar nicht, wie hier in der Sprache des anderen eine geistige/spirituelle Botschaft daherkommen kann.
Bei allen Parallelen zum russischen Meister und der dementsprechenden, offenkundigen Hommage Rahimis an ihn, erarbeitet sich der Exilafghane aber auch eigene Ansätze und Ideen. Manche Personen erfahren im afghanischen Kontext nicht nur eine kulturelle Anpassung, sondern tragen einfach auch schlichtweg andere Erfahrungen :
Ich zweifele in diesem Zusammenhang mal an, ob die Motivationen der Tat des Rassul an die existenzielle Wette oder Wahnwitzigkeit des Raskolnikov heranreicht ?! Von Anfang an liegt der Fluch der Tat auf Rassul - bei Raskolnikov ist es ein langer Weg zum Bekenntnis... Ein geliebter Aufenthaltsort des Rassul ist hier ohne Zweifel nicht nur die Teebar, sondern auch die Rauchbar, in der Haschisch konsumiert wird : da liegt auch eine Quelle des Fiebers und der anderen Bewußtseinszustände zwischen Traum und Realität. Usw.
Es ist interessant, wie sich der Erzähler manchmal einladend, herausfordernd, kommentierend, fragend an seine Hauptpersonen wendet, insbesondere Rassul.
Ein überaus interessanter Roman, ob für sich stehend, ob im Anschluß an Dostojevski gelesen. Ich selber konnte ihn aber nicht gänzlich frisch und « neu » genießen : dafür bin ich zu beeinflußt von drei Lektüren des russischen Vorbildes. Und dieses bleibt letztlich... unübertroffen, vielleicht unübertrefflich ? Und danach Rahimi absolut unbeleckt zu lesen ist fast ein Ding der Unmöglichkeit ?!
Angesichts des Bekanntheitsgrades des Autors kann man auf baldige Übersetzung hoffen!
ZUM AUTOR:
Hier Atiq Rahimi hat Alixe den afghanischen Schriftsteller Atiq Rahimi schon vorgestellt.
Broché: 312 pages
Editeur : POL (3 mars 2011)
Collection : FICTION
Langue : Français
ISBN-10: 2818013437
ISBN-13: 978-2818013434