Tore Renberg - Und zum Frühstück heller Sirup

  • Klappentext:
    Vier Wochen vor dem stillsten Tag des Jahres findet der Literaturstudent Jarle Klepp, 25, eine polizeiliche Vorladung im Briefkasten und fällt aus allen Wolken. Was legt man ihm zur Last? Hausfriedensbruch? Erregung öffentlichen Ärgernisses beim Beischlaf mit Herdis Snertamo im Park? Nein, weit schlimmer: Er ist angeblich Vater eines kleinen Kindes. Aber wer zum Teufel war Anette Hansen? Sollte er ein Kind mit einem Menschen haben, den er gar nicht kennt? Ein Kind, das jetzt bald - sieben Jahre alt ist? Und was um alles in der Welt soll ein Mädchen von fast sieben Jahren mit Jarle Klepp als Vater? Für so etwas hat er nun wirklich keine Zeit. Das Schlimmste aber: Charlotte Isabel Hansen ist bereits auf dem Weg zu ihm!



    Über den Autor:
    Tore Renberg, Jahrgang 1972, debütierte als Autor bereits 1995 mit einem Erzählband und gewann dafür gleich einen Literaturpreis. Weitere Auszeichnungen folgten für seine Romane, Kurzgeschichten und Kinderbücher.



    Allgemeines zum Buch:
    „Und zum Frühstück heller Sirup“ umfasst 367 Seiten und gliedert sich in drei Teile. Die Teile sind wiederum in Kapitel untergliedert, die als Überschrift jeweils einen Titel tragen. Dieser steht immer im Zusammenhang mit den Ereignissen des Kapitels oder stellt ein Zitat aus dem jeweiligen Kapitel dar.


    Geschrieben ist das Buch aus der Sicht eines allwissenden Erzählers in der Vergangenheitsform.


    Der Roman spielt im Jahr 1997 in der norwegischen Stadt Bergen. Der Handlungszeitraum umfasst eine Woche.


    Der Titel der norwegischen Originalausgabe lautet „Charlotte Isabel Hansen“. Übersetzt wurde das Buch von Gabriele Haefs.



    Meine Meinung zum Buch:
    „Die Kleine isst am liebsten hellen Sirup, es gibt nur Ärger, wenn sie keinen hellen Sirup und Weißbrot bekommt, sie tanzt gern, und sie verträgt Milch nicht gut, glauben wir.“


    Mit diesen wenigen Worten teilt Anette Hansen Jarle Klepp mit, worauf er in den nächsten Tagen besonders zu achten hat. Denn „Die Kleine“ ist Jarles Tochter, die für eine Woche bei ihm wohnen wird. "Die Kleine“ ist mittlerweile sieben Jahre alt, aber Jarle hat bislang nicht gewusst, dass er eine Tochter hat. Das erfährt er nur deshalb, weil die Mutter der „Kleinen“ verreist und der Meinung ist, „Die Kleine“ solle endlich ihren Vater kennen lernen. Beziehungsweise dieser solle endlich seinen Mann stehen.


    „Die Kleine“ heißt Charlotte Isabel Hansen und wird im Verlauf des Buches das Leben ihres Papas gehörig auf den Kopf stellen.


    Bislang war Jarle Klepp ein gewöhnlicher 25-jähriger Literaturstudent, dessen größte Interessen die Proust’sche Onomastik sowie Frauen waren. Seine größten Probleme waren bislang, dass seine liebste Tageszeitung im Kiosk gegenüber nicht erhältlich ist und dass eben jene Tageszeitung sich vehement sträubt, seine Rezension über ein Proust’sches Buch zu veröffentlichen.


    Wie schnell sich alles ändern soll...


    Zu Beginn des Buches kommt die Handlung nur sehr schleppend voran. Auf den ersten 70 Seiten passiert nicht mehr, als dass Jarle zum Flughafen fährt, um seine Tochter in Empfang zu nehmen. In diesen ersten Seiten liegt der Schwerpunkt eindeutig auf der Vorstellung und Charakterisierung des männlichen Hauptcharakters. Deshalb wird die eigentliche Handlung ständig von Gedanken oder Rückblicken unterbrochen, die Jarle dem Leser näher bringen sollen. Und das gelingt auch. Zwar ist Jarle kein Typ, mit dem sich jeder Leser wird identifizieren können. Er ist einfach sehr speziell. Aber dennoch schafft es der Autor, auf diesen ersten Seiten das Interesse des Lesers für diesen Typ Jarle zu wecken.


    Besonders ist, dass der Erzähler, obwohl er als allwissender Erzähler fungiert, fast schon zum Ich-Erzähler neigt. Denn der Leser erfährt von den innersten Gedanken des Charakters Jarle. Dem Autor gelingt es so eindringlich, dem Leser seine Situation und Gefühlswelt zu beschreiben, dass man wirklich das Gefühl bekommt, der Erzähler wäre Jarle selbst.


    Richtig in Fahrt kommt die Handlung, als Jarle und Charlotte, die auch gerne Lotte genannt werden möchte, aufeinander treffen. Lotte ist ein quietschfideler Charakter, ein echtes Energiebündel. Sie stellt aufgeweckte Fragen an das Leben und sieht die Welt mit offenen und interessierten Augen. Dabei wird sie ihrem Alter von sieben Jahren mehr als gerecht. Jarle sieht sich nun mit neuen Aufgaben konfrontiert. Ob er es schafft, sich auf seine Tochter einzustellen und ihr in seiner Studentenbude eine angenehme Woche zu bereiten, das lest ihr am besten selbst! Und was ist das eigentlich für eine Mutter, die ihr Kind einfach für eine Woche bei einem wildfremden Mann ablädt, nur um sich einen schönen Urlaub zu machen?


    Nur so viel kann ich verraten: Auf alle Fragen findet sich im Buch eine plausible Antwort. Jarle macht in diesem Buch eine enorme Entwicklung durch, die aber authentisch bleibt. Denn er entwickelt sich nicht zum Supervater. Er macht einige Fehler, trifft so manche falsche Entscheidung. Und bei Charlotte kullern einige Tränen.


    Jarle und Charlotte waren die beiden Charaktere, die mir in diesem Buch am meisten Freude bereitet haben. Es tauchen auch noch viele andere Charaktere auf, aber die bleiben eher im Hintergrund. Sehr speziell sind die männlichen Freunde von Jarle, die eben echte Männer mit typischen männlichen Eigenschaften sind. Wobei der Autor hierbei auch ein übertriebenes Bild gezeichnet haben mag. Ich bin mit ihnen jedenfalls nicht warm geworden.


    Wieso der Autor sich für den Handlungszeitraum des Buches das Jahr 1997 ausgewählt hat, stellt zu Anfang des Buches ein großes Rätsel dar. Nach und nach finden sich aber Erklärungen für diese Frage und am Ende macht schließlich alles Sinn. Denn es hat mit der Charakterisierung der Figuren zu tun. Aber auch hierzu wird nun nicht mehr verraten.


    Wer den Film „Kokowääh“ mit Til Schweiger gesehen hat, mag sich beim Lesen des Buches an diesen Film erinnert fühlen. Gewisse Parallelen sind durchaus vorhanden.



    Mein Fazit:
    Ein schönes Buch über einen jungen Mann, der im Alter von 25 Jahren unvermittelt Vater einer siebenjährigen Tochter wird, die sein Leben gewaltig auf den Kopf stellt und ihn gleichzeitig zu einem besseren Menschen erzieht.

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • :huhu: ,
    vielen Dank für deine tolle Rezi. Das Buch wandert gleich mal auf meine Wunschliste :D .
    Liebe Grüße Anne

    :study: "Die Bücherinsel" von Janne Mommsen

    :study: "So schnell ganz gehen" von Ariane Wischnik

    :musik:





    Ich tausche auch gerne mit euch, hier mein Regal bei Tauschticket! :D

  • @ deanne:


    Gern geschehen! :D Und falls das Buch bald von deiner Wunschliste in dein Regal wandern sollte, wünsche ich dir viel Spaß damit. :wink:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Ich habe in diesem Winter „Kokowääh“ mit Til Schweiger im Kino gesehen und von der Grundidee ist diese Geschichte schon genauso angelegt. Trotzdem ist „Und zum Frühstück heller Sirup“ natürlich etwas ganz Eigenes und es ist ein tolles Buch, das mir sehr gut gefallen hat. Renbergs Schreibstil ist total lustig, mehrfach musste ich über Lotte und ihre Sicht der Welt wirklich lachen, aber dann wieder gibt es auch Szenen, die sehr anrührend sind, weil Lotte schon in einer Situation ist, die ihr schwer zu schaffen macht – denn einfach allein mit einem Flugzeug zu einem fremden Papa geschickt zu werden, das ist schon nicht ganz einfach. Und so einen Papa wie Jarle zu haben, das ist auch nicht gerade immer ganz einfach.
    Jarle, Lotte und all die anderen Figuren, die Renberg in seinem Roman auftreten lässt, sind toll dargestellt und sie wirken authentisch. Gerade Lotte ist wirklich eine tolle Figur, und sie mochte ich natürlich am liebsten.
    Was auch schön ist, ist Renbergs Erzählstil, denn oftmals beginnen Kapitel damit, dass die Handlung nicht vorangetrieben wird, sondern dass einzelne Figuren stärker beleuchtet werdn. Man erfährt, was sie beschäftigt, was sie ausmacht, wer sie sein wollen. Und weil das immer wirklich gut erzählt ist, wird es beim Lesen auch nicht langweilig. Es passt einfach.
    „Und zum Frühstück heller Sirup“ ist eine schöne Familiengeschichte und meiner Meinung nach mehr als ein seichter Sommerroman. Renberg erzählt eine tolle Geschichte, die man ganz sicher auch gut mehrmals lesen kann.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • ich häng mich mit ran :wink:
    Klappentext:
    Vier Wochen vor dem stillsten Tag des Jahres findet der Literaturstudent Jarle Klepp, eine polizeiliche Vorladung im Briefkasten und fällt aus allen Wolken. Was legt man ihm zur Last? Hausfriedensbruch? Erregung öffentlichen Ärgernisses beim Beischlaf mit Herdis Snertamo im Park? Nein, weit schlimmer: Er ist angeblich Vater eines kleinen Kindes. Aber wer zum Teufel war Anette Hansen? Sollte er ein Kind mit einem Menschen haben, den er gar nicht kennt? Ein Kind, das jetzt bald - sieben Jahre alt ist? Und was um alles in der Welt soll ein Mädchen von fast sieben Jahren mit Jarle Klepp als Vater? Für so etwas hat er nun wirklich keine Zeit. Das Schlimmste aber: Charlotte Isabel Hansen ist bereits auf dem Weg zu ihm!

    Meine Meinung:

    Wie der Klappentext schon vermuten lässt, geht es hier um eine Vater-Tochterbeziehung.
    Jarle Klepp, der gerade mal 24 ist, erfährt so mir nichts Dir nichts, plötzlich per Brief, dass er mit 17 Jahren, nach einem One-Night-Stand, Vater geworden ist. Als wäre dies nicht schockierend genug, ist seine mittlerweile, fast sieben Jahre alte Tochter, auf dem Weg zu ihm!
    Jarle, der überhaupt nichts mit Kindern anfangen kann und auch kein Kind will, muss sich einer Verantwortung stellen, der er scheinbar kaum gewachsen ist.
    Die Handlung spielt 1997 in Norwegen und auch der Tod Dianas wird hier intensiv angesprochen und spielt in der Handlung eine Nebenrolle.
    Der Protagonist wurde hier meiner Meinung nach sehr gut dargestellt. Er wirkt jung, verzweifelt, egoistisch, hat aber auch seine liebevollen und guten Seiten. Jedoch sollte man in diesem Buch erst einmal drauf gefasst sein, dass Jarle ein richtiger Mistkerl ist.
    Seine Tochter hingegen, Charlotte, ist ein richtig kleiner Schatz. Man fühlt und leidet mit ihr, sie wirkt irgendwie verloren und doch so klug.
    Hier sollte man natürlich ein Auge zudrücken, denn wer bitte schön, schickt seine Tochter einfach so, per Zug zu ihrem unbekannten Vater?
    Die Handlung selbst, zieht sich zunächst einmal mächtig, wird aber durch die ironischen Züge und dem Humor, oft aufgelockert.
    Durchhalten lohnt sich auf jeden Fall denn, wenn erst einmal die ersten 150 Seiten geschafft sind, nimmt das Buch so richtig an Fahrt auf.
    Zeitweise kann es auch richtig ordinär werden, vor allem dann wenn es um Jarles Liebesleben geht.
    Wer also eine tieftraurige Geschichte zwischen Vater und Tochter erwartet, sollte die Finger von diesem hier eher lassen.
    Dieser Roman ist viel mehr gute Unterhaltung, und auch wenn die Handlung eigentlich eher traurig stimmen sollte, so muss man hier eher schmunzeln als schniefen.
    Mit dem Schreibstil hatte ich anfangs etwas Probleme, dies passiert mir jedoch oft, wenn die Handlungen in Norwegen oder Schweden spielen.
    Auch lag es daran das mir der Schreibstil zeitweise etwas hektisch vorkam, da auch Jarles Gedankengänge verzeichnet sind.
    Das Cover hingegen finde ich einen richtig tollen und heiteren Anblick im Bücherregal.
    Auf hellgrünem Hintergrund werden ein paar Herrenschuhe und Kinderschuhe gezeigt.
    Der Titel des Buches passt perfekt zu dieser Geschichte. Mit 366 Seiten hatte der Roman eine ganz gute Länge, wobei ich es halt schade fand, dass die Handlung sich anfangs derart zog.


    Fazit:
    „Zum Frühstück heller Sirup“, der für das norwegische Kino bereits verfilmt wurde, war für mich ein richtig guter und turbulenter Unterhaltungsroman. Für mich wurde die gut gelungene Mischung zwischen Ironie und Humor zu einem wirklich tollen Lesevergnügen.
    Tore Renberg wurde 1972 geboren und gewann mit seinem Debütroman 1995 seinen ersten Literaturpreis. Seit dem hat er mehrere erfolgreiche Romane, Kurzgeschichten und Kinderbücher veröffentlicht. (Quelle: „und zum Frühstück heller Sirup“)