Klappentext:
Nach einem akuten Anfall von Atemnot findet sich Manuel Jäger in der Notaufnahme des Marienhospitals wieder. Aufgrund seiner Glasknochen war er schon oft in Krankenhäusern und will dort nicht bleiben, doch sein bester Freund Lothar besteht darauf, dass er sich gründlich untersuchen lässt.
Von Anfang an läuft für Manuel alles schief: Nach dem Röntgen vergisst man ihn auf einem zugigen Flur, eine Lernschwester wendet ein Medikament falsch an und er wird in ein Dreibettzimmer mit ungehobelten Mitpatienten gepfercht. Ignorante Ärzte, überforderte Krankenschwestern und die Patienten mit ihren Nöten bestimmen den Alltag auf der Station. Einzig in der Krankenschwester Dagmar findet Manuel eine Seelenverwandte, nicht zuletzt, weil sie ihn an seine verstorbene Verlobte Lenora erinnert. Doch er kann diese Vertrautheit nicht lange genießen, da er sich bei einem Sturz den Arm bricht und deshalb kurzfristig auf die Chirurgie verlegt wird. Dadurch wird übersehen, dass er sich eine Erkältung zugezogen hat, die für ihn lebensgefährlich werden kann.
Manuels Gesundheitszustand verschlechtert sich dramatisch, bis er erkennt: Ohne Hilfe der Medizin kann er nicht überleben, in einem hektischen, entseelten Krankenhausbetrieb kann er es aber auch nicht mehr. Da taucht der geheimnisvolle demenzkranke Wendelin Weihrauch auf und lehrt ihn eine wertvolle Lektion über das Leben und den Tod …
Zum Inhalt:
Das Buch schildert den Alltag einer Woche eines Krankenhauses aus der Sicht verschiedener Personen, wobei ein Tag ein Kapitel darstellt. Die Personen sind
- der 37-jährige Manuel Jäger, der seit der Geburt an Glasknochenkrankheit leidet und nach einem Anfall zum x-ten Mal ins Krankenhaus muss,
- Schwester Dagmar, die in ihrem Beruf versucht, ihre eigenen Vorstellungen zu realisieren und den Anforderungen und Erwartungen sowohl der Patienten und des Arbeitgebers gerecht zu werden und dabei völlig unzufrieden und unglücklich ist,
- der PJ-ler Christian, der während dieser Woche sich immer mehr von seinen Idealen entfernt und die harte Realität kennenlernt,
- der Patient Wendelin Weihrauch, der scheinbar dement bzw. psychotisch ist und der sterilen Krankenhaus-Atmosphäre eine übersinnliche Note verleiht,
- außerdem noch verschiedene weitere Patienten, Ärzte und Schwestern.
Es herrscht Chaos und Stress auf der Station durch die starke Unterbesetzung und die daraus resultierende Überlastung des Pflegepersonals und der Ärzte verursachen Fehlentscheidungen und unnötige Fehler, die vertuscht werden.
Ärzte werden als oberflächlich, abgestumpft und wenig einfühlend dargestellt, die statt den Patienten an oberster Priorität zu stellen, sich in KTQ-Gruppen treffen und theoretisch über Qualitätkontrolle und Zertifizierung sprechen. Diese Kontrollen werden z. B. in Form von Umfrageformularen an Patienten durchgeführt. Allerdings werden diese gefälscht, damit die Station positiv auffällt. Das Krankenhaus wird immer mehr zur Gesundheitsfabrik, in der das wirtschaftliche Denken stärker gewichtet wird als das Wohlergehen und die Heilung der Patienten. Wenn jemand es wagt, aufzustehen und auf die negativen Punkte zu zeigen, wird dieser gleich durch Mobbing und Intrigen klein gemacht.
Darüber hinaus greift die Autorin Themen auf, wie z. B. Umgang mit dem Tod und Sterben, Lebenserhaltung um jeden Preis, behinderte und gesunde Menschen, lebenswertes Leben, Abschiebung ins Heim gegen den Willen des Patienten, Einsamkeit im Alter, kranke Menschen als Last ihres Umfelds, uvm.
Meine Meinung:
Die Autorin hat einen flüssigen Schreibstil und gestaltet die Sätze eher einfach, so dass das Buch schnell und gut lesbar war. Immer wieder gibt es Passagen mit vielen Fachbegriffen, die mir als Fachfremde unbekannt sind. Ich fand es jedoch nicht allzu störend, da ich davon ausgegangen bin, dass die nicht erklärten Begriffe im Detail unwichtig für den Leser sind, und dadurch die Atmosphäre im Krankenhaus und die Hilflosigkeit als Nicht-Mediziner realistischer für den Leser wurde. Die Situation im Krankenhaus mit all den Missständen wurden gut und plastisch dargestellt. Allerdings hat die Autorin meiner Meinung nach, viel zu viele Themen in ihrem Buch aufgegriffen, die teilweise nur kurz umrissen werden. Man kann nicht alle Kritikpunkte des Gesundheitswesen und der Gesellschaft auf 377 Seiten behandeln. Ein weiterer Punkt, der mir negativ aufgefallen ist, ist, dass entgegen dem Klappentext, nicht so sehr Manuel Jäger im Mittelpunkt stand, sondern die Situation im Krankenhaus allgemein mit den zahlreichen Beispielen. Das Buch regt an manchen Stellen zum Nachdenken an, allerdings hatte ich während des Lesen die ganze Zeit eine gewisse Distanz zu den Protagonisten. Somit ist "Gottes leere Hand" meiner Meinung nach ein interessantes Buch, das ich allerdings nicht uneingeschränkt empfehlen kann.