Stephan Naumann: Das Werk der Bücher

  • Klappentext

    Zitat

    Teuflischer Pakt
    Mitte des 15. Jahrhunderts. Der menschenverachtende Richter Tanner ist bis ins hohe Alter kinderlos geblieben. Sein unmut darüber treibt ihn zu einem schicksalhaften Pakt mit dem Teufel. Der Bastard Nathan, den er mit einer Dirne zeugt, wird jedoch nicht nur ihm sehr schnell unheimlich. Während eines Feuers, das ihm durch seine Verbindung mit der Hölle nichts anhaben kann, erhält der hinterhältige Junge seine wahre Bestimmung: Er soll die bedeutendste Erfindung seiner Epoche, Gutenbergs Buchdruck, zugunsten des Teufels missbrauchen. Nathan macht sich auf den Weg nach Mainz...


    Die letzten beiden Sätze des Klappentextes haben mich aufhorchen lassen. Liebe ich doch Bücher, in denen es um Bücher, das Lesen oder die Literatur und was sonst noch damit zu tun hat, geht.
    Aber welche Enttäuschung in der ersten Hälfte des Buches. Beschrieben wird Nathans Weg von London nach Mainz, auf dem er über Leichen geht. Ich kenne noch nicht viele Mittelalter-Bücher. Wenn ich davon ausgehe, dass Stephan Naumann vernünftig recherchiert hat, ist es eine Zeit in der ich nicht gerne leben würde. Gewalt, Krankheiten, Rechtlosigkeit und die Kirche bestimmen, wo es langgeht. Nathan ist ungefähr zehn Jahre alt, als er sein Ziel Mainz erreicht, um sein teuflisches Werk zu vollbringen.


    Und ab hier, der zweiten Hälfte des Buches, wird mein Lieblingsgenre so richtig bedient. Ich lerne Johannes Gutenberg kennen und einen seiner Geldgeber, Johannes Fust und seinen Mitarbeiter Peter Schöffer. Während Fust Nathan als seinen Ziehsohn aufgenommen hat, versucht Gutenberg ihn davon zu überzeugen, dass der Böses im Sinne hat. Doch vergeblich. Sollte Nathan sein teuflisches Werk etwa vollenden können?


    Was ich an diesem Buch toll finde, ist die Schreibweise des Autoren. Ich habe hier keine modernen Wörter in der Geschichte gefunden. Es wird auch hauptsächlich erzählt, das, was an wörtlicher Rede da ist, ist in Reimen geschrieben. Stephan Naumann erzählt auch, wie es im Mittelalter zuging, gibt uns Informationen über die großen Städte, durch die Nathan zog.


    Alles in allem ein interessantes Buch, das ich jedem, der sich für diese Zeit interessiert, empfehlen kann.

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf


    2022 - 64

    2023 - 84 von 80 - geschafft :)

  • Danke für deine Rezi.


    Das Buch klingt wirklich ziemlich spannent und das Mittelalter hat es mir auch angetan.
    Aber du hast vollkommen recht, schön war es zu dieser Zeit wirklich nicht.
    Krankheiten, herrschaftliche Willkür, Hunger und Gewalt waren dort an der Tagesordnung und ich finde es gut wenn Autoren darauf eingehen und nicht alles romantisieren.

    Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war
    -Bertholt Brecht-


    Gelesene Bücher 2012:2
    Gelesene Seiten: 798
    SUB-Stand: 328
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    :study:
    Birgit Fiolka - Blutschwestern. Die Legende von Engil
    :study: Nina Blazon - Zweilicht

  • schön war es zu dieser Zeit wirklich nicht. Krankheiten, herrschaftliche Willkür, Hunger und Gewalt waren dort an der Tagesordnung


    Es gibt eine Reihe Vorstellungen über das Mittelalter, die vor allem von populären Filmen herrühren. Ausgehend von den Hygienevorstellungen des 21. Jahrhunderts glaubt man, dass es dreckig war. Von brutalen Kriegen ist die Rede, von Hunger, usw.
    Ein Wikipedia-Artikelräumt mit einigen unserer Vorstellungen und Vorurteilen auf.


    Dass Krankheiten, herrschaftliche Willkür, Hunger und Gewalt an der Tagesordnung sind trifft leider immer noch zu und zwar in viel zu vielen Ländern in der Gegenwart.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Das stimmt wohl.
    Aber Grundsätzlich lese ich keine Wikipedia-Artikel.
    Darauf droht im Studium die Todesstrafe :wink:

    Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war
    -Bertholt Brecht-


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  • You Can’t Judge a Book by the Cover - das hat Bo Diddley schon vor über 40 Jahren gesungen und es trifft noch immer zu. Leider! Der Totenkopf inmitten der antiquarischen Folianten, das Ganze aufgemacht wie ein altes Gemälde, all das hat mich dazu verleitet, dieses Buch zu kaufen von dem ich zuvor noch nie gehört hatte. Auch der Inhalt klang interessant: Der Sohn des Teufels sollte Gutenbergs Buchdruck dazu nutzen, Satans Botschaft in die Welt zu bringen. Doch statt eines spannenden Mittelalterkrimis mit mysthischen Elementen entsprach die erste Hälfte eher einer historischen Vorlesung zur Entwicklung mittelalterlicher Städte und Gebiete. Über vier bis fünf Seiten hinweg werden immer wieder detailliert geschichtliche Entwicklungen nicht nur von Gebäuden aufgezeigt, sodass ich irgendwann anfing, nur noch diagonal darüber hinwegzulesen. Keine Frage, in einem Sachbuch wäre das sicherlich alles sehr gut angebracht gewesen, aber in einem historischen Roman?
    Die Geschichte an sich ist schnell erzählt: Ein widerlicher Richter, grausam und ohne Mitleid, geht mit dem Teufel einen Pakt ein, um einen Sohn zu bekommen. Doch es ist des Teufels Sohn, Nathan, den der Richter unwissentlich groß zieht. Als er stirbt, zieht der siebenjährige Nathan, über allerlei dunkle Mächte verfügend, allein in die Welt, um den Auftrag seines Vaters zu erfüllen - siehe oben. Das entspricht circa der ersten Hälfte des Buches. Im zweiten Teil dreht sich alles um diese Aufgabe, wobei Nathan sich diversen Widrigkeiten entgegenstemmen muss.
    Auffallend ist die Sprache der Lektüre, die durchweg in einer altertümlichen Form daherkommt, die man aber recht schnell annimmt. Woran ich mich jedoch überhaupt nicht gewöhnen konnte, war die 'Marotte' des Autors, wörtliche Rede in Reimform darzustellen. Der tiefere Sinn hierfür? Keine Ahnung. Leider sind die Reime nur minderer Qualität ('Lass dich gewarnt sein, vor der Gefahr von dem Krankheitskeim'), sodass ich recht glücklich war, dass nur wenige direkte Gespräche wiedergegeben wurden.
    Schade - denn der Ansatz der Geschichte ist nicht schlecht und die Aufmachung hätte wirklich einen besseren Inhalt verdient.

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling